Protokoll der Sitzung vom 22.06.2006

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In keinem anderen Bundesland gibt es so viele Multiplikatorenschulungen von Lehrerinnen und Lehrer in diesem Bereich. Dieses machen wir, also Verfassungsschutz und Kultusministerium, zusammen. Es ist ganz wichtig, dass wir die Lehrer nicht allein lassen, sondern Multiplikatorenschulungen durchführen. Das Landesamt für Verfassungsschutz geht direkt in die Schulen und warnt auch insbesondere vor den Musik-CDs, vor denen wir schon immer gewarnt haben. Dass wir hier aufklären, hat auch etwas mit der Nazimusik zu tun.

Wir haben gerade eine Ausstellung eröffnet, die bundesweit und sogar auf europäischer Ebene Anerkennung gefunden hat. Sie wird zukünftig sogar im europäischen Ausland gezeigt.

Das Projekt „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“ der Ausländerbeauftragten möchte ich genauso nennen wie die Gedenkstättenarbeit in Bergen-Belsen, Sandbostel und Esterwegen, die Basisarbeit für die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus leistet. Weiter möchte ich die Beteiligung an der bundesweiten Aufklärungskampagne „Wölfe im Schafspelz“ nennen, die von den Innenbehörden konzipiert wurde und mit der Unterstützung der Kultusministerien in Schulen für die Bekämpfung des Rechtsextremismus genutzt wird. Auch nennen möchte ich die nachhaltige und in der Bevölkerung breit verankerte konzertierte Aktion aller staatlichen und kommunalen Beteiligten gegen den Aufbau eines rechtsextremistischen Fortbildungszentrums auf dem Heisenhof in Dörverden. Dieses ist für mich wirklich ein Musterbeispiel dafür, dass wir einiges verhindern können, wenn die demokratischen Kräfte vor Ort zusammenstehen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Lassen Sie mich noch zwei Punkte zum Antrag der Fraktion der Grünen ansprechen. Dort geht es um ein unabhängiges Bildungszentrum. Ich möchte die Frage stellen, wovon es denn unabhängig werden oder sein soll. Denn es geht doch um den Kampf gegen und die Aufklärung über rechtsextremistische Tendenzen. In diesem Bereich ist doch demokratische rechtsstaatliche Einflussnahme geboten. Deshalb habe ich überhaupt nichts dagegen, wenn der Staat in diesem Bereich Aufklärungsarbeit betreibt. Unabhängiger, neutraler kann man meiner Meinung nach diese Aufklärungsarbeit in diesem Bereich nicht organisieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als letzten Punkt will ich das NPD-Verbot ansprechen. Alle 16 Länderinnenminister und auch der Bundesinnenminister - ob es Herr Schily gewesen ist oder jetzt Herr Schäuble ist - sind sich einig, dass wir permanent prüfen müssen, was gerade im Bereich der NPD passiert. Das ist völlig klar; daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.

Damit bin ich bei den Grünen. Herr Briese, Sie haben gesagt, wir müssten aufpassen, dass uns nicht das widerfährt, was schon passiert ist, nämlich dass das Verfahren scheitert. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts gibt es nun eine ganz klare Vorgabe. Die Hürden sind noch höher gelegt worden. Wir müssen in der Tat aufpassen, nicht an ihnen zu scheitern. Wäre die NPD aber verboten, hätten wir das Problem, dass die Kameradschaften, die sich gebildet und zumindest in anderen Bundesländern immer breiter gemacht haben - Gott sei Dank haben wir sie in Niedersachsen einigermaßen im Griff; hier haben sie sich nicht ausdehnen können -, genau das fortführen werden, was die NPD heute tut. Deshalb wäre ein NPD-Verbot sicherlich keine Lösung. Sollte es möglich sein, die NPD zu verbieten, würden die Bundesländer einen solchen Verbotsantrag auf den Weg bringen. Auch daran gibt es überhaupt keinen Zweifel.

Ich freue mich, dass diese Debatte dazu führt, dass wir einen Entschließungsantrag bekommen werden, der zeigt, dass es auch in diesem Parlament einen klaren Kurs gibt. Sie können sicher sein, dass die Landesregierung gegen Rechtsextremismus, aber auch gegen Linkextremismus und Ausländerextremismus entschlossen vorgehen wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Es wurde mir eine Kurzintervention des Kollegen Briese signalisiert. Nach § 71 Abs. 3 stünde Ihnen eine Redezeit von anderthalb Minuten zu, die ich Ihnen hiermit einräume. Eine Kurzintervention auf den Beitrag eines Ministers ist nicht möglich. Herr Briese, Sie haben das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Erstens. Durch den Beitrag des Innenministers ist noch einmal deutlich geworden, wie widersprüchlich der angeblich so tolle gemeinsame Antrag ist. So richtig wissen Sie nicht, was Sie wollen.

