Protokoll der Sitzung vom 17.03.2011

Trotz dieser Umstände schaffen es Familien immer wieder - man muss dazu sagen: das sind Ausnahmen; und diese Familie gehört dazu -, einer Berufstätigkeit nachzugehen. Sogar die Frau konnte einer Berufstätigkeit nachgehen und tut das immer noch. Sie ist jetzt in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis, trotz drei kleiner Kinder. Auch hier ist die Familie wegen der Sippenhaft von der Altfallregelung, die wir immer kritisiert haben, quasi ausgeschlossen worden, weil - Frau Zimmermann hat es erwähnt - der Vater straffällig geworden war.

Der andere Punkt ist: Sie wissen, es wurde in dieser Woche im Innenausschuss des Bundestages die Anhörung zur neuen gesetzlichen Bleiberechtsregelung durchgeführt, die eigentlich gerade für Kinder und Jugendliche geschaffen werden sollte. Es sieht aber so aus, dass die Familie auch durch dieses Raster fallen wird. Es droht eben die Abschiebung. Deshalb bitten wir Sie, unserem Petitum, diese Petition der Landesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen, zu folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Polat. - Nun spricht von der CDU-Fraktion zu dieser Petition Frau Kollegin Lorberg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im Grunde genommen ist der Sachverhalt von Frau Zimmermann und Frau Polat hier richtig dargestellt worden. Herr Osmani ist bereits einmal abgeschoben worden. Er ist dann wieder ins Bundesgebiet eingereist, zwei Tage nachdem seine Frau 1999 ins Bundesgebiet kam. Mit der Abschie

bung, die damals vollzogen wurde, hat er sich jeden Weg zurück in die Bundesrepublik versperrt. Wenn er damals freiwillig ausgereist wäre, hätte er heute nicht das Problem, dass er in keiner Weise von einem Bleiberecht begünstigt ist. Er hätte auch nicht das Problem, dass jetzt alle Asylanträge, die er gestellt hat, in der Form abgelehnt worden sind. Er hat sich im Grunde genommen die jetzige Situation mit der damaligen Abschiebung selbst zuzuschreiben.

Die Asylanträge für die gesamte Familie sind abgelehnt worden. Nun muss man natürlich sagen, dass Minderheiten eine Zeit lang nicht in den Kosovo zurückgeführt werden konnten. Dann ist ein drittes Kind geboren worden, und dadurch hat sich die Abschiebung bzw. die Ausreise verzögert. Weitere Anträge folgten.

Die Straffälligkeit, die hier schon erwähnt wurde, ist insoweit ein bisschen heruntergespielt worden, als der Eindruck entstanden ist, das sei nichts Gravierendes. Man muss aber auch sagen, dass er wiederholt straffällig geworden ist und die letzte Sache nicht einmal sechs Jahre zurückliegt. Ich finde, das ist kein so langer Zeitraum, dass man diesen Aspekt völlig außer Acht lassen darf.

Die Kinder sind sicherlich noch relativ klein. Von daher ist es nicht so einfach, die Familie zurückzuführen. Es gibt aber überhaupt keine gesetzliche Grundlage, auf der wir handeln könnten, und es gibt auch keine Grundlage für eine humanitäre Entscheidung. Man muss auch wissen, dass die Familie Bescheinigungen vorgelegt hat, in denen sie einmal als Aschkali und einmal als Minderheitengruppe der Roma bezeichnet worden sind - immer so, wie sie es in dem jeweiligen Zeitraum gebraucht hat. Ich finde, dass auch das nicht redlich ist. Auch diese Punkte müssen hier einmal gesagt werden dürfen.

