Protokoll der Sitzung vom 18.05.2006

Das darf man mit Fug und Recht so behaupten. Wenn Sie der SPD eine dubiose Vergabepraxis vorwerfen, frage ich Sie, wie Sie Ihre eigene Vergabepraxis betrachten.

(Dr. Harald Noack [CDU]: Offen und transparent!)

Ich möchte in dem Zusammenhang die zweite Frage stellen. Sie haben rund 150 000 Euro für ein Gutachten zur Evaluation der Bezirksregierungen ausgegeben. Warum haben Sie dieses Gutachten freihändig an das Institut für Europawissenschaften vergeben, und welchen Erkenntnisgewinn haben Sie durch dieses Gutachten?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Meihsies. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Möllring. Bitte schön.

Zu Frage 2. Wir haben zu jedem Gutachten, das freihändig vergeben worden ist, begründet, warum es freihändig vergeben worden ist. Das werden Sie der Übersicht entnehmen.

In Beantwortung der Frage 1, also dass der Ministerpräsident gesagt hat, wir werden unsere Gutachten anders vergeben, darf ich nochmals aus dem Buch von Thomas Leif „beraten & verkauft“, Seite 150, zitieren:

„Zwischen 1994 und 2002 haben die früheren SPD-Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Gerhard Schröder, Gerhard Glogowski und Sigmar Gabriel, immer wieder die Hilfe von Beratern in Anspruch genommen. 368 Gutachten und Beratungen listet eine Zusammenstellung auf, Gesamtkosten für die Aufträge: 28,3 Millionen Euro. Dazu gehört ein Projekt für

2,45 Millionen Euro zum Tiefwasserhafen Wilhelmshaven - Konsortialführer Roland Berger. Auch 5 100 Euro für ein Kulturprojekt von Sabine Haake, der späteren Ehefrau von Schröders Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye,“

(Bernd Althusmann [CDU]: Der gera- de wieder Schlagzeilen macht!)

„wurden lockergemacht.

‚Wir haben uns in Niedersachsen von Roland Berger gern Gutachten machen lassen, in denen die Privatisierung von Krankenhäusern gefordert wurde‘, erzählt ein Sozialdemokrat, der in Hannover unter Schröder arbeitete und inzwischen in Berlin wirkt. ‚Es war immer klar, dass diese Empfehlungen nie umgesetzt werden, aber unsere Beamten waren danach eher bereit, über Modernisierungen nachzudenken. Da belebt Konkurrenz einfach das Geschäft.‘“

Auch davon wollten wir Abstand nehmen. Wir brauchen nicht Berater, um unseren Beamten, wie man so schön sagt, Beine zu machen, sondern wir motivieren sie anders, indem wir sie nämlich anerkennen und ihre Leistungen auch abfordern. Und das funktioniert auch.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich zitiere weiter:

„Im Mai 2002 quartierte sich ein Team der Unternehmensberatung Roland Berger in Hannover ein, nachdem sich der seit zwei Jahren amtierende Ministerpräsident Sigmar Gabriel mit Jobst Fiedler getroffen hatte, einem Parteigenossen, von 1990 bis 1996 Oberstadtdirektor von Hannover. Fiedler leitete bei Roland Berger zu der Zeit jene Abteilung, die sich um die Beratung der öffentlichen Verwaltung kümmert. Grund des Treffens: Sigmar Gabriel wollte Reformen. Innerhalb von acht Wochen sollten Berater das schaffen, was die niedersächsische Landesregierung ihren eigenen Beamten offenbar seit Jahren nicht zutraute - die Staatskasse in

Ordnung zu bringen. Die Ministerien selbst, dachte Gabriel, würden dazu kaum eigene Vorschläge machen; denn ‚mit Gänsen können Sie schlecht über Weihnachten reden‘.

Fiedler bekam den Zuschlag.“

Damit wollten wir Schluss machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu ihrer zweiten Zusatzfrage Frau Kollegin Helmhold!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich bin ganz gespannt, ob der Minister auch auf die Frage, die ich jetzt stelle, eine Stelle zum Vorlesen findet. Dann werden wir ja vielleicht im Laufe des heutigen Tages hier noch das ganze Buch kennen lernen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Hermann Eppers [CDU]: Das Buch war doch sehr interessant!)

Die Landesregierung hat im Zusammenhang mit dem von ihr betriebenen Verkauf der Landeskrankenhäuser externe Gutachter beauftragt. Ich frage die Landesregierung: Sind dort bislang bereits Rechnungen oder Abschlagszahlungen angefallen, bzw. wann werden diese anfallen?

Danke schön. - Für die Landesregierung Herr Minister Möllring!

