Unumstritten ist, die Qualität schulischer Arbeit verbessert sich am besten und nachhaltigsten, wenn die Schulen die Verantwortung für diese Qualität selbst übernehmen.
- Aber natürlich. - Das heißt, die Politik muss den Schulen den Freiraum für die eigene Gestaltung der schulischen Arbeit eröffnen und den Schulen gleichzeitig Beratung und Unterstützung von außen anbieten.
Unsere gemeinsame Ausgangslage war und ist: Unsere Schulen brauchen erstens mehr eigene Verantwortung, zweitens einen größeren Gestaltungsspielraum, drittens die unmittelbare Zuständigkeit für Personal und viertens eine regelmäßige Überprüfung ihrer Arbeit. Diese Erkenntnisse sind auch mit dem Gesetz zur Einführung der Eigenverantwortlichen Schule umgesetzt worden.
- Wo denn? Nein, nein. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, seit rund 30 Jahren geistert die sogenannte erlassfreie Schule durch die niedersächsische Bildungsdiskussion.
Alle Kultusminister seit Werner Remmers haben sich daran versucht, eine weniger reglementierte Schule zu entwickeln.
Erst Kultusminister Busemann - Sie haben völlig Recht - hat dieses Anliegen der Deregulierung jetzt tatsächlich zum ersten Mal erfolgreich begonnen. Er hat ca. 50 Erlasse und Verordnungen entweder ganz zurückgenommen oder in die Zuständigkeit der Schulen übergeben.
den, liebe Kolleginnen und Kollegen. Natürlich kann man darüber nachdenken, welche weiteren zentralen Vorschriften gelockert oder aufgehoben werden könnten. Aber - ich bin schon ein bisschen über den heute vorliegenden Antrag erstaunt -:
Sollten wir unsere Schulen nicht erst einmal in Ruhe die bestehenden Möglichkeiten nutzen und die ersten Schritte auf den Weg zur Eigenverantwortlichen Schule gehen lassen? - Die Möglichkeiten sind heute bereits viel umfangreicher, als dieser Antrag suggeriert.
Das fängt schon mit der ersten Forderung an, die Rhythmisierung des Unterrichtstages. Der Erlass vom 20. August 2005 zur Unterrichtsorganisation - Frau Korter hat darauf hingewiesen - schreibt sicherlich die 45-Minuten-Stunden fest, aber - auch das haben Sie vorhin gesagt - mit der Formulierung „grundsätzlich“. Schon daran wird deutlich, dass auch andere Lösungen möglich sind und im Übrigen in der Praxis an unseren Schulen schon längst umgesetzt werden.
Auch die zweite Forderung nach fächerübergreifendem Unterricht ist in unseren Schulen, soweit sie es wünschen, längst umgesetzt. Interessanterweise haben nach meinen Beobachtungen etliche Schulen diesen pädagogischen Ansatz wieder etwas verworfen und sind zum fachspezifischen Unterricht zurückgekehrt. Selbst vorhandene integrative Fächer werden von einigen Schulen eher fachspezifisch gestaltet und nicht mehr integrativ gestaltet.
Die Forderung nach Gruppenunterricht sowie modernen und an Schülerinteressen ausgerichteten Unterrichtsinhalten ist doch eher ein Appell an die Lehrkräfte. Aber dabei kann ich Sie beruhigen: Dies wird von unseren guten niedersächsischen Lehrerinnen und Lehrern längst eigenverantwortlich im Unterricht umgesetzt. Gruppenunterricht ist da gang und gäbe. Auch moderne - wie Sie es bezeichnen - Unterrichtsinhalte werden selbstverständlich in den Unterricht eingeführt. Schülerinteressen stehen in der Regel im Mittelpunkt des unterrichtlichen Geschehens.
Ihre dritte Forderung kann und wird doch auch heute schon in den Schulen praktiziert: Jahrgangsübergreifende Lerngruppen gibt es bereits genauso wie die Lerngruppen mit geschlechtsspezifischer Zuordnung. Auch das ist nichts Neues.
