Protokoll der Sitzung vom 16.03.2011

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/3302 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Der Beschlussempfehlung ist gefolgt worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 21 auf:

Erste Beratung: Geothermie in Niedersachsen - Standort sichern und Potenziale weiter ausbauen! - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/3414

Zur Einbringung des Antrags hat Herr Miesner für die CDU-Fraktion das Wort.

(Unruhe)

- Herr Miesner, ich erteile Ihnen das Wort erst dann, wenn Ruhe eingekehrt ist. Diejenigen, die nicht am Thema interessiert sind, bitte ich, den Saal zu verlassen. - Herr Miesner, Sie haben das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unser Niedersachsen ist das Energieland Nummer eins in Deutschland. Unser Niedersachsen ist das Land der erneuerbaren Energien. Wir sind Windenergieland Nummer eins, wir sind Biogasland Nummer eins, und wir sind Geothermieland Nummer eins in Deutschland.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Henning Adler [LINKE]: Und wir sind Entsorgungsland Nummer eins!)

In Niedersachsen ist das Know-how zu Hause. Wir sind führend in der Kompetenz und im Export von Geothermietechnologien. Ich nenne hier die Geschäftsstelle Geothermie des Landes Niedersachsen beim LBEG, das Zentrum der Tiefbohrindustrie in Celle, die TU Clausthal, wenn es um das Thema Bohrtechnik geht, die TU Braunschweig, wenn es um die Werkstofftechnik geht, die Uni Göttingen, wenn es um das Thema Geologie geht, und das Geozentrum in Hannover, das bereits in zwei Jahren komplett mit Erdwärme versorgt wird.

Wir stellen fest, Niedersachsen hat das Potenzial, eine führende Position in der deutschen und europäischen Energiewirtschaft einzunehmen. Nutzen wir dieses Potenzial!

Mit dem weltweit führenden Forschungs- und Technologiezentrum in Celle hat Niedersachsen neben der Windenergie und der Biomasse auch in der Geothermietechnologie einen großen Erfolg zu verzeichnen. Das Land beteiligt sich mit sage und schreibe 15 Millionen Euro am Bau dieses Zentrums und darüber hinaus an drei weiteren Projekten im Bereich Forschung und Entwicklung.

Die Nutzung der Geothermie ist ein spannendes Kapitel der Energieversorgung. In der Erde steckt ein unerschöpflicher Energievorrat. 99 % der Erde sind heißer als 1 000 °C, und das verbleibende 1 % erreicht immer noch Temperaturen von mehr als 100 °C. Dieses 1 % ist interessant für die Geothermie.

Zur Darstellung des Potenzials der Erdwärme möchte ich auf folgende Zahlen hinweisen: Untersuchungen gehen davon aus, dass in Deutschland mit der Erdwärme die 600-fache Jahresstrommenge erzeugt werden kann. Dies ist zunächst einmal reine Theorie. Aber daran sehen wir, welche ungeahnten Möglichkeiten die Geothermie und damit die Erdwärme hat. In Niedersachsen nutzen bereits mehr als 6 000 Wohnungen und Gebäude Erdwärme. In Deutschland insgesamt aber werden nur weniger als 1 % des Erdwärmepotenzials zur Energiegewinnung genutzt.

Vor allem muss es uns darum gehen, unsere Energie- und Stromversorgung grundlastfähig zu bekommen. Das spielte auch heute Vormittag in der Debatte um die Energiepolitik eine Rolle.

Ich habe aber manchmal den Eindruck, dass sich manche, die sich hier oft lautstark zu Wort melden

und auf jede Frage eine Antwort parat haben, wenig Gedanken darüber machen, dass die Energie auch tatsächlich dann zur Verfügung steht, wenn sie benötigt wird, frei nach dem Motto: Egal, bei uns kommt der Strom aus der Steckdose.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit der Geothermie - mit anderen Worten: mit der Erdwärme - haben wir eine Energieart, die aufgrund der geologischen Strukturen für uns in Niedersachsen sehr große Potenziale bietet. Vor allem steht uns die Erdwärme immer, also rund um die Uhr, zur Verfügung. Das ist für uns als Wirtschaftsstandort wichtig. Aber auch unsere Gesellschaft fordert Energie dann, wenn sie benötigt wird.

