Protokoll der Sitzung vom 28.06.2011

Die Universität Göttingen hat seit ihrer Umwandlung in eine Stiftungshochschule, also in den Jahren 2003 bis 2009 - in diesem Zeitraum lag auch die Finanzkrise; wir wissen, was die Finanzkrise z. B. für die Städte und Gemeinden bedeutet hat -, mit ihren Geldanlagen 13,6 Millionen Euro an Zinsen und Erträgen erwirtschaftet. 13,6 Millionen Euro! Frau Andretta, manche Kommune würde sich darüber freuen, wenn sie darüber verfügen könnte.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Bei welcher Anlagesumme?)

- Gesamtanlage, Bilanz!

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das sagt doch gar nichts!)

Auch im Jahr 2010 liegt das Gesamtergebnis - - -

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das ist doch abenteuerlich!)

- Herr Wenzel, Sie mögen das als Abenteuer empfinden. Ich halte es für eine gute Leistung, dass 13,6 Millionen Euro erwirtschaftet worden sind.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das sagt doch gar nichts!)

- Darüber kann man diskutieren. Sie wollen das ja ganz niedrig halten.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Mit welcher Anlagesumme? Sie müssen sich doch den Zinssatz anschauen!)

- Ich kann rechnen! Ich kann ein bisschen rechnen, Herr Wenzel!

Im Jahre 2010 hat die Universität Göttingen aus der Anlage der liquiden Mittel ein Gesamtergebnis von 3,3 Millionen Euro erzielt. Nun haben wir immer wieder gehört, dass eine Anlage nicht in Ordnung war und zu einem Buchverlust geführt hat. Der Buchwert weist zurzeit einen Verlust von 300 000 bis 400 000 Euro auf. Wenn man in der Theorie davon ausgeht, dass diese Anlage sofort aufgelöst wird, dann würde das bei den 3,3 Millionen Euro Gewinn bedeuten, dass immer noch ein Plus von 2,9 Millionen Euro gegeben wäre. Das ist kein schlechtes Geschäft!

Dass die Universität den Studierenden durch ihre Anlagepolitik sozusagen Mittel entzogen hat - wie Sie es hier transportieren -, kann nicht bestätigt werden. Ich glaube, sie hat viel erreicht. - Bei der Gelegenheit: Hier wird ja gerade viel von der Atomindustrie und Stromkonzernen wie E.ON gesprochen. Ich denke, die werden - zumindest nach Meinung der Grünen - zukünftig im Solarbereich arbeiten. Was meinen Sie wohl, wie deren Werte dann steigen?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die Anlage von Studiengebühren etc. gelten gesetzliche Vorschriften. Sie haben die Mündelsicherheit dieser Anlage gefordert. Aber schauen Sie doch einmal, wo diese in Niedersachsen in der öffentlichen Verwaltung gefordert wird! Da müssen Sie lange suchen. Wir haben es für Sie herausgesucht.

Nach dem vorliegenden Gesetzentwurf sollen - ich zitiere - Anlagen, die ein Verlustrisiko des eingesetzten Kapitals durch Wertminderung beinhalten, unzulässig sein. Wenn wir das so kategorisch festlegen, muss man sich natürlich fragen, wie es sich

vor dem Hintergrund mit der von den Hochschulen überaus häufig praktizierten Strategie verhält, Geld auf Termin- oder Tagesgeldkonten anzulegen. Bei der NORD/LB gibt es für Anlagen auf einem Tagesgeldkonto zurzeit 0,6 % Zinsen; für Termingeld gibt es nur unwesentlich mehr. Die Inflationsrate liegt derzeit bei 2,3 %. Man muss nicht mathematisch begabt sein, um sich auszurechnen, dass diese Anlagenformen zu einer schleichenden realen Wertminderung führen.

Eine Antwort auf die Frage, wie die Hochschulen überhaupt etwas anlegen sollen, wenn Sie solche Forderungen erheben, bleibt der Gesetzentwurf im Übrigen schuldig.

Also, wir haben einen klaren gesetzlichen Rahmen. Wir können gerne jederzeit darüber diskutieren, ob dieser Rahmen noch richtig ist oder ob er erweitert oder ergänzt werden muss. Aber im Moment sind wir der Meinung, und zwar gerade auch nach den Erfahrungen mit Göttingen, dass er gut ist und an dieser Stelle nicht geändert zu werden braucht.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Ministerin hat ihre Redezeit etwas überschritten. Herr Kollege Perli hat nach § 71 Abs. 3 unserer Geschäftsordnung zusätzliche Redezeit beantragt. Er bekommt anderthalb Minuten. Bitte schön, Herr Perli!

Vielen Dank, Herr Präsident. - Frau Ministerin, wenn Sie ein bisschen Fairness einfordern, dann müssen aber auch Sie fair bleiben. Ich habe gesagt, dass 18 von 19 Hochschulen nicht in Aktien und spekulative Anlageformen investiert haben. Ich habe gesagt, dass uns diverse Hochschulen unterstützt haben. Beispielhaft erwähnen möchte ich die Universitätsmedizin Göttingen, die kleine Schwester der betroffenen Universität. Ich habe jedoch nicht gesagt, dass 18 von 19 Hochschulen den Gesetzentwurf der Linken unterstützt hätten. Das geht auch gar nicht, weil nicht alle Hochschulen befragt worden sind. Die Praxis zeigt allerdings, dass sie uns sehr nahestehen.