- Alles wunderbar! Dabei haben Sie völlig Recht, Herr Meinhold. - Dennoch möchte ich an dieser Stelle Folgendes unterstreichen: Schule bleibt - auch als Eigenverantwortliche Schule - in Niedersachsen weiterhin staatlich verantwortet und beaufsichtigt. Wir dürfen und können uns nicht vom staatlichen Bildungsauftrag freisprechen, d. h. dass die Eigenverantwortliche Schule im Spannungsfeld zwischen der Erfüllung klarer, verbindlicher Zielvorgaben einerseits und der bildungspolitischen Notwendigkeit regelmäßiger Qualitätskontrolle andererseits den Weg von einer überregulierten Schule hin zur Eigenverantwortlichen Schule finden muss. Das bedeutet, dass unsere Schulen jetzt im Rahmen der Vorgaben von Schulgesetz, Grundsatzerlassen, Bildungsstandards und ihr übertragenen Befugnissen eigenverantwortlich ihre eigenen schulischen und unterrichtlichen Profile entwickeln können und eigenverantwortlich ihr Personal auswählen und führen werden. Sie werden eigenverantwortlich ihre eigenen Wege zur Erreichung der Unterrichtsziele und -abschlüsse gehen können und eigenverantwortlich auf der Basis regelmäßiger Qualitätskontrolle ihre eigenen Wege zur Verbesserung ihrer Arbeit suchen - so, wie Sie es auch in Ihrem Entschließungsantrag zum Teil fordern.
Aber, meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, es gibt auch bestimmte Grenzen für unsere Schulen. Es kann - mit Bezug auf Punkt 2 Ihres Entschließungsantrages - überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass die bundesweiten Vorgaben der Bildungsstandards umgesetzt werden. Das heißt, dass die Organisation des Unterrichts und die Ausgestaltung der Unterrichtsinhalte natürlich gewährleisten müssen, dass den Bildungsstandards und den notwendigen Vorgaben der Kerncurricula entsprochen wird.
Was Punkt 3 des Entschließungsantrages betrifft, möchte ich daran erinnern, dass der Klassenbildungserlass dem im staatlichen Bildungsauftrag enthaltenen Auftrag der gleichmäßigen Unterrichtsversorgung der Schulen im weiten Land geschuldet ist. Das muss auch so bleiben. Das Land
Aber vor allen Dingen müssen aus Sicht der CDUFraktion auch weiterhin die vorhandenen wesentlichen Elemente der Leistungsüberprüfung und Leistungsbewertung erhalten bleiben. Wir sind nicht der Meinung, dass eine Leistungsfeststellung durch Klassenarbeiten „aus der Zeit des Lernens im Gleichschritt“ stammt. - Gestatten Sie mir die Anmerkung: Das ist eine Formulierung, die ideologisch und völlig daneben ist; das sollten Sie an dieser Stelle ruhig weglassen. - Schon heute setzen übrigens die Fachkonferenzen in den Schulen die Zahl der Klassenarbeiten fest, genauso wie die Möglichkeit von Ersatzleistungen für die Klassenarbeit. Es ist also gar nichts Neues, was Sie hier fordern; es ist längst Alltag in unseren Schulen.
Die Versetzung am Ende eines Schuljahres ist in diesem Sinne auch eine Leistungsfeststellung, quasi in der Form einer Sammelbestätigung der erbrachten Leistungen eines Schuljahres. Im Übrigen ist nach meinen Beobachtungen die Zahl der Nichtversetzungen seit Jahren deutlich rückläufig. Eine Nichtversetzung wird doch nur dann ausgesprochen, wenn eine erfolgreiche Mitarbeit in der nächsten Jahrgangsstufe ausgeschlossen erscheint, und dient dem Schutz des Kindes. Natürlich kann man dieses pädagogische Instrument abschaffen, wie Sie es im Antrag fordern. Aber dann laufen die betroffenen Schüler Gefahr, auch im nächsten Jahr keine hinreichenden Lernerfolge zu erreichen und am Ende ihrer Schullaufbahn unter Umständen ohne irgendeinen Abschluss dazustehen. Das kann und darf nicht unser Ziel sein. Daher bleiben wir, die CDU-Fraktion, weiterhin der Auffassung, dass diese pädagogische Entscheidungsmöglichkeit nicht abgeschafft werden soll.
Lassen Sie mich abschließend feststellen: Es gibt bestimmte, hier schon aufgezeigte Grenzen, an denen wir zum Wohle der Schulen sowie der einzelnen Schülerinnen und Schüler nicht rütteln wollen. Im Vordergrund aller Entscheidungen steht auch weiterhin, dass wir eine moderne und zukunftsorientierte Schule zum Wohle der Kinder gestalten müssen und nicht zur Befriedigung einzelner schulpolitischer Ideologien, wie das von der SPD so gerne gemacht wird.
