Ich möchte das auch begründen. Auf die Nachfrage, warum eigentlich dieser Standort geschlossen werden soll, kam die Antwort: aus Kostenersparnisgründen. Dann haben wir nachgefragt: Was
wird denn eigentlich gespart? Darauf hieß es: Das haben wir noch nicht festgestellt. Wir sind noch dabei zu rechnen. - Ich finde es skandalös, wenn man vor der endgültigen Berechnung bereits eine Entscheidung trifft, die so viele Leute trifft und sie an den Rand der Existenz bringt, und dass man einfach sagt: Wir schließen mal diesen Standort. Ich bin sehr dafür, einen solchen Standort zu verlegen, wenn es dafür sicherheitspolitische Gründe für die Bundeswehr gibt. Dann ist das in Ordnung und auch eine handfeste Begründung. Ich bin sogar dafür, dass man sagt: Aus Kostenersparnisgründen sollte man das für die Zukunft tun. - Hier gibt es aber definitiv keine Begründung mit Kosteneinsparungen. Herr Althusmann hat gerade dargelegt, dass es in der Tat anders aussieht. Der Standort Barnstorf ist in der Lage, selbst 2,5 Millionen Euro zu ersparen. Es ist überhaupt nicht dargelegt worden, welche Kosteneinsparung am neuen Standort in Schleswig-Holstein zu Buche steht. Ganz im Gegenteil: Der neue Standort in Schleswig-Holstein ist in sich komplett marode. Es wurde darauf hingewiesen, dass dort z. B. Wellblechdächer bzw. Eternitdächer über Gebäuden bestehen, die aufgrund bestimmter Regelungen und Vorschriften so lange halten müssen, bis sie undicht sind. Sie sind aber nahezu abgängig. Jetzt sind sie bald undicht. Dann muss das mit einem Kostenaufwand von 500 000 Euro pro Dach saniert werden. Da stehen Investitionen im Raum, die schlicht unglaublich sind, und dann will man uns weismachen, dass dieser Standort aus Kostengründen verlegt werden muss.
Ich bin der Meinung, hier muss man wirklich auch darüber nachdenken, ob das nicht mit anderen Dingen zusammenhängt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass wir im nächsten Jahr in Schleswig-Holstein vor Landtagswahlen stehen, kann man sich nicht des Eindrucks erwehren, dass man hier jemandem einen Gefallen tun will, nur um zu begründen: Wir tun etwas für die Menschen in dieser Region, und anderswo streichen wir. - Ich finde das nicht in Ordnung.
Ebenso wie Herr Althusmann möchte ich Sie alle dringend bitten, dass von hier das Signal ausgeht, dass das, was der Niedersachse Struck auf Bundesebene macht, bitte schön zurückgenommen wird.
Nun hat Herr Meihsies von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen um das Wort gebeten. Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als nicht leidgeprüfter, aber erfahrener Kommunalpolitiker in Sachen Konversion - ich sitze mit dem Kollegen Althusmann gemeinsam im Stadtrat in Lüneburg; wir haben drei Kasernen erfolgreich umgewidmet; ich möchte nicht „abgewickelt“, sondern „umgewidmet“ sagen - weiß ich, wovon ich spreche.
Herr Kollege Althusmann, Strukturpolitik macht man nicht aus dem Wehretat des Bundesverteidigungsministers, sondern Strukturpolitik macht man auch aus dem Etat des Wirtschaftsministers hier in Niedersachsen, nämlich aus dem Etat von Herrn Hirche.
Sie vergleichen hier Äpfel mit Birnen. Sie nehmen für sich in der Sozialpolitik die Strukturdebatte in Anspruch und sagen, es muss über alles gesprochen werden, was an Einsparmöglichkeiten und Kürzungsmöglichkeiten vorhanden ist. Wenn das aber die Bundesregierung macht, dann gilt auf einmal nicht mehr, dass die eigenen Einsparmöglichkeiten auszuschöpfen sind. Das, was für die Bezirksregierungen im Lande Niedersachsen gilt, gilt auch für die Bundeswehr.
