Protokoll der Sitzung vom 14.09.2006

treten wird. Dies zu überprüfen ist Teil der FFHUmweltverträglichkeitsprüfung.

(Zuruf von Ina Korter [GRÜNE])

- Eine FFH-Umweltverträglichkeitsprüfung, liebe Frau Korter, dient ja nicht dazu, dass man Dinge behindert oder befördert, sondern dazu, in einen Abwägungsprozess einzutreten.

(Hans-Dieter Haase [SPD]: Das war früher anders!)

- Nein, ich habe nie behauptet, dass FFH etwas verhindert. Diese Prüfung kann etwas erschweren; aber sie verhindert nichts und sie befördert nichts. Lieber Herr Haase, seien wir ein bisschen fair. Ich habe die Dinge schon begriffen.

Die von Ihnen, liebe Frau Korter, angeführten Fragen - sicherlich noch eine ganze Menge mehr, wenn ich an die Zahl der Einwendungen denke müssen in einem geordneten und transparenten Verfahren bei der Planfeststellung erörtert werden. Daraus müssen dann entsprechende Schlüsse gezogen und umgesetzt werden. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Abgeordnete Haase das Wort. Ich gehe davon aus, dass er gleich als Einziger hier im Plenarsaal reden wird. Im Moment reden noch viele andere recht laut. Herr Haase, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ein wenig überrascht war ich doch, als ich mich zum ersten Mal mit dem Antrag von Bündnis 90/Die Grünen befasste und mir unter dem Obertitel „Weservertiefung“ zunächst einmal der Landtagsdauerbrenner Freihaltung bzw. Verschlickung des Fedderwarder Priels am Fedderwarder Siel entgegenschlug. Haben wir nicht gerade erst im letzten Plenum vor der Sommerpause dieses Thema erst einmal mit dem Ergebnis abgeschlossen, das Sie, Frau Zachow, beschrieben haben? Die Gutachten sind in Arbeit. Danach werden wir versuchen, den 97er-Beschluss umzusetzen. Ich weiß sehr genau, dass Herr Buß von unserer Fraktion in dieser Frage eigentlich alles klargestellt hat.

Auch der Aufhänger in der Begründung, in der auf einen einstimmigen Beschluss im Kreistag Wesermarsch verwiesen wird, wunderte mich. Ich konnte es mir kaum vorstellen, dass der dortige Fraktionsvorsitzende Björn Thümler - er ist gerade nicht im Raum - dies in Sachen Weservertiefung mitgetragen haben soll. Aber die gleichlautenden Resolutionen der Gemeinde Butjadingen und des Landkreises Wesermarsch richten sich - im Gegensatz zum Antrag der Grünen - eigentlich nicht gegen eine Vertiefung der Weser, wie es suggeriert wird, sondern es geht in ihnen primär um die Frage des Fedderwarder Siels und möglicher Folgen, die zu kompensieren sind.

Meine Damen und Herren, das Thema Weservertiefung bzw. Fahrrinnenanpassung der Außenweser und Unterweser um durchschnittlich einen Meter ist auch nicht zum ersten Mal Thema hier im Landtag. Die Position der Sozialdemokraten in dieser Frage ist klar: Wir sagen Ja zur geplanten Weservertiefung, die noch von Rot-Grün, noch von Bundesverkehrsminister Manfred Stolpe auf die Spur gebracht worden ist.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Mittlerweile ist die Öffentlichkeit längst an den beiden Planfeststellungsverfahren beteiligt. Nach meinem Kenntnisstand sind ca. 130 Einwendungen bis zum Einwendungsschluss abgegeben worden, die nunmehr bis November abgearbeitet werden müssen.

