Protokoll der Sitzung vom 29.06.2011

(Zuruf von Björn Thümler [CDU])

von steigenden Stromrechnungen und Mieterhöhungen nach Modernisierungen spaltet die Gesellschaft in Gewinner und Verlierer der Energiewende, Herr Thümler.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Wer - zu Recht - öffentlich gefördert wird, um energetisch zu sanieren und sein Immobilieneigentum aufzuwerten, darf dann nicht die Kosten auf die Mieter abwälzen.

(Björn Thümler [CDU]: Ach, was? - Weitere Zurufe von der CDU)

Da sind wir uns einig, denke ich. Ich nehme Ihre aufmunternden Zurufe einmal als Zustimmung.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, außerdem brauchen wir einen Effizienzfonds, der auch einkommensschwache private Haushalte dabei unterstützt, den Stromverbrauch zu senken.

Schwarz-Gelb will das belastende Erbe der Atomkraft abschütteln. Für uns haben Sie aber keinen Kompass und keine Kompetenz für die industriellen und sozialen Dimensionen der Energiepolitik.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich will Ihnen noch einen inhaltsleeren Satz aus Ihrer Regierungserklärung vorhalten:

„Der Ausstieg aus der Kernenergie darf nicht zulasten des Klimaschutzes gehen.“

Das sagt der Ministerpräsident des Bundeslandes, das als einziges kein Klimaschutzprogramm hat, meine Damen und Herren!

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der LINKEN - Rolf Meyer [SPD]: Un- glaublich! - Gegenruf von der CDU: Null Ahnung!)

Es fehlen konkrete Ziele. Es fehlt ein Maßnahmenplan. Ein durchdachtes Handeln - Herr Ministerpräsident, das ist unser Fazit - findet bei Ihnen nicht statt. Sie leben von der Hand in den Mund.

Das gilt auch für das Beispiel der Erdverkabelung. Erst machen Sie gar nichts. Unter dem Druck der Bürgerinitiativen erwecken Sie dann den Eindruck, über die Raumordnung könne man Erdverkabelung anordnen. Und als der Bund sich zum Herrn des Verfahrens machen will, stellen Sie jetzt hier diesen Kompromiss vor, bei dem im Detail noch sehr zu betrachten sein wird, was das am Ende für die Kilometerlänge an Erdverkabelung bedeutet.

Wir haben den Eindruck - ich habe Ihnen das gesagt -, dass Sie sich ducken und einknicken, wenn es um Anweisungen aus Berlin geht.

Die Krönung dieser Vorstellung hat in der letzten Woche Ihr Umweltminister geliefert, der nun wirklich völlig vor der Position von TenneT eingeknickt ist und 20 km Erdverkabelung - bei 400 km - einfach mal so abnickt. Meine Damen und Herren, das lässt Schlimmes befürchten für das, was Sie im Bereich Erdkabel sagen. Zwar hören wir die Botschaft immer; wir trauen Ihnen aber nicht zu, dass Sie das wirklich schaffen.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Niedersachsen - das wissen wir alle - ist von der bisherigen Energiestruktur besonders betroffen und wird von der zukünftigen Energiestruktur in Deutschland sehr betroffen sein und im Mittelpunkt stehen. Die bisherigen negativen Begriffe kennen wir alle: Castortransporte, Gorleben, Asse, Schacht Konrad und drei aktive Atomkraftwerke zu Jahresbeginn. Deswegen muss gerade eine niedersächsische Landesregierung in der Frage der Energiewende der Schrittmacher sein.

Herr Ministerpräsident, Sie behaupten, Sie hätten das gemacht. Wir stellen fest: Sie haben an allen wichtigen Sitzungen in Berlin teilgenommen. Das war auch Ihre Aufgabe. Herr McAllister, Sie haben sich aber stets in den Grenzen bewegt, die Ihnen die Bundeskanzlerin vorgegeben hat.

(Starker Beifall bei der SPD und leb- hafter Beifall bei den GRÜNEN - Jo- hanne Modder [SPD]: Jawohl!)

Wo war eigentlich Ihr spezieller niedersächsischer Ansatz, Ihre Idee, Ihr Einfall, Ihre Forderung, Ihr Geistesblitz? Wo war der?

(Rolf Meyer [SPD]: Nichts!)

Sie wissen, worauf ich hinauswill: auf das Stichwort Gorleben. Sie haben Gorleben in Ihrer Rede ein Mal erwähnt, und zwar als ausdrücklich eingeschlossen bei der weiteren Erkundung von Endlageroptionen. Das war die einzige Erwähnung des Wortes Gorleben in Ihrer Rede.

