Protokoll der Sitzung vom 06.06.2008

Sie mauern bei diesem Thema völlig, weil Sie nur darüber reden, was Sie wollen. Sie hören aber überhaupt nicht zu, was gut für die Kinder in unserem Land ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich finde es toll, dass es fraktionsübergreifend gelungen ist, erste Schritte zu gehen. Weitere werden folgen. Ich hoffe, dass Sie und Ihre Fraktion nicht irgendwann isoliert dastehen und die Leute Ihnen sagen: Sie haben die Aufnahme der Kinderrechte in die Verfassung verhindert, weil Sie nicht zuhören, sondern immer nur reden, reden, reden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Detlef Tanke [SPD]: Substanz, Sub- stanz, Substanz!)

Frau Meißner von der FDP-Fraktion hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Ihr stehen noch 14 Sekunden Redezeit zur Verfügung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schwarz, wir haben von 2003 bis 2007 die Ausgaben für Kinder- und Jugendschutz um 70 % erhöht. Das heißt, wir machen keine Schaukämpfe, sondern wir tun etwas für die Kinder und Jugendlichen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es wären noch zwei Sekunden mehr möglich gewesen, Frau Meißner. - Frau Ministerin RossLuttmann, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Klein, ich sehe meine Aufgabe nun wirklich nicht darin, Sie zu beglücken, sondern meine Aufgabe liegt darin, für die Schwächsten in unserer Gesellschaft einzutreten.

(Oh! bei der SPD)

Ich denke, das tut die Landesregierung mit großem Erfolg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was brauchen Kinder? - Kinder brauchen ein liebevolles Zuhause, sie brauchen Eltern, die sich kümmern. Das, meine Damen und Herren, tun die allermeisten Eltern. Sie erziehen ihre Kinder liebevoll und fürsorglich zu eigenverantwortlichen Persönlichkeiten.

Aber es gibt auch die Eltern, die, aus welchen Gründen auch immer, ob es in persönlichen Notsituationen liegt oder in anderen Situationen begründet ist, überfordert sind, die ihre Aufgabe nicht so wahrnehmen können, wie sie es vielleicht eigentlich gerne wollen. Was brauchen Kinder dann? - Dann brauchen Kinder Schutz. Kinder brauchen Schutz von Erwachsenen; denn uns darf kein Kind verlorengehen.

Säuglinge und Kleinkinder können sich nicht selbst wehren. Sie brauchen Erwachsene, und sie sind auf die Aufmerksamkeit und Hilfe von Erwachsenen angewiesen. Alle müssen hinsehen. Alle müssen gucken, ob es Kindern gut geht. Alle müssen da sein und füreinander Verantwortung übernehmen. Denn wenn es einem Kind nicht gut geht, also bei Anzeichen von Vernachlässigung, von Gewalt, dann muss schnell reagiert werden, es muss flexibel und unbürokratisch reagiert werden, und es muss vor allen Dingen richtig reagiert werden.

Deshalb bleibe ich dabei: Wir brauchen ein gut aufeinander abgestimmtes Hilfsangebot aller staatlichen Stellen. Das heißt doch, dass die Jugendämter, die Ärzte, die Kliniken, die Polizei, die Justiz, die Schulen und die Selbsthilfeorganisationen gut zusammenarbeiten müssen. Niemand darf sich abschotten. Deshalb fördert das Land das bundesweit vorbildliche Projekt unserer Koordinierungszentren Kinderschutz in Hannover, Braunschweig, Oldenburg und Lüneburg mit 1,4 Millionen Euro. Mit diesen Zentren wollen wir die Kinderschutzmaßnahmen in Städten und Gemeinden ausbauen und besser aufeinander abstimmen.

Natürlich muss es uns auch darum gehen, die Eltern zu unterstützen. Eltern müssen unterstützt werden, damit sie ihren Erziehungsauftrag besser wahrnehmen können. Deshalb helfen die 150 ausgebildeten Familienhebammen gerade überforderten Vätern und Müttern sowohl vor als auch nach der Geburt, damit Überforderungssituationen gar nicht erst entstehen.

All diese Hilfsangebote, die wir haben, werden wir noch engmaschiger knüpfen, und wir werden ein verbindliches Einladewesen für die Kinderfrüherkennungsuntersuchungen in Niedersachsen einführen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, mir ist in diesem Zusammenhang eines sehr wichtig. Ich bin Ende 2006 angetreten, vom Gemeinsamen Bundesausschuss die Überarbeitung der Kinderrichtlinie zu fordern. Ich habe nie verstanden, wieso Kinder zwischen dem zweiten und dem vierten Geburtstag keine Vorsorgeuntersuchung bekommen haben. Zu dem Zeitpunkt, zu dem es in eine Kindertagesstätte geht, gibt es keine Vorsorgeuntersuchung. Es hat einige Krankenkassen gegeben, die ihren Versicherten diese Vorsorgeuntersuchung bezahlt haben, andere Krankenkassen wiederum nicht. Warum haben wir diese Ungleichbehandlung un

serer Kinder? Das habe ich nicht einsehen wollen. Deshalb habe ich mich vehement beim Gemeinsamen Bundesausschuss dafür eingesetzt, dass bei diesen Intervallen eine Richtigstellung erfolgt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich bin sehr froh, dass wir diese Richtigstellung jetzt haben, dass sich der Gemeinsame Bundesausschuss dafür ausgesprochen hat, dass diese Vorsorgeuntersuchung U 7 a, die nun wirklich gefehlt hat, jetzt durchgeführt werden kann.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Thema ist mir ein wichtiges Anliegen. Die Kinderrichtlinie stammt noch aus den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Es gibt ein Vorsorgeheft, woran sich die Kinder- und Hausärzte zu Recht orientieren. Aber es muss um mehr gehen als um das, was zurzeit untersucht werden soll. Wir sprechen von den schlimmen Fällen der Misshandlung und Vernachlässigung. Kinder- und Fachärzte brauchen Kriterien und Hilfsangebote des Gemeinsamen Bundesausschusses - denn dort sitzt der Fachverstand -, um ihnen Hilfe zu ermöglichen. Deswegen ist es mir so wichtig gewesen, dass der Gemeinsame Bundesausschuss immer wieder daran erinnert wird, vernünftige Kinderrichtlinien zum Wohle unserer Kinder zu schaffen.

