Ich halte das für ein unzulässiges Vorgehen. Es sind zwei unterschiedliche Probleme, die wir angehen müssen, und es kann nicht darum gehen, Kindererziehung gegen Frauenförderung auszuspielen.
Benachteiligung von Frauen darf nicht auf die Mutterrolle reduziert werden. Sie wissen so gut wie ich, dass nicht nur Mütter weniger Chancen auf gut bezahlte Führungspositionen haben. Wie wollen Sie eigentlich den Frauen, die keine Kinder haben und an denen die männlichen Kollegen trotzdem vorbeibefördert werden, diesen Gesetzentwurf erklären?
Bei den höheren Besoldungsgruppen in den Ministerien liegt der Anteil der Frauen bei einem Viertel. 90 % der höchsten Führungspositionen im öffentlichen Dienst sind mit Männern besetzt. Dieser Gesetzentwurf ist nicht geeignet, wirksame Abhilfe zu schaffen.
In Behörden mit weniger als 50 Beschäftigten fällt die Regelung, Gleichstellungspläne aufzustellen und Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, unter den Tisch.
Auf die Berichtspflicht der einzelnen Dienststellen wird hier verzichtet. Selbst vor der sogenannten landesweiten Quote, wonach gilt, dass Frauen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu berücksichtigen sind, haben Sie nicht haltgemacht und geben diese sang- und klanglos auf.
Im neuen Entwurf fehlt zudem die ausdrückliche Verpflichtung, Teilzeitstellen zu fördern. Welcher Mann würde sich überhaupt noch für solche Arbeitsstellen interessieren?
Wer eine Gleichstellungspolitik will, die diesen Namen verdient, kann hier nicht mitgehen. Sehr fragwürdig ist übrigens auch, dass Sie auch im neuen Entwurf wie schon im alten Entwurf den Hinweis auf sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz gestrichen haben.
Die Gleichstellung ist eines der zentralen Motive der Politik meiner Partei. Ich denke, wir sind hier der Motor.
Das ist auch mein letzter Satz. - Ich würde Ihnen von der Landesregierung raten: Seien Sie nicht zu ängstlich! Trauen Sie sich! Verbessern Sie den Entwurf, und machen Sie ein Gleichstellungsgesetz, das diesen Namen verdient!
(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Heiner Bartling [SPD] sowie von Kreszentia Flauger [LIN- KE])
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Pieper, Sie erwähnen zu Recht: Das Gleichberechtigungsgesetz ist 50 Jahre alt. Sie loben es über den grünen Klee. Aber statt den positiven Kern weiterzuentwickeln, treten Sie hier mit Ihrer Vorlage den Rückzug an.
Mit dem heute hier zur Debatte stehenden Entwurf eines Gleichberechtigungsgesetzes findet die Fortsetzung einer Diskussion aus der letzten Legislaturperiode statt. Meine Damen und Herren von der Koalition, ich will es gleich vorwegnehmen: Nicht immer gilt der Satz: „Was lange währt, wird gut.“
Zu dem von der Landesregierung erarbeiteten Entwurf vom 7. November 2006 wurde am 7. Februar 2007 im Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit eine Anhörung durchgeführt, und es wurden dort daran zahlreiche Kritiken geübt.
Kernpunkte der Kritik waren und sind: Der Gesetzentwurf ignoriert die tatsächliche Berufswirklichkeit der weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Durch die im Gesetz proklamierte Vereinbarkeit von Beruf und Familie gerät die gezielte Förderung von Frauen, z. B. bei der Erlangung von Führungspositionen, in den Hintergrund. Mit der Fokussierung auf den Aspekt der Vereinbarkeit wird suggeriert, dass die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern im gehobenen und im höheren Dienst in der Verwaltung bereits erreicht sei. Die tatsächliche Berufswirklichkeit von weiblichen Beschäftigten im öffentlichen Dienst wird ausgeblendet.
Selbstständige Betriebe, einschließlich der Eigenbetriebe der Kommunen, sind im Sinne des Gesetzes nicht mehr Dienststellen - und das in einer Zeit, in der immer mehr Verwaltung in Eigenbetriebe verlagert wird. Das ist ein falsches Signal. Somit werden Hunderte Mitarbeiterinnen und Mitar
Problematisch ist auch die Regelung in § 18, die vorsieht, dass nur in Dienststellen mit mindestens 50 Beschäftigten die Pflicht besteht, eine Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen.
