Sie haben im Wahlkampf Versprechungen zur Hilfe für die Behinderten gemacht. Tatsächlich werden Sie jetzt das Blindengeld und bei der Behindertenhilfe kürzen. Bei Demenzkranken kürzen Sie bereits. Sie haben gesagt, Sie wollen Familien entlasten und für Familien mit Kindern das Armutsrisiko verringern. Tatsache ist: Sie schlagen Kürzungen bei der Kinderhilfe, bei der Jugendhilfe und bei der Behindertenhilfe vor. Leidtragende dieser Politik sind ausschließlich Familien, denn in den Familien leben die Kinder, denen Sie das Geld wegnehmen wollen.
Wer nach dieser Orgie des Plattmachens von familienpolitischen Leistungen, sozusagen als Gegenbonbon, einen Familienpreis im Land ausloben will, der hat, glaube ich, jede Sensibilität in der Sozialpolitik verloren.
Sie wollten bei der Gesundheitsvorsorge vorankommen, nun kürzen Sie bei der Sucht- und AidsHilfe und bei der Selbsthilfe. Das Ergebnis Ihrer selbst gesetzten Schwerpunkte wird sein: Die Zeche dafür, dass Sie 1 000 Polizisten und 2 500 neue Lehrerinnen und Lehrer einstellen wollen, zahlen offenkundig die Behinderten, die Kranken, die Kinder und die Sozialhilfeempfänger in diesem Land.
Sie haben im Wahlkampf auf jede Frage, wie Sie das, was Sie versprochen haben, denn bezahlen wollen, gesagt: Das ist überhaupt kein Problem. Das macht 0,02 oder 0,03 % meines Haushaltes aus, das machen wir alles durch Umschichtungen. Pustekuchen, meine Damen und Herren. Die Wahrheit ist: Sie haben in diesem Sozialhaushalt, der nach mehreren Spargesetzen seit 1994 wirklich
(Angelika Jahns [CDU]: Wer hat uns das denn eingebrockt? - Friedhelm Biestmann [CDU]: Die Schulden ha- ben wir!)
- Sie haben sich doch darum gerissen, dass Sie sie kriegen. - Alles, was Sie jetzt streichen, kommt doppelt und dreifach an anderen Stellen des Sozialhaushalts oder bei den Kommunen an. Streichungen bei der Suchthilfe bedeuten Mehrausgaben bei der Sozialhilfe und Zunahme der Kriminalität. Streichen beim Landesblindengeld bedeutet zu zwei Dritteln eine Verlagerung in die Sozialhilfe. Streichungen bei ambulanter Straffälligenhilfe verursachen zu einem großen Teil Ausgaben für Knastunterbringung von Jugendlichen. Streichen bei Kleinstfördergruppen bedeutet zu großen Teilen Missachtung des Ehrenamtes. Kürzungen beim Pflegewohngeld bedeuten, die Ausgaben kommen bei der Sozialhilfe an. Selbst bei einer Kürzung aller freiwilligen Leistungen und des Landesblindengeldes sowie einer Nullrunde bei der Behindertenhilfe kommen Sie nicht auf 156 Millionen Euro. Das ist völlig ausgeschlossen.
Ich hätte mir gewünscht, Sie hätten den gleichen Mut gehabt wie Ihre Kollegin aus dem Justizministerium. Die hat das Problem nämlich benannt. Sie hat gesagt: Ich stehe für diesen Aufgabenbereich, ich habe noch die und die Punkte, aber ich kann Ihnen sagen: Das Einsparziel bringe ich nicht. - Frau Ministerin, für die Finanzpolitik ist der Finanzminister zuständig, Sie sind zuständig für die Sozialpolitik.
- Sie haben diese Ministerin als scharmantes Feigenblatt ausgesucht, damit Sie hinter ihr die Sozialpolitik des Landes abholzen können.
