Protokoll der Sitzung vom 17.03.2011

Im Rahmen der Beratungen wurde meines Erachtens ausreichend dargelegt, dass es sich hier keinesfalls um Willkür oder Ungleichbehandlung handelt. Weil es gar nicht darum gehen kann, in einem Schulsystem alle Schulen generell immer gleich zu behandeln - das wurden sie zu Zeiten Ihrer Regierung nicht, und das werden sie auch zu Zeiten unserer Regierung nicht -, sehe ich diese Bedenken keinesfalls so.

Im Übrigen darf ich darauf hinweisen, dass der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages, wenn er denn festgestellt hätte, unser Schulgesetz sei verfassungswidrig, dies auch in die endgültige Vorlage für die Beratung hineingeschrieben hätte. Das hat er nicht getan, Frau Korter.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Korter, mit Verlaub, ich halte es wirklich für unredlich, dass Sie das immer und immer wieder behaupten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ina Korter [GRÜNE]: Was ist der Sachgrund? Danach habe ich ge- fragt!)

Ich will nur anhand einiger weniger Beispiele den Gestaltungsspielraum des Landes bei den gesetzlichen Rahmenbedingungen für Schule deutlich machen.

Erster Punkt. Kein Mensch hat bis heute im Ernst daran gedacht, vor den Staatsgerichtshof zu ziehen, weil die Lehrerstunden, die pro Woche unterrichtet werden, an Gymnasien 23,5 Stunden betragen, an Grundschulen 28 Stunden, an Hauptschulen 27,5 Stunden und an Realschulen 26,5 Stunden. Eine völlige Ungleichbehandlung der Schulformen, aber niemand zieht deswegen vor den Staatsgerichtshof.

Zweiter Punkt. Wir haben beim Hauptschulprofilierungsprogramm damit begonnen, eine Schulform, sowohl was die Ganztagsschulausstattung als auch die Ausstattung mit Sozialpädagogen betrifft, eindeutig zu bevorzugen, weil es dabei um eine besondere Schülerklientel geht, bei der wir besonders investieren müssen. Niemand hat zu dem Zeitpunkt auch nur im Ansatz gerufen, das sei verfassungswidrig.

(Astrid Vockert [CDU]: Richtig!)

Wir haben gesagt, dass mit der Oberschule eine neue Schulform auf den Weg gebracht wird, die bestimmte Rahmenbedingungen haben wird, die wir für alle anderen Schulformen in den nächsten Jahren ebenfalls anstreben. Wo soll da die Verfassungswidrigkeit sein? Wir haben auf einer Haupt- und Realschule aufgebaut, die bereits eine Klassenobergrenze von 28 hat. Wo gibt es da eine Bevorteilung der Oberschule, wenn man gleiche Klassengrößen für andere Schulformen vorschreibt? Mit Verlaub, Frau Korter, ich muss das so deutlich sagen: Aus meiner Sicht ist es schlichtweg Unsinn, was dort behauptet wird. Hier handelt es sich mitnichten um eine Verfassungswidrigkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Das kann man noch zehnmal sagen!)

Für die FDP-Fraktion hat Herr Försterling sich zu einer Zusatzfrage gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wenn eine neu errichtete Integrierte Gesamtschule im ersten Jahr für ein Sechstel der Schüler eine Zuweisung

von 50 % bekommt, im zweiten Jahr für zwei Sechstel der Schüler eine Zuweisung von 50 %, im dritten Jahr für drei Sechstel der Schüler eine Zuweisung von 50 %, im vierten Jahr für vier Sechstel der Schüler eine Zuweisung von 100 %, im fünften Jahr für fünf Sechstel der Schüler eine Zuweisung von 100 % und im sechsten Jahr für sechs Sechstel der Schüler eine Zuweisung von 100 % bekommt,

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Damit das einmal deutlich wird!)

wird dann eine neu errichtete Integrierte Gesamtschule nicht in vier von sechs Jahren besser gestellt als andere Schulen? Wurde die Landesregierung vonseiten der Opposition auch einmal dafür kritisiert, dass das auf dem Erlasswege und ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung vorgenommen wird?

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Försterling, Sie sind sicherlich damit einverstanden, dass das zwei Fragen gewesen sind. - Bitte schön, Herr Minister!

Herr Präsident! Ich halte meine Antwort relativ kurz. Herr Försterling, das war beeindruckend. Man merkt, dass Sie Finanzbeamter waren. In der Tat, diese Frage hat uns die Opposition bis heute nicht gestellt.

