Protokoll der Sitzung vom 16.03.2011

- Er zieht zurück. - Dann kommen wir zu der nächsten Kurzintervention. Für anderthalb Minuten hat Herr Klein von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Oetjen, Sie haben eben genauso wie der Kommunalminister insbesondere die Ergebnisse der Arbeitsgruppe „Standards“ hervorgehoben, nämlich die berühmten 87 Maßnahmen.

In diesem Zusammenhang muss man doch einmal darauf hinweisen, dass ein Großteil dieser 87 Maßnahmen schon jetzt den gedanklichen Vermerk „nicht durchführbar“ und „nicht umsetzbar“ trägt. Ich sage „Gott sei Dank“, weil es sich dabei natürlich fast ausschließlich um Maßnahmen handelt, die sich im Bereich des Sozialgesetzbuches abspielen. Das bedeutet, dass hier die Kosten bei den Kommunen zulasten der sozial Schwachen im Lande gesenkt werden sollen. Das ist das Konzept, das Sie in diesem Bereich verfolgen.

Dieses Konzept wird hoffentlich nie Wirklichkeit werden. Wir können in diesem Bereich keine Ausgaben senken. Die Zielsetzung muss doch sein, die Einnahmen der Kommunen insgesamt zu erhöhen - und nicht, wieder einmal zulasten der Schwachen in unserem Lande die Kommunen angeblich zu entlasten. Ich glaube, diese Entlastung wünschen auch die Kommunen nicht. Wir sollten sie uns wirklich in diesem Land ersparen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die dritte Kurzintervention kommt von der Fraktion DIE LINKE. Herr Adler!

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Oetjen, Sie haben das Niedersachsen-Modell hier noch einmal lobend erwähnt.

Ist Ihnen eigentlich gar nicht klar, welches Problem darin liegt, bei dieser neuen kommunalen Einkommensteuer den Kommunen ein eigenes Hebesatzrecht zu geben? - Das bedeutet doch - stellen Sie es sich bitte einmal anhand der einzelnen Kommunen vor! -, dass die reiche Kommune es sich leisten kann, den Hebesatz niedrig zu gestalten, was zur Folge hat, dass sie natürlich für den Zuzug umso attraktiver wird. Die arme Kommune wird ihn aber erhöhen müssen, um ihre Ausgaben zu tätigen, was zur Folge hat, dass die arme Kommune noch unattraktiver wird.

Im Ergebnis führt das in der Tendenz dazu, dass die Spreizung zwischen den einzelnen Kommu

nen, die wir gegenwärtig zu verzeichnen haben, noch viel größer wird. Sie verstärken damit also eine Tendenz, die schon negativ zu beklagen ist.

(Beifall bei der LINKEN - Kreszentia Flauger [LINKE]: Dann ist doch alles sauber sortiert!)

Frau Kollegin Flauger, Herr Kollege Oetjen möchte antworten. Jetzt hat auch er das Wort.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich hätte zwar gern schon zwischendurch geantwortet. So kann ich aber, indem ich bei dem letzten Punkt anfange, Herrn Adler noch einmal sagen: Durch das sogenannte Niedersachsen-Modell wird die Spreizung, wie Sie sie dargestellt haben, gerade nicht hervorgerufen. Vielmehr ist es doch so, dass die steuerstarken Gemeinden nach den Berechnungen eher belastet werden und die steuerschwachen Gemeinden eher einen stärkeren Ausgleich bekommen. Insofern bekommen wir durch das Niedersachsen-Modell eine Nivellierung. Das kann man zwar vielleicht gut oder schlecht finden. Ich habe Ihre Politik aber immer eher so verstanden, dass Sie solche Nivellierungen gut finden.

(Zustimmung bei der FDP)

Daher ist die von Ihnen hier vorgebrachte Kritik eigentlich völlig an den Haaren herbeigezogen; denn auch schon heute haben wir durch ein eigenes Hebesatzrecht in den Kommunen unterschiedliche Steuersätze.

(Kurt Herzog [LINKE]: Genau das ist das Problem!)

Ich persönlich halte das für nichts Schlimmes, sondern für eine Ausprägung der kommunalen Selbstverwaltung. Deswegen ist das ein Modell, das die FDP durchaus sehr positiv sieht und auch unterstützt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Vielleicht abschließend zum Kollegen Klein: Sie sind ja auch Kommunalpolitiker gewesen, wenn ich es richtig im Kopf habe. 60 % der Ausgaben der Kreishaushalte liegen im Sozialbereich. Wenn wir versuchen wollen, auf irgendeine Art und Weise im Bereich von Standards die Landkreise zu entlasten, dann geht das nur dadurch, dass wir auch im Bereich der Sozialpolitik eingreifen. Ich glaube

auch nicht, dass alle diese 87 Vorschläge schon mit dem Makel „undurchführbar“ gekennzeichnet sind. Aber das werden uns die Endergebnisse der Kommission dann zeigen.

(Beifall bei der FDP)

Nun hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Rolfes das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD hat diese Große Anfrage gestellt. Ich darf mich zunächst einmal bei der Landesregierung herzlich bedanken, insbesondere bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium, die diese umfangreiche Anfrage dann mit dieser Präzision beantwortet haben.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Präzi- sion?)

