Protokoll der Sitzung vom 22.06.2006

Viele Bürgerinnen und Bürger stehen zu unserem demokratischen Staat und setzen sich auch dafür ein.

Eine kleine Bemerkung am Rande: Gerade jetzt, im Zeichen der Fußballweltmeisterschaft - der Kollege Briese hat auch dies angeführt -, kann man feststellen, dass sich alles wirklich in geordneten Bahnen bewegt. Ich hoffe, das bleibt auch in den nächsten Tagen noch so. Aber es gehört einfach zum Straßenbild dieser Weltmeisterschaft, sich in Freude und Harmonie zu unserem Land zu bekennen. Ich kann nichts Negatives daran entdecken, wenn jemand die deutschen Farben hoch hält und die Nationalhymne singt.

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von den GRÜNEN)

Deshalb halte ich es für wenig hilfreich, eine Diskussion vom Zaun zu brechen, wie es sie in den letzten Tagen zum Thema Nationalhymne gegeben hat. Dies könnten gerade jene Kräfte zum Anlass nehmen, ihr unsägliches Gedankengut weiterzugeben. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, wollen wir alle doch verhindern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielmehr ist es an dieser Stelle geboten, in einen gemeinsamen Dialog einzutreten und die unterschiedlichen Argumente auszutauschen und zu gewichten.

(Glocke der Präsidentin)

Hierzu, liebe Kolleginnen und Kollegen, braucht man keine neue Institution, wie von den Grünen gefordert. Die vorhandenen Aktivitäten in den unterschiedlichen Ministerien sind vielmehr ausreichend und auch zielführend.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Die gibt es schon! Die sind nur eingestampft!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Äußerungen des Kollegen Briese in den vergangenen Sitzungen haben mir Angst gemacht. Das will ich an dieser Stelle ganz deutlich sagen.

(David McAllister [CDU]: Das brauchst du nicht zu haben!)

Eigentlich habe ich erwartet, dass die Grünen ihren Antrag zurückziehen. Denn aus den Äußerungen war nie richtig erkennbar, soll es eine neue Institution geben, soll es keine geben. Dem Presseartikel, der am 2. Juni veröffentlicht worden ist, kann man nicht entnehmen, was nun gilt. Die Äußerungen, die der Kollege hier in den Sitzungen getan hat, widersprechen diesen Ausführungen völlig.

(Glocke der Präsidentin)

Auch die Antwort, dass Institutionen weiter gefördert werden und welche Institutionen gefördert werden sollen, sind Sie schuldig geblieben.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Das hat Ihnen Angst gemacht?)

Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

Zwei Sätze noch. - Ihre Ausführungen, die mir Angst gemacht haben, waren Flüche wie „verdammt noch einmal“, und das mehrmals. Ich habe das nachgelesen. Uns Kollegen zu betiteln als - -

Frau Kollegin Jahns, Ihre Redezeit ist beendet. Ich stelle Ihnen jetzt das Mikrofon ab.

(Das Mikrofon wird abgestellt - Ange- lika Jahns [CDU]: Das Schlimmste war: Meine Fresse, ist das peinlich! - Ich meine, das ist für alle peinlich! Solche Vorbilder brauchen wir für un- sere Jugendlichen nicht! - Beifall bei der CDU)

Für die FDP-Fraktion spricht Herr Kollege Bode. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Briese, nicht nur das, was Sie in den vergangenen Sitzungen gesagt haben, sondern auch das, was Sie heute gesagt haben, finde ich persönlich bedenklich, wobei ich nicht so weit gehe, zu sagen, dass ich deshalb Angst habe. Aber es stellt sich schon die Frage, wie wir miteinander umgehen. Sie haben hier bestimmte Zahlen und Entwicklungen dargestellt. Da gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder sind die Zahlen, die Sie genannt haben, richtig, oder die Zahlen aus der amtlichen öffentlichen Statistik, die uns in der Unterrichtung genannt worden sind, sind richtig. Ich glaube, man sollte lieber der amtlichen Statistik vertrauen als den Behauptungen,

(Walter Meinhold [SPD]: Glauben Sie lieber nicht!)

die Sie in den Raum stellen und mit denen Sie versuchen, Politik zu machen. So sollte man nicht miteinander umgehen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir sollten auch nicht darstellen, wer irgendwann einmal mit welcher Maßnahme begonnen hat und wer sie wie fortgesetzt hat. Frau Leuschner, wir waren uns im Ausschuss doch einig, dass das, was gemacht wird, richtig und wichtig ist, dass wir alle gemeinsam Anstrengungen unternehmen müssen, um weiterzumachen, um zu erreichen

- das ist das Wichtigste -, dass die Gesellschaft gegen das Gedankengut von rechts stark gemacht wird. Insbesondere die Kinder und die Heranwachsenden müssen stark gemacht werden, um diesem Gedankengut zu widerstehen. Nur die Gesellschaft selbst kann diesen Kampf gegen rechts gewinnen und nicht irgendwelche Institutionen.

Wir müssen daher alles dafür tun, damit die Gesellschaft stark wird. Das betrifft neben dem Bereich der Bildung ganz entscheidend die Wirtschaftspolitik. In den neuen Bundesländern hat man es gesehen: Wenn ein junger Mensch keine Perspektiven hat und sich in einer verzweifelten wirtschaftlichen Situation befindet, dann ist er viel leichter für derartige Dinge empfänglich. Auch in diesem Bereich müssen wir weitermachen.

