Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

(Beifall bei der CDU)

Deshalb sage ich Ihnen noch eines: Sie schreiben in Ihrer Gesetzesbegründung unter dem Abschnitt II - Haushaltsmäßige Auswirkungen -: Dem Land entstehen im Durchschnitt Kosten in Höhe von 90 Millionen Euro. - Karl-Heinz Klare hat Recht: Ein Hinweis darauf, was etwas kostet, ist

noch lange kein schlüssiges Finanzierungskonzept, um es einmal vorsichtig auszudrücken. Wir erwarten von Ihnen vielmehr eine seriöse Gegenfinanzierung.

Sie schlagen vor, die Mehreinnahmen aus der Mehrwertsteuererhöhung heranzuziehen. - Frau Vockert hat Recht: Das erinnert sehr an die Jäger90-Debatten in früheren Zeiten.

Herr Jüttner, ich darf Sie in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, was Sie in der letzten Haushaltsdebatte hier im Landtag gefordert haben. Sie haben uns aufgefordert, die NettoNeuverschuldung um weitere 250 Millionen Euro abzusenken. Sie haben Investitionen in Höhe von 170 Millionen Euro und eine Rücknahme der Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs in Höhe von 180 Millionen Euro gefordert. Jetzt kommen Sie mit 90 Millionen Euro. Ich sage Ihnen: Hören Sie endlich auf, die Leute in Niedersachsen zu verschaukeln! Die haben die Nase voll von solch einer unseriösen Finanzpolitik! Das müssen wir deutlich machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist hier natürlich auch ein Fall der Konnexität. Wir haben das Konnexitätsprinzip gemeinsam vereinbart und eingeführt. Konnexität bedeutet aber auch, dass man sich schon vor der Übertragung neuer zusätzlicher Aufgaben auf die kommunalen Träger die entsprechenden Gedanken zur Finanzierung macht.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Aller?

Nein, danke, ich habe noch genau 22 Sekunden Redezeit. - Abschließend möchte ich dem hohen Hause noch ein schönes Zitat mit auf den Weg geben, weil ich glaube, dass dies auch in der SPDFraktion zu einer neuen Nachdenklichkeit führen könnte. Ich zitiere wörtlich:

„...die platte Forderung ‚Lasst uns mal in den Wahlkampf gehen und den Eltern versprechen, dass sie keine Gebühren mehr zahlen müssen‘. Jeder weiß doch, dass das in den nächsten Jahren nicht zu bezahlen ist, meine Damen und Herren...“

Diesen Satz sagte am 23. Oktober 2002 der damalige SPD-Ministerpräsident Sigmar Gabriel. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wer ist Gab- riel?)

Zu einer Kurzintervention hat sich Frau Helmhold gemeldet.

Ich möchte gerne auf das, was eben passiert ist, eingehen. Wir haben verabredet, dass solche Äußerungen nicht gemacht werden.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr McAllister, warum werde ich nur das Gefühl nicht los, dass Sie in Wirklichkeit keine Beitragsfreiheit wollen?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das fragen wir uns auch!)

Sie hängen doch immer noch Ihrem sehr tradierten Familienbild an.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das ist doch Unsinn, was Sie da sagen! Gucken Sie mal in unser Parteiprogramm!)

- Selbstverständlich! Denken Sie nur einmal an Ihre Haltung in der Frage des Ehegattensplittings.

Herr Klare, Sie haben jetzt nicht das Wort!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich habe nur einen Zwischenruf gemacht! Ich ma- che Zwischenrufe, solange ich es möchte!)

Verfolgen Sie einmal die Diskussionen über diesen Punkt! Sie haben doch in Wirklichkeit immer noch das Bild im Hinterkopf: Der eine verdient, die Mutter bleibt zu Hause, und das ist für die Kinder das Beste. - Das ist heutzutage in der Auseinandersetzung nicht mehr wirklich produktiv.

Herr McAllister, ich möchte Ihnen eines noch einmal sagen. Wir werden im Protokoll nachlesen