Die Härtefallkommission hat diesen Fall geprüft und festgestellt, dass kein Grund besteht, die Familie aus humanitären Gründen in der Bundesrepublik zu belassen. Frau Polat, ich meine, dass wir uns nicht immer wieder über die Entscheidung einer Härtefallkommission hinwegsetzen dürfen. Insbesondere Sie wollten die Härtefallkommission, um solche Entscheidungen außerhalb des Parlamentes zu treffen. Nun haben wir die Situation, dass die Härtefallkommission entscheidet. Ich meine, dass wir in diesem Fall nur auf „Sach- und Rechtslage“ entscheiden können und nicht immer versuchen sollten, Entscheidungen der Härtefallkommission durch die Hintertür auszuhebeln. Das

würde dem, was Sie damals ständig gesagt haben, widersprechen. Ich finde, Sie müssen sich hin und wieder auch einmal mit der Sach- und Rechtslage vertraut machen und sie akzeptieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön. - Der nächste Redner zu dieser Eingabe ist Herr Borngräber. Ich erteile ihm das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ausweislich der Landespresse der letzten Woche sind in 2010 durch diese Landesregierung 532 Ausländer aus Niedersachsen abgeschoben worden. Darunter waren auch Abschiebungen nach Serbien und in das Kosovo. Unter denen war wiederum eine Anzahl von Menschen, die beispielsweise ursprünglich gar nicht aus Serbien kommen und dort gar keine Wurzeln haben.

Meine Damen und Herren, das ist aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion miese und menschenverachtende Praxis.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Nun wollen Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, eine Familie mit drei Kindern aus Seelze ebenfalls abschieben. Das lehnen wir ab.

Schon das Härtefallverfahren vor der Kommission ist wegen der dortigen schwarz-gelben Mehrheiten knapp gescheitert; das ist bereits gesagt worden. Dort wurde wohl auch heftig diskutiert. Frau Lorberg, wenn Sie schon aus den Ihnen zwischenzeitlich vorliegenden Unterlagen zitieren, dann zitieren Sie bitte richtig! Das gegen den Ehemann durchgeführte Strafverfahren stammt aus dem Jahr 2001, ist also zehn Jahre her.

(Editha Lorberg [CDU]: Das erste! Und das zweite Strafverfahren?)

Darauf stellen Sie Ihre weitere Begründung ab.

Ich kann Ihnen dazu nur sagen: Sie werden an dieser Stelle nicht weiterkommen! Stellen Sie sich vor, Sie würden in diesem Land leben, sollten in ein anderes Land abgeschoben werden und würden sich dieser staatlich verordneten Abschiebung entziehen wollen! Ich könnte verstehen, wenn Sie das täten. Ich finde es aber unmenschlich, so zu

argumentieren. Das finde ich auch nicht christlich. Deshalb sollten Sie an dieser Stelle das C in Ihrer Parteibezeichnung abgeben.

(Beifall bei der SPD und bei den LIN- KEN - Björn Thümler [CDU]: Das ist ja wohl mies! Wissen Sie, was das für eine Unverschämtheit ist?)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Lorberg?

Nein, Frau Präsidentin, die Kollegin Lorberg kann darauf ja gleich antworten.

Die Familie ist ausweislich der Stellungnahmen des Ministeriums hier integriert. Die Ausländerbehörde hat die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis allerdings am 15. September abgelehnt, und das alles, obwohl zwei der drei Kinder - und die können ja nun wirklich nichts dafür - die Grundschule besuchen. Die gesamte Familie spricht fließend Deutsch. Sowohl der Vater als auch die Mutter sind ausweislich der Stellungnahme des Ministeriums voll erwerbstätig bzw. geringfügig beschäftigt. Das haben die Eltern von nun bald drei schulpflichtigen Kindern - denn das dritte Kind wird demnächst ebenfalls die Schule besuchen - trotz mancher früherer Zustimmungsverweigerung der Bundesagentur für Arbeit zur Aufnahme einer Tätigkeit hinbekommen. Es ist hoch achtbar, dass sie das hinbekommen haben, und war schwer genug.

Diese Familie wollen Sie, meine Damen und Herren von CDU und FDP, nun abschieben. Ich nenne das - noch einmal - unmenschlich, ich nenne das unangemessen und vor allem für die Zukunft unseres stets kinderärmer werdenden Landes eine methodische Fehlentscheidung. Deshalb: Berücksichtigung dieser Petition!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Danke schön. - Zu dieser Petition liegt mir von der Fraktion DIE LINKE eine weitere Wortmeldung vor. Herr Adler, Sie haben 41 Sekunden.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Lorberg, Sie haben eben die