Der Bund hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Er hat abgewogen. Es gab den Vorteil in Schleswig-Holstein und auch in NordrheinWestfalen in Köln. Die Entscheidungen sind gefallen. Ich bin als Grüner natürlich nicht ganz glücklich, dass - ich will jetzt keine Ministerschelte betreiben - der Verteidigungsminister vor Ort nicht sehr präsent war - ich möchte das einmal freundlich ausdrücken -, als diese Entscheidung gefallen ist. Er hat sie nicht vernünftig vermittelt. Er hätte die Chance gehabt, das vernünftig zu tun. Das ist eine kleine Kritik an dem Koalitionspartner in Berlin.
Meine Damen und Herren, die Landkreise Oldenburg und Diepholz haben sich auf den Weg gemacht. Sie wollen über Strukturpolitik in dieser schwachen Region reden. Minister Hirche hat jetzt
ein großes Betätigungsfeld, in die Debatte vor Ort konstruktiv einzusteigen, um mit den Kommunen zu prüfen, welche Konversionsprojekte - analog zu Olympia; die sind ja auch umgewidmet worden dort initiiert werden können. Da besteht ein Aufgabenfeld, Herr Kollege Althusmann. Ich könnte mir vorstellen, dass es für die Initiativen, die Sie dort starten, Unterstützung gibt. Man muss überlegen, wie man Geld und Ideen mobilisiert, um analog zum Technologiezentrum Olympia dort neue Ideen zu entwickeln. Da haben Sie uns dann mit auf der Regierungsbank im positiven Sinne.
Strukturpolitik nicht aus dem Wehretat zu finanzieren, sondern neue Wege auch in der Verteidigungspolitik zu gehen, ist auch das Anliegen der Bundes-Grünen in Berlin. Die Entscheidung ist getroffen. Wir reden über 1 000 Menschen, die in diesem Bereich betroffen sind. Das vergessen wir Grüne auch nicht. Mein Kollege von der FDPFraktion hat auch gesagt, es geht vor Ort um Menschen, die auch in ihren Familien darüber reden. Aber Politik nach dem Prinzip „Wasch‘ mir den Pelz, aber mach‘ mich nicht nass“ funktioniert nicht. Tiefe Einschnitte sind auch in diesem Bereich der Bundeswehrreform vonnöten. Wir sind auf dem Weg. Von daher sind Sie aufgefordert, Herr Hirche - er ist jetzt nicht auf der Regierungsbank -, mit den Grünen zusammen vor Ort aktiv zu sein und dort neue Wege in der Strukturpolitik zu gehen. Unsere Unterstützung haben Sie. - Danke sehr.
Als Nächster hat sich der Abgeordnete Bartling von der SPD-Fraktion zu Wort gemeldet. Herr Bartling, ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist bemerkenswert, dass sich ausgerechnet die Fraktion, die gerade dabei ist, ohne Konzept - man kann auch sagen: ohne Sinn und Verstand - zu erzählen, dass die Bezirksregierungen aufgelöst werden, jetzt der Bundesregierung gegenüber so verhält und gegen Dinge protestiert, die notwendigerweise getan werden müssen.
Ich möchte aber zunächst einmal der Geschichtsklitterung, die Herr Althusmann hier versucht hat, etwas entgegenwirken.
Wir haben bei den ersten Reduzierungsrunden Anfang der 90er-Jahre erleben müssen, dass Niedersachsen überproportional von Standortauflösungen betroffen war. Wir haben in der nächsten Phase, als Herr Scharping Verteidigungsminister war, dazu beitragen können, dass Niedersachsen unterproportional von Standortschließungen betroffen war.
Wir haben jetzt die Situation - den Kollegen von der FDP möchte ich das auch noch einmal sagen -: Ich bin zwar nicht Sprecher der Bundesregierung, der all das verteidigen muss, was die gemacht haben. Aber zu dem Vorwurf, dass aus wahltaktischen Gründen in Schleswig-Holstein und Niedersachen unterschiedlich vorgegangen wird, möchte ich zumindest darauf hinweisen, dass in Niedersachsen ca. 2 000 Dienstposten und in SchleswigHolstein auch 1 800 Dienstposten wegfallen. Wenn wahltaktische Gesichtspunkte vorlägen, hätte man in Schleswig-Holstein relativ wenig machen dürfen.