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Kein Buch dabei?)

Sie müssen sich schon entscheiden, liebe Kolleginnen und Kollegen. Wenn ich mich an die Geschäftsordnung halte, in der steht, dass Fragen eine kurze Beantwortung ermöglichen müssen - Herr Jüttner hat das gestern perfekt gemacht -, und hier nur „Nein“ und „Ja“ sage, empören Sie sich über mich. Wenn ich es dann ein bisschen ausführlicher mache, werfen Sie mir vor, dass ich mich hier Sekundärliteratur bediene.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Gibt es von Ihnen Primärliteratur, Herr Möll- ring?)

Gestern war es falsch, heute ist es falsch.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wie man es macht, ist es falsch; davon können Sie immer ausgehen!)

Liebe Frau Kollegin Helmhold, nach den Richtlinien, die wir uns selber gegeben haben, werden wir diese Zahlen in den Bericht einarbeiten, den wir im Jahre 2007 im Haushaltsausschuss vorlegen werden, weil die Aufträge vor kurzer Zeit, also im Jahre 2006, vergeben worden sind. Nach meiner Kenntnis sind noch keine Abschlagszahlungen geleistet worden. Das kann ich jetzt aber nicht hundertprozentig sagen; ich werde mich erkundigen und Ihnen die Auskunft gegebenenfalls nachliefern.

Danke schön. - Zu seiner zweiten Zusatzfrage Herr Kollege Wenzel.

(Zuruf von der CDU: Heiße Luft!)

Herr Minister, ich muss sagen, ich bin mit den Antworten, die wir hier erhalten haben, sehr zufrieden.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir messen Sie an Ihren eigenen Aussagen, an den Aussagen, die der Finanzminister hier im Plenum am 20. Februar 2004 getroffen hat, und an den Aussagen des Ministerpräsidenten. Wir stellen fest: Die Praxis in Niedersachsen hat sich nicht wesentlich geändert. Von den Möglichkeiten der VOL zur freihändigen Vergabe wird auch oberhalb der 200 000 Euro-Grenze ausufernd Gebrauch gemacht.

Ich habe keine weiteren Fragen an Sie. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der SPD - Minister Hartmut Möllring meldet sich zu Wort - Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, nach den neuen Regelungen unserer Geschäftsordnung ist es möglich, bei Zusatzfragen ein Eingangsstatement von einer Minute abzugeben.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Aber der Minister darf jetzt nicht antworten, weil Herr Wenzel nicht gefragt hat! - Ste- fan Wenzel [GRÜNE]: Ich habe keine Frage gestellt!)

- Richtig, deswegen sagte ich ja eben: Ein Eingangsstatement dürfen Sie durchaus abgeben.

(Dr. Philipp Rösler [FDP]: Die Grünen haben aufgegeben!)

Aber wenn Minister Möllring jetzt auf Ihr Eingangsstatement eingehen möchte - er darf immer antworten. Herr Minister Möllring, Sie haben das Wort.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Er will im- mer das letzte Wort haben!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nein, ich muss nicht immer das letzte Wort haben.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aber meistens!)

Herr Wenzel, nachdem Sie sich so zufrieden geäußert haben, nachdem wir Ihnen hier alles offen dargelegt haben und Sie überhaupt keinen Skandal, ja nicht einmal ein Skandälchen oder auch nur den Faden eines Skandälchens gefunden haben, stellen Sie sich jetzt noch einmal hier hin und sagen: Mein Vorwurf aus meiner früheren Presseerklärung, als ich die Fakten noch gar nicht hatte, ist durch die Antworten bestätigt worden. - Das weise ich einfach zurück.

Ich habe auf die Frage des Kollegen Professor Lennartz genau dargelegt, wann nach den Vergaberichtlinien eine freihändige Vergabe möglich ist. Ich habe auch dargelegt, dass die Begründungen für die Vergaben im Jahr 2005 im Haushaltsausschuss vorgelegt worden sind.

Natürlich: Wenn die Opposition den einen oder anderen Punkt etwas anders sieht als die Regierung, dann ist es ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit, der Regierung das auch vorzuhalten. Dann

müssen Sie aber auch sachgerecht argumentieren! Sie müssen sagen: Moment, wir haben etwas gefunden, wo sich die Regierung nicht an ihre eigenen Regeln gehalten habt.

So etwas haben Sie, Herr Wenzel, aber gerade nicht gefunden. Deshalb finde ich es nicht richtig, dass Sie sich hier einfach hinstellen und pauschal sagen: Das war genauso wie damals. - Ich habe bereits gesagt: Wir haben es geändert, wir haben es transparent und durchsichtig gemacht, wir legen Ihnen alles vor.