Sehr wenig wird in diesem Entschließungsantrag, obwohl in der Überschrift genannt, auf die ökonomischen Gründe für die jetzt diskutierte Vertiefung eingegangen. Bevor ich mich mit der ökologischen und der auf die Sicherheit bezogenen Seite des Projekts beschäftige, ist es, glaube ich, wichtig, noch einiges erneut klarzustellen. Wir halten die Fahrrinnenanpassung für die Häfen in Bremen, aber auch für die niedersächsischen Häfen Brake und Nordenham für notwendig, um diesen Häfen, die wie alle Häfen von dem Umschlagswachstum der letzten Zeit profitieren, eine weiterhin positive Entwicklung zu ermöglichen. Der Niedersächsische Hafentag bestätigte vor einigen Wochen diesen Trend gerade für unsere Häfen eindeutig. Sie alle wissen, dass für diese Branche in den nächsten Jahren weitere bedeutende Steigerungsraten zu erwarten sind. Dies ist eine Großchance für die Häfen an unserer Küste.

Diese Häfen sind mit Ausnahme von dem in Bremerhaven keine Containerhäfen, sodass das im Antrag genannte Argument mit dem JadeWeserPort als ausreichende Ersatzkapazität nicht greift.

(Zustimmung bei der SPD)

Es geht auch nicht darum, neue und größere Schiffstypen zu akquirieren, sondern darum, die Häfen für das Standardschiff der PanMax-Klasse ohne Leichterung fit zu machen. Wir reden hier also nicht von neuen Schiffsklassen der Zukunft, sondern von denen, die heute schon die Weser befahren, dies aber zunehmend tideabhängiger und nur noch teilbeladen tun können. Wenn diese Häfen nicht mehr weitgehend uneingeschränkt erreichbar sind, verlagern sich Ladungsströme zulasten Bremens und Niedersachsens. Mithin geht es allein in dieser Region nach unbestrittenen Einschätzungen des Wirtschaftsverbandes Weser um rund 96 000 Arbeitsplätze, die direkt und indirekt von den Häfen abhängen.

(Beifall bei der SPD)

Es ist daher schon mehr als verwunderlich, wenn die Grünen in ihrem Antrag auf die bedrohten Arbeitsplätze am Fedderwarder Siel abstellen - ich sage ausdrücklich, dass ich die Sorgen der Menschen um ihre Jobs dort sehr gut verstehe und ernst nehme -, aber die Sicherheit der 96 000 maritimen Arbeitsplätze rund um die Weser völlig ausblenden. Die ökonomischen und arbeitsplatzwirksamen Effekte der geplanten Vertiefung der Weser sind eindeutig von herausragender Bedeutung. Ich sage ganz deutlich: Die Ökonomie hat bei dieser Entscheidung eine zentrale Bedeutung. Aber die Ökonomie darf nicht zu Lasten der Ökologie ausgespielt werden. Ich glaube auch, es ist schlecht, hier Gegensätze zu konstruieren. Deshalb nehmen wir die ökologische Seite des Projektes genauso ernst. Vieles von dem, was Frau Korter gesagt hat, muss tatsächlich in den entsprechenden Verfahren berücksichtigt werden. Schon mit dem Planungsauftrag wurde deshalb eine besondere Betonung auf die naturschutzfachliche Prüfung gelegt. Es ist klar, dass hier eine sehr intensive, genaue Abwägung und Prüfung erfolgen muss; denn ökologische Probleme sind bei solchen Maßnahmen an den Flüssen einfach nicht zu leugnen.

Dies ist im Übrigen auch der wesentliche Inhalt der Einwendungen im derzeitigen Verfahren sowie der Kritik von Verbänden wie dem BUND oder dem

WWF, die allerdings leider - wie die Grünen hier glauben, dass der JadeWeserPort eine Vertiefung der Fahrrinnen entbehrlich macht. Aber in der Tat erwarten auch wir Sozialdemokraten eine genaue und intensive Prüfung der ökologischen Folgen, um vermeidbare Schäden zu verhindern bzw. eine ordentliche Kompensation, wenn möglich, zu realisieren.

Im Übrigen wird sich in diesem Verfahren zeigen - entschuldigen Sie den kleinen Streit, Frau Zachow -, dass der FFH-Status des Weserästuars mit Sicherheit eine sehr saubere ökologische Prüfung erfordert, das Projekt - genau wie andere Projekte anderswo - jedoch nicht verhindern wird, wenn es tatsächlich den FFH-Gesichtspunkten Rechnung trägt.