(Angelika Jahns [CDU]: Das wissen Sie ja auch nicht!)

Der Innenminister verlautbart öffentlich, er wolle erst einmal kein NPD-Verbotsverfahren in Angriff nehmen. Aber genau dies fordert der Antrag. Natürlich kennen Sie, Herr Innenminister, auch das alte Problem, dass der Verfassungsschutz eigentlich seine Quellen offen legen müsste, woran Sie kein Interesse haben können. In diesem Punkt bleibt der Antrag in seiner Botschaft sehr widersprüchlich, weshalb wir ihm unser Plazet nicht geben konnten.

Zweitens. Ich halte es nicht für richtig, wenn hier behauptet wird, die staatliche Exekutive handele politisch völlig neutral. Dies stimmt einfach so nicht. Staatliche Angebote sind nicht immer nur neutral, sondern auch ein Stück weit parteipolitisch gelenkt.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Was?)

- Ich bitte Sie, Sie als CDU-Minister stehen einer Exekutive vor. Tun Sie doch nicht so, als ob es politisch völlig neutral wäre, was Sie da machen. Es wäre völlig naiv, so etwas zu behaupten.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Deshalb haben wir ein unabhängiges Institut gefordert, das völlig frei von staatlicher Einflussnahme ist.

Drittens. Wir können uns hier lange über Statistiken aus den einzelnen Verfassungsschutzberichten unterhalten. Fakt ist doch, meine sehr verehrten Damen und Herren, dass es gegenwärtig in der Bundesrepublik das große Problem des anwachsenden Rechtsradikalismus gibt. Der Rechtsradi

kalismus macht doch vor Ländergrenzen nicht Halt. Der Bundesinnenminister hat sich nun angesichts dieser Tatsache extrem besorgt gezeigt. Hier muss man ein bisschen mehr tun, als nur den Verfassungsschutz vorzuschieben, auch wenn er gute Ausstellungen organisiert. Sie machen einfach nicht genug, und die Methoden sind falsch.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Nr. 1 der Beschlussempfehlung zustimmen und damit den Antrag der SPD-Fraktion in geänderter Fassung annehmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag der SPD-Fraktion in geänderter Fassung angenommen.

Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ablehnen möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abgelehnt.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 31: Einzige (abschließende) Beratung: Sofortiger Abschiebestopp für Flüchtlinge aus der Demokratischen Republik Kongo Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drs. 15/2728 Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres und Sport - Drs. 15/2958

Die Beschlussempfehlung lautet auf Ablehnung.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung.

Zu Wort gemeldet hat sich von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Langhans. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Was hat sich eigentlich nach dem Friedensschluss 2002 in der Demokratischen Republik Kongo geändert? - Nichts, rein gar nichts. Immer noch wüten marodierende Mörderbanden im Süden und zerstören ungebremst Dörfer. Der Südosten ist weiterhin Hauptzentrum gewaltsamer Auseinandersetzungen. Hier kämpfen verschiedene Rebellengruppen um die Kontrolle über die Rohstoffe, berauben die Bevölkerung und vergewaltigen Frauen und Mädchen. Kinder werden gewaltsam für den Kriegsdienst ausgebildet. Allein 80 000 Menschen haben ihre Dörfer aus Angst vor Gewalt verlassen.

Meine Damen und Herren, mehr als zehn Jahre Krieg haben das ohnehin kaum vorhandene Gesundheitssystem vollends zusammenbrechen lassen. Nach einer Studie der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen gibt es in mehreren Regionen eine erschreckend hohe Kindersterblichkeit, die weit über dem Schwellenwert einer akuten Notsituation liegt. Außerdem belegen Studien, dass nur ein verschwindend kleiner Teil der Bevölkerung überhaupt Zugang zu Gesundheitseinrichtungen hat. Nicht einmal in den Landesteilen, die einigermaßen frei von Gewalt sind, ist eine minimale Gesundheitsversorgung gewährleistet.

Die Liste der Schreckensmeldungen aus dem Kongo ließe sich fortsetzen. Das Auswärtige Amt hat seine Reisewarnung zum Kongo mit dem Hinweis verlängert, dass es in allen Landesteilen zu nicht vorhergesehenen gewalttätigen Unruhen kommen kann.

