Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

Aber, meine Damen und Herren, ich glaube, Herr Biallas hat mit seinen heutigen Worten gezeigt, dass in einem Parlament, in einer parlamentarischen Demokratie so etwas dazugehört, aber eben auch das, was er sonst gelebt hat. Ich bin ziemlich sicher: Die parlamentarische Demokratie lebt vom Streit und manchmal auch von Polemik. Herr Biallas ist jemand, der das sehr deutlich ausgedrückt hat.

Deshalb darf ich Ihnen im Namen des ganzen Hauses für Ihre Arbeit hier danken. Wir - unabhängig, ob Opposition oder nicht - wünschen Ihnen in Ihrem neuen Amt alles Gute und Gottes Segen - und machen Sie etwas aus Ihrem neuen Amt! Viel Glück!

(Starker, anhaltender Beifall)

Meine Damen und Herren, der nächste Redner ist Herr Kollege Krogmann für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt ist es natürlich nicht einfach, den Spannungsbogen wieder aufzunehmen. Zunächst einmal kann ich zur Dramaturgie ein bisschen gratulieren. Als innen- und hafenpolitischer Kollege möchte ich Hans-Christian Biallas von Herzen alles

Gute wünschen, mich bei ihm für viele Auseinandersetzungen bedanken, die sehr kritisch und strittig waren, die dann oft aber auch in kollegiale und lockere Gespräche am Rande mündeten. Auch wir als SPD wünschen dir alles Gute und im Interesse des Landes viel Erfolg in der neuen Funktion!

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es ist schon gesagt worden: In den niedersächsischen und bremischen Häfen arbeiten weit über 100 000 Menschen. Die Seeverkehrsprognosen des Bundes gehen davon aus, dass sich der Güterumschlag bis 2025 verdoppeln wird. Die maritime Wirtschaft ist eine Boombranche, und wir als SPD haben dem durch zahlreiche parlamentarische Initiativen Nachdruck verliehen. Wenn Sie als Regierungsfraktionen jetzt auch diesem Vorbild folgen, dann ist das zunächst einmal ausdrücklich zu begrüßen.

Nun verrate ich kein Geheimnis, wenn ich sage, dass die SPD-Fraktion an dieser Regierung vieles kritisch sieht, auch an der Hafenpolitik. Wenn Sie dort jetzt dringenden Beratungsbedarf sehen, Frau König, um das ins Parlament zu holen, dann sind wir gerne dabei. Nichts was wir lieber täten - vor allen Dingen dann, wenn Sie Ihrer Regierung solche Sätze ins Stammbuch schreiben:

„Der Landtag bittet daher die Landesregierung, 1. die maritime Wirtschaft als Schlüsselbranche … zu verorten und ihr die entsprechende Priorität einzuräumen.“

Da habe ich mich gefragt: Hoppla, tut sie das bislang noch nicht? - Herr Bode, Herr McAllister, ich habe den Eindruck, dass da Unzufriedenheit besteht. Diese Formulierung unterstützen wir voll und ganz.

(Beifall bei der SPD)

Es gibt aber eine Reihe von Punkten, anhand deren man Ihnen vorhalten muss, dass Ihr Antrag nicht hinreichend ist.

Erstens. Die Hafenhinterlandanbindung ist schon angesprochen worden. Dabei kommen Sie nur zu sehr blumigen Formulierungen. Wir haben dazu einen Antrag gestellt; Herr Kollege Lies wird später dazu sprechen. Darin fordern wir konkrete Termine und Schritte vom Bund. Wenn Sie schon im letzten Jahr dazu mit uns gestimmt hätten, dann hätten wir schon vor einem Jahr ein sehr kräftiges Signal

nach Berlin senden können und nicht bis heute warten müssen.

Zweitens. Die drohende Reform der Wasserstraßeninvestitionspolitik des Bundes taucht bei Ihnen nur am Rande auf. Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist. Bei uns in den Wahlkreisbüros häufen sich die Schreiben - sie türmen sich geradezu - von den Kommunen, von den Hafenbetrieben, aber auch von der IHK und von den Binnenschiffern. Aktuell liegt ein Papier zum Küstenkanal vor, das auch Sie sicherlich gesehen haben. Bis jetzt kann ich bei der schwarz-gelben Regierung in Berlin noch kein Umdenken in dieser Frage erkennen. Deshalb meine ich, dass Sie mit Ihren pflaumenweichen Formulierungen dort keinen Widerhall finden werden. Unser Vorschlag: Folgen Sie unserem Antrag, der in der Beratung ist! Wir haben ganz klar gesagt, was von der Wasserstraßenreform zu halten ist. Diese Pläne des Bundes sind aus niedersächsischer Perspektive abzulehnen. Punktum. Das kann man auch im Klartext so schreiben.

