Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, der Grund für die heutige Regierungserklärung liegt klar auf der Hand: Sie wollen von den Negativschlagzeilen der letzten Tage ablenken.
Sie wollen von unübersehbaren Spannungen im Kabinett und von der ungelösten Hierarchiefrage ablenken.
Unabhängig davon, meine Damen und Herren, kann festgestellt werden: Herr Ministerpräsident, im Vergleich zu Ihrer Holla-die-Waldfee-Pressekonferenz vom 31. Mai keine neuen Botschaften!
Dafür brauchen Sie, Herr Ministerpräsident, noch Zeit bis abends um halb zehn. Ähnlich wie bei Ihrer Regierungserklärung von vor einem Jahr gibt es
heute wieder viele warme Worte, wenig Konkretes und, was ich besonders vermisse, keine historische Einordnung, keine Erwähnung der Bedeutung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes vom Februar 2010. Immerhin erkennen wir an, dass Union und FDP jetzt nach mehr als zehn Jahren ihre aggressive Polemik gegen Atomausstieg und Energiewende beenden.
Wir begrüßen, dass Schwarz-Gelb endlich auf den Kurs des rot-grünen Ausstiegs einschwenkt. Der von uns beschlossene Ausstieg, meine Damen und Herren, war allerdings im Konsens mit der Wirtschaft verhandelt und rechtsstaatlich einwandfrei umgesetzt.
Er wurde nicht angefochten und nicht von Gerichten beklagt. Diese Rechtssicherheit haben Sie im Herbst 2010 zerstört. Jetzt geht die Bundesregierung Klagerisiken ein, da sie die unterschiedlichen Abschaltdaten der AKW nicht präzise begründet. Das bleibt ein Manko Ihrer schwarz-gelben Gesetzgebung.
Der Erneuerbare-Energien-Beschluss vor elf Jahren war der Zukunftsfahrplan für ein nachhaltiges Energiesystem. Die Bilanz nach elf Jahren ist durchweg positiv. Ich will Ihnen nicht Ihre radikale Ablehnung dieses Gesetzes in Erinnerung rufen. Aber Ihre Anerkennung, Herr Ministerpräsident, für diesen historischen Meilenstein in der Geschichte Deutschlands hätte ich schon erwartet.
Rund 17 % der deutschen Stromversorgung stammen derzeit aus erneuerbaren Energiequellen. Etwa 370 000 Menschen sind in der Branche beschäftigt. Das EEG ist das zentrale Element, diese Entwicklung hin zu einem nachhaltigen, effizienten, bezahlbaren und sicheren Energiesystem fortzusetzen. Das konkrete Ziel muss aber sein, den Anteil der erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2020 auf 45 % statt nur 35 % zu erhöhen und bis spätestens 2050 eine Vollversorgung mit Strom aus erneuerbaren Energien zu haben. Auch dazu haben wir heute Morgen von Ihnen, Herr Ministerpräsident, nichts Konkretes gehört.
Vor einem Jahr haben Sie erklärt: Die erneuerbaren Energien haben Priorität. - Aber was ist bisher eigentlich geschehen? Ein bisschen Symbolpolitik, das können wir zugestehen.
Eine Knopf-Attrappe in der Nordsee zur Einweihung von Offshorewindparks. Aber einen Tag zuvor sagt die Firma BARD z. B., dass es nicht einmal ein Antragsformular für die Programme gebe, die schon ein halbes Jahr zuvor beschlossen worden waren. Ich weiß gar nicht, wie das Programm hieß. Ich glaube, es war irgendetwas mit „Energierevolution“. Man war aber nicht einmal in der Lage, ein Antragsformular für Offshorewindparks zu installieren.
(Jens Nacke [CDU]: Das hätte man aber nachlesen können, Herr Tanke! Sie müssen sich schon vorbereiten, Herr Tanke! So geht das nicht! - Un- ruhe - Glocke des Präsidenten)
Herr McAllister, Sie wiederholen heute, dass der Ausbau der Offshorewindenergie mit dem 5 Milliarden Euro schweren Kreditprogramm dazu beitragen wird, dass Windparks auf hoher See endlich beschleunigt ausgebaut werden können. Wir hoffen, dass es nun losgeht; denn das haben wir hier schon vor einem halben Jahr von Ihnen gehört. Aber der Offshoreausbau stockt; vor allen Dingen deshalb, weil das Kapital fehlt. Wir fordern von Ihnen mehr Einsatz bei diesem Thema. Sie müssen in Anbetracht dieser lückenhaften KfWFörderprogramme tatsächliche Hilfen für die Offshorewindenergie und auch für die Onshorewindenergie entwickeln.
