Aber der Ausstieg aus der Kernenergie darf nicht zulasten des Klimaschutzes gehen. Im Hinblick auf die fossil betriebenen Kraftwerke wird das Klimaziel durch den EU-Emissionshandel und die Festlegung der CO2-Emissionen gewährleistet. Die Obergrenze dieser Emissionen ist EU-weit verbindlich. Sie gilt eben auch bei einem Ausstieg aus der Kernenergie.
Die Niedersächsische Landesregierung begrüßt daher in diesem Zusammenhang, dass die Einnahmen aus dem Emissionshandel nun nahezu vollständig dem Energie- und Klimafonds zugeführt werden sollen. Der Bund rechnet mit einem jährlichen Finanzvolumen von 3,7 Milliarden Euro ab 2013. Allerdings erwarte ich, dass der Fonds dem beschleunigten Umbau der Energieversorgung entsprechend finanziell angemessen ausgestattet wird.
Meine Damen und Herren, fossile Kraftwerke bedeutet: Gas- und möglicherweise auch hoch effiziente, moderne Kohlekraftwerke. Meine Anmerkung dazu ist: Die Möglichkeit zum raschen Hochfahren und die flexiblen Einsatzmöglichkeiten machen Gaskraftwerke zu einer besonders geeigneten Technologie.
Das Ziel der Bundesregierung, die Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz weiter zu verstärken, unterstützt Niedersachsen grundsätzlich. Für die Umsetzung ist es allerdings erforderlich, Akzeptanz bei Verbrauchern und Eigentümern zu erreichen und Überförderungen zu vermeiden.
Aus diesem Grund wird der Bund jetzt so weit wie möglich auf ordnungsrechtliche Regelungen verzichten und stattdessen auf verbesserte Informationsangebote und Anreize zur Unterstützung von Eigeninitiative und Investitionen in Energieeffizienzmaßnahmen setzen. Auch in dieser Frage ist der Bund stärker auf die Länder zugegangen.
Der Bundesrat hat den Bund zu Recht aufgefordert, die Mittel für die Gebäudesanierung über die ab 2012 geplante Summe von 1,5 Milliarden Euro jährlich aufzustocken. Dies ist der erste richtige Schritt, dem weitere folgen müssen, um die angestrebte jährliche Sanierungsquote von 2 % aller Gebäude zu erreichen. Außerdem wurde zum Schutz der Mieter vor explodierenden Kosten gefordert, dass die Umlage der Sanierungsausgaben nicht die Einsparungen bei den Nebenkosten durch einen geringeren Energieverbrauch übersteigen dürften.
Meine Damen und Herren, wir sind uns einig: Wir brauchen jetzt einen noch schnelleren Umstieg auf die erneuerbaren Energien und die dazu notwendigen Übergangsschritte. Wir in Niedersachsen leisten dazu einen sehr aktiven Beitrag. So haben wir die Chance, bereits ab 2020 mehr Strom aus erneuerbaren Energien zu produzieren, als wir verbrauchen können. Gleichwohl ist dieser Umstieg mit den heutigen Technologien allein nicht erreichbar. Wir brauchen einen technologischen Sprung bei der Entwicklung neuer Speichertechnologien, intelligenter Netze und der Steigerung der Energieeffizienz.
Das bekannte Problem ist: Mit Ausnahme der Biomasseanlagen und der Geothermie haben wir es bei den erneuerbaren Energien mit einer ungleichmäßigen Stromerzeugung zu tun, die sich in
Deshalb sind der beschleunigte Netzausbau, die Entwicklung intelligenter Netze - der sogenannten Smart Grids - und neue Speichertechnologien notwendig, um die Erzeugungs- und Verbrauchszeiten besser zu verbinden.
Die Höchstspannungsnetze könnten dabei zur Achillesferse unserer Industriegesellschaft werden. Ohne einen beschleunigten Netzausbau werden wir den notwendigen Umbau in Richtung einer nachhaltigen Energieversorgung nicht erreichen können. Das heißt, diejenigen, die sich besonders stark und engagiert in der Energiepolitik gegen etwas ausgesprochen haben, die mit guten Argumenten gegen bestimmte Energieerzeugungsformen waren, sind jetzt in dieser Frage auch beim Dafür und bei der konkreten Formulierung von Alternativen ganz besonders gefordert, sich aktiv und positiv am Diskussionsprozess zu beteiligen.