Eine genau nachprüfbare Abwägung ist gefordert und wird kommen. Lapidar zu behaupten - wie im Antrag formuliert -, dass ökologische Schäden entstehen, reicht, glaube ich, nicht. Wir müssen da genau prüfen.

Ernst zu nehmen sind aber auch insbesondere die Ängste der Menschen um die Gefährdung der Deichsicherheit durch die Vertiefung. An der Elbe haben wir gesehen, wie schnell es zu Abbrüchen und Fahrwasserveränderungen kommen kann, die dort für mich und für unsere Partei eine weitere Vertiefung verbieten. Auch die Deichsicherung ist im laufenden Verfahren genau und detailliert anhand von hydrologischen Prüfungen zu untersuchen. Das spielt meines Wissens bereits im laufenden Verfahren eine entscheidende Rolle. Dass niemand die Deichsicherheit gefährden will, ist - so nehme ich an; das haben wir heute Morgen deutlich gemacht -, Konsens aller, vom Hafenunternehmer an der Weser bis zu den Anwohnern im Hinterland.

Was die Frage der Versalzung betrifft, so bin ich sicher, dass da Lösungen gefunden werden können. Ich könnte mich durchaus dem Vorschlag nach einem Moratorium und den entsprechenden Prüfungen anschließen. Ich glaube, in einem geordneten ökologischen Prüfverfahren oder UVPVerfahren wird das eine Rolle spielen müssen.

Ich denke, es wird zu diesem Antrag sicherlich sehr spannende und intensive Beratungen geben, wobei wir - das kündige ich heute schon an - auf Expertenwissen nicht verzichten werden und dürfen. Ich gehe zurzeit fest davon aus, dass alle Aspekte der bisherigen Prüfungen und die bislang

geprüften ökologischen Einwendungen dieses Projekt auf Dauer nicht infrage stellen.

Namens der SPD-Fraktion beantrage ich zusätzlich eine Behandlung dieser Materie im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“, damit wir dort in Ruhe den Fachverstand der Hafenfachleute und Schifffahrtsfachleute nutzen können.

(Beifall bei der SPD - Bernd Althus- mann [CDU]: Das haben wir schon beantragt!)

Damit das Plenum das auch weiß: Die CDUFraktion hatte das Gleiche beantragt.

(Unruhe)

Ich rufe nun den Abgeordneten Oetjen von der FDP-Fraktion auf. Sie, meine Damen und Herren, rufe ich alle auf, etwas ruhiger zu sein. Ich habe lange genug unten im Plenum gesessen und weiß, wie das ist. Man merkt es persönlich nicht. Aber es ist wirklich ein sehr hoher Geräuschpegel. Wenn Sie sich unterhalten wollen, dann gehen Sie doch bitte vor die Tür. - Herr Oetjen, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, ich kann es relativ kurz machen, weil sich, Frau Kollegin Stief-Kreihe, herauskristallisiert, dass wir im Hause zwischen SPD, CDU und FDP im Grunde die gleiche Linie haben, nämlich dass wir auf die Weservertiefung aufgrund der wirtschaftlichen Situation an der Weser nicht verzichten können. Deswegen werden Sie von mir auch keine grundlegende Ablehnung der Weservertiefung hören, wie Sie, Frau Kollegin Korter, es gerne hätten. Ich muss Ihnen auch sagen: Ich kann nicht verstehen, dass Sie uns hier suggerieren wollen, die Menschen in der Wesermarsch lehnten eine solche Weservertiefung ab.

(Ina Korter [GRÜNE]: Sie waren doch da! Das haben Sie doch gehört!)

Ich bin sehr häufig in der Wesermarsch gewesen; das wissen Sie. Ich sage Ihnen sehr deutlich: In der Wesermarsch hängen viele Arbeitsplätze auch von den Häfen ab, z. B. in Brake und in Nordenham. Dass die Menschen eine Weservertiefung

ablehnen, die die dortigen Arbeitsplätze sichert, können Sie hier niemandem weismachen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Sie wissen, dass es heute schon Probleme gibt. So können Schiffe den Hafen Brake nicht vollständig beladen erreichen. Daher ist eine Weservertiefung dort aus sachlichen Gründen notwendig.

