Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Aktuelle Stunde kreist ja um die Ministerpräsidentenkonferenz, die am 6. April 2011 in Berlin stattgefunden hat. In der Tat: Nach einer langen und sehr kontroversen Diskussion konnte mit den jetzt beschlossenen Eckpunkten endlich ein Kompromiss unter den Ländern gefunden werden.
Ich mache aus meiner Meinung keinen Hehl. Es war ein langer und mit vielen Mühen verbundener Abstimmungsprozess, der zu den jetzt vorliegenden Eckpunkten geführt hat: Mehrere Ministerpräsidentenkonferenzen, mehrere Konferenzen der Chefs der Staatskanzleien, diverse Arbeitsgruppen haben getagt.
Ich möchte, wie gerade auch der Kollege Hilbers, betonen, dass sich alle sechzehn Länder in acht der neun beschlossenen Eckpunkte einig waren. In der Tat hat sich Schleswig-Holstein nur in einem einzigen Punkt, nämlich der Anzahl der vorgesehenen Konzessionen, der Stimme enthalten, weil es dort schlicht und ergreifend eine andere Beschlusslage gab, von der Ministerpräsident Carstensen nicht abweichen konnte und nicht abweichen wollte.
Meine Damen und Herren, ich betone es: Es ist ein Kompromiss, dem alle mit mehr oder weniger großer Freude zugestimmt haben. Aber, Herr Kollege Jüttner, Sie haben heute hier mit deutlicher Kritik und mit scharfen Worten auf den Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz reagiert.
Dann bitte ich Sie allerdings auch zu berücksichtigen, dass Frau Kraft, Herr Platzeck, Herr Beck, Herr Scholz, Herr Böhrnsen, Herr Sellering und Herr Wowereit dem auch zugestimmt haben.
Herr Kollege Briese, wenn das alles so abwegig war, was wir beschlossen haben: Warum haben dann die Ministerpräsidenten von NordrheinWestfalen, Bremen und dem Saarland, den drei Ländern, in denen momentan die Grünen Regierungsverantwortung tragen, dem ebenfalls zugestimmt?
- Ich sage Ihnen einmal eines, Herr Kollege. Ein ordentlicher Ministerpräsident stimmt sein Abstimmungsverhalten im Rahmen einer Ministerpräsidentenkonferenz immer mit dem Koalitionspartner ab. Wenn das bei von den Grünen mitgetragenen Landesregierungen nicht der Fall ist, dann ist das Ihr Problem, nicht unser Problem in Niedersachsen.
Herr Kollege Adler, wenn das alles so verwerflich war, was wir dort beschlossen haben: Warum haben dann auch die Landesregierungen von Berlin und Brandenburg, wo die Linken Regierungsverantwortung wahrnehmen, dem zugestimmt?
Kurzum: Was wäre bei aller Kritik - da können weder der Kollege Jüttner noch der Kollege Briese eine Antwort geben - die Alternative gewesen? - Die Alternative wäre ein endgültiges Scheitern bei
Das ist keine Alternative, meine Damen und Herren. Wir waren dazu gezwungen, wir waren dazu verpflichtet, uns unter Zurückstellung eigener Positionen endlich auf eine gemeinsame Linie der Bundesländer zu verständigen.
Erstens. Das Lotteriemonopol bleibt erhalten. Das ist wichtig und war von Anfang an Konsens unter allen Ländern. Die Ziele des Staatsvertrages, wie z. B. Betrugsbekämpfung, Bekämpfung der Glücksspielsucht, Jugend- und Spielerschutz, stehen in Zukunft gleichrangig nebeneinander. Den unterschiedlichen Gefährdungslagen der verschiedenen Arten des Glücksspiels wird mit differenzierten Maßnahmen Rechnung getragen. Damit haben wir - hoffentlich - eine rechtlich belastbare Begründung des Lotteriemonopols gefunden.
Zweitens. Über eine Experimentierklausel werden in Deutschland insgesamt sieben Konzessionen für die Anbieter von Sportwetten vergeben. Dieses Experiment wiederum wird sieben Jahre laufen und nach fünf Jahren evaluiert werden. Mit der Begrenzung auf sieben Konzessionen wird ein überschaubares Feld geschaffen.
Zur Wahrheit gehört auch: Es war ein Vorschlag der A-Seite, der SPD-Ministerpräsidenten, drei Konzessionen zu vergeben. Innerhalb der B-Ministerpräsidenten gab es unterschiedliche Auffassungen, die von 5 bis 10, bis 15 reichten. Ein Land, bekanntlich Schleswig-Holstein, hält eine Begrenzung ohnehin nicht für sinnvoll. Insofern haben wir uns hierbei im Rahmen eines gerechten und vertretbaren Kompromisses zwischen A- und B-Seite auf die Zahl 7 verständigt.
Drittens. Die Konzessionsvergabe wird mit einer einmaligen Gebühr belastet werden. Es wird eine jährliche Konzessionsabgabe erhoben, die für inländische wie ausländische Anbieter 16 ⅔ Prozent vom Spieleinsatz beträgt. Das bedeutet also Gleichbehandlung. Alle weiteren Beschlüsse des Eckpunktepapiers sind dem Hause bekannt; ich möchte sie nicht wiederholen.