Bis 2015 müssen 850 km neue Stromleitungen in Deutschland errichtet werden. Fast die Hälfte dieser Ausbaustrecken liegt auf unserem Landesgebiet in Niedersachsen. Die Deutsche EnergieAgentur hat in ihrer zweiten Netzstudie bekanntlich deutlich gemacht, dass Neubaumaßnahmen im Umfang von rund 3 600 km notwendig sind, die bis 2020 umgesetzt werden müssen. Meine Damen und Herren, das sind ehrgeizige Ziele, die alles in den Schatten stellen, was beim Ausbau der Netze in den letzten Jahrzehnten erfolgt ist. Die Niedersächsische Landesregierung wird hier alle bestehenden rechtlichen Möglichkeiten ausnutzen, um die Teilverkabelung in sensiblen Bereichen umzusetzen. Nur so kann eine ausreichende Akzeptanz vor Ort sichergestellt werden.
Die Landesregierung begrüßt es ausdrücklich, wenn auch die Bundesregierung den Netzausbau beschleunigen will. Mit dem aktuellen Artikelgesetz zur Netzausbaubeschleunigung greift der Bund einige wichtige Vorschläge auf, die wir in Niedersachsen entwickelt haben. Dazu gehören insbesondere die Regelungen, mit denen zukünftig in der 110 kV-Spannungsebene durchgängig Erdverkabelungen zugelassen werden sollen.
Ich begrüße ausdrücklich, dass nach § 5 der Stromnetzentgeltverordnung Kommunen, die von neuen Freileitungstrassen auf der 380 kV-Höchstspannungsebene betroffen wären, Ausgleichszahlungen von 40 000 Euro je Kilometer erhalten sollen.
Meine Damen und Herren, Anstrengungen der Kommunen beim notwendigen Netzausbau sollten finanziell honoriert werden. Das ist der richtige Weg.
Sinnvoll ist auch, dass den Genehmigungsbehörden stärkere verfahrensbeschleunigende Weisungsrechte gegenüber den Übertragungsnetzbetreibern eingeräumt werden sollen. Auch da haben wir in Niedersachsen bekanntlich unsere Erfahrungen gemacht.
Meine Damen und Herren, was nicht auf mein Verständnis traf, war die vorgesehene Übertragung der Raumordnungs- und Planfeststellungsverfahren von den Ländern auf eine neue Genehmigungsbehörde bei der Bundesnetzagentur. Das, was wir jetzt brauchen, sind schnellere Verfahren, aber nicht neue Bürokratien.
Im Rahmen sehr intensiver Verhandlungen zum NABEG konnten Bund und Länder nun einen Kompromiss aushandeln, den die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP gestern Abend bestätigt haben. Danach werden die vom Bund wahrgenommenen Genehmigungsverfahren zahlenmäßig auf wenige Projekte von internationaler und länderübergreifender Bedeutung beschränkt, die zudem in einer zustimmungspflichtigen Verordnung gemeinsam vom Bund und von den Ländern festgelegt werden.
Nun erwarte ich von der Bundesregierung, dass dieser Kompromiss vollständig umgesetzt wird. Das bedeutet, dass sowohl die Raumordnungsverfahren als auch die Planfeststellungsverfahren in allen Verfahren, die nicht einvernehmlich in die Bundeszuständigkeit übergehen, wie bisher in den bewährten Händen von uns Ländern bleiben.
Eine Forderung der Länder ist wohl noch offen: Für die derzeit laufenden Genehmigungsverfahren nach dem Energieleitungsausbaugesetz müssten die neuen Beschleunigungsregelungen übernommen werden. Es macht wenig Sinn, nur Beschleunigungen für Leitungen vorzusehen, die erst ab 2015 gebaut werden sollen. Die Beschleunigung sollte deshalb auch für die großen Nord-SüdLeitungen durch Niedersachsen gelten, die bis 2015 errichtet werden sollen.
Meine Damen und Herren, die Generationen, die die Kernenergie nutzen, müssen sich auch um die Endlagerung der radioaktiven Abfälle sorgen. Die Endlagerfrage muss im Interesse kommender Generationen gelöst werden.
Auch hier sollte die deutsche Politik ernsthaft versuchen, einen gesellschaftlichen Konsens anzustreben.
