Meine Damen und Herren, uns allen war bei der Beratung dieses Gesetzes bewusst, was die Vollstreckung in das Vermögen für den Einzelnen bedeutet. Das sind persönliche Härten. Viele der davon Betroffenen sind unverschuldet in diese Lage gekommen. Von daher galt es, ein besonderes Augenmerk auf diese Besonderheiten zu legen und ihnen auch Rechnung zu tragen.
Erstens. Die Vollstreckungspraxis hat gezeigt, dass Schuldner Forderungen nicht auf einmal begleichen können. Das hatte bislang zur Folge, dass sofort in das Vermögen vollstreckt werden musste. Dies ist jetzt nicht mehr zwingend der Fall. Die Vollstreckungsbehörden haben nun die Möglichkeit, eine gütliche Einigung herbeizuführen, indem eine Zahlungsfrist eingeräumt oder ein Zahlungsplan vereinbart wird. Dieser Aufschub, der bis zu zwölf Monaten gewährt werden kann, führt zur
einstweiligen Einstellung des Vollstreckungsverfahrens. Dies dient nicht nur dem Schuldner, sondern auch dem Gläubiger, da er ein Interesse daran hat, sein Geld tatsächlich zu bekommen. Der Gläubiger kann aber auch jederzeit diesem Vorgehen widersprechen, was dazu führt, dass wieder in das Vermögen vollstreckt wird, sodass seine Rechte nicht beeinflusst sind.
Zweitens ist die Internetversteigerung eingeführt worden; denn es liegt im Interesse der Schuldner, dass die gepfändeten Wertgegenstände zu einem möglichst hohen Erlös verwertet werden. Von daher ist es richtig, sich auch der modernen Form des Internets zu bedienen. Die Internetversteigerung soll in Zukunft der Regelfall werden, weiterhin wird es aber daneben die Präsenzversteigerung geben.
Wir werden drittens die Gläubiger auch dadurch schützen, dass jetzt Daten, die aus einem Steuerverfahren gemäß § 30 der Abgabenverordnung bekanntgeworden sind, verwendet werden können. Dies führt zu der Feststellung, ob Vollstreckungen überhaupt sinnvoll und lohnend sind.
Viertens wird es eine Vereinfachung des Verfahrens für die Vollstreckungsbehörden geben. Die eidesstattliche Versicherung kann in Zukunft von der Vollstreckungsbehörde selber abgenommen werden. Dies war bisher nur durch Amtsgerichte bzw. Gerichtsvollzieher möglich. Auch wird die Verpflichtung zur eidesstattlichen Versicherung in Zukunft auch dann zwingend sein, wenn der Vollstreckungsschuldner die Durchsuchung verweigert oder wenn der Vollstreckungsschuldner in seiner Wohnung nicht angetroffen wird, nachdem ihm die Vollstreckung mindestens zwei Wochen vorher angekündigt wurde. Dies bedeutet - das haben uns einige Landkreise mitgeteilt - enorme Arbeitserleichterungen für die Vollstreckungsbehörden. Von daher ist dies eindeutig zu begrüßen.
Meine Damen und Herren, bis zu diesem Punkt konnte großes Einvernehmen im Ausschuss erzielt werden. Nach meiner Kenntnis gibt es nur einen Punkt, der in der Gesetzesberatung strittig war. Das ist § 79 des Niedersächsischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes. Darin geht es um das sogenannte Selbsttitulierungsrecht, das drei Kreditinstituten gewährt wird, die - das gebe ich zu - mir zuvor nicht bekannt waren. Das sind der Calenberger Kreditverein, das Ritterschaftliche Kreditinstitut des Fürstentums Lüneburg und das Ritterschaftliche Kreditinstitut Stade. Aufgrund dieser Vorschrift können sie bei Grundstücksgeschäften
auf die sogenannte Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung in ihren Verträgen verzichten. Da diese notariell beurkundet werden müssten, sparen die Darlehensnehmer - hier die Gläubiger - finanziellen und organisatorischen Aufwand. Je nach Darlehenssumme sind dabei schnell einmal vierstellige Beträge zusammengekommen.