Herr Meinhold, zunächst haben hier zwei Damen geredet. Ich werde mich also etwas zurückhalten. Bei Männern würde ich etwas rustikaler werden. Aber ich musste in der Tat manchmal mit Kopfschütteln reagieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben vor der Sommerpause gemeinsam ein Schulgesetz verabschiedet. Sie glauben es gar nicht: Ich habe mich selten so genüsslich zurückgelehnt wie bei der Diskussion zwischen Rot und Grün, gerade, als es darum ging, die eigenen Positionen bezüglich der Eigenverantwortlichen Schule zu beschreiben. Das war schon außergewöhnlich amüsant. Manchmal habe ich gemeint, dass beide an der Diskussion, die wir vorher geführt haben, gar nicht teilgenommen haben. Wir haben uns doch vor den Sommerferien mit den Argumenten, die jetzt in diesem Antrag stehen, wirklich lang und breit auseinandergesetzt, und wir haben gesagt: Auf der Grundlage dieser Forderungen wollen wir dieses Schulgesetz verabschieden. Ich habe den Eindruck, dass Sie die Diskussion vorher gar nicht mitbekommen haben. Alles das, was in diesem Antrag steht, soll doch in Zukunft durch das Gesetz, das wir verabschiedet haben, umgesetzt werden. Auf dieser Grundlage haben wir das doch gemacht. Dass wir das Gesetz vor den Sommerferien verabschiedet hatten, hatte doch den einzigen Grund, dass die Schulen sehr frühzeitig darüber Bescheid wissen, was auf sie zukommt. Das Gesetz tritt am 1. August 2007 in Kraft.
Danach - darauf haben wir uns geeinigt - haben wir noch drei Jahre Zeit. Die Schulen sollen ihr Tempo selbst bestimmen. Auf dem Weg zur Eigenverantwortlichen Schule ist der Kultusminister während der ganzen Zeit in allen Veranstaltungen gewesen, er ist immer wieder aufgetreten und hat gesagt: Die Schulen sollen ihre Freiheit in der Frage der Rhythmisierung des Unterrichts bekommen.
Sie sollen die Möglichkeit bekommen, den Unterricht fächerübergreifend zu gestalten. Sie sollen die jeweiligen pädagogischen Zielsetzungen umsetzen usw. - Ich muss Ihnen also ehrlich sagen: Ich kann mit diesem Antrag als solchem nichts anfangen, Frau Korter, überhaupt nichts.
- Nein, Herr Meinhold, Sie haben doch genau das gesagt, was in diesem Antrag steht. Wir sagen auch: Jawohl, das wollen wir. - Aber das muss doch umgesetzt werden, und dafür brauchen wir die entsprechende Zeit. Es lagen gerade einmal die Sommerferien dazwischen. Jetzt kommen Sie und fordern auf einmal alles das, was wir eigentlich sehr ausführlich diskutiert haben. Insofern hat mich dieser Antrag ausgesprochen überrascht. Wir sind komplett mit Ihnen auf einer Seite, wenn es darum geht, Erlasse abzuschaffen, beispielsweise den 30-%-Erlass; das haben wir immer wieder gefordert. Wir sollten das tun. Begeben wir uns doch nun auf den Weg!
Aber eines sollten wir nicht tun: Wir sollten die Schulen nicht wieder in Unruhe versetzen. Wir sollten nicht wieder mit neuen Forderungen kommen. Lassen wir sie doch endlich einmal in Ruhe arbeiten! Wir von der Politik sollten nicht sagen: Jetzt müssen wir dieses und jenes machen.
Schulen bereiten sich jetzt selbstständig auf diesen Weg vor. Sie bekommen ihren Freiraum. Das hat der Kultusminister zugesagt. Ich bin im Großen und Ganzen guter Hoffnung, dass das klappen wird.
Für die Landesregierung hat sich Herr Minister Busemann zu Wort gemeldet. - Weil von der SPD häufig Zwischenrufe gemacht werden, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass Sie noch eine restliche Redezeit haben, sodass Sie jetzt in Ruhe dem Kultusminister zuhören können. Anschließend dürfen Sie sich gerne noch einmal zu Wort melden. - Herr Kollege Meinhold, das gilt auch für Sie. Herr Busemann hat das Wort. - Herr Minister!
Auf dem gemeinsamen Weg in die Eigenverantwortliche Schule ist die Opposition offenbar heillos zerstritten.
Was machen wir jetzt? Soll ich mich als Schlichter anbieten? - Herr Jüttner, so wird das nichts mit der gemeinsamen Schule.
Meine Damen und Herren, vielleicht habe ich am Ende einen versöhnlichen Vorschlag. Denn wir sind - das sollten wir zugeben - in der Sache gemeinsam unterwegs, wenn auch mit ein paar unterschiedlichen Grundsatzpositionen. Es lohnt sich immer wieder, zu versuchen, diesen Weg, der für viele Menschen im Schulwesen wichtig und interessant ist, miteinander zu bestreiten.