Auch der Hinweis auf die Bezirksregierungen gibt mir noch einmal die Möglichkeit, auf eines aufmerksam zu machen, meine Damen und Herren: Sie erwecken hier fast den Eindruck, Herr Althusmann, als wollten Sie auch bei den Bezirksregierungen den Kommunen oder denjenigen, die betroffen sind, ein Vetorecht beim Stellenabbau einräumen. 6 000 Dienstposten wollen Sie in Niedersachsen wegfallen lassen. Ich bin einmal gespannt, wie Sie denn damit umgehen, wenn es darum geht, in Niedersachsen Veränderungen herbeizuführen.
Ich stimme Herrn Althusmann in seinem Dank und in der Würdigung der Tätigkeit der Soldaten nachdrücklich zu, die für uns ihren Dienst tun. Aber gerade weil sie an anderer Stelle ihren Dienst tun, ist es so dringend notwendig, eine Reform der
Bundeswehr durchzuführen. Das wird zurzeit gemacht. Wenn Sie das einmal zu Ende denken würden, dann könnte eine Bundesregierung auf die Idee kommen zu sagen: Die effektivste Struktur für die Streitkräfte wären ein großer Standort für das Heer in der Heide, ein großer Standort für die Marine an der Küste und ein großer Standort für die Luftwaffe irgendwo. Das wäre die effektivste Struktur.
Die Bundesregierung hat in der Vergangenheit bei den Bundeswehrstandorten immer auch Rücksicht auf die Strukturen genommen und wird das auch weiterhin tun. Aber wir werden auch bei weiteren Entscheidungen schmerzhafte Entscheidungen hinnehmen müssen, weil es für die Veränderungsnotwendigkeiten bei der Bundeswehr erforderlich ist. Solche Veränderungsnotwendigkeiten haben Sie vonseiten der Landesregierung nicht nur erkannt, sondern haben auch entsprechende Vorschläge eingebracht.
Wir haben in der Vergangenheit bessere Erfolge erzielt, indem wir versucht haben, ohne großes öffentliches Theater mit dem Verteidigungsminister in ein konkretes, ein konstruktives Gespräch einzutreten. Ich kann Ihnen das nur empfehlen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bartling, nur einmal zu Ihren Erfolgen: Unter dem Bundesverteidigungsminister Scharping war Niedersachsen das Land, das von Reduzierungen und Standortschließungen am zweitstärksten betroffen war. Nur noch Bayern war mehr betroffen. Geschlossen wurde nur dort, wo Strukturschwächen vorhanden waren. Das ist die Bilanz, die Sie tatsächlich hinnehmen müssen. Insofern kann man nicht sagen, dass Sie bei der
Insofern wundere ich mich, Herr Meihsies, dass Sie schon jetzt über Konversion sprechen. Das will ich überhaupt nicht akzeptieren. Wenn man wirklich einmal vor Ort war, dann kann man das nicht akzeptieren, denn es gibt nicht einen einzigen Grund, warum man den Weg geht, die Standorte Ahlhorn und Barnstorf zu schließen und die betreffenden Einheiten nach Stadum in SchleswigHolstein zu verlegen. Das kostet, das spart nicht und ist militärisch in keiner Weise zu begründen, meine Damen und Herren.
Die Beispiele sind doch genannt worden. Wir haben Herrn Verteidigungsminister Struck gebeten, die Fakten doch einmal auf den Tisch zu legen. Bis zum heutigen Tage haben wir die Fakten von ihm nicht erhalten. Ich war vor Ort in Barnstorf. Die dortige militärische Führung hat mir sehr eindrucksvoll geschildert, wie es denn tatsächlich aussieht. Herr Althusmann hat es dargestellt. Ich will es in wenigen Worten wiederholen, damit das, was Sie gesagt haben, nicht so stehen bleibt. Es gibt einen niedersächsischen Weg bei der Reduzierung und bei der Bundeswehrreform. Wenn Sie die niedersächsischen Standorte in Ahlhorn konzentrieren, dann können Sie pro Jahr insgesamt 2,67 Millionen Euro sparen. Das ist belegt. Sie müssten lediglich 3,5 Millionen Euro mittelfristig investieren. Das ist der niedersächsische Weg. In Barnstorf können Sie eine zivile Weiterbildungseinrichtung schaffen, in der Sie bundesweit ausbilden können. Dieses Konzept steht und ist dem Bundesverteidigungsminister bekannt.