Frage aufgeworfen, ob es eine Rechtsgrundlage für ein Bleiberecht für diese Familie gäbe. Ich will Ihnen sagen, wo diese Rechtsgrundlage liegt. Sie liegt in der Europäischen Konvention für Menschenrechte. Wenn Sie sich die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ansehen, dann stellen Sie fest, dass dieser Gerichtshof von der Verwurzelung spricht. Diesen Begriff müssen Sie sich einmal merken! Damit ist gemeint, dass die Kinder, die hier geboren und aufgewachsen sind, in die hiesigen Verhältnisse verwurzelt sind und es deshalb menschenrechtswidrig ist, sie auf die Weise, wie Sie es offenbar vorhaben, abzuschieben.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Jetzt kommen wir zur nächsten Petition. Frau Kollegin Seeler spricht zur Petition 02003/04/16. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zur Eingabe 2003 des Schulelternrates der IGS Volkmarode.

Die IGS Volkmarode ist im Jahr 2009 als offene Ganztagsschule genehmigt worden und hat inzwischen die Klassen 5 und 6. Die IGS beantragt jetzt die Umwandlung in eine teilweise offene Ganztagsschule einschließlich der damit verbundenen Finanzmittel. Hilfsweise werden als Sofortmaßnahme, ergänzend zu den bereits bewilligten 12,5 Lehrerstunden, zusätzlich weitere 12,5 Lehrerstunden beantragt.

Gerade in den unteren Klassen, in denen die Schülerinnen und Schüler aufgrund des Abiturs - jetzt schon nach Klasse 12 - noch nicht mit 34 oder 35 Unterrichtsstunden pro Woche belastet sind, ist ein zusätzliches sinnvolles Ganztagsangebot notwendig. Wir alle wissen auch, dass sich die Zeiten geändert haben und immer mehr Schulen aus pädagogischen Gründen ein verbindliches Ganztagsangebot unterbreiten wollen.

Diese Petition ist aber nicht vom Lehrerkollegium gestellt worden, sondern vom Schulelternrat. Die Eltern wollen an drei Tagen ein verbindliches Ganztagsangebot, weil sie wollen, dass ihre Kinder optimal gefördert und gefordert werden.

Auf der einen Seite reden wir alle - auch Sie, meine Damen von CDU und FDP - immer von der Notwendigkeit einer optimalen Förderung der Kin

der, auf der anderen Seite werden hier nicht die Mittel zur Verfügung gestellt. Dann werden die Schulformen auch noch unterschiedlich behandelt. Die von Ihnen favorisierten Oberschulen werden besser ausgestattet als die neuen IGSen. Dabei gilt in Niedersachsen doch immer noch der freie Elternwille.

So geht es eben nicht. Wir fordern deshalb, dass zu dieser Petition „Berücksichtigung“ beschlossen wird.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Herzlichen Dank. - Zu dieser Petition spricht von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Korter. Bitte schön!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich spreche ebenfalls zur Petition des Schulelternrats der IGS Volkmarode. Wie gesagt, Petent ist der Schulelternrat dieser seit 2009 neu aufwachsenden Integrierten Gesamtschule.

Der Elternrat begehrt mit der Petition die Umwandlung der Integrierten Gesamtschule Volkmarode, einer offenen Ganztagsschule, in eine teilweise offene Ganztagsschule mit an einigen Tagen verbindlich eingerichteten Ganztagsangeboten und mit an anderen Tagen offenem Ganztagsangebot und die dafür nötigen Finanzmittel und Stundenzuweisungen des Landes. Dies war bereits im Dezember 2009 beantragt worden. Der Antrag wurde abgelehnt.

Die Eltern fordern mit dieser Petition die Gleichbehandlung der Integrierten Gesamtschule Volkmarode mit den neuen Oberschulen, die ja Ganztagsmittel für den gebundenen Betrieb auf Wunsch erhalten sollen. Auch die sozialpädagogische Ausstattung soll nach Auffassung des Schulelternrats wie bei den Oberschulen vom Land bereitgestellt werden.

Meine Damen und Herren, das Kultusministerium macht es sich einfach: Es verweist darauf, aus Rechtsgründen könne dem Anliegen nicht entsprochen werden.

(Jens Nacke [CDU]: Das ist gar nicht so einfach!)

- Ja, meine Damen und Herren, deshalb wenden sich die Eltern ja an den Landtag, damit diese