Meine Damen und Herren, wir haben also einiges auf den Weg gebracht. Nun stellt sich die Frage: Wie kommen wir weiter? - Dabei stellt sich die wichtige Frage: Können wir die Eltern von den Beiträgen - von der wirtschaftlichen Belastung befreien? Das ist ein wichtiger Baustein in dem großen Konzept. Da gibt es gar keinen gewaltigen Gegensatz. Aber man muss prüfen, wie man das erreichen kann.
Man muss sich auch über ein paar Kernfragen einig sein. Es gibt die große Auseinandersetzung - wenn man schon damit beginnt und wahrscheinlich nur einen Jahrgang finanzieren kann -, welcher Jahrgang finanziert werden soll. Ich glaube, dabei sind wir uns mit den Grünen ausgesprochen einig. Wenn auch ein bildungspolitischer Auftrag einbezogen werden soll, dann kann es nur um den dritten Kita-Jahrgang gehen, also um den Jahrgang, der der Einschulung vorausgeht. Alles andere muss man, glaube ich, am Ende verwerfen und ist nicht so vernünftig - auch mit Blick auf die Kostenfrage.
Wenn man sich für die Finanzierung des ersten Jahrgangs entscheidet, dann steckt vielleicht die Überlegung dahinter, die Eltern, die ihre Kinder bislang noch nicht in die Kita geschickt haben,
schon ab dem ersten Jahr einzubinden. Das wäre sozusagen ein Klebeeffekt: wenn die Kinder auch im zweiten und dritten Jahrgang in der Kita bleiben, dann hat man auch sein Ziel erreicht.
Ich darf Sie daran erinnern, Herr Meinhold: Als es um das Essensgeld in der Stadt Hannover ging, haben die Eltern schon bei dem Betrag von 30 Euro gesagt, dass sie sich nicht mehr beteiligen. Was nützt es also - Meta Janssen-Kucz hat es ja beschrieben -, wenn der erste Jahrgang kostenfrei ist, aber der zweite und dritte nicht? Dann springen die Eltern bzw. Kinder hin und her oder springen insgesamt ab. Dann würde das notwendige Ziel nicht erreicht.
Das Ganze steht natürlich unter einem Finanzierungsvorbehalt. Das haben wir immer gesagt. Das hat auch der Oppositionspolitiker Busemann gesagt. Das steht auch im Regierungsprogramm. Wir wissen schon, wo wir hinwollen, aber das Ganze muss auch finanzierbar sein. Nur mit pauschalen Luftbuchungen - wir geben mal eben 80 oder 90 Millionen Euro aus; das Ganze wird schon irgendwie gut gehen - kann man dieser ernsten Thematik nicht gerecht werden.
Den Grünen sage ich: Sie haben ein tolles Konzept; Sie wollen hier mit uns über 800 Millionen Euro für Ganztagsbetreuung ab dem ersten Jahrgang abseits des Bundesrechts verhandeln. Dies mag zwar der Leidenschaft geschuldet sein, aber wie wollen wir eine solche Landesverpflichtung miteinander hinbekommen? Da verhebt man sich und vergreift sich in den Tasten. Solche Ziele hören sich vielleicht in manchen Debatten gut an; wollen wir jedoch Realpolitik betreiben, dann werden wir auf vernünftigem Wege nicht dahin gelangen.
In diesem Zusammenhang sage ich der Sozialdemokratie, dass es schwer genug ist, für eine solche Aufgabe Beträge von 70, 80 oder 90 Millionen Euro zu organisieren.
Alles, was wir machen, kommt auch bei jetzt verbesserten Steuereinnahmen immer noch nicht aus der Neuverschuldung heraus. Jeden Tag schiebt der Finanzminister 7 Millionen Euro für Zins- und Tilgungsleistungen an die Banken; an den Schulden haben wir alle unsere Urheberrechte. Jeden Tag könnte ich sieben neue Kitas oder eine schicke neue Schule bauen, wenn das Land diese Schulden nicht bedienen müsste. Also muss man sich ein bisschen zusammenreißen, bevor man sagt, man könne alles Mögliche von heute auf morgen finanzieren, alles sei machbar.
Ich habe mir Ihr Konzept genau angesehen, Herr Jüttner. Bildungsfinanzierung ist ein Gesamtkomplex, da Kita auch mit Schule zusammenhängt. Deswegen muss man genau hinsehen, wenn jemand ein Finanzierungsmodell vorlegt. - Sie sind einverstanden, dass ich dies hier noch vortrage. Es geht darum, wie es in Gänze gehandelt werden soll und wohin uns das insgesamt führen wird.
Nun haben Sie entdeckt, dass die Mehrwertsteuererhöhung richtig Knete bringen wird. Gegen 2 % sein, bei 3 % mitstimmen und beim Ausgeben erst recht vorne dabei sein, das ist eine wunderbare Geschichte.
(Wolfgang Jüttner [SPD]: Was macht ihr? Nicht mitstimmen, aber ausge- ben, das ist eure Alternative!)
- Ich weiß ja nicht, ob Sie Herr Duin im nächsten Wahlkampf nicht ganz gefährlich aufs Glatteis führen wird. Daher will ich Ihnen jetzt ein bisschen helfen und Sie im Hinblick auf die Landespolitik rechnen lehren. Auch die Landespartei schwankt bei Ihnen manchmal zwischen dem Jahrgang 2007 und dem Jahrgang 2008. Ein angeknabberter Jahrgang rechnet sich ja auch leichter als ein komplettes Haushaltsjahr. Das merken die Leute nicht immer.