Wir wollen in Niedersachsen den Anteil der erneuerbaren Energien auf 25 % des Gesamtenergieverbrauchs erhöhen. Dazu kann die Erdwärme einen entscheidenden Beitrag leisten. Nutzen wir diesen Beitrag!

Die Geothermie wird, wie die Bezeichnung aussagt, für die Wärmegewinnung genutzt. Aber sie kann auch für die Kühlung verwendet werden. Gerade dieses bietet eine ungeahnte klimafreundliche Perspektive für Klimaanlagen in Wirtschaftsgebäuden, in Häusern und vielleicht auch einmal hier im Landtag.

Die Geothermie zeichnet Folgendes aus: Zum einen steht sie zu jeder Jahreszeit und zu jeder Tageszeit zur Verfügung, zum anderen muss sie nicht über weite Strecken transportiert werden. Schon dadurch führt sie zu enormen Einsparungen.

Ich fasse zusammen. Die Geothermie ist kostenlos, wetterunabhängig, CO2-frei und damit klimafreundlich. Sie ist zeitunabhängig und damit wie nur wenige Energiearten der erneuerbaren Energien grundlastfähig. Das sind ausgezeichnete Vorteile. Nutzen wir das Potenzial der Geothermie für eine Energiewende!

Nicht zuletzt die Debatte heute Vormittag hat gezeigt, dass eine unserer größten Herausforderungen darin besteht, die erneuerbaren Energien grundlastfähig zu bekommen, sprich: die Energie immer dann bereitzustellen, wenn sie auch benötigt wird. Dazu kann die Geothermie, wie gesagt, einen großen Beitrag leisten. Wir wollen, dass in Niedersachsen das Deutsche Zentrum für Tiefengeothermie aufgebaut wird, wo die Potenziale der Geothermie in Kooperation mit der Energiewirt

schaft einschließlich der kommunalen Energieversorger weiter erkundet werden.

Die Erdwärme kann einen wichtigen Beitrag zur Energieversorgung und damit auch zum Klimaschutz leisten. Nutzen wir dieses Potenzial für uns in Niedersachsen! Lassen Sie uns unsere Kompetenz mit dem Deutschen Zentrum für Tiefengeothermie weiter ausbauen!

Ich beantrage abweichend von der Vorlage, dass der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz federführend befasst wird und dass der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr sowie der Ausschuss für Haushalt und Finanzen mitberatend sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu Wort gemeldet hat sich für die SPD-Fraktion Herr Kollege Meyer. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Miesner, dem Letztgenannten stimmen wir natürlich zu. Auch wir haben uns gewundert, dass der Antrag nur im Wirtschaftsausschuss, nicht aber im Umweltausschuss beraten werden soll; denn dort gehört er eigentlich hin.

Herr Kollege Miesner, wenn Sie am Anfang Ihrer Reden nicht immer diese Nummer abziehen würden, dass Sie eigentlich der Erfinder der regenerativen Energien sind und dass Niedersachsen in allen diesen Dingen absolute Spitze ist, dann wäre das, was Sie dann sagen, viel glaubwürdiger.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: In den letzten acht Jahren ist hier ja auch etwas passiert! - Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Wenn wir eine bessere Opposition hätten, wären wir noch besser!)

Schließlich sind wir uns in der Sache doch auch weitgehend einig. Ich will das im Einzelnen erläutern.

Geothermie ist ein beliebtes Thema. Aber viele glauben, man muss nur Loch in die Erde bohren, und dann kommt auch schon heißes Wasser heraus - so wie bei den Geysiren in Island. Dieses Wasser kann man dann über eine Turbine leiten, und das war’s auch schon.

(Heinz Rolfes [CDU]: Jetzt kommt der Herr Lehrer! - Karl-Heinrich Lang- specht [CDU]: Erklären Sie uns das mal, Herr Lehrer!)

Leider ist es in der Wirklichkeit nicht ganz so einfach. Man muss schon eine Menge wissenschaftliches Know-how hineinstecken, um das hinzubekommen.