(Beifall bei der SPD)

Drittens fordern Sie ein Innovationsprogramm für unsere Werften. Das ist richtig. Auch das haben wir schon einmal vor zwei Jahren gefordert. Aber inzwischen ist beispielsweise das erste OffshoreErrichterschiff in Klaipeda in Litauen gebaut worden. Die Landesregierung hat nach unserer Erkenntnis bislang überhaupt nichts unternommen, um unsere Werften in diesem wichtigen Segment nach vorne zu bringen.

(Björn Thümler [CDU]: Das machen die Werften selbst!)

Viertens. Niedersachsens Häfen brauchen Planungs- und Investitionssicherheit. Ich erinnere nur an die Pläne der Europäischen Kommission zum Port Package III. Auch Herr Thümler hat sich dazu schon einmal kritisch geäußert. Auch dies muss ganz deutlich in dieses Papier aufgenommen werden, dass wir diese Pläne im Hinblick auf die niedersächsischen Hafenbetreiber ablehnen, weil sie soziale Standards verringern und die Investitionssicherheit gefährden.

(Beifall bei der SPD)

Fünftens. Im Bereich der maritimen Forschung wäre ein klares Konzept dringend erforderlich. Das haben Sie geschrieben; da haben Sie recht. Aber ich frage mich: Hat Frau Wanka eigentlich schon wahrgenommen, dass Niedersachsen ein Küstenland ist? Wie geht es beispielsweise mit dem maritimen Forschungszentrum in Elsfleth weiter? Das

ist eine sehr kritische Diskussion. Was passiert in Leer? Gibt es Möglichkeiten, sich besser mit Bremen zu vernetzen? Dazu haben wir auch aus dem Wissenschaftsministerium noch nichts gehört - zumindest ich nicht. Wenn doch, dann müssten Sie das hier korrigieren.

(Björn Thümler [CDU]: Das tun wir doch alles!)

Sechstens stellt sich die Frage, wie es mit den Investitionen weitergeht. Sie haben in der mittelfristigen Finanzplanung die Mittel für die Häfen erheblich gekürzt. Dann fragt man sich schon, wie Sie die Zukunftschancen nutzen wollen, die die Hafenentwicklung bietet, wenn Sie die Mittel in diesem Maße kürzen.

Siebtens. Wie sieht es im Offshorebereich aus? - Dabei geht es nicht nur darum, wo Offshoreanlagen produziert und verladen werden, sondern die Frage der Wartung und der Versorgung wird immer wichtiger. Können kleinere Häfen ertüchtigt werden, um Assistenzhäfen für Offshoreanlagen zu sein? Auch dazu habe ich noch kein Konzept der Landesregierung gesehen. Vermutlich - ich muss das befürchten - gibt es gar keines.

(Zustimmung bei der SPD - Ulf Thiele [CDU]: Da irren Sie!)

Apropos Gesamtkonzept: Wann legen Sie endlich die Fortschreibung des Hafenentwicklungskonzeptes vor, auf die wir im Unterausschuss „Häfen und Schifffahrt“ schon seit Jahren warten? Auch das haben wir nicht bekommen. Wir hören immer nur, dass Sie mit den Häfen in Gesprächen sind und Abfragen durchführen. Aber welche Antworten Sie aus diesen Fragen generieren, ist für uns im Moment völlig schleierhaft.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, der Antrag von CDU und FDP wirft eine lange Reihe von Fragen auf und bietet relativ wenig konkrete Antworten. Die Überschriften stimmen zum Teil; das will ich Ihnen zugestehen. Es fehlt aber an Lösungsansätzen.

Ihre Forderung an den Bund kann und muss man wesentlich schärfer formulieren. Unser Bundesverkehrsminister Ramsauer ist mir bislang noch nicht als maritimer Experte aufgefallen. Was der niedersächsische Staatssekretär Ferlemann im Bundesverkehrsministerium für sein Heimatland unternimmt, ist bislang auch noch sein Geheimnis geblieben.

(Beifall bei der SPD)

Das soll uns aber nicht davon abhalten, dieses wichtige Thema in den Ausschüssen erneut zu beraten.

(Zuruf: Unerhört!)

- Nein, das ist so. Ich habe nichts gesehen. Vielleicht wissen Sie mehr.