Herr Klein, wer Fragen stellt, ohne dass ein roter Faden dazu zu erkennen ist, was man denn damit erreichen will, darf nicht anschließend hier mit der Bemerkung „Datenfriedhof“ kommen. Zwar waren Sie das mit den Fragen diesmal nicht; Sie haben aber diese Bemerkung gemacht. Ich sage: Wer Unterlagen in diesem Ausmaß bekommt und damit dann nicht arbeiten kann, der hat selber Schuld und braucht nicht von Datenfriedhof zu sprechen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dieter Möhrmann [SPD] hält eine Un- terlage hoch)

- Herr Möhrmann zeigt mir jetzt wieder eine alte Zeitung. Herr Möhrmann ist ja ein allseits geschätzter und von mir besonders geschätzter Kollege.

(Johanne Modder [SPD]: Oh!)

Es erstaunt mich aber, dass jemand, der mehr als 20 Jahre in diesem Landtag ist, dann hier mit alten Zeitungen argumentiert, statt aus eigener Erkenntnis zu sprechen. Er müsste doch noch wissen - er kommt ja aus dem ländlichen Bereich -, wie der kommunale Finanzausgleich zu Glogowskis Zeiten zulasten des ländlichen Bereiches geändert worden ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ingrid Klopp [CDU]: Genau so ist es!)

Ich will an sich gar nicht so weit zurückgehen, weil man dem einen oder anderen hier ja schon erklären muss, wer Glogowski war.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Das war aber so. Dieser Eingriff in den kommunalen Finanzausgleich - Flächenfaktor weg - war eine riesige Belastung für die Kommunen im ländlichen Bereich.

Frau Geuter, die aus dem ländlichen Bereich kommt, stellt dann ausgerechnet die CDU, die diesen Flächenfaktor wieder eingeführt hat, als kommunalfeindlich dar.

(Zuruf von der SPD: Recht hat sie!)

Das wird Ihnen sowieso nicht gelingen. Der Innenminister hat eben aufgelistet, was insgesamt als Politik für die Kommunen, sowohl für den ländlichen Raum als auch für unsere Ballungsräume, gemacht worden ist. Das kann sich sehen lassen. Ich komme gleich noch darauf zurück.

(Beifall bei der CDU)

Eben habe ich den Innenminister ein wenig bedauert. Die Diskussion über die Feuerschutzsteuer ist ja nichts Neues. Wer die Antwort auf die Anfrage liest, kann auch sehen, dass andere Länder mit ihren Kommunen gar nicht so nett umgehen. Ich staune aber, dass er die Geduld aufbringt, diesen Vorgang immer und immer wieder Herrn Bachmann und anderen zu erklären.

(Klaus-Peter Bachmann [SPD]: Sie haben es ja bis heute nicht verstan- den!)

Wenn jemand das so viele Male erklärt bekommen hat und es nicht begriffen hat, dann liegt es doch nicht am Innenminister! Dann muss es doch an anderen liegen. Das kann gar nicht anders sein.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Bachmann, mit Ehrenfeuerwehrmann oder ähnlichen Ehrungen wird das also schwierig. Die Feuerwehren freuen sich auf Celle-Scheuen. Von daher sollte man sehr vorsichtig sein, wenn man das infrage stellt.

(Zuruf von der SPD)

- Ja, das mag wohl sein.

Der pfiffige Herr Bachmann will für die Feuerwehren natürlich mehr haben und behauptet, dass die Kommunen weniger bekämen, sodass wir dann

auch für Scheuen kein Geld mehr hätten. Das kann aber nur passieren, wenn wir aufgrund eines insgesamt geringeren Steueraufkommens in Summe weniger als die festgeschriebenen 25 % haben. Dann hat er für Scheuen allerdings auch nichts mehr. Ansonsten bekommt keine Kommune weniger Geld, sondern auch für Scheuen ist noch was drin. Wenn wir mehr Geld haben, bekommen die Kommunen davon auch wieder etwas, also mehr Geld. Also: Keine Kommune bekommt weniger. Im günstigsten Fall bekommen sie mehr.

Das soll aber nicht davon ablenken, dass die Antwort der Landesregierung auch ergeben hat, dass im kommunalen Bereich natürlich dringender Handlungsbedarf besteht.

(Stefan Schostok [SPD] lacht)

- Da gibt es doch nichts zu lachen, Herr Schostok. Ich weiß nicht, wie Sie das so halten. Ich finde aber, dass die Kommunen gar nichts davon haben, wenn wir uns hier gegenseitig Kommunalfeindlichkeit vorwerfen. Ich finde schon, dass wir uns auf den Weg machen sollten, vernünftige Lösungen zu finden. Die Analyse ist jetzt gemacht worden. Jetzt gilt es, eine ausgewogene Lösung anzubieten. Die eingesetzte Gemeindefinanzkommission befindet sich hier auf einem guten Weg. Allerdings: Es dauert und dauert und dauert.

Natürlich sollte Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehen. Wir warten aber auch sehnsüchtig auf ein Ergebnis, das wir alle brauchen. Das ist überhaupt keine Frage. Richtig ist, dass das NiedersachsenModell für alle Kommunen gemeindescharf gerechnet wird. Dann können wir es bewerten. Ich wundere mich, dass hier schon etwas abgelehnt wird, bevor man überhaupt weiß, was im Ergebnis herauskommen wird.