Protokoll der Sitzung vom 26.05.2011

(Zuruf von Heinz Rolfes [CDU])

Völlig freiwillig wurden der Staatsanwaltschaft die notwendigen Akten mitgegeben. Es gab überhaupt keinen Zwang. Die interne Arbeitsgruppe habe ich mit einem Steuerfahnder aus dem MF besetzen lassen. Er ist ein hoch anerkannter Experte aus dem Bereich des Sozialversicherungsrechts. Deswegen ist es so entlarvend und gefährlich, was Sie sagen. Sie haben so getan, als ob dies alles nach dem Motto in unserer Regierungszeit passiert wäre, wir hätten womöglich strafrechtlich relevante Dinge zu verantworten, weil wir unter Vorsatz versucht hätten, mit unseren Verträgen Sozialversicherungsbeiträge zu umgehen.

(Zuruf von der SPD: Die politische Verantwortung!)

Das ist eine ungeheuere Behauptung und steht in keiner Weise in dem Bericht.

(Beifall bei der FDP)

Ich will einmal vorlesen, was darin steht. Herr Borngräber, ich lese aus dem Bericht vor: Aufgrund von Lücken in den Akten in den Jahren 2002 bis 2004 - dazwischen lag ein Regierungswechsel - konnte der Prozess der Entstehung dieser Grundsatzerlasse nicht mehr so ganz nachvollzogen werden.

Ich versuche es einmal zusammenzufassen. Von der Arbeitsgruppe und diesem anerkannten Mann, dessen Kompetenz Sie in keiner Weise abstreiten können und der völlig neutral gearbeitet hat, wird deutlich hervorgehoben, es gibt in den vorhandenen Unterlagen keinen einzigen Hinweis darauf, dass es dem Kultusministerium bei der Erstellung der Erlasse in der Vergangenheit darauf ankam, durch den Einsatz von Honorarkräften Haushaltsmittel in Form vorenthaltener Sozialversicherungsbeiträge einzusparen. So viel zur Wahrheit, die Sie immer so gerne vor sich hertragen, Herr Borngräber. Die aufgestellte Behauptung ist eine bodenlose Frechheit.

(Zustimmung bei der FDP)

Ich kann nur sagen, das kann in keiner Weise so stehenbleiben. Wir können letztendlich nur versuchen, das, was sich in der Vergangenheit durch die Erlasse aufgebaut hat, jetzt so rechtssicher zu gestalten, dass unsere Schulleitungen in Zukunft rechtssichere Verträge abschließen dürfen und können. Wir werden unsere Schulleiter, die im Rahmen der offenen Ganztagsschulen auch außerschulische ganztagsspezifische Angebote machen, nicht im Regen stehen lassen. Wenn gegebenenfalls Sozialversicherungsbeiträge nachgezahlt werden müssen, werden wir ebenfalls dafür sorgen, dass die Budgets ausgeglichen werden. Dafür steht die Landesregierung. Mehr ist menschenmöglich aber auch nicht machbar.

Vielen Dank.

(Lang anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es liegt noch eine Wortmeldung von Herrn Kollegen Borngräber vor. Die SPD hat noch zwei Minuten Redezeit. Bitte schön!

(Zurufe)

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister! Sie müssen es ganz schön nötig haben.

(Zurufe von CDU und FDP)

Wenn Sie schon aus dem Bericht zitieren, dann will ich Ihnen etwas von Seite 13 mit auf dem Weg geben. Lesen Sie gerne mit: Bereits im Jahr 2004 gab es insoweit offenbar Korrespondenz zwischen der Bezirksregierung Weser-Ems, schulfachliches Dezernat, und dem MK. Vom MK und der Niedersächsischen Landesschulbehörde wurde insoweit stets die Auffassung vertreten und im Bedarfsfall gegenüber den Schulen kommuniziert, dass ein solches Nebeneinander unterschiedlicher Verträge für Mitarbeiter ein und derselben Schule nicht möglich sei.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Wie kommen Sie eigentlich an das Papier? Ist das an Sie gegangen?)

Seit 2004 wissen Sie das. Was haben Sie gemacht?

(Beifall bei der SPD - Zuruf: Nichts! - Zurufe von der FDP - Unruhe)

Herr Minister, diese 1:13 Minute nehme ich auch gerne noch wahr.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Wenn Sie mir Vorsatz unterstellen wollen, ich hätte Ihnen strafrechtliche Vorhaltungen gemacht, dann ist das mitnichten so. Das können Sie dem Protokoll gerne entnehmen. Ich gebe Ihnen die politische Verantwortung.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Von Razzia haben Sie geredet!)

Die haben Sie und Ihre Vorgängerminister in der Tat.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Haben Sie „Razzia“ gesagt?)

Die liegt bei Ihnen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Abschließend will ich noch auf folgenden Sachverhalt hinweisen, den Sie damals im Kultusausschuss eingeräumt haben. Bei Ihnen sind Ermittlungsbehörden aufgelaufen. Diese haben Unterla

gen mitgenommen. Was ist das denn anderes? Eine Razzia!

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der FDP)

Der Herr Minister hat noch einmal um das Wort gebeten. Das erteile ich ihm jetzt. Bitte schön!

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Das lohnt sich nicht, Herr Minister!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Obwohl mir einiges dazu etwas munterer einfallen würde, versuche ich, es relativ sachlich zu machen. Herr Borngräber, ich wiederhole noch einmal: Im Rahmen der Amtshilfe ist jede Landesbehörde verpflichtet, die andere Behörde zu unterstützen, insbesondere dann, wenn es um die Aufklärung des Sachverhalts einer Anzeige oder einer Ermittlung gegen Unbekannt geht. Wir haben sämtliche Akten der Staatsanwaltschaft, der Deutschen Rentenversicherung zur Verfügung gestellt.

