Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

(Zurufe von der SPD)

Ich bitte Sie alle, dieses Thema insgesamt emotional etwas tiefer zu hängen, den Rednern auch zuzuhören und Sachargumente vorzubringen.

Bitte schön, Frau Kollegin Vockert! Sie haben jetzt das Wort.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ich ver- spreche, Frau Vockert, dass ich nicht provoziere! - Ina Korter [GRÜNE]: Ich auch nicht! - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Ich werde mich bemühen, Frau Kollegin Helmhold. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, es ist wichtig festzustellen, dass sich der Übergang von den Sonntagsreden der SPD-geführten und der teilweise rot-grünen Regierungen in den Jahren 1990 bis 2003 zum Alltagshandeln der CDU im Jahr 2003 gerade für den Kita-Bereich ausgesprochen positiv ausgewirkt hat.

(Beifall bei der CDU)

Ich will durchaus noch einmal betonen, was Sie, Frau Janssen-Kucz, eben schon erwähnt haben: Es gab bis zum Jahre 2003 keinen Orientierungsplan als Richtlinie und somit keine Vorgabe mit neuen wesentlichen inhaltlichen Elementen für den gesamten Kita-Bereich. Dass jetzt ein Orientierungsplan vorliegt, ist eine Leistung der CDU/FDPgeführten Landesregierung.

(Walter Meinhold [SPD]: Wie bitte! Was haben Sie gesagt?)

Bis zu diesem Zeitpunkt lag die Zuständigkeit im Sozialministerium. Wir haben sie, weil frühkindliche Bildung uns wichtig ist, ins Kultusministerium überführt.

(Walter Meinhold [SPD]: Das ist die entscheidende Leistung für die Kin- der! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Das war der Anfang!)

Das ist eine Leistung der CDU/FDP-geführten Landesregierung, die den Kindern zugute kommt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

1993 wurde hier noch lebhaft über einen Erlass zur Zusammenarbeit zwischen Kindertagesstätten und Grundschulen diskutiert. Wir haben darum gestritten, dass wir endlich von der Theorie in die Phase der praktischen Umsetzung kommen müssten und dass hier etwas zu tun sei. Die SPD hat damals gesagt: Es ist alles einfach genial. - Als im Jahr 2003 diese CDU/FDP-geführte Landesregierung die Auseinandersetzung mit dieser Thematik vorgeschlagen hat,

(Walter Meinhold [SPD]: Kommen Sie mal zur Sache!)

haben uns alle bestätigt, die praktische Umsetzung laufe nur dort, wo die emotionale Schiene zwischen der Erzieherin in der Kita und dem Schulleiter in der Grundschule funktioniere. Ansonsten bestand der Erlass nur auf dem Papier und wurde in der Praxis nicht umgesetzt. Auch das haben wir entsprechend verändert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir von der CDU haben uns mit dem Aspekt, dass die frühkindliche Bildung wichtig ist, immer inhaltlich auseinander gesetzt. Diesen Aspekt teilen wir jetzt alle gemeinsam. Das war für uns von der CDU schon lange vor PISA so. Nachdem sich die SPD vom PISA-Schock erholt hat, hat sie sich dieser Thematik angenommen.

Herr Kollege Jüttner, ich kann nachvollziehen, dass Sie auf einen Zwischenruf von Frau Körtner erwidern, dass Sie nicht mehr über die Vergangenheit reden wollen. Ich rede auch ungerne über die Vergangenheit, weil man mir ansonsten leicht unterstellen könnte, dass ich den Blick in die Zukunft - der ja viel wichtiger ist - verkenne. Dennoch glaube ich, dass es ganz wichtig ist, sich auch einmal mit der Vergangenheit auseinander zu setzen, um auf der einen Seite aus der Geschichte zu lernen - sprich: im frühkindlichen Bereich muss mehr getan werden - und auf der anderen Seite zu prüfen, wie es vor dem Hintergrund von Aussagen von Politikerinnen und Politikern um deren Glaubwürdigkeit und der Ehrlichkeit bestellt ist.

Was hat denn die SPD 1990, als ich in den Landtag gekommen bin, versprochen? - Sie hat genau das versprochen, was Sie jetzt mit Ihrem Gesetzentwurf einfordern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kirschner von der SPD hat damals immer wieder betont: Wir fordern die 100-prozentige Personalkostenübernahme im Kita-Bereich. Wir setzen es um. - Was ist anschließend mit diesem Gesetzentwurf geschehen?

(Zuruf von der CDU: Null!)

- Ich höre einen Zwischenruf: Null! - Ich würde eher sagen: Minus. - Wenn man uns 100 % verspricht und wir als Träger anschließend 20 % bekommen - was in der Praxis unter dem Strich 16 % sind -, dann ist dieses Versprechen definitiv gebrochen worden.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ihr früherer Ministerpräsident hat das auch sehr deutlich zugegeben. Ich meine, es macht ihn schätzenswert, dass er als Politiker auch einmal zugibt, dass er etwas, was er versprochen hat, gebrochen hat.