Begünstigt werden real nur zwei dieser Institute, da das Ritterschaftliche Kreditinstitut des Fürstentums Lüneburg keine Kreditgeschäfte mehr tätigt. Die beiden anderen Kreditinstitute sind im Wesentlichen im landwirtschaftlichen Bereich tätig.
Bedeutung hat das Ganze in der politischen Diskussion nur dadurch bekommen, dass es vergleichbare gesetzliche Regelungen z. B. im Oldenburger Sparkassengesetz gibt. Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat hierin einen Verstoß gegen Artikel 3 GG gesehen, weil anderen Banken dieses Recht nicht zusteht. Die Sparkassen hatten dieses Recht bis 1961 und haben es mittlerweile nicht mehr.
Das hat auch in den mitberatenden Ausschüssen, im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und im Haushaltsausschuss, zu umfangreichen Diskussionen geführt. Die Landesregierung hat deutlich gemacht, dass sie weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken hegt.
Der Rechtsausschuss hat in seiner Mitberatung die rechtlichen Bedenken, die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst vorgetragen wurden, geteilt, ist allerdings zu der Auffassung gelangt, dass eine Änderung im Rahmen dieser Gesetzesinitiative nicht auch deshalb nicht erfolgen soll, weil es einen Vorlagebeschluss des Landgerichts Oldenburg vom 18. Februar dieses Jahres gibt, mit dem dieses Gericht diese Frage, allerdings bezogen auf das Oldenburger Sparkassenrecht, dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt hat. Wenn die Entscheidung hierüber vorliegt, kann sich daraus die Not ergeben, etwas zu ändern, aber selbst der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hat darauf hingewiesen, dass das nicht zwingend der Fall sein muss, sodass die Regierungskoalition im Ergebnis der Auffassung war, § 79 nicht zu ändern.
Spannend wird sein, wie sich die SPD äußert, weil sie sich in den Ausschüssen zu dem Thema unterschiedlich eingelassen hat.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, ich konnte in dieser kurzen Zeit deutlich machen, dass die Ziele, die mit diesem Gesetzentwurf verbunden sind, also die Vereinfachung und Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens, erreicht wurden. Das ist gut für die Schuldner, Gläubiger und Vollstreckungsbehörden. Von daher kann man dem Gesetzentwurf mit gutem Gewissen zustimmen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich will noch einmal wiederholen, dass die Landesregierung mit dem Gesetzentwurf versucht hat, eine Vereinfachung und Beschleunigung des Vollstreckungsverfahrens zu erzielen. Das hat die Vertreterin der Landesregierung in der öffentlichen Erörterung auch gesagt. Ziel war es, sowohl für die Vollstreckungsschuldnerinnen und -schuldner als auch für die Gläubiger und für die Vollstreckungsbehörden Vereinfachungen zu schaffen, das Verfahren zu beschleunigen und auch neue technische Entwicklungen mit einzubeziehen.
Der Gesetzentwurf ist direkt in den Ausschuss überwiesen worden. Der Fachausschuss, der Innenausschuss, hat im Rahmen einer schriftlichen Anhörung die kommunalen Spitzenverbände um eine Stellungnahme gebeten.
Zunächst schien es, als hätten die Fraktionen im Laufe der Beratungen eine große Einigkeit erzielt. Wir haben zunächst gedacht, dieses Gesetz würde keinen besonderen politischen Zündstoff enthalten, weil es sich überwiegend um Gesetzesanpassungen handelte.
Im Zuge der Beratungen wurde aber deutlich, dass aus Sicht der SPD-Landtagsfraktion einige gravierende Bedenken gegen einzelne Regelungen des Gesetzentwurfs bestanden. Aus diesem Grund haben wir den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und den Ausschuss für Haushalt und
Finanzen in mehreren Punkten um ihre Stellungnahmen gebeten. Einige dieser Punkte konnten im Zuge der Beratungen einvernehmlich geklärt und geändert werden. Darüber haben wir uns aufgrund unseres Engagements gerade im Rechtsausschuss auch sehr gefreut.