Die CDU-Fraktion hat sich im März in einer Sondervorführung den Film „Lost children“ angesehen - einen Film, der über das grauenhafte Schicksal von zwangsrekrutierten Kindersoldaten in Uganda berichtet. Dieser Film geht an die Nieren. Er ist dramatisch und wird auch bei Ihnen die entsprechenden Eindrücke hinterlassen haben. Es stellt sich die Frage, welche Schlussfolgerungen Sie eigentlich aus der Aussage des Films und seinen dramatischen Bildern gezogen haben. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob es zu verantworten ist, Flüchtlinge weiterhin in Länder abzuschieben, in denen sich derart dramatische und Menschen verachtende Szenarien abspielen. Ich fürchte, Sie haben sich diesen humanitären Fragen nicht gestellt. Stattdessen lehnen Sie sich besten Wissens und Gewissens beruhigt zurück, verweisen auf die Zuständigkeit des Auswärtigen

Amtes und entziehen sich damit jeder Art von Eigenverantwortung. Im Kongo werden Menschenrechte mit Füßen getreten. Dort wird gemordet und vergewaltigt. Aber Sie lehnen sehenden Auges unseren Antrag ab.

Meine Damen und Herren, wir Grünen sind weit davon entfernt - jetzt nehme ich einen Ausdruck von Herrn Rolfes auf, den er heute Morgen gebraucht hat -, moralische Überlegenheitsdünkel an den Tag zu legen. Aber wir erwarten von Ihnen verantwortungsvolles Handeln, ein politisches Handeln, das auch die Ihnen bekannten Zustände im Kongo berücksichtigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Für die CDU-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Lorberg.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wird die Forderung nach einem sofortigen Abschiebestopp für die Flüchtlinge aus dem Kongo erhoben. Dieser Antrag hat zu einer lebhaften Diskussion im Ausschuss geführt. Unstrittig ist, dass die Situation im Kongo schwierig ist. Meine Fraktion ist von der Notwendigkeit überzeugt, dass im Kongo dringend demokratische Verhältnisse geschaffen werden müssen. Deshalb hat der Bundestag mit großer Mehrheit beschlossen, im Rahmen einer internationalen Friedensmission deutsche Soldaten in den Kongo zu entsenden, um die Wahlen einer demokratisch legitimierten Regierung zu sichern.

Der Film „Lost Children“ hat sehr deutlich gemacht, dass in Teilen des Kongo katastrophale Zustände und menschunwürdige Bedingungen herrschen. Der Film hat aber auch deutlich gemacht, dass es Auswege aus dieser Situation gibt. In der Diskussion mit den Machern des Films wurde darüber gesprochen, dass Spenden und Entwicklungshilfegelder unter Umständen zu kriegerischen Auseinandersetzungen missbraucht werden. Den Verantwortlichen im Kongo muss aber auch über die Entwicklungshilfe deutlich gemacht werden, dass Voraussetzung für die Förderung mit Geldern die Schaffung eines rechtsstaatlichen Systems ist.

Im Rahmen der Beratungen im Ausschuss bestand die Möglichkeit, den Lagebericht des Auswärtigen

Amtes einzusehen. Dabei war zu erkennen, dass es keine neuen Erkenntnisse gibt, die einen Abschiebestopp rechtfertigen würden. Der Lagebericht beruft sich auf Erkenntnisse der Deutschen Botschaft, Behörden und Hilfsorganisationen wie Menschenrechtsorganisationen vor Ort. Momentan erfolgen allerdings keine oder kaum Rückführungen von Frauen und Kindern in den Kongo. Bei Personen, die Straftaten begangen haben, sieht das aber anders aus. In diesen Fällen wird nach genauer Prüfung zurückgeführt. In der Vergangenheit wurde bei der Zurückführung von abgelehnten Asylbewerbern darauf geachtet, dass über Hilfsorganisationen eine Zusammenführung von Familienmitgliedern im Kongo erfolgt.

Meine Damen und Herren, ein Abschiebestopp für Flüchtlinge aus dem Kongo ist grundsätzlich Angelegenheit des Bundes. Da Herr Minister Steinmeier aufgrund des Lageberichtes keinen Anlass sieht, einen Abschiebestopp zu verhängen, wird es auch in Niedersachsen keinen Alleingang geben. Diese Haltung hat im Übrigen auch Herr Kollege Bartling während seiner Amtszeit als niedersächsischer Innenminister so eingenommen. Niedersachsen kann, darf und wird keine Außenpolitik betreiben. Der Kongo braucht deutliche Signale, sichere Signale, z. B. unsere Soldaten im Kongo, die die Entwicklung eines rechtsstaatlichen Systems sichern.

Auch wenn wir die Situation im Kongo genau im Auge behalten müssen, so sollten wir jedoch auch ein Stück Zuversicht haben, dass sich die Lage stabilisiert und das Land eine positive Entwicklung erfährt. Wir dürfen auch nicht außer Acht lassen, dass der Kongo ein sehr großes Land ist und dass es nicht in allen Teilen diese dramatische Entwicklung gibt. Einen generellen Abschiebestopp kann es in Niedersachsen nach derzeitigen Erkenntnissen nicht geben. Von daher wird die CDUFraktion den Antrag der Grünen ablehnen. - Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Als nächste Rednerin spricht Frau Kollegin Merk von der SPD-Fraktion.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will nicht fragen, wie viele Flüchtlinge aus der De