(Beifall bei der SPD)

Solange Sie die Weitererkundung in Gorleben verteidigen, können Sie nicht für sich in Anspruch nehmen, niedersächsische Interessen zu vertreten, Herr Ministerpräsident.

(Starker Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Gorleben ist ungeeignet. Die Erkenntnisse zu Gorleben heute sind wie die Erkenntnisse zur Asse in den 60er-Jahren. Deswegen muss man heute erklären, dass Gorleben ungeeignet ist und ein Erkundungsstopp sofort stattfinden muss, meine Damen und Herren.

(Starker, anhaltender Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustim- mung bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Das wissen Sie doch gar nicht!)

Wir stimmen Ihnen natürlich zu, dass - - -

(Jens Nacke [CDU]: Hätten Sie sich doch bloß vorbereitet! - Ministerpräsi- dent David McAllister bespricht sich mit einigen Mitgliedern seines Kabi- netts - Johanne Modder [SPD]: Aufre- gung an der Regierungsbank! - Unru- he - Glocke des Präsidenten)

- Ich warte so lange, bis Sie fertig sind. - Wir stimmen Ihnen natürlich zu, dass ergebnisoffen und transparent bundesweit Endlageroptionen untersucht werden müssen. Wir glauben auch, dass das Salzgestein ganz neu bewertet werden muss.

Wir denken - zumindest habe ich diese Erwartung -, dass Sie noch vor der Landtagswahl 2013 irgendwann das erklären werden, was ich heute gesagt habe: Gorleben ist tot. - Herr Ministerpräsident, wir fragen uns nur immer wieder: Warum müssen wir Sie ständig zu den richtigen Positionen treiben? Warum schaffen Sie es nicht einmal von sich aus, hier eine richtige niedersächsische Interessenpolitik zu betreiben?

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, ich will noch ein Thema ansprechen, das sehr wichtig ist, nämlich die Transparenz bei Rückstellungen im Kernenergiebereich. Wir haben dazu im letzten Plenum eine entsprechende Anfrage gestellt,

(Jens Nacke [CDU]: Ich glaube, es war nicht klug überlegt, Sie reden zu lassen! - Björn Thümler [CDU]: Die Muppet Show läuft im Fernsehen! - Glocke des Präsidenten)

die, wie so oft, nicht ausführlich beantwortet worden ist. Weil die verbleibenden Risiken aus den weiterlaufenden Atomkraftwerken von den Betreibern mit Rückstellungen abgedeckt werden müs

sen, haben diese Ende 2010 32 Milliarden Euro betragen, meine Damen und Herren.

(Zurufe von der CDU)

- Wenn Sie schweigen, können Sie mir zuhören; so einfach ist das. - Bei der Bildung dieser Gesamtrückstellungen ist eine klare Zuordnung zu den einzelnen AKW nicht möglich. Auch genau das muss im Rahmen der Novellierung des Atomgesetzes organisiert werden, damit die Transparenz beim Verfahren - - -

(Anhaltende Unruhe)

Herr Kollege Tanke, ich darf Sie kurz unterbrechen.

(Zurufe von der CDU)

- Die Pause wird jetzt aber nicht für Zwischenfragen genutzt! Ich möchte, dass hier im Plenum mehr Ruhe einkehrt. Vorher öffne ich die Aussprache nicht wieder. - Bitte, Herr Kollege!

Danke schön, Herr Präsident. - Wir fordern, dass die Bestimmungen zur angemessenen Höhe erlassen werden und die Verteilung der Rückstellungen endlich organisiert wird.

Aber, Herr McAllister, was erwarten wir von Ihnen? - Wir erwarten von Ihnen als Ministerpräsidenten, dass Sie endlich die Herausforderungen der Energiewende in Niedersachsen annehmen. Die Menschen in Niedersachsen wollen wissen: Wie schaffen wir ausreichende Ersatzkapazitäten für den Atomstrom?

(Minister Dr. Althusmann geht am Re- depult vorbei zu seinem Platz am Ka- binettstisch)

- Kann ich helfen, Herr Althusmann? Fragen Sie mich!

(Heiterkeit und lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Zu der Frage nach den Ersatzkapazitäten haben Sie nur Ihre neuesten Erkenntnisse, die in der Fachwelt aber schon lange bekannt waren, zu Gaskraftwerken angeführt. Wie lässt sich der Ausbau der erneuerbaren Energien und Netze im Konsens erreichen? - Wenig Konkretes!