Deshalb, Frau Leuschner, ist das Stichwort „NPDVerbot“ aus unserer Sicht nicht das Entscheidende an diesem Antrag. Denn auch wenn die NPD verboten würde, würde das Gedankengut überleben und in einem neuen Sammelbecken aufgefangen. Deshalb müssen wir andere Maßnahmen einleiten. Allerdings ist auch nichts dagegen einzuwenden, dass man sagt: Man muss prüfen, ob es bei der NPD - aber auch bei allen anderen Parteien, egal ob links oder rechts ausgerichtet - verfassungsfeindliche Bestrebungen gibt. Und wenn diese so weit fortgeschritten sind, dass der Staat dagegen einschreiten muss, dann muss man in einem sehr intensiv abgewogenen Verfahren legitime juristische Mittel ergreifen.

Uns ist wichtig, dass wir heute im Landtag gemeinsam - deshalb sollten die Grünen noch einmal darüber nachdenken ein eindeutiges Zeichen gegen rechts setzen. Wenn die Grünen nicht mitmachen können, dann tut mir das sehr Leid. Aber wenn die drei großen Fraktionen im Landtag diesen Antrag gemeinsam beschließen, dann ist das auch aller Ehren wert. Ich bitte Sie dafür um Unterstützung. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Innenminister Schünemann, gestatten Sie vor Ihrem Redebeitrag eine Kurzintervention der Kollegin Leuschner auf den Beitrag des Kollegen Bode?

Immer.

Herzlichen Dank. - Frau Kollegin Leuschner zur Kurzintervention auf den Beitrag des Kollegen Bode!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bode, ich stimme Ihnen zu,

(Jörg Bode [FDP]: Oh!)

dass eine erneute Prüfung des NPD-Verbots nur ein Punkt ist und dass es vielfältiger Maßnahmen bedarf, die darüber hinausgehen und der Bildungsarbeit sowie der Aufklärung dienen. Darüber waren wir uns auch im Ausschuss einig.

Mich haben aber die Aussagen von Kollegin Jahns zum Teil nachdenklich gemacht; denn ich meine, wir waren in den Ausschussberatungen schon um viele Stücke weiter. Unser gemeinsames Anliegen muss es doch sein, für Toleranz und demokratische Werte zu stehen, und kann es doch nicht sein, wieder in einen Hickhack mit den Vertretern der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen einzutreten und zu formulieren: Das macht mir Angst.

Mir machen rechte Gewalttäter Angst.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Mir macht Angst, wenn rechtspopulistisches Gedankengut in den Köpfen der Menschen entsteht. Dagegen müssen wir entschieden vorgehen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Minister Schünemann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Beim Kampf gegen Extremismus ist es entscheidend, dass die demokratischen Kräfte zusammenstehen und gemeinsam gegen den Extremismus vorgehen. Deshalb bin ich sehr froh,

dass es eine breite Mehrheit für diesen Entschließungsantrag gibt. Ich gebe zu, dass es bedauerlich ist, dass nicht das gesamte Haus diesem Antrag zustimmt. Aber ich hoffe, dass wir trotzdem in den meisten Punkten übereinstimmen. Das hat die Debatte im überwiegenden Teil gezeigt.

Ich habe mich zu Wort gemeldet, um die Daten deutlich zu machen; denn man muss die Fakten kennen. Ich bin durchaus froh, dass sich die Tendenzen in Niedersachsen im Vergleich zum gesamten Land positiv abheben. Dabei ist die Anzahl der Straftaten gegen ausländische Mitbürgerinnen und -mitbürger zu nennen; denn diese hat sich in 2005 im Vergleich zum Jahr 2004 um 16 % reduziert. In anderen Bundesländern hat es dagegen zum Teil einen erheblichen Anstieg gegeben.

Ich bin froh, dass es in Niedersachsen gelungen ist, gegen die Konzerte von Rechtsextremisten vorzugehen; denn die Nazirockmusik spricht insbesondere die junge Generation an. Wir müssen gerade bei jungen Menschen aufpassen, dass sie nicht durch diese Rockmusik für diese Ideologien gewonnen werden.

Wir haben im Jahr 2005 nur fünf Konzerte nicht verhindern können. Im Bundesgebiet ist die Anzahl dieser Konzerte extrem angestiegen. Diese zu verhindern, ist nur möglich, weil wir mit der Polizei und den Verfassungsschutzbehörden sehr konsequent vorgehen und bis an die Grenze des Machbaren gehen. Wir sprechen mit Vermietern und Gaststättenbesitzern und weisen auf die Folgen hin. Das führt in den meisten Fällen schon dazu, dass wir solche Konzerte verhindert werden können.

Im Bereich Gewalttaten mit rechtsextremistischem Hintergrund gibt es einen Anstieg der Zahl von 103 auf 119 Straftaten. Dieses hat den einzigen Grund, dass es im Jahr 2005 einen Anstieg der Zahl von NPD-Demonstrationen gab. Von den 119 Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund sind 71 Straftaten bei Demonstrationen begangen worden, bei denen sich Links- und Rechtsextremisten gegenseitig etwas angetan haben - um es vorsichtig zu formulieren. Das sind auch Straftaten, aber es ist schon etwas anderes, als wenn Straftaten gegen ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger verübt werden. Deshalb muss man diese Statistik genau auswerten.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat - das will ich gerne sagen - in Kontinuität mit

der Vorgängerregierung den Extremismus - auch den Linksextremismus und Ausländerextremismus - mit Vehemenz bekämpft. Aber ich gebe Ihnen Recht: Das Wichtigste in diesem Bereich ist die Aufklärung. Wir als Landesregierung sind der Auffassung, dass wir nicht in Bildungsverwaltung, sondern in klare Konzepte und Aufklärungsprojekte investieren sollten. Das haben wir gerade in den letzten drei Jahren verstärkt getan. Insofern bin ich sicher, dass sich dieses positiv auswirkt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)