Meine Damen und Herren, wenn wir verbindliche Vorsorgeuntersuchungen haben, dann wird es uns gelingen, alle Kinder zu erreichen. Genau das muss unser Ziel sein: Kein Kind darf uns verloren gehen.

(Zustimmung von Heidemarie Mund- los [CDU])

Ich bin sehr dankbar dafür, dass wir hier zu großen Teilen eine sehr sachliche Debatte geführt haben; denn uns allen muss am Herzen liegen - dies muss die Aufgabe von uns allen sein -, dem Kinderschutz hohe Priorität einzuräumen.

Mit all den Maßnahmen, die die Landesregierung in den letzten Jahren ergriffen hat - Koordinierungszentren, Kinderschutz, Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Jugendämtern und Familiengerichten, Erziehungslotsen -, sind wir auf dem richtigen Weg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Schwarz, Sie haben sich zu Wort gemeldet. Ich vermute, Sie möchten die Restredezeit nutzen. Ich bitte Sie, das nächste Mal einen Wortmeldezet

tel abzugeben. Das wäre sehr freundlich. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Ross-Luttmann, es ist ja richtig, dass wir in vielen Punkten nicht auseinander liegen. Aber es geht um die Umsetzung. Ich möchte Sie einmal daran erinnern, dass Sie im Februar 2006 öffentlich erklärt haben:

„Ministerin Ross-Luttmann will im Rahmen des neuen Gesetzes über den Öffentlichen Gesundheitsdienst alle Kinder in Niedersachsen von 2007 an zu Schuleingangsuntersuchungen verpflichten.“

So sind Sie gestartet. Dabei bestand absolute Einigkeit. Sie sind allerdings von der eigenen Koalition zurückgepfiffen worden.

Daraufhin haben Sie sich auf den Weg verpflichtender Untersuchungen gemacht. Wir halten das für falsch. Sie werden aber auch dort seit zwei Jahren blockiert, weil das nämlich Geld kostet und eine Frage der Konnexität ist. Sie kommen an dieser Stelle nicht weiter. Das ist nicht Ihr Problem, sondern ein Problem der gesamten Landesregierung.

Wir haben überhaupt keinen Dissens, was Familienhebammen betrifft. Das ist ein absolut wichtiges Instrument. Aber ob es welche gibt, überlassen Sie den Kommunen, weil Sie das Geld dafür von der Landesregierung nicht bekommen. Das ist nicht in Ordnung, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Wir haben den Antrag gestellt, ein Kindernotruftelefon als erste Maßnahme einzurichten. Sie haben das aufgegriffen. Sie haben zwar das Geld in den Haushalt eingestellt. Aber Sie durften es nicht ausgeben. Herausgekommen ist eine PR-Maßnahme. Ich sage Ihnen: Das ist kein sachgerechter Umgang mit Kinderschutz und Kinderrechten!

Die gleiche Diskussion erleben wir gerade bei der Frage „Kinderrechte in die Verfassung“. Ich glaube, dass wir uns einigen könnten. Dies setzt aber voraus, dass Sie zur Kenntnis nehmen, dass die Kinderrechte zwischenzeitlich in allen Länderverfassungen - außer in drei Ländern - implementiert worden sind. Nehmen Sie nur einmal die Vorlagen aus Bayern, und wir werden uns sofort einig.

Das Problem sind wirklich nicht Sie. Das Problem sind auch nicht wir. Das Problem ist vielmehr offensichtlich Ihre Landesregierung und die Koalitionsfraktionen, die Sie nicht lassen. Daran ist der Kinderschutz in Niedersachsen zurzeit blockiert, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, in letzter Sekunde wird noch eine Wortmeldung vorgelegt. Nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung erteile ich Frau Mundlos von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! So kann ich es einfach nicht stehen lassen. Wenn hier schon ein bestimmter Bereich ein Kindernotruftelefon gewollt und gefordert hat und auch dazu bereit war, Mittel dafür einzusetzen, dann ja wohl die Fraktionen der CDU und der FDP.

(Uwe Schwarz [SPD]: Nachdem wir den Antrag gestellt hatten! Soll ich ihn holen?)

- Bei den Haushaltsberatungen waren auch wir dabei.

(Uwe Schwarz [SPD]: Sie haben ihn abgeschrieben und setzen ihn nicht um! Das ist das Problem!)

Wir haben das gewollt und gemacht. Wenn Sie etwas anderes behaupten, dann zeigt das nur einmal wieder, dass Sie eine gestörte Wahrnehmung haben, Herr Schwarz.

(Beifall bei der CDU)

Sie weisen ja immer wieder auf die Kinderrechte hin. Ich habe bereits das letzte Mal etwas dazu gesagt. Da dies bei Ihnen aber nicht angekommen zu sein scheint - sonst hätten Sie nämlich die Hürde mit Ihrem Änderungsantrag nicht wieder höher gelegt -, sage ich es noch einmal: Wir wollen die Kinderrechte in der Verfassung verankern. Aber zu einem Kompromiss gehört, dass sich alle Beteiligten bewegen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Stimmt!)