Wenn ich mir Ihr Zahlenwerk anschaue - ich habe es mir in Ruhe beguckt -, dann stelle ich fest, dass Sie für 2008 - das deckt sich in etwa mit den eben von Ihnen genannten Zahlen - davon ausgehen, dass die Länder durch mehr Bundeszuweisungen, Steuermehreinnahmen, Abbau von Steuervergünstigungen, Bekämpfung von Steuermissbrauch sowie eigene Mehreinnahmen 9,7 Milliarden Euro
mehr haben werden. Nach dem Königsteiner Schlüssel wird Niedersachsen daran einen Anteil von rund 974 Millionen Euro haben.
Dann haben Sie gesagt, über einen weiteren Finanzausgleich müsse noch etwas an die Kommunen gehen, außerdem mache sich ein bisschen Abbezahlen von Schulden in diesen Zeiten nicht schlecht. Aus diesen Gründen haben Sie weitere 250 Millionen herausgenommen. Siehe da, spätestens 2008 wird die SPD 398 Millionen Euro an frischem Geld in der Schatulle haben, um damit Gutes zu tun.
Gutes wollen Sie zunächst im Bereich des Kindertagesstättenwesens tun. Im Hinblick auf die Bausteine liegen wir nicht weit auseinander. Trotzdem muss ich es jetzt zum Besten geben. Sie kalkulieren die Kostenfreiheit des ersten Kindergartenjahrgangs mit 71 Millionen Euro. Beim dritten Jahrgang kommen Sie eher auf 90 Millionen Euro.
Wenn Sie ein Wahlrecht einführen, dann wissen Sie nicht, wofür sich die Menschen entscheiden, wodurch Sie ein Kalkulationsproblem bekommen. Vielleicht liegen Sie ja mit 80 Millionen Euro in der Mitte; nehmen wir die Zahl einmal so hin. Sie wollen bedarfsdeckend Integrationsgruppen in den Kindertagesstätten einrichten; das kostet in Ihrer Rechnung 4 Millionen Euro, was nicht so weit von der Realität entfernt ist.
Herr Busemann, ich mache Sie darauf aufmerksam, dass Sie die verabredete Redezeit um 150 % überzogen haben.
- Ja, sehr gut! Aber noch im Dezember haben Sie die 5 Millionen Euro, die der Minister Ihnen vorgeschlagen hat, für nicht gut gehalten und 2 Millionen
plus beantragt. Wir haben 1 Million plus gegeben. Jetzt haben Sie vor, 4 Millionen plus in den Haushalt einzustellen. Dann gehen Sie mit zwei Stichtagen usw. in die flexible Eingangsphase an den Grundschulen. Dies macht ein Jahresvolumen von 153 Millionen Euro aus. Wir befinden uns auch auf diesem Wege. Aber dies kostet Lehrerstellen; das können Sie nicht in einem Schritt machen. Weil Sie selbst gemerkt haben, dass 153 Millionen Euro ein bisschen viel sind, arbeiten Sie mit fünf Zwölfteln und schreiben 74 Millionen Euro in die Kalkulation. 50 Familienzentren wollen Sie einrichten. Dies halte ich für eine gute Sache. Im Übrigen kam es mir bekannt vor; ich glaube, der Politiker Busemann hatte vor längerer Zeit auch schon einmal ein solches Papier geschrieben. Deswegen kann ich auch nichts dagegen haben. Es ist eine gute Idee, an deren Umsetzung alle fleißig arbeiten.
Des Weiteren fordern Sie die Abschaffung der Studiengebühren und den Ersatz der Einnahmeverluste der Hochschulen durch das Land. Dies kalkulieren Sie mit 50 Millionen Euro. Zurzeit erwirtschaften wir über die Studiengebühren - wenn ich mich irren sollte, müsste mich der Wissenschaftsminister korrigieren - einen dreistelligen Millionenbetrag für die Universitäten und Hochschulen.
- 127 Millionen Euro. Sie wollen den Hochschulen alles wegnehmen und ihnen nur noch 50 Millionen Euro wiedergeben. So lese ich es.
Nun geht es richtig los: Durch diese nobelpreisverdächtige chemische Glanzleistung hat die Sozialdemokratie - es geht ja um Bildungsfinanzierung insgesamt - für das tolle Projekt Gemeinsame Schule noch 42 Millionen Euro über. Was kostet die Gemeinsame Schule? Wir haben es einmal ausgerechnet. Sollte sie vierzügig werden, wie es Herr Gabriel einmal ausgerechnet hatte, dann müssen im Lande Niedersachsen 3 059 Klassenräume plus Fachräume plus Verwaltungskapazitäten aufgebaut werden, und zwar natürlich von den Kommunen.
Das heißt, aus den 42 Millionen Euro will die SPD die erste Milliarde bezahlen, weil die Kommunen verlangen werden, dass das Land wegen des Konnexitätsprinzips das Geld rüberschiebt.
(Karl-Heinz Klare [CDU]: Frau Präsi- dentin, was soll das denn? Wir wissen doch, dass er überzieht!)
Zweitens reden wir hier nicht über das Programm der SPD, sondern über ein Kindertagesstättengesetz. Ich bitte Sie, zum Thema zu sprechen.
Herr Kollege Wulf (Oldenburg), Sie machen große Schlagzeilen mit dem Vorschlag, die Klassenobergrenze demnächst auf 24 Schüler festzulegen. Das haben wir auch ausgerechnet.