(Beifall bei der SPD - Heiner Bartling [SPD]: Wohl wahr! - David McAllister [CDU]: Vorwärts in den Abgrund!)
Sie haben die gleichen Passagen wie im bestehenden Gesetz übernommen. Die wesentlichste Änderung ist, dass ab § 1 durchgängig anstatt „für Frauen“ jetzt „für Frauen und Männer“ steht.
Dagegen habe ich grundsätzlich nichts. Ich bin auch sehr dafür, Männer immer und überall zu beteiligen. Da bin ich aus Überzeugung und Erfahrung bei Ihnen. Für diese Änderung im Gesetzentwurf brauchen wir bei der Textbearbeitung aber nur die Funktion „Suchen und Ersetzen“ anzuklicken, und schon hätten wir das gleiche Ergebnis, das jetzt mühsam und überflüssig erarbeitet wurde.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktionen der CDU und der FDP, am Sonntag habe ich mir die Mühe gemacht, den Gesetzentwurf mit dem geltenden Gesetz zu vergleichen. Ich frage Sie allen Ernstes: Was wollen Sie konkret? Wo setzen Sie die erwähnten neuen Schwerpunkte?
Wo trägt es zur Entbürokratisierung bei? Etwa, indem Sie den Paragrafen „Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz“ streichen, ohne wenigstens an entsprechender Stelle noch auf das Beschäftigungsschutzgesetz bzw. auf das allgemeine Gleichberechtigungsgesetz hinzuweisen?
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass in Ihrem Entwurf die Vereinbarkeit von Erwerbs- und Familienarbeit gleichrangig zum Ziel der Frauenförderung gestellt wird, ist wirklich noch nicht angesagt. Bis es eine echte Aufgabe der bisherigen Frauenbeauftragten sein wird, beide Geschlechter zu unterstützen, wird noch viel Zeit vergehen. Dies dauert leider wahrscheinlich länger, als Sie, Frau Pieper, im Landtag sind.
nen Frauenförderung ist noch viel zu früh. Sie streichen Frauenförderpläne, obwohl Sie selbst ausführen, dass Frauen in Führungspositionen weitaus weniger vertreten sind als Männer. Da widersprechen Sie doch Ihrem eigenen Gesetzentwurf!
Schauen Sie sich doch nur einmal in Ihren eigenen Ministerien um! Wie viele Frauen sind da in Führungspositionen? - Das ist doch ein eindeutiger Beweis: Frauenförderpläne sind weiter notwendig.
Um hier einmal einen Zeitrahmen deutlich zu machen: Am 1. Juli 1958 trat das Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts in Kraft. Ungeachtet nicht zu übersehender Fortschritte besteht noch heute ein eklatanter Widerspruch zwischen gefühlter Gleichberechtigung, also dem, was jungen Frauen heute möglich zu sein scheint, und den strukturellen Rahmenbedingungen. Tatsächlich haben junge Frauen heute, anders als ihre Mütter, zumindest bis zum Eintritt in den Beruf bzw. bis zum ersten Kind, in der Regel wenig geschlechtsspezifische Ungerechtigkeiten zu erfahren. Aber - ich sagte es gerade - Sie dokumentieren es in Ihrer Gesetzesnovelle: Der Aufstieg in Führungspositionen ist für Frauen noch immer beschwerlicher als für Männer.
Sehr geehrte Kolleginnen, daran arbeiten wir seit 50 Jahren mit mehr als bescheidenem Erfolg. Dann wollen Sie - wie Sie es sich selbst schönreden - eine Abwendung von der reinen Frauenförderung hin zum Ziel der Gleichstellung beider Geschlechter im Beruf. Das ist aber Lichtjahre von der Realität entfernt!
Wenn Sie aber schon unbedingt das Gleichberechtigungsgesetz noch einmal durcharbeiten wollen, dann lassen Sie uns den Tatsachen ins Auge sehen und vernünftig darüber reden. Was fehlt beispielsweise? - In § 2 - Geltungsbereich - muss der dritte Absatz unbedingt ergänzt werden. Er lautet:
„Das Gesetz gilt nicht für die Selbstverwaltungskörperschaften der Wirtschaft und der freien Berufe.“
„diese sollen jedoch bei ihrer Personalwirtschaft die Ziele dieses Gesetzes eigenverantwortlich beachten.“
Denn Sinn des Gesetzes ist - Frau Pieper, Sie haben es erwähnt -, dass die gesetzlichen Regelungen Vorbildfunktion und Ausstrahlung auf die Privatwirtschaft haben, nämlich genau in dem Bereich, in dem das Land keine Regelungskompetenz mehr hat.
Außerdem kann es doch wohl nicht sein, dass dieses Ding - anders kann man den Gesetzentwurf leider nicht nennen - nicht einmal für die Wissenschaft und die Hochschulen gelten soll. Gerade dort muss doch die Frauenförderung an vorderer Stelle stehen.