Wenn Sie von CDU und FDP als Antragsteller bereit sind, diese Dinge offen und konkret mit uns zu diskutieren, dann kann das eine spannende Diskussion werden. Wenn das aber nur ein Schauantrag ist, mit dem Sie über die Maritime Konferenz ein bisschen Petersilie streuen möchten, dann ist das abzulehnen. Wir als SPD sind darauf gespannt, das in den weiteren Beratungen herauszufinden.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht nun Frau Kollegin Twesten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Alle Jahre wieder stehen Wahlen vor der Tür. An diesem Wochenende findet die Nationale Maritime Konferenz statt. Das wurde schon angesprochen.

(Zuruf von der CDU: Wann wird denn gewählt?)

Sie ist in der Tat ein Anlass, über Stand und Perspektiven der maritimen Wirtschaft zu diskutieren. Was die Regierungsfraktionen mit diesem Antrag vorlegen, ist jedoch alles andere als eine Vorlage für eine konstruktive politische Debatte der künftigen maritimen Politik.

CDU und FDP entdecken besonders vor Wahlen bestimmte Schlagworte reflexartig immer wieder neu. Allen voran stehen die Zauberworte „Maritime Wirtschaft“. Sie legen ein Papier vor, welches weder die Problemlagen für die weitere Entwicklung der maritimen Wirtschaft benennt, noch diskussionswürdige Vorschläge enthält, wie dieser Wirtschaftssektor zu entwickeln ist, wie Probleme zu lösen oder Hindernisse zu beseitigen wären. Mit Schlagworten um sich zu werfen und den Eindruck zu vermitteln „Wir sind spitze“, zeugt nicht gerade von wirtschaftspolitischer Kompetenz.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Erst im November 2009 hat dieser Landtag die Positionen, die Sie uns heute als neu und zukunftsträchtig verkaufen wollen, in nahezu gleicher Aufzählung debattiert. Viel Neues ist Ihnen tatsächlich nicht eingefallen. Während Hamburg und Bremen bereits künftige Kooperationen ihrer Häfen ausloten und ein gemeinsames Gutachten dazu in Auftrag geben, dessen Ergebnis im nächsten Monat vorliegt, beteiligt sich Niedersachsen an solchen Kooperationsverhandlungen offensichtlich nicht. Der JadeWeserPort bleibt außen vor. Andere handeln, Niedersachsen schaut zu.

Wie passend: Die WirtschaftsWoche vermeldet am Montag, dass die Bundesregierung von den norddeutschen Häfen eine noch viel weitergehende Kooperation erwartet. Auch mit den ärgsten Konkurrenten Rotterdam und Antwerpen müsste eine internationale Kooperation eingegangen werden. Und Was machen Sie? - Sie nehmen diese Punkte nicht einmal in Ihre Entschließung auf. Sie singen das Jubellied auf die niedersächsischen Seehäfen und meinen damit Stade, Cuxhaven oder Emden. Diese kleinen Seehäfen werden weiter ihre Bedeutung haben und sicherlich noch an Leistung zulegen. Ich will ihre Rolle auch gar nicht schmälern. Doch in der gegenwärtigen Diskussion geht es um etwas anderes. Hier geht es um die Zukunft der großen deutschen Seehäfen und ihrer mächtigen Konkurrenten.

Wir Grünen fordern seit Jahren eine Kooperation und Arbeitsteilung der norddeutschen Häfen, weil die innerdeutschen Hafenkonkurrenzen auf Dauer schädlich sind. Offensichtlich ist jetzt die Zeit für diese Kooperation gekommen. Deswegen reicht es nicht aus, auf Logistikmessen gemeinsam mit Hamburg und Bremen aufzutreten und sich die Standmiete zu teilen. Kooperation sieht anders aus!

Die Experten des Internationalen Transportforums rechnen bis 2050 mit einer Vervielfachung des Gütertransportverkehrs allein durch das Anwachsen der Weltbevölkerung. Das Wachstum der Häfen ist jedoch durch die natürlichen Rahmenbedingungen begrenzt. Hamburg liegt nun einmal an der Elbe und nicht an der Nordsee.

Wenn Sie die Nutzung des eigenen Standortvorteils Flächenpotenziale in Niedersachsen erkannt haben, dann werfen Sie dieses Pfund doch endlich einmal in die Waagschale, wenn es um die Einverständnisfrage zur Elbvertiefung geht! Diese ist nämlich überflüssig, wenn der JadeWeserPort in

Betrieb geht. Stellen Sie unsere Stärken heraus - aber die richtigen!