(Ina Korter [GRÜNE]: Wir können auch allein rechnen! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Ach so, Sie wissen das! Das ist ja ein Ding! - Astrid Vo- ckert [CDU]: Mit zweierlei Maß ge- messen!)

Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Limburg für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte schön, Herr Limburg!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich wollte ich eine Frage zu einem anderen Themenkomplex stellen. Aber vor dem Hintergrund der nicht erfolgten Beantwortung der Frage der Kollegin Korter und vor dem Hintergrund der Tatsache, dass ich, mit Verlaub, Herr Minister, Ihre Ausfüh

rungen zu der Frage der Ungleichbehandlung unsinnig fand,

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE])

frage ich die Landesregierung noch einmal: Welchen Sachgrund haben Sie für die Ungleichbehandlung der Schulformen, die sich doch sehr ähneln? - Sie wissen ganz genau, dass Sie Schulformen natürlich unterschiedlich behandeln dürfen, aber dass Sie nicht Schulformen, die Sie in der Ausgestaltung immer mehr annähern, in solchen wesentlichen Fragen ganz wesentlich ungleich behandeln dürfen. Welchen Sachgrund haben Sie dafür?

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Herr Minister, Sie haben die Gelegenheit zu antworten. Bitte!

Ich dachte, es wäre vorgestern im Rahmen der Debatte ganz offensichtlich geworden, dass es sich bei der Oberschule mitnichten um eine Gesamtschule handelt.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das ha- ben wir schon lange gemerkt!)

- Ja, Sie haben das auch kritisiert. Aber jetzt sagen Sie ja, eigentlich sei die Schule doch gleich und deswegen müsse sie gleich behandelt werden.

(Helge Stefan Limburg [GRÜNE]: Zwischen „ähnlich“ und „gleich“ ist ein Unterschied!)

Sie müssen Ihren Gleichheitsbegriff einmal etwas ordnen und sich dann darauf verständigen, in welche Richtung Sie wollen.

Ich glaube, die Oberschule ist mit einer Gesamtschule nicht zu vergleichen. Sie hat - das ist wohl wahr - Teilelemente, was den fünften und gegebenenfalls den sechsten Jahrgang betrifft, obwohl bei gymnasialen Zweigen die Fremdsprache schon im sechsten Jahrgang beginnt. Ab dem siebten Jahrgang ist es eine stark schulzweigspezifisch orientierte Schule. Im neunten und zehnten Jahrgang beginnt bereits die Vorbereitung auf die Oberstufe, insbesondere im zehnten Jahrgang, in der Einführungsphase. Insofern ist die Unterschiedlichkeit recht groß. Es gibt auch Zensuren und Versetzungen, jedoch keine Zwischenberichte. Insofern ist diese Oberschule - das haben wir immer gesagt -

Teil des Regelschulsystems. Sie ist differenzierte Schule.

Es gibt eine politische Entscheidung - das ist der Sachgrund - für den Einstieg in die teilweise Gebundenheit der Ganztagsschule. Nur um diese Frage könnte es bei den Oberschulen gehen. Die Klassenobergrenze von 28 kennen wir schon von der zusammengefassten Haupt- und Realschule. Die sozialpädagogischen Unterstützungsangebote kennen wir von den Hauptschulen und anderen Schulformen zum Teil ebenfalls bereits. Insofern kann ich diese unterstellte Ungleichbehandlung in keiner Weise erkennen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Limburg die nächste Zusatzfrage. Es ist die vierte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal auf die Honorarverträge zurückkommen. Das ist vorhin ja bereits gefragt worden. Vor dem Hintergrund, dass der Landesregierung bereits seit 2007 bekannt war, dass es Bedenken seitens der Rentenversicherung gibt, frage ich die Landesregierung, warum es bis jetzt, bis zum Jahr 2011, dauert, bis Maßnahmen zur Klärung dieser doch sehr gewichtigen rechtlichen Frage unternommen werden.

(Zustimmung von Ina Korter [GRÜNE] - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wann ist diese Praxis eingeführt worden?)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Limburg, ich könnte es mir jetzt einfach machen und auf eine Unterschrift meiner Vorvorgängerin, Frau Jürgens-Pieper, und auf eine Kabinettsvorlage zu befristeten Dienstleistungsverträgen im außerschulischen ganztagsspezifischen Angebot hinweisen.