Die eigentliche Ursache einer möglichen sozialversicherungsrechtlich relevanten Frage ist im Jahr 2007 im Rahmen einer Prüfung - das habe ich Ihnen aber auch alles im Ausschuss erklärt - der Deutschen Rentenversicherung Land im Raum Braunschweig aufgefallen, weil dort nämlich bei fünf Schulen Sozialversicherungsbeiträge in einer Größenordnung von insgesamt rund 16 000 Euro nachgezahlt werden mussten.

Von 2007 bis Ende 2008 bestand ein intensiver Schrift- und Telefonverkehr mit der Deutschen Rentenversicherung über die Kernfrage: Sollte es zu dem Fall gekommen sein, dass Dienstleistungsverträge aufgrund der Weisungsgebundenheit gegenüber Schulleitungen eigentlich hätten Arbeitsverträge sein sollen, nach welchen Kriterien hätten dann diese Arbeitsverträge umgestellt werden müssen? - Dazu gibt es einen umfangreichen Schriftwechsel.

In dem Bericht der Arbeitsgruppe steht, dass man dem Verwaltungshandeln des Kultusministeriums nach dem Auftreten dieser Prüfwelle in 2007 - vorher hatte man überhaupt keinen Anlass, zu glauben, dass dort irgendetwas schiefgelaufen sei -, in allen Fragen - - - In 2008 wurde das aufgegriffen; im Dezember 2009 wurde mir ein Vorgang vorgelegt, auf dem ich vermerkt habe: Ist sichergestellt, dass die Sozialversicherungsbeiträ

ge in solchen Fällen abgeführt werden? - Daraufhin haben wir Anfang 2010 einen Erlass an die Landesschulbehörde gegeben, dass auch Arbeitsverträge entsprechend auf den Weg gebracht werden können. Dieser Erlass wurde lediglich für ein halbes Jahr ausgesetzt, weil die Landesschulbehörde mitgeteilt hat, die 7 000 dahinterstehenden Verträge könne man nicht so kurzfristig prüfen. Daraufhin ist der Erlass am 1. Februar 2011 wiederum in Kraft gesetzt worden, nachdem die Verträge geprüft worden waren und wir insbesondere sichergestellt hatten - so ist es richtig -, dass die neu abzuschließenden Verträge auf jeden Fall rechtssicher und für die Schulleitungen auf Basis der im Internet zur Verfügung gestellten Handreichungen handhabbar sind.

Lieber Herr Borngräber,

(Zurufe von der CDU: Nein, nicht „lie- ber“!)

- oder mehr oder weniger lieber Herr Borngräber - das kommt darauf an, in welcher Funktion wir uns begegnen; er kann ja nett sein -, die Behauptung, wir hätten vonseiten des MK in all den Jahren, auch in den Jahren, in denen meine Vorgänger verantwortlich waren, nicht ausreichende Schritte zur Vorsorge eingeleitet, nichts unternommen, um Missstände, die aufgetreten bzw. aufgefallen sind, abzustellen, ist schlichtweg unwahr. Ich kann nur sagen, dass insbesondere in den letzten zwei Jahren alles unternommen wurde, um mit Blick auf diese Arbeitsverträge zu einer absoluten Transparenz und Rechtssicherheit zu kommen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben die zuständigen Mitarbeiter verpflichtet, so lange zusammenzusitzen, bis alle Fragen geklärt waren.

Lieber Herr Borngräber, diese Probleme haben ihren Ursprung in 2002 und in der Fortsetzung in 2004. Aber bitte erwecken Sie hier nicht den Eindruck, Sie hätten es ja immer schon besser gewusst! Keiner von Ihnen hat es besser gewusst! Und von dieser Landesregierung ist letztendlich nur zu erwarten, dass dann, wenn ein Fehler gemacht wird, er so schnell wie möglich aufgeklärt und abgestellt wird. Genau das haben wir getan.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, es gibt einen Wunsch nach zusätzlicher Redezeit. Frau Heiligenstadt, Sie haben zwei Minuten für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Althusmann versucht hier, deutlich zu machen, dass das Ministerium von diesem Problem erst seit zwei Jahren Kenntnis hatte und man erst dann tätig geworden sei.

(Zurufe von der CDU: Das hat er nicht gesagt! - Astrid Vockert [CDU]: Ler- nen Sie erst mal zuzuhören, bevor Sie reden!)

Herr Dr. Althusmann, da Sie gesagt haben, wir hätten das nicht besser gewusst, stelle ich erstens fest: Von Anfang an, seit dem Erlass von 2004, haben sowohl die Opposition als auch die Gewerkschaften außerhalb und einige Bildungsverbände regelmäßig darauf hingewiesen, dass das zu Problemen führt, dass das so nicht geht und ein Billigmodell ist. Die Ganztagsschule light war von Anfang an in der Diskussion. So weit nur zu dem Thema, seit wann das Ministerium Kenntnis von diesen Problemen hatte. Ich zitiere dazu:

„In einer Besprechung zwischen dem damaligen Staatssekretär und dem Abteilungsleiter II wurden im August 2003 bereits die Schwierigkeiten erörtert, die die Einrichtungen zusätzlicher Ganztagsschulen und die dafür benötigten zusätzlichen personellen Ressourcen in finanzieller Hinsicht bereiten können.“

(Ralf Borngräber [SPD]: Aha! - Karl- Heinz Klare [CDU]: Sie sind einfache keine ernst zu nehmende Gesprächs- partnerin!)