können, wie die Auseinandersetzung hier gewesen ist. Ich habe sie anders verstanden. Da Sie das Thema aber noch einmal angesprochen haben, sage ich Ihnen dies: Sie haben weder bei Herrn Wenzel noch bei irgendjemand anderem aus meiner Fraktion erlebt, dass er die Republik und speziell Niedersachsen mit Kolumnen über seine Familie überzieht. Insofern wäre ich an Ihrer Stelle hier sehr zurückhaltend.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Eines möchte ich Ihnen auch noch sagen. Wenn Sie in einem Interview oder für einen Bericht in der Braunschweiger Zeitung von heute Herrn Ahlers in die Feder diktieren, die Grünen legten hier 20 Anträge vor, und deswegen seien die Plenarsitzungen zu lang, und wenn Sie sich dann darüber bitter beschweren, möchte ich Sie bitten, zunächst einmal Ihren Minister zur Seite zu nehmen und ihm zu sagen, dass er die Landtagssitzungen wirklich unnötig verlängert. Wenn eine Fraktion Anträge stellt, ist das doch wohl nur gut.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Klare, wegen Ihrer Kritik an meiner Amtsführung erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr McAllister, wollen Sie auf die Kurzintervention antworten? - Das ist nicht der Fall.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ich mache Zwischenrufe, wann ich möchte, nicht wann es die Präsidentin will! Darüber reden wir doch!)

Jetzt hat sich Herr Jüttner zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD geht davon aus, dass wir die Wahl 2003 auch verloren haben, weil wir bildungspolitisch Fehler gemacht haben.

(Beifall von David McAllister [CDU])

Wir haben seit 2003 mit der gesamten Partei intensiv gearbeitet. Wir haben wirklich hunderte von Leuten einbezogen und haben eine Vertrauens

gewinnperspektive entwickelt, um beim Thema Bildungspolitik für die Zukunft zu punkten. Nur das interessiert uns. Dass der Kultusminister parallel dazu inzwischen jegliche Reputation bei seiner Zielgruppe verloren hat, kommt für uns begünstigend hinzu.

(Beifall bei der SPD)

Für uns ist entscheidend, was wir in den letzten Jahren programmatisch entwickelt haben. Die Art und Weise, wie Herr Busemann und Herr McAllister darauf reagieren, zeigt mir: Sie haben inzwischen richtig Angst. Das ist das Schöne. Sie haben Angst, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Hans-Christian Biallas [CDU]: Wir zittern! - Bernd Althus- mann [CDU]: Wir schlottern schon, seit Sie Spitzenkandidat sind! - Weite- re Zurufe von der CDU und von der SPD)

- Da brauchst du gar nicht so zu tun. - Sie wissen, dass wir Ihnen im Nacken sind und dass Sie beim Thema Bildungspolitik kaum noch etwas gewinnen können. Deshalb gibt es hier solche Plaudertaschenauftritte von Busemann, die ohne jeden Bezug zu dem sind, was Sache ist.

Eines ist klar, meine Damen und Herren: Die abschließende Auseinandersetzung führen wir nicht heute oder morgen. Wir führen sie vielmehr bei der Landtagswahl. Bis dahin werden wir ein umfassendes Konzept zum Thema Priorität für Bildung einschließlich einer Durchfinanzierung auf den Tisch legen. Bis dahin werden Sie mit einzelnen Vorschlägen konfrontiert, wie hier mit dem Gesetzentwurf zum Thema Kostenfreiheit im Kita-Bereich.

(David McAllister [CDU]: Das, was ich hier habe, ist doch euer Gesamtkon- zept!)

- Entschuldigen Sie einmal, das Gesamtkonzept haben wir beschlossen. Damit werden wir die niedersächsische Öffentlichkeit für uns gewinnen.

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

Die Frage, wann wir Sie hier damit konfrontieren, ist eine ganz andere Geschichte. Sie können aber sicher sein: Sie werden rechtzeitig von uns hören.

Das Thema wird Ihnen wirklich noch Angst einjagen. Da können Sie sicher sein.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt hat sich Frau Körtner zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir von Herrn Jüttner gerade gehört haben, ist sozialdemokratische Rhetorik. Das, was wir draußen in den Bereichen, in denen Sie Verantwortung tragen, Herr Jüttner, erleben, ist sozialdemokratische Wirklichkeit. Sie haben von dem elternbeitragsfreien Kita-Jahr im Hinblick auf Kinder mit Migrationshintergrund gesprochen. Was haben Sie denn, bitte schön, in der sozialdemokratisch geführten Stadt Hannover getan? Dort haben Sie Essensgeld eingeführt. Für rund 50 % der KitaPlätze in Hannover gilt, dass sie beitragsfrei sind. Sie haben Eltern von Kindern mit Migrationshintergrund und sozial schwachen Familien 30 Euro Essensgeld aufs Auge gedrückt, und zwar mit dem schlimmen Erfolg, dass gerade aus dieser Klientel sehr viele Eltern ihre Kinder abgemeldet haben, lieber Herr Jüttner.

(Beifall bei der CDU - Walter Meinhold [SPD]: Das stimmt nicht!)

Das ist beschämend. Da haben Sie rigoros und in unnachsichtiger Weise brutale kinderfeindliche Politik gemacht, Herr Jüttner.