(Ina Korter [GRÜNE]: Das wäre aber sehr einfach!)

Seitdem existiert im Prinzip die Frage der Dienstleistungsverträge und der Erbringung von Dienstleistungen im Rahmen des Ganztagsschulangebotes. Seit 2002 hat es schon unter der damaligen Landesregierung ausreichend Hinweise gegeben.

Das ist im Schulverwaltungsblatt im Oktober 2004, wenn ich es richtig im Kopf habe, fortgesetzt worden. Alle Schulleitungen wurden noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen, dass, wenn sie Dienstleistungsverträge abschließen, die Dienstleistungsnehmer nicht in einem weisungsgebundenen Arbeitsverhältnis zur Schule stehen dürfen. Das heißt, die Schulleitung durfte ihnen nicht vorschreiben, was wann und wo gemacht werden musste. Vor allen Dingen durften sie damit auch keine Unterrichtstätigkeiten von Lehrern ersetzen.

2007 hat es durch eine Prüfung der Deutschen Rentenversicherung erste Hinweise darauf gegeben, dass es Konstruktionen geben könnte, die vermuten ließen, dass statt eines Dienstleistungsvertrages ein Arbeitsvertrag hätte abgeschlossen werden müssen. Im Rahmen einer Prüfung im Raum Braunschweig - insgesamt sind dort 200 Schulen geprüft worden - sind fünf Stichproben auffällig gewesen. Dort musste eine Nachzahlung von rund 16 000 Euro vorgenommen werden.

Weil es sich tatsächlich, so wie ich es vorher schon dargestellt habe, um ein ausgesprochen schwieriges Konstrukt handelt, haben wir mit der Deutschen Rentenversicherung Land seit 2008 in mehrfachen Schriftwechseln - ich habe sie alle dabei und hatte das dem Ausschuss auch mehrfach vorgetragen - versucht, die Problematik zu erörtern, wann tatsächlich eine Sozialversicherungspflicht entstanden sein könnte. Das geht nur durch das bekannte Statusverfahren.

Ich selbst habe am 17. Dezember 2009 angewiesen, dass ein Vorschlag entwickelt werden muss, damit den Schulen aufgrund der, wenn Sie so wollen, nicht ganz einfachen Problematik, sich nur zwischen einem Dienstleistungsvertrag und einem Kooperationsvertrag entscheiden zu können, die Möglichkeit gegeben wird, einen Arbeitsvertrag abzuschließen. Dies sind - solange wir einen Überhang an pädagogischen Mitarbeitern haben - befristete Arbeitsverträge. Ich gehe davon aus, dass in ein bis zwei Jahren alle Verträge in unbefristete Arbeitsverträge umgewandelt werden können.

Daraufhin ist im Frühjahr 2010 - im Dezember war ich noch Staatssekretär - sowohl in alter Funktion als auch in neuer Funktion mit meiner damaligen Staatssekretärin und in Abstimmung mit der Deutschen Rentenversicherung ein Vorschlag erarbeitet worden, dass die Schulen zukünftig befristete Arbeitsverträge abschließen können. Der Erlass dazu ist im Mai, wenn ich mich richtig erinnere, mit

der Landesschulbehörde abgestimmt und am 3. Juni der Landesschulbehörde zugestellt worden.

Im Juni und August gab es dann einen umfangreichen Schriftwechsel. Die Landesschulbehörde verfasste am 13. August ein Schreiben über angeblich rechtlich unterschiedliche Sichtweisen in der Umsetzung dieser Frage und gab den Hinweis, man werde dieses Problem aufgrund der personellen Situation und der Vielzahl der Verträge zum Schuljahresbeginn 2010 nicht so schnell lösen können. Daraufhin hat Staatssekretär Porwol entschieden, die Gesamtproblematik ein halbes Jahr bis zum 1. Februar 2011 auszusetzen. Aber allen Schulen war seit Juni 2010 per Erlass bekannt, dass sie befristete Arbeitsverträge abschließen konnten.

Von 2009 bis Anfang 2010 hat es ein längeres Verfahren gegeben, in dem die rechtlichen Fragen überhaupt erst geklärt wurden, weil sich auch die Rentenversicherung nach wie vor unsicher ist, wann tatsächlich eine Sozialversicherungspflichtigkeit entsteht. Dies scheint offensichtlich innerhalb der nächsten 14 Tage geklärt zu werden.