Frau Ministerin, Sie haben dann auf die Landeshochschulkonferenz verwiesen, die gesagt haben soll, dass dieser Gesetzentwurf kein zeitgemäßes Verständnis von Hochschulautonomie beinhalte.

Aber offenbar haben Sie die Stellungnahme der LHK nicht mit der Stellungnahme der Uni Göttingen verglichen. Die LHK hat der Uni Göttingen nämlich widersprochen. Die Uni Göttingen legt Wert darauf, dass die Aktien nur langfristig wieder ins Plus kommen müssen, während die LHK Wert darauf legt, dass das angelegte Vermögen jederzeit verfügbar sein muss, so wie es das Versicherungsaufsichtsgesetz auch vorsieht. Das ist in Göttingen jedoch überhaupt nicht gegeben. Insofern ist die LHK der falsche Verteidiger der Universität Göttingen.

(Beifall bei der LINKEN - Glocke des Präsidenten)

Noch eine letzte Anmerkung. Sie haben gerade über Aktien gesprochen und auf 13,6 Millionen Euro an Zinserträgen hingewiesen. Hätte die Uni diese 4,4 Millionen Euro damals nicht in Aktien investiert, aufgrund deren sie jetzt mehrere Hunderttausend Euro im Minus ist, - - -

Letzter Satz, bitte!

- - - sondern in Tagesgeld, dann hätte sie jetzt über eine halbe Million Euro mehr auf dem Konto.

Herr Perli, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Das zeigt, es ist völlig falsch anzunehmen, dass Hochschulen mit Aktien Geschäfte machen können sollen. Richtig ist vielmehr, dass es sicherere Anlageformen gibt, die das Geld jederzeit verfügbar halten und damit auch wirtschaftliches Arbeiten zulassen.

Meine Damen und Herren, auch Herr Kollege Wenzel hat um zusätzliche Redezeit gebeten. Er bekommt ebenfalls anderthalb Minuten. Bitte schön!

Herr Präsident! Frau Ministerin, wir führen hier eine einigermaßen merkwürdige Debatte. Erst sagt Herr Dreyer, es hätte lediglich einen Buchverlust gegeben, nicht jedoch einen realen Verlust. Dann sagt Frau Ministerin, die Universität Göttingen habe bei ihren Spekulationen 13,x Millionen Euro gewonnen

- ohne mir aber die Anlagesumme und den Zinssatz sagen zu wollen.

Frau Ministerin, besteht die Zukunft der Hochschulen jetzt nur noch darin, darüber zu diskutieren, von welchen Pharmaunternehmen, Gentechnikunternehmen oder Autoproduzenten sie Aktien kaufen? Ist das die unabhängige Forschungslandschaft, die Sie sich vorstellen?

Ich glaube, dass hier eine abenteuerliche Entwicklung eintritt, wenn wir nicht ein paar klare Regeln schaffen. Von daher wäre ich Ihnen dankbar, Frau Wanka, wenn Sie den von Herrn Dreyer erwähnten Buchverlust und den von Ihnen angesprochenen Spekulationsgewinn auf ein paar Basiszahlen zurückführen und uns das gegebenenfalls auch noch einmal schriftlich erläutern könnten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Frau Ministerin hat noch einmal um das Wort gebeten. Bitte schön!

Genau. Hier soll nicht diskutiert werden - und dann auch nur mit Halbwissen -, um welche Aktien es sich handelt. Wir haben eine detaillierte Gesamtübersicht über sämtliche Anlageformen vorgelegt: Was ist wann verfügbar? Was ergibt welche Rendite? Was führt zu welchen Gewinnen? - Ich finde, dass eine Universität ihre Geldanlagen breit streuen sollte. Dadurch werden die Buchverluste bei der einen Anlageform durch die Gewinne bei den anderen Anlageformen kompensiert. Das habe ich hier demonstriert. Hier wurde gesagt, die Universität hat Geld verloren, aber das ist einfach falsch. Wir haben einen Rahmen. Es geht um den Rahmen und nicht darum, dass wir hier im Parlament über die einzelnen Anlageformen palavern.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wir pala- vern nicht! Wir debattieren!)

- Wir palavern nicht über die Anlagen, sondern wir diskutieren über den gesetzlichen Rahmen. Den haben wir hier festgelegt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratung angelangt.

Wir kommen zur Abstimmung.

Die auf Ablehnung lautende Beschlussempfehlung des Ausschusses ist die weitestgehende Empfehlung. Wir stimmen daher zunächst über diese ab. Nur, falls dieser Beschlussempfehlung nicht gefolgt wird, stimmen wir anschließend noch über den Änderungsantrag ab.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/3209 ablehnen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt worden.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 5:

Abschließende Beratung: a) Entwurf eines Gesetzes zum Fünfzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/3437 - b) 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag - Erhebung des Rundfunkbeitrags datensparsam gestalten - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3015 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien - Drs. 16/3713 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/3780 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3789

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf der Landesregierung unverändert anzunehmen und den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen abzulehnen. Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zielt auf eine Annahme des Entschließungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/1315 ab.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Damit kommen wir zur Beratung. Zu Wort gemeldet hat sich der Kollege Schobert für die CDUFraktion. Herr Schobert, ich erteile Ihnen das Wort.