Vor dem Hintergrund der Kommunalwahl wollen Sie mit Ihrem Gesetzentwurf Populismus pur betreiben, wie Sie das schon vor 1990 getan haben, und sagen Sie einfach „Wir finanzieren das“.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Was die Finanzierung angeht, haben Sie eben nur die 37,7 Millionen Euro für 2007 genannt. Das aber ist kein volles Jahr. Sie haben nicht über die Folgefinanzierung gesprochen, die mindestens 90 Millionen Euro ausmachen würde. Wenn ich es in Ihrer Pressemitteilung richtig gelesen habe, sagen Sie, Herr Jüttner, dass Niedersachsen das Projekt mit den Mehreinnahmen aus der Anhebung der Mehrwertsteuer finanzieren könnte.

Im Anschluss daran haben Sie gesagt, dass wir damit aufhören sollten, über Kosten zu reden, und über den Nutzen reden sollten. Das zeigt die Unglaubwürdigkeit Ihrer Politik!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mehreinnahmen, die möglicherweise vorhanden sind, gleich wieder scheibchenweise zu verfrühstücken, erinnert an die Jäger-90-Diskussion.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Damals sind diese Mittel ständig für welche Projekte auch immer verbraten worden ohne eine solide Finanzierung. Herr Jüttner, Sie wissen als Fraktionsvorsitzender sehr genau, dass das ohne eine solide Finanzierung nicht leistbar ist. Deshalb fordere ich bzw. fordern wir Sie auf: Legen Sie uns ein solides Finanzierungskonzept vor! Dann werden wir für die sofortige Umsetzung eines beitragsfreien Kindergartenjahres Sorge tragen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Sehr gut!)

Was einen möglichen Konsens, vielleicht auch in Absprache mit Berlin angeht, so vergegenwärtigen Sie sich doch einmal, was der Herr Kollege Struck aus Ihrer Fraktion in Berlin gesagt hat. Er sagt, dass er bis zur Jahreswende in Berlin die gesamte Familienförderung durchforsten will, um die KitaBeiträge aus diesen Mitteln finanzieren zu können. Wenn Sie jetzt sagen, dass das sehr gut sei, und

dies auch wissen, dann verstehe ich nicht - ich gehe davon aus, dass die Kommunikation mit Berlin funktioniert -, warum Sie heute diesen Antrag einbringen. Denn wenn Herr Struck Erfolg hätte, würde die Finanzierung in Berlin geregelt werden. Das heißt, Sie bestätigen, dass das Populismus pur ist

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Widerspruch bei der SPD)

und Sie vor dem Hintergrund der Kommunalwahl einzig und allein darauf abzielen, sich hier als die bildungsinnovative, im frühkindlichen Bereich engagierte Partei darzustellen. Das ist nachweislich aller Protokolle definitiv nicht der Fall.

Ich will Ihnen ein Letztes sagen: Wir sind uns hier im Hause alle darin einig, dass ein beitragsfreies Kindergartenjahr ein sehr wichtiges Signal zur Darstellung einer familienfreundlichen Politik ist.

(Werner Buß [SPD]: Dann lasst uns das doch machen!)

- Herr Buß, wenn Sie mir ein solides Finanzierungskonzept vorlegen, dann setzen wir es um.

Herr Jüttner, Sie haben auch den sozialen Aspekt angesprochen. Es gehört aber zur Wahrheit dazu - auch das müssen Sie wissen -, dass bereits heute bis zu 25 % aller Eltern von den Jugendhilfeträgern aufgrund ihrer Einkommenssituation eine Beitragsbefreiung gewährt wird.

(Christa Elsner-Solar [SPD]: Wir wis- sen das!)

Das heißt, die Behauptung, die CDU kümmere sich mal wieder nicht um die Geringverdienenden und die sozial Schwachen, ist definitiv falsch.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es gibt Regelungen. Diese Regelungen müssen Sie zur Kenntnis nehmen. - So weit zum Thema „Soziales“.

Ich bin der Auffassung, dass Sie dieses Thema heute als Wahlgeschenk und Populismus auf den Weg bringen wollen. Wir sind der Auffassung, dass zu dem beitragsfreien Kita-Jahr die inhaltliche Qualität dazugehört. Ich habe schon gesagt, was wir in diesem Bereich getan haben.

Nun zu dem letzten Punkt in dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Die Grünen fordern darin verbindliche Bildungsstandards. Liebe Kolle

gin Meta Janssen-Kucz, darüber habe ich mich gewundert. Denn wir haben bei der Anhörung sehr deutlich zu hören bekommen, was seitens der Wissenschaftler und der Erzieherinnen und Erzieher gewünscht wird: keine verbindlichen Vorgaben, die von oben bürokratisch verordnet werden und nach denen alles nach Schema F umgesetzt werden muss, sondern flexible Möglichkeiten.

Zum Thema „Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher“ frage ich: Wer war es denn, der die Ausbildungs- und die Weiterbildungssituation der Erzieherinnen und Erzieher in diesem Lande verbessert hat? - Von 1990 bis 2003 ist nichts geschehen. Ab 2003 haben wir das entsprechend umgesetzt. Das läuft insofern auf einem guten Weg. Daran werden wir weiter arbeiten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)