Dennoch sage ich Ihnen ganz ehrlich, dass ich natürlich die Sorgen der Menschen ernst nehme, was die Deichsicherheit angeht. Ich bin vor kurzem in Butjadingen gewesen, nicht nur, weil das mit 25 % ein starkes liberales Pflaster ist,

(Karin Stief-Kreihe [SPD]: Das musste einmal gesagt werden!)

sondern auch, weil ich mir als Agrarpolitiker und als Landwirt natürlich schon Gedanken darüber mache, wie es ist, wenn Salzwasser in ein Grabensystem in Butjadingen kommt. Ich gebe Ihnen völlig Recht, dass das eine Sorge ist, die wir ernst nehmen müssen. Wir müssen das beobachten und Konsequenzen daraus ziehen. Aber das Planfeststellungsverfahren ist doch dafür da, dass diese ganzen Dinge abgearbeitet werden, dass die Einwendungen abgearbeitet werden. Ich glaube, dass das im Planfeststellungsverfahren ordnungsgemäß behandelt wird.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt auch auf der anderen Weserseite, im Kreis Cuxhaven, im Altkreis Wesermünde, Sorgen. Auch diesen muss Rechnung getragen werden. Aber all das wird im Planfeststellungsverfahren geschehen. Ich sage hier noch einmal: Die Weservertiefung ist letztlich unverzichtbar für eine starke wirtschaftliche Entwicklung in dieser Region; denn die Häfen sind einer der Zukunftsjobmotoren für die Region, auch für die Küstenregion. Daher bleibt uns nichts anderes übrig, als da dran zu bleiben und dort die Entwicklung möglich zu machen, damit wir für Niedersachsen Arbeitsplätze generieren können. Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention hat sich die Abgeordnete Korter gemeldet. Frau Korter, Sie kennen sich mit der Kurzintervention aus.

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Oetjen, Sie waren ja in der Wesermarsch. Sie haben mit dem Deichband gesprochen. Sie haben mit dem Landvolk gesprochen. Ich hoffe, Sie haben auch mit den Fischern und mit dem Hotel- und Gaststättengewerbe gesprochen. Dann müssten Sie auch wissen, welche extremen Ängste bestehen, die dortigen Arbeitsplätze aufs Spiel zu setzen. Es kann nicht nur um die Arbeitsplätze in der Hafenwirtschaft gehen. Sie setzen virtuelle Arbeitsplätze, die Sie eventuell erhalten oder schaffen wollen, gegen die existierenden. Das kann man so nicht machen. Die einzige Chance für das Land, einen Ausgleich für diese Eingriffe vorzunehmen, besteht darin, das Einvernehmen zu verweigern. Diese Chance muss man nutzen, um all die Nachteile auszugleichen. Diese Chance wollen Sie hier einfach vertun. Sie warten gar nicht das Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens ab, sondern sagen: Das ist unverzichtbar; das brauchen wir und fertig. - Sie haben es sich ein bisschen einfach gemacht. Ich nehme Ihre Rede gerne mit und veröffentliche sie zu Hause. Mal sehen, ob Sie dann immer noch 25 % haben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Herr Oetjen, Sie wollen darauf antworten. Auch Sie kennen sich mit der Geschäftsordnung aus.

Vielen Dank. - Frau Kollegin, ich verwahre mich dagegen, dass es im Hafen von Brake und im Hafen von Nordenham virtuelle Arbeitsplätze gibt. Das sind ganz reale Arbeitsplätze, die es zu erhalten und zu fördern gilt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Auf der anderen Seite sage ich natürlich, Butjadingen ist eine einmalige Kulturlandschaft, die es zu erhalten gilt. Wenn Salzwasser in die Gräben kommt, verändert sich das gesamte Ökosystem; da sind wir uns völlig einig. Aber diese Dinge werden im Planfeststellungsverfahren abgearbeitet. Ich gehe davon aus, dass nach dem Planfeststellungsverfahren eine Lösung dafür da ist, dass wir kein Salzwasser in die Gräben in Butjadingen bekommen. Das ist für den Tourismus unheimlich wichtig; da sind wir uns einig. Aber suggerieren Sie