Was ist in Niedersachsen im Bereich der erneuerbaren Energien noch passiert? - Eine Klientelpolitik für große Biogasanlagen, die mit all den schädlichen Auswirkungen betrieben wurde, die wir jetzt zu beklagen haben, Stichwort: Vermaisung.
Was hätte geschehen müssen? - Sie hätten einen Masterplan „Erneuerbare Energien für Niedersachsen“ erarbeiten müssen. Sie hätten die notwendigen wirtschaftlichen und technologischen Anstrengungen formulieren müssen. Stattdessen kündigen Sie erneut ein eigenes Konzept des Landes an - wie vor einem Jahr. An der Stelle hat noch nicht
einmal Ihre Fraktion mehr geklatscht. Vielleicht hat auch sie angesichts der vielen Ankündigungen, die Sie machen, aber nicht halten, das Vertrauen verloren.
Statt einer konsequenten Förderung der erneuerbaren Energien als erfolgreiches Instrument zur Energiewende versuchen Sie jetzt, den Ausbau der erneuerbaren Energien zu bremsen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Sie sprechen die Fördersätze der Windenergie an. Es ist schon spannend, was man da heute Morgen von Ihnen hört, Herr McAllister.
Sie sagen, die vorgesehene Erhöhung der Degression von 1 auf 2 % finde nicht statt. Vorgesehen ist aber wohl - gestern hatten Sie noch gesagt, Sie wollten uns konkret informieren - ein Mittelwert von 1,5 %.
Da muss ich Ihnen sagen: Das ist typisch McAllister. Frau Merkel sagt: „Ach Mensch, 1,5 %“, und Sie sagen: „Ja, machen wir.“
Herr Ministerpräsident, in Ihrer Erklärung vom 31. Mai steht noch: keine Kürzung bei der Windenergie. - So schnell kippen Sie um. Herr Bode stellt sich auf dem Parlamentarischen Abend hin und erklärt: keine Kürzung bei der Windenergie. - Und dann sagen Sie heute Morgen, 1,5 % seien doch auch ganz schön!
Ich will Ihnen ein zweites Beispiel nennen. Es geht um das Stichwort „Gebäudesanierung“. Sie begrüßen die 1,5 Milliarden Euro und sagen: Die muss man aufstocken, damit man auf eine Sanierungsquote von 2 % kommt. - Herr Oettinger ist da in Europa schon weiter. Er fordert 3 %. Wie rückständig wollen Sie eigentlich in Niedersachsen sein, wenn Sie bei dem Energieeinsparen hier nur
Schon bald - da will ich Ihnen zustimmen - werden die Energiekosten ein herausragendes Thema sein. Ihre Ausführungen dazu belegen aber, dass Sie die Zusammenhänge der Nutzung der Atomtechnologie immer noch nicht voll durchdrungen haben. Sie sagen nämlich nur - ich zitiere -:
„Mit dem Verzicht auf die Kernenergie werden die Strompreise mit großer Wahrscheinlichkeit weiter steigen.“
Nicht ein Satz von Ihnen - den vergessen Sie immer - zu den volkswirtschaftlichen Kosten der Atomtechnologie! Nicht ein Satz zu dem dadurch teuersten Strom angesichts von Asse und Gorleben in unserem Land, Herr Ministerpräsident!
Wir fordern wie Sie, dass bei steigenden Energiepreisen bezahlbarer Grundlaststrom für energieintensive Unternehmen organisiert wird.
Wir sind wie Sie der Auffassung, dass die deutsche Industrie und damit eine lebenswichtige Wertschöpfungskette mit Millionen von Arbeitsplätzen nicht vernachlässigt werden darf.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ulf Thiele [CDU]: Das ha- ben Sie aber gerade kritisiert! - Ge- genruf von Rolf Meyer [SPD]: Das ist doch gar nicht wahr! Das haben Sie nicht verstanden, Herr Thiele!)
Meine Damen und Herren, wir wollen für Menschen, die kaum finanziellen Spielraum haben, auch einen substanziellen sozialen Ausgleich für höhere Energiepreise. Ein Doppelschlag