§ 9 regelt die Durchsuchung von Wohnungen. Neu ist, dass § 9 Abs. 1 des Entwurfs den Eindruck vermittelt, dass es allein für das Betreten der Wohnung einer richterlichen Anordnung nicht bedarf. Diese Abweichung von der Zivilprozessordnung hat gerade bei unseren Vertretern im Rechtsausschuss Bedenken hervorgerufen. In den Ausschussberatungen gab es verfassungsrechtliche Bedenken, weil die Unverletzlichkeit der Wohnung gemäß Artikel 13 GG tangiert ist. In den §§ 24 und 25 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung ist das entsprechend geregelt. Anders als polizeiliche Maßnahmen nach den SOGBestimmungen unterliegt die Vollstreckung in aller Regel Durchsuchungszwecken, weil die Suche nach verwertbaren Gegenständen der Zweck der Vollstreckung ist.
Wir hatten die Frage aufgeworfen, ob diese Regelung auch auf die Durchsuchung nach dem Verwaltungsvollstreckungsgesetz anwendbar ist. Unseren Bedenken wurde Rechnung getragen. Der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen hat letztlich empfohlen, die Dringlichkeitsschwelle eng zu fassen und den Wortlaut des Artikels 13 Abs. 2 des Grundgesetzes - Gefahr im Verzuge - im Gesetz zu verwenden. Darüber sind wir sehr froh, meine Damen und Herren.
Der nächste strittige Punkt war für uns der § 12. Hier wird die Vollstreckung zur Nachtzeit sowie an Sonn- und Feiertagen geregelt. In der Entwurfsfassung der Landesregierung war vorgesehen, auf den bisher nach der Zivilprozessordnung notwendigen Richtervorbehalt für Vollstreckungshandlungen zu dieser Zeit und an diesen Tagen zu verzichten. Wir, die SPD-Mitglieder, haben hingegen im Hinblick auf den Eingriff in die Unverletzbarkeit der Wohnung nach Artikel 13 verfassungsrechtliche Bedenken zum Ausdruck gebracht.
Meine Damen und Herren, die Landesregierung führte gegen diese Bedenken bei den Beratungen im Innenausschuss und im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen aus, dass der Vollstreckung grundsätzlich gemäß § 9 des Verwaltungs
Unsere Vertreterinnen und Vertreter haben während der Beratung gegen diese Argumentation wiederholt die Einwendung erhoben, dass nicht in allen Fällen des § 9 der Vollstreckung ein Gerichtsbeschluss zugrunde liegen würde.
Auch die Argumentation der Landesregierung, die darauf verwiesen hatte, dass in bestimmten Fällen eine Vollstreckung nur zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen möglich sei und eine richterliche Anordnung dann nicht schnell genug eingeholt werden könne, haben wir nicht geteilt. Aus der Sicht der SPD-Fraktion gab es sowohl im Innenausschuss als auch im Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen gegen diesen Paragrafen Bedenken. In der Schlussberatung im Innenausschuss wurde empfohlen, § 12 Satz 2 dahin gehend zu ändern, dass die Vollstreckung zur Nachtzeit und an Sonn- und Feiertagen nur mit einer besonderen richterlichen Anordnung vorgenommen werden kann. Da haben wir uns mit unseren Argumenten wieder durchgesetzt.
Meine Damen und Herren, der letzte strittige Punkt in den Beratungen betraf § 79. Vorschlag war, den Paragrafen durch eine großzügige Übergangsvorschrift zu ersetzen, weil die Befugnis, abweichend von der Zivilprozessordnung Vollstreckungstitel selbst erlassen zu dürfen, nicht mehr zu rechtfertigen sei. Aus unserer Sicht war diese Regelung der Selbsttitulierung ein Relikt aus der Vergangenheit, das längst überholt ist. Im Grunde genommen trifft es auch nur einzelne, wenige Sparkassen. Meine Kollegin Renate Geuter, unsere finanzpolitische Sprecherin, hat in diesem Zusammenhang eine mündliche Anfrage gestellt. Wir haben diesen Punkt im Rechtsausschuss eingehend beraten. Unser rechtspolitischer Sprecher, Hans-Dieter Haase, hat seine Bedenken ebenfalls zum Ausdruck gebracht.