Und was müssen Sie jetzt machen, wenn Sie nach Schleswig-Holstein verlegen? Militärisch bringt das keine Vorteile; das ist mir von der militärischen Führung bestätigt worden. Aber was müssen Sie investieren? 40 Millionen Euro mittelfristig und 15 Millionen Euro kurzfristig, damit Sie überhaupt verlegen können, weil die Werkstätten gar nicht hoch genug sind, um dort vernünftig arbeiten zu können. Sie würden - das ist jetzt nachgeschoben worden; Herr Schwarz, Sie haben Recht, dass zu dem Zeitpunkt noch gar keine Zahlen vorlagen jährlich 1,3 Millionen Euro einsparen.
wird? Sie müssen 36 Millionen Euro mehr investieren und haben jährlich 1,4 Millionen Euro weniger an Ersparnis. Vor dem Hintergrund frage ich mich: Wo ist denn die Begründung dafür? Das können doch nur politische Gründe sein. So etwas kann man auch den Steuerzahlern nicht zumuten.
Meine Damen und Herren, deshalb muss man die Bundesregierung und den Bundesverteidigungsminister auffordern, die Fakten auf den Tisch zu legen. Wenn er keine anderen Zahlen auf den Tisch legen kann, dann muss man ihn auffordern, die Entscheidung zurückzunehmen. In dieser Phase sind wir. Deshalb habe ich dem Bundesverteidigungsminister in dieser Form einen Brief geschrieben. Die Antwort darauf steht noch aus. Ich bin sehr gespannt darauf. Deshalb will ich im Moment noch nicht über Konversion reden.
Meine Damen und Herren, wenn Sie sich Upjever angucken, dann merken Sie, dass es dort sehr ähnlich ist. Es sind gerade bis zu 14 Millionen Euro in ein Wirtschaftsgebäude investiert worden. Dort haben Sie die modernste Technik. Die Flieger haben hervorragende Bedingungen. In NordrheinWestfalen und in Rheinland-Pfalz kann es wegen der dortigen Verdichtung in Zukunft durchaus zu Problemen beim Fliegen kommen. Bestes Übungsgelände ist die Nordsee. Die ist nicht weit entfernt. Aus welchem Grunde soll man Upjever schließen und in anderen Bereichen die Probleme neu schaffen? Das macht doch beim besten Willen keinen Sinn.
Es kann doch nicht wahr sein, dass der Bundesverteidigungsminister vor einer Entscheidung überhaupt nicht gesprächsbereit ist. Er hat sich verweigert. Das muss man sich vorstellen!
Wie Sie gehört haben, haben wir weitere Probleme. Seedorf steht vielleicht auch vor der Schließung. Die niederländische Seite ist sehr viel offener. Dort wird gesagt: Wir werden die Entscheidung im Herbst, und zwar im September, fällen, und wir sind jetzt gesprächsbereit. Die Landesregierung hat bereits Gespräche mit dem Botschafter aus Holland geführt und hat die Probleme geschildert. Dort ist durchaus noch Bewegung drin. Wir hoffen, dass wir - hoffentlich gemeinsam mit der Bundesregierung eine Schließung verhindern
können. Was wir wahrscheinlich hinnehmen müssen, ist eine Reduzierung. Aber das ist immer noch besser als eine Schließung. Wir sind dabei, die entsprechenden Verhandlungen zu führen.
Meine Damen und Herren, wenn es darum geht, Veränderungen und auch Reformen anzudenken, dann wird sich auch diese Landesregierung in keiner Frage verweigern.