Der Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung gesagt, er wolle in der Tradition von Partzsch und Schnipkoweit dafür sorgen, dass das
soziale Niedersachsen wieder seinen Namen verdient. Ihr soziales Niedersachsen wird nach dieser Operation aber nicht mehr vorhanden sein, meine Damen und Herren.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Tagesordnungspunkt „Sozial total egal?“ ist gewählt worden, nachdem in den letzten Tagen in den Medien sehr aufgeregt über dieses Thema diskutiert worden ist. Die Ministerin hat den Weg beschrieben, den wir als CDU-Fraktion unterstützen und mittragen. Meiner Meinung nach ist es wichtig, dass wir auf diese partnerschaftliche Sozialpolitik auch weiterhin Rücksicht nehmen, dass wir mit den Verbänden, den Kommunen sowie den Bürgerinnen und Bürgern sprechen und gemeinsam daran arbeiten, Strukturen zu verändern. Eben sind beispielhaft viele Punkte genannt worden, bei denen eventuell Kürzungen angestrebt werden. Konkrete Kürzungen liegen bislang aber nicht schriftlich vor; denn die Haushaltsunterlagen liegen, wie es die Ministerin eben gesagt hat, überhaupt noch nicht vor. Das Kabinett wird im Juli in Klausur gehen. Erst dann werden uns die konkreten Zahlen vorliegen.
Was bedeutet eigentlich Sozialpolitik? - Sozialpolitik bedeutet in erster Linie auch, mit den vorhandenen Ressourcen und Mitteln verantwortlich umzugehen. Meine Damen und Herren, die frühere Landesregierung hat diesen Grundsatz ganz klar ignoriert. Sie hat uns einen unglaublich hohen Schuldenberg hinterlassen, der nicht zu tragen ist und für den sie die Verantwortung trägt.
Wir werden in Zukunft dafür sorgen – diesbezüglich unterstützen wir die Landesregierung -, dass es in Niedersachsen ein menschenwürdiges Dasein gibt und dass gewährleistet ist, dass Menschen in schwierigen Lebenslagen geholfen wird.
Menschen auffangen kann. Es muss aber - das ist für uns genau so wichtig - auch eine Eigenverantwortung geben. In dieser Hinsicht sind wir besonders dankbar für die zahlreichen Gespräche, die wir in den vergangenen Tagen geführt haben, für die Unterstützung durch die Kommunen, durch die Verbände und durch die Menschen in Niedersachsen, die uns vertrauen und auch dieser neuen Landesregierung zutrauen, dass sie die desaströse Finanzpolitik, die uns die SPD-geführte Landesregierung hinterlassen hat, endlich beendet und in Zukunft einen vernünftigen gemeinsamen Weg beschreitet.
Die Finanzsituation, die wir vorgefunden haben, zwingt uns, über Einiges nachzudenken. Es gibt zwei Alternativen. Entweder fahren wir den Karren weiter an die Wand, wie es die Vorgängerregierung getan hat, und nehmen unseren Kindern und Kindeskindern damit die Lebensgrundlage, oder wir fangen endlich an, auf dem Sozialsektor endlich wieder eine konzeptorientierte Politik zu betreiben.
Meine Damen und Herren, es ist deutlich geworden, welchen Stellenwert wir der Sozialpolitik einräumen. Ich glaube, niemand von Ihnen wird bestreiten, dass die Ministerin nach den ersten hundert Tagen und einem einzigartigen Arbeitspensum heute eine Bilanz vorweisen kann, wie sie die SPD in 13 Jahren nicht geschafft hat.
Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen von der Opposition. Ich muss auch meinen Kollegen Schwarz nennen. In der Vergangenheit wurde uns, wenn wir als Opposition Kritik geübt haben, immer vorgehalten, dass wir bessere Vorschläge unterbreiten sollten. Dementsprechend fordere ich jetzt Sie von der Opposition auf: Unterbreiten Sie Kürzungsvorschläge! Arbeiten Sie mit uns zusammen!
Sagen Sie uns, wie wir die derzeitige Finanzsituation verbessern können, damit wir das entsprechend berücksichtigen können.
Sie sollten endlich die Verantwortung für das Chaos, das Sie uns hinterlassen haben, mit übernehmen; denn gerade auf dem Gebiet der Sozialpolitik haben Sie sich nicht mit Ruhm bekleckert.