Herr Kollege Miesner hat recht: Wir können es uns in der Tat nicht leisten, auf die Nutzung der Geothermie zu verzichten, wenn wir schnell aus der Kernenergie aussteigen und das Zeitalter der 100 % Erneuerbaren möglichst schnell einleiten wollen.

Deshalb finden wir die Zielrichtung Ihres Antrages auch richtig, und deshalb kann meine Fraktion die ersten drei Nummern Ihres Antrages auch im Grundsatz unterstützen.

„Im Grundsatz“ heißt: Es ist richtig, in Niedersachsen ein Zentrum für Tiefengeothermie aufzubauen. Das Know-how ist hier bereits vorhanden, und vor allen Dingen sind in Niedersachsen die geologischen Bedingungen dafür gegeben.

Auch die Nr. 2 Ihres Antrages, die Kooperation mit der Energiewirtschaft, ist als Ziel richtig. Diese Kooperation wird aber schon seit Jahren betrieben. Darauf weisen Sie in dem Antrag selbst hin. Das ist insofern nichts Neues.

Im Blick auf die Nr. 3 müssten Sie uns in den Ausschussberatungen allerdings erklären, woran es eigentlich hapert. Es kann natürlich sein - und es wird auch so sein -, dass es bei diesen Geschichten um sehr viel Geld und auch um Rechtsfragen geht - weil andere die Bohrungen gemacht haben und daran verdienen wollen. Das werden wir im Ausschuss einmal aufdröseln müssen.

Die Forderung unter Nr. 4 Ihres Antrages, der Ausbau der Geschäftsstelle für Geothermie, ist für mich eine eher skurrile Forderung. Schließlich haben Sie es doch selbst in der Hand, diese Abteilung beim LBEG zu stärken. Wer hindert Sie denn daran, die Geschäftsstelle auszubauen?

Herr Sander hat auf die schriftliche Anfrage des Kollegen Riese aus dem Jahre 2008 für die Landesregierung geantwortet:

„Die Geschäftsstelle Geothermie des LBEG ist zentraler Ansprechpartner für alle Interessenten in diesem Bereich und berät insbesondere im Rahmen konkreter Projekte.“

Das ist gut, habe ich mir gedacht, und einmal auf der Internetseite nachgesehen. Dabei habe dann ich festgestellt, dass ein Großteil der Zahlen nicht aktuell, sondern mehrere Jahre alt ist.

Meine Damen und Herren, ein zentraler Ansprechpartner muss aktueller sein. Er muss alle Informationen, die er verarbeitet, auch an dieser Stelle anbieten können. - Herr Bode, vielleicht schenken Sie dem LBEG eine halbe Stelle für die Bearbeitung des Internetauftritts, damit er auch funktioniert. Sonst wird das am Ende nichts.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Wenn das der einzige Beitrag von euch ist! Mein Gott!)

Ich finde es sehr erfreulich, dass Sie in diesem Antrag ausdrücklich die Kooperation mit dem Unternehmen Baker Hughes in Celle erwähnen. Die in Celle geschaffenen Forschungstechnologieeinrichtungen können als Forschungsverbund die Verbindung staatlicher Institutionen zu privaten Unternehmen herstellen. Dazu kommen natürlich auch die Arbeit des Leibniz-Institutes für angewandte Geophysik der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe sowie der Forschungsverbund für Geothermie und Hochleistungsbohrtechnik. Eben dieser Forschungsverbund veranstaltet gemeinsam mit dem Verein GeoEnergy Celle im September 2011 eine große sogenannte Drilling-Konferenz mit 250 Teilnehmern. Da ist Celle für die Metropolregion Hannover/Braunschweig/Göttingen/Wolfsburg im Feld Geothermie federführend. Das ist eine gute Leistung, die von Oberbürgermeister Mende und vom gesamten Rat der Stadt Celle auch ausdrücklich unterstützt wird.

(Zurufe von der CDU)

- Nun wollte ich euch gerade loben, weil ihr das auch unterstützt.

(Thomas Adasch [CDU]: Wir wollen nur bei der Wahrheit bleiben!)