Alle 16 Bundesländer haben im Bundesrat am 17. Juni einen wegweisenden Beschluss zum gesamten Energiepaket gefasst und dabei - auch auf Initiative von Niedersachsen - das Thema Endlagerung nicht ausgenommen. Danach soll ein neuer Entsorgungskonsens auf gesetzlicher Grundlage formuliert werden. Vorgeschlagen wird ein transparentes und ergebnisoffenes bundesweites Suchverfahren unter Einbeziehung von Gorleben.
Das Bundeskanzleramt hat daraufhin den Vorschlag für eine gesetzliche Regelung bis zum Ende des Jahres angekündigt. Es geht um Kriterien für ein Verfahren zur Ermittlung allgemeiner geologischer Eignungskriterien und möglicher alternativer Entsorgungsoptionen.
Zwei Lösungen sind wohl denkbar: einerseits die dauerhafte Verbringung unter Tage und anderseits die Möglichkeit einer Lagerung mit Rückholbarkeit bei höchsten Sicherheitsanforderungen. Letztere hätte nach meiner Auffassung den großen Vorteil, dass die Abfälle, sofern es der technische Fortschritt erlaubt, schneller abgebaut werden könnten als bei einer dauerhaften Lagerung unter Tage.
Meine Damen und Herren, das Endlagerproblem muss gelöst werden, und zwar unabhängig davon, wie Ausstiegsszenarien und Laufzeiten aussehen. Ein breiter gesellschaftlicher Energiekonsens unter Einschluss eines Entsorgungskonsenses wäre ein Gewinn für unser Land. Aufgrund der vielen zu
regelnden Punkte macht es daher Sinn - Herr Kollege Wenzel, wir haben uns darüber mehrfach ausgetauscht -, dieses Thema in einer eigenen Gesetzesinitiative zu behandeln und intensiv zu beraten. Wie gesagt, die Bundesregierung hat die Vorlage von Vorschlägen bis zum Ende des Jahres vorgestellt. Alle 16 Ministerpräsidenten haben das begrüßt, nicht nur die Unions-Ministerpräsidenten, auch die sozialdemokratischen Ministerpräsidenten und auch der grüne Kollege Kretschmann aus Baden-Württemberg. Ich finde, diesen Weg, der sich jetzt abzeichnet, sollten wir auch in Niedersachsen in großer Gemeinsamkeit unterstützen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Energiegesetze werden morgen im Deutschen Bundestag verabschiedet. Die Beteiligung des Bundesrates ist für den 8. Juli vorgesehen. Dann ist der Rahmen definiert, in dem sich zukünftig deutsche Energiepolitik bewegt. Danach beginnt, wie gesagt, die konkrete Umsetzung vor Ort. Manches wird sicherlich nicht gleich so funktionieren, wie es sich die Politik vorgestellt hat. Es ist, wie gesagt, eine gewaltige Herausforderung.
Die Energiewende kann aber nur Realität werden, wenn sich alle daran beteiligen und in die gleiche Richtung arbeiten. Wir als Landesregierung wollen in Niedersachsen einen aktiven Beitrag dazu leisten, und zwar auch dadurch, dass wir auf der Basis des neuen Energierahmens noch in diesem Jahr ein eigenes Energiekonzept des Landes vorstellen werden. Darin sollen die spezifischen Möglichkeiten und Ressourcen unseres Landes in den Vordergrund gerückt werden. Die natürlichen Stärken unseres Landes sollen weiterentwickelt und gezielt gefördert werden. Dazu gehören insbesondere die Energieforschung, die Wind- und Bioenergie, die Offshorehäfen, der Netzausbau, küstennahe Kraftwerksstandorte und die neuen Stromspeicher, z. B. in Form von Elektroautos und Speicherkavernen, um nur einige Themengebiete zu nennen.
Hier wird sich zeigen, dass Niedersachsen schon seit Jahren energiepolitisch vorn ist und große wirtschaftlich nutzbare Potenziale hat.
Meine Bitte ist: Lassen Sie uns gemeinsam als Landespolitik einen konstruktiven Beitrag zu dieser enormen Herausforderung leisten, damit wir in Deutschland auch künftig eine sichere, eine be
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ich stelle fest, dass die Regierungserklärung 26 Minuten gedauert hat. Nach den bisherigen Gepflogenheiten ergeben sich dadurch folgende Redezeiten: für die Fraktionen von CDU und SPD je 26 Minuten und für die Fraktion der FDP, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die Fraktion DIE LINKE jeweils 13 Minuten.
(Jens Nacke [CDU]: Warum redet denn nicht Frau Schröder-Ehlers? Die weiß schon seit Minuten alles viel besser! - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)