Trotz der Kritik haben die Vertreter von CDU und FDP dem Gesetzentwurf so zugestimmt. Wir haben uns im federführenden Ausschuss der Stimme enthalten und dann noch einmal mit unseren Fachpolitikern geredet.
Nach aller Abwägung ist das Fazit der SPDLandtagsfraktion, dass wir entgegen unserer Beschlussempfehlung im Fachausschuss und trotz unserer Bedenken zu § 79, die wir aufrechterhalten, dem Gesetzentwurf unsere Zustimmung erteilen werden, weil wir unsere Position im Großen
Herzlichen Dank, Frau Kollegin Leuschner! - Für die Fraktion DIE LINKE spricht Herr Kollege Adler. Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Gesetzentwurf enthält viele gesetzestechnische Regelungen. Ich will deshalb nur auf zwei politisch bedeutsame Gesichtspunkte eingehen.
Ein Giftzahn - anders kann ich es nicht bezeichnen - des ursprünglichen Gesetzentwurfs ist im Laufe der Beratung gezogen worden, und zwar dank der Mithilfe des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes. Denn ursprünglich war tatsächlich vorgesehen, dass eine Wohnung ohne richterlichen Beschluss zur Durchführung der Zwangsvollstreckung betreten werden kann. Während es nach dem Grundgesetz allgemein für die Durchsuchung gilt, sollte das schon im Vorfeld ohne richterlichen Beschluss durch das Betreten möglich sein. Das stimmt mit Artikel 13 des Grundgesetzes überhaupt nicht überein. Das haben sowohl die Oppositionsfraktionen als auch der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst angemerkt. Die Regierungsmehrheit hat daraufhin diesen Punkt zurückgezogen. Das ist ein wichtiges Ergebnis der Beratung. Vielen Dank an den Gesetzgebungs- und Beratungsdienst!
Der zweite Punkt, auf den ich eingehen möchte, ist ebenfalls verfassungsrechtlich bedeutsam. Es geht um das in § 79 angesprochene Recht einzelner Kreditinstitute, u. a. des Ritterschaftlichen Kreditinstitutes, aber auch der Landessparkasse zu Oldenburg nach oldenburgischem Recht, sich selbst Titel auszustellen. Das stellt natürlich eine Ungleichbehandlung dar, übrigens nicht nur gegenüber den Banken - das hätten wir vielleicht noch toleriert, weil Sparkassen etwas anderes sind als Banken -, sondern auch gegenüber anderen Sparkassen.
Gegenüber allen Sparkassen muss das Recht gleich sein. Deswegen hätten wir an dieser Stelle das längst Überfällige machen und dieses Sonderrecht aus der Rechtsordnung herausnehmen müssen. Natürlich wäre das nur mit einer Übergangsregelung möglich gewesen. Für die Fälle, wo in Grundstückskaufverträgen im Hinblick auf dieses Selbsttitulierungsrecht entsprechende Zwangsvollstreckungsunterwerfungserklärungen unterblieben sind, hätte man eine Übergangsregelung schaffen müssen, damit die Landessparkasse, um die es im Wesentlichen geht, nicht gegenüber anderen Kreditinstituten benachteiligt ist. Diese Übergangsregelung hätten wir hinbekommen. Dann hätten wir wirklich eine Gleichheit hergestellt.
Da das nicht gelungen ist, werden wir den Gesetzentwurf ablehnen. Wir hatten in dieser Frage im Rechtsausschuss eigentlich eine Mehrheit der Oppositionsfraktionen. Aber da die SPD-Fraktion nicht vollständig angetreten war, kam das in der Abstimmung leider nicht zum Tragen.