Meine Damen und Herren, diese Kritikpunkte bestehen auch weiterhin. In dem uns heute vorliegenden Entwurf wird das allerdings nicht berücksichtigt.
Die Tatsache, dass die Fraktionen der CDU und der FDP den Gesetzentwurf nunmehr einbringen, spricht dafür, dass die Landesregierung kein Interesse daran hatte, ihren gescheiterten Entwurf aus der letzten Legislatur gründlich zu überarbeiten, und offensichtlich sahen die Regierungsfraktionen keinen Bedarf, den Gesetzesentwurf mit den Vereinen und Verbänden noch einmal zu diskutieren.
Wir haben das getan, und wir haben festgestellt, dass es einen sehr großen Diskussionsbedarf gibt. Deshalb werden wir uns im Fachausschuss für ein gründliches Anhörungsverfahren einsetzen.
Meine Damen und Herren, mit dem hier vorliegenden Gesetzentwurf findet die rückwärts gewandte Gleichstellungspolitik von CDU und FDP ihre Fortsetzung. So wurde mit der Änderung der Niedersächsischen Gemeindeordnung im Jahre 2005 die Verpflichtung von Kommunen ab 20 000 Einwohnern, hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte zu bestellen, auf Landkreise und große kreisfreie Städte reduziert. Damit fiel die Zahl der verpflichtend hauptamtlich zu beschäftigenden Frauenbeauftragten von 137 auf 55. Die tatsächliche Zahl fiel bereits innerhalb eines Jahres von 187 auf 135.
Zudem können Gleichstellungsbeauftragte durch die zu 80 % von Männern dominierten Räte mit einfacher Mehrheit abgewählt werden.
Den Initiatorinnen und Initiatoren von Frauenprojekten, -vereinen und -verbänden werden auf diese Weise nach der materiellen Unterstützung zusätzlich noch die Ansprechpartner entzogen.
Mein letzter Satz: Hauptberufliche Frauenbeauftragte kümmern sich um Tagesmütter, um Alleinerziehende, bringen Gewalt an Frauen und Kindern zur Sprache. Sie stellen Verbindungen her, ermöglichen kurze Wege. Oft sind sie der entscheidende
Anstoß für Kommunalpolitikerinnen, für weitere Fortschritte bei der Chancengleichheit von Frauen und Mädchen zu streiten. Das ist nunmehr in der Fläche, nicht mehr aber in der Form möglich.
Danke, Frau Präsidentin! - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nun ist er wieder da: der Gesetzentwurf zum Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz, historisch passend zum 1. Juli 1958. Frau Pieper, da haben Sie völlig recht. Sehr historisch ist aber auch die Neuauflage des Gesetzentwurfs der CDU/FDP-Koalition vom 24. Juni 2008, den wir seit dem 31. Oktober 2006 kennen und mit dem wir uns wieder beschäftigen sollen.
Er erinnert in weiten Teilen an das konservative Weltbild von Konrad Adenauer, in dem Frauen nur im Zusammenhang mit Familie genannt wurden. Da stimme ich Frau Twesten sehr zu.
Alles, was Sie vollmundig in den Gesetzentwurf geschrieben haben, steht schon geschrieben und ist beschlossen im Niedersächsischen Gleichberechtigungsgesetz von 1994, zuletzt geändert 1997, und im Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes, das 1994 ergänzt wurde:
„Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung der bestehenden Nachteile hin.“
Frau Pieper hat es schon erklärt. Teilen kann ich zwar, dass Sie sich nicht darauf verlassen, was geschrieben ist; denn Papier ist geduldig. Aber Sie schreiben nichts Neues, Frau Pieper. Was Sie z. B. als neueste Erkenntnis herausstellen, ist: Vereinbarkeit von Erwerbsarbeit, Betreuungs- und Pflegearbeit, familiengerechte Arbeitszeitgestaltung. Das alles ist schon vor mehr als zehn Jahren hier im Landtag beschlossen worden,