Wie geht es jetzt weiter? Die beschlossenen Eckpunkte werden in den bereits vorliegenden Entwurf des Glücksspielstaatsvertrages eingearbeitet. Da
bei gibt es in einer ergänzenden Anhörung selbstverständlich wiederum für alle Beteiligte Gelegenheit zu einer Stellungnahme. Dann erfolgen die Notifizierung bei der EU und etwa notwendige Vorunterrichtungen der Landtage. Danach erfolgt die Unterzeichnung des Staatsvertrages - voraussichtlich in einem Umlaufverfahren - durch die Regierungschefs der Länder. Selbstverständlich erfolgen, wie es die Verfassung vorsieht, eine entsprechende Beratung und Beschlussfassung in den Landesparlamenten.
Meine Damen und Herren, ich fasse die Position der Landesregierung zusammen: Mit den jetzt beschlossenen Eckpunkten haben die Ministerpräsidenten nach langen Diskussionen Handlungsfähigkeit bewiesen. Es ist ein mehrheitsfähiges Modell gefunden worden, das mehr Sicherheit für das Lotteriemonopol hergibt, zumindest mehr Sicherheit als die derzeit in Deutschland gültige Regelung des Glücksspiels.
Herzlichen Dank. - Mir liegt eine weitere Wortmeldung nach § 71 Abs. 3 vor. Ich möchte daran erinnern, dass wir vereinbart haben, die Redezeit dann, wenn die Redezeiten nicht erheblich überschritten sind, nicht noch zu erweitern, sondern die fünf Minuten möglichst einzuhalten. So war die Vereinbarung im Ältestenrat und im Präsidium.
(Hans-Henning Adler [LINKE] - über- reicht dem Präsidium eine Wortmel- dung -: Dann machen wir es so!)
- Bevor ich den Tagesordnungspunkt e aufrufe, hat sich von der Fraktion DIE LINKE Herr Kollege Adler zu einer persönlichen Bemerkung nach § 76 unserer Geschäftsordnung gemeldet. Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, Sie haben mich falsch zitiert. Ich habe nicht das kritisiert, was die Ministerpräsidenten vereinbart haben. Deshalb war Ihr Hinweis auf die Regierungsbeteiligung meiner Partei in anderen Bundesländern daneben. Ich habe vielmehr kritisiert, dass in diese Vereinbarung, die Richtung Konzessionsmodell geht, die
Bundeskanzlerin nicht mit einbezogen wird. Wir haben das Problem, dass das Glücksspiel auf Landesebene reguliert wird, während das Automatenspiel durch die Gewerbeordnung auf Bundesebene reguliert wird. Das muss einheitlich erfolgen. Darauf bezog sich meine Kritik.
Danke schön. Die persönliche Bemerkung ist so weit in Ordnung. - Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident McAllister das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Adler, vielen Dank. Ich habe Ihre Wortmeldung mit Freude vernommen. Vielen Dank auch für Ihr Lob für die Arbeit der Landesregierung und des Ministerpräsidenten. Es wäre schön, wenn Sie die nächsten zwei Tage nutzten, um auch die Kollegen Jüttner und Briese von der Richtigkeit unseres Tuns zu überzeugen.
(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Da kam wieder der Fraktionsvorsitzende in ihm durch!)
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die schwarz-gelbe Koalition in Berlin hat vor einer Woche entschieden, dass kinderpornografische Seiten im Internet nicht mehr gesperrt, sondern gelöscht werden sollen. Heute ist die Vorlage im Bundeskabinett. Damit wird ein Gesetz endgültig gekippt, das noch von der schwarz-roten Vorgängerkoalition beschlossen worden war und das das Sperren entsprechender Seiten im Internet vorsah. Dieses Gesetz sollte Anfang 2010 in Kraft treten. Ich will jetzt nicht auf die Gründe eingehen, aus denen dieses Gesetz ein unüberlegter, ineffizienter Schnellschuss war.
Seiten im Internet zu sperren, das empfanden viele Internetnutzer, aber auch Bürgerrechtler als Einstieg in eine Internetzensur, die leicht auf harmlosere Tatbestände als Kinderpornografie ausgedehnt werden könnte. Wehret den Anfängen, hieß es, und das offensichtlich nicht ohne Grund. Denn: Gerade eben haben wir über den Glücksspielstaatsvertrag diskutiert. Da wollen einige schon dann den großen Seitensperrhammer schwingen, wenn jemand ohne Lizenz Sportwetten im Internet anbietet. Löschen statt sperren! Also beschlossen FDP und CDU/CSU in Berlin in ihrem Koalitionsvertrag 2009, das Gesetz zunächst nicht anzuwenden und stattdessen für ein Jahr das Löschen der Pornoseiten zu erproben. Und, siehe da, das angeblich untaugliche Mittel, das Löschen von Pornoseiten im Netz, funktioniert. Laut Aussagen des Bundeskriminalamtes sind 93 % der Seiten zwei Wochen nach ihrer Entdeckung gelöscht, nach vier Wochen sogar 99 %. An dieser Stelle gebührt ein ausdrücklicher Dank dem BKA für seine sorgfältige Arbeit.
Wenn man bedenkt, dass einige dieser Schmuddelseiten aus Ländern stammen, bei denen die Bemühungen des BKA - sagen wir mal so - nicht immer von Erfolg gekrönt sind, dann sind die Löschquoten sensationell gut.
Daraus hat die Berliner Koalition auf Drängen der FDP jetzt die richtigen Schlüsse gezogen. Wir gratulieren unseren Schwesterfraktionen in Berlin
zu ihrer Lernfähigkeit, ihrer Handlungsfähigkeit und ihrer Geschlossenheit. Für uns in Hannover sind diese Tugenden selbstverständlich.