(Beifall bei der SPD - Johanne Mod- der [SPD]: Genau! - David McAllister [CDU]: Und beim Landesrechnungs- hof!)
Der Stufenplan muss wieder hinein, auch in Ihrem Sinne der Gleichberechtigung von Frauen und Männern, damit vorausschauend geplant werden kann.
Die Bestimmung über die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz muss wieder hinein. Das werden wir so nicht mitmachen! Sie streichen selbst das, was unstrittig war und ist. Außerdem: Sie wollen doch so fortschrittlich sein. Dann sollten Sie daran denken, dass es heutzutage auch Männer treffen kann.
Bei allem guten Willen der SPD-Fraktion, das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz mit Ihnen durchzuarbeiten, muss ich zum Schluss auf Ihre frühere Ministerin Frau Dr. von der Leyen verweisen. Sie ist ja pfiffig. Sie macht die Schublade von Renate Schmidt auf, nimmt die guten Entwürfe der SPD heraus und setzt sie um - fertig!
Ich sehe allerdings eine einzige Möglichkeit, die vorbildlich und bahnbrechend sein könnte, nämlich wenn der Ministerpräsident Elternzeit für Linus Florian nehmen würde.
Als nächste Rednerin hat sich Frau Meißner von der FDP-Fraktion zu Wort gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann zwar kein Griechisch, aber ich habe mir einmal sagen lassen, das griechische Wort „andros“ heißt auf Deutsch sowohl „Mensch“ als auch „Mann“. Das heißt, im alten Griechenland war es normal, dass man als Mensch ein Mann ist. Die Frauen spielten keine große Rolle. Man könnte auch sagen: Mann ist die Norm, Frau ist die Ausnahme von der Norm. Wir sind zum Glück inzwischen weit davon weg, aber es gibt trotzdem einige Bereiche, in denen das noch immer so ist. Ich möchte jetzt einen Teil ansprechen.
- Es wäre schön, wenn Sie zuhören würden. Es betrifft nämlich alle. - Das ist mir aufgefallen, als ich in den Landtag kam. Die Frauen haben auf Ihren Türschildern „Frau soundso“ stehen. „Frau Meißner“ steht auf meinem Türschild.
Frau Meißner, ich bitte Sie, zu unterbrechen. Ich möchte Ihren Appell aufnehmen und das Plenum bitten, etwas mehr Ruhe einkehren zu lassen. - Bitte fahren Sie fort!
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich sprach eben von den Türschildern, auf denen bei uns Frauen im Landtag „Frau“ vor dem Namen steht; auch hier auf den Sitzplätzen ist dies so. Ich habe das zu Anfang moniert. Da sagte man mir: Rede nicht darüber. Es gibt Wichtigeres als das. - Ich habe über Wichtigeres geredet, wollte es hier aber einmal erwähnen.
Bei manchen Dingen haben wir bestimmte Vorstellungen von den Geschlechtern. Wenn man „Pausenaufsicht“ hört, denkt man an Grundschule und Frauen. Hört man „Aufsichtsrat“, denkt man an Herren im Nadelstreifen. Wenn man „Sekretär“ hört, denkt man an ein Möbelstück. Bei „Sekretariat“ denkt man an eine Frau, die dem Chef zuarbeitet. Es gibt noch einige Fälle, die zeigen: Wir brauchen Gleichberechtigungsgesetze.
Das Präsidium bereitet sich darauf vor, dieses Ereignis entsprechend zu würdigen. Ich weiß, dass es Leute gibt, die meinen, das ist doch eigentlich gar nichts Besonderes, das braucht man nicht zu würdigen. Vielleicht gibt es auch einige, die sagen, das aktive Wahlrecht hätte gereicht, das passive brauchte man nicht. Zum Glück denken die meisten anders, und es ist gut so, dass in der Politik Frauen und Männer wählen und gewählt werden dürfen. Die Repräsentanz in den verschiedenen Positionen ist noch eine andere Sache.
Wir wollen mit dem NGG aber auch erreichen, dass Frauen und Männer Beruf, Aufstiegsmöglichkeiten und Karriere sowie die Lebensplanung nach eigenen Vorstellungen wählen können. Dabei ist es wichtig, Frau Twesten und Frau Groskurt, die unterrepräsentierten Geschlechter zu fördern - das machen wir weiter -, aber anders als im vorigen Gesetz auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern. Dies war in den wenigen Stufenplänen, die es vorher gab, nicht oder nur marginal enthalten. Wenn wir die Repräsentanz von Frauen verbessern wollen - auch im Hinblick auf den demografischen Wandel, wo wir mehr Frauen sowohl als Mütter als auch als Arbeitnehmerinnen auch in hohen Positionen brauchen -, müssen wir Motivationen schaffen. Wir brauchen für mehr Männer die Möglichkeit einer Familientätigkeit. Darauf muss das Augenmerk gerichtet werden. Das tun wir.