Herrn Gabriel, dem neuen Pop-Beauftragten und ehemaligen Ministerpräsidenten, war die Sozialpolitik in seiner Regierungserklärung gerade einmal sieben Zeilen wert - oder auch nichts wert. Die frühere SPD-Landesregierung hat eine konzeptionslose Sozialpolitik betrieben und Fördermittel nach dem Gießkannenprinzip vergeben. Völlig wirre Doppel- und Dreifachstrukturen müssen entzerrt sowie auf ihre Effizienz, Effektivität und Notwendigkeit hin überprüft werden. Die Altlasten, die die frühere SPD-Landesregierung nicht abgearbeitet hat, müssen jetzt in Angriff genommen werden.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal daran erinnern, dass es in der Vergangenheit viele Dinge gegeben hat, die selbst den Kollegen Schwarz unglücklich gemacht haben.
Aber auch er konnte seine Landesregierung nicht zum Jagen tragen. - Vieles von dem, was die Vorgängerregierung versäumt hat, hat die Ministerin inzwischen in Angriff genommen. So ist zum Beispiel das Gleichstellungsgesetz in Arbeit. Der Investitionsstau im Krankenhausbereich wird abgebaut. Das Volumen wird jährlich um 20 Millionen Euro aufgestockt. Der Entwurf des Landespflegegesetzes liegt vor. Es gibt Kriterien für die Qualitätssteigerung in der Pflege. Die Verhandlungen zum Versicherungsschutz im Ehrenamt laufen und stehen kurz vor ihrem Abschluss. Das Wohnungsbauprogramm liegt vor. Das Eckpunktepapier zum Gesundheitsdienstgesetz liegt ebenfalls vor. Meine Damen und Herren, alle diese Dinge sind Sie in den letzten Jahren nicht angegangen. Wenn Sie jetzt fordern, wir müssten das alles innerhalb kürzester Zeit regeln, dann ist das zu viel. Wir können das nicht schaffen.
sachsen eine verlässliche, bedarfsorientierte und zuverlässige Sozialpolitik an, die den Betroffenen auch Planungssicherheit gibt.
Ich hoffe, dass wir in Niedersachsen dann ein größeres Gestaltungspotenzial haben werden. Ich kann nur sagen, dass für uns seit dem 2. Februar 2003 gilt: Sozial total phänomenal.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen auch von der SPD und von den Grünen, ich möchte es an dieser Stelle noch einmal deutlich machen. All die Diskussionen, die wir auch über den Sozialhaushalt führen, müssen wir natürlich in einem Gesamtzusammenhang sehen. Mit Blick auf die Haushaltslage ist es inzwischen nicht mehr nur fünf vor zwölf, sondern nach 13 Jahren roter und rot-grüner Landespolitik sind wir inzwischen fast schon bei halb eins. Ich muss ganz klar festhalten, dass zu den Versäumnissen der letzten 13 Jahre die armselige Steuerreform der rot-grünen Bundesregierung hinzukommt, die dazu führt, dass sich die Haushaltslage weiter verschlimmern wird. Das bedeutet, dass die Vernünftigen in diesem Land - das sind nun einmal einzig und allein CDU und FDP - echte Einsparungen vornehmen müssen. Betroffen davon sind alle Bereiche und somit auch der Sozialbereich. Leider ist es so - Sie wissen das genau so gut wie wir -, dass man dann an Leistungsgesetze und auch an die freiwilligen Hilfen herangehen muss. Es wird dann zu Änderungen kommen. Wenn Einsparungen vorgenommen werden müssen, dann müssen aber Strukturen erhalten bleiben. Das bedeutet durchaus auch eine Auswahl.
Eine lebensweltbezogene Mädchenarbeit - das kann ich Ihnen sagen -, wird es mit dieser Landesregierung nicht mehr geben. Stattdessen werden wir die wenigen uns zur Verfügung stehenden Mittel auf Suchtberatung, Aids-Hilfe und Schuld
nerberatung konzentrieren. Demgegenüber hat Ihre ehemalige Sozialministerin in Verkennung der Haushaltslage die Fördermittel für die lebensweltbezogene Mädchenarbeit im letzten Jahr aber noch einmal ausgeweitet, was ich für eine Schande und Verantwortungslosigkeit sondergleichen halte.