Protokoll der Sitzung vom 01.07.2011

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Rolf Meyer [SPD]: So ein Blödsinn!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren: Was du sagst, verweht im Wind. Nur was du tust, schlägt Wurzeln.

(Rolf Meyer [SPD]: Ja, genau! Wie war das denn vor einem halben Jahr?)

Das gilt auch für Fraktionsvorsitzende. Sie müssen mehr tun, Herr Schostok, als warme Worte zu sprechen. Das gilt vor allem für die Beschäftigten der Kernkraftwerke, denen Sie angeblich mit einem Beschäftigungspakt helfen wollen. Laut Deister- und Weserzeitung vom 11. Juni 2011 hat Herr Schostok festgestellt:

„Insbesondere am Standort Grohnde, wo die Arbeitsplätze noch vor einem halben Jahr auf Jahrzehnte sicher waren, ist die Verunsicherung mit Händen zu greifen.“

Ich weiß nicht, Herr Schostok, wohin Sie damals gegriffen haben. Manchmal greift man ja auch mal daneben.

(Rolf Meyer [SPD]: Sie greifen ins Leere!)

Mit den betroffenen Menschen haben Sie anscheinend nicht gesprochen. Denn Thomas Gerl, der Betriebsratschef des Kernkraftwerkes in Grohnde, schreibt am 18. Juni 2011 in der gleichen Zeitung in einem Leserbrief, aus dem ich zitiere:

„Mit Verwunderung habe ich den Brief über den Beschäftigungspakt der SPD gelesen. Selbstverständlich freuen wir uns als Mitarbeiter des Gemeinschaftskernkraftwerkes Grohnde über jegliche politische Unterstützung. Doch wie konnte der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Herr Stefan Schostok, die Verunsicherung der Beschäftigten mit Händen greifen? Ich habe keinerlei Informationen - trotz Nachfrage -, dass irgendein SPD-Politiker Gespräche mit Teilen der Belegschaft, der Kraftwerksleitung oder der Belegschaftsvertretung geführt hat, auch nicht bei einer Rundreise durch das Weserbergland.“

(Zuruf von der CDU: Was?)

So ist das also, wenn man auf die Worte der SPD vertraut, Herr Schostok.

Lassen Sie mich zum Schluss über unseren Änderungsantrag sprechen, den ich schon im Ausschuss angekündigt hatte. CDU und FDP sprechen sich dafür aus, dass die Kraftwerksstandorte nach der Stilllegung der Kernkraftwerke als Energiestandorte erhalten bleiben. Wir sprechen uns dafür aus, dass die Umbaumaßnahmen an diesen Standorten sozial verträglich erfolgen. Wir bitten

die Landesregierung, den im Energiepaket der Bundesregierung enthaltenen stufenweisen Ausstieg aus der Kernenergie bis spätestens zum Ende des Jahres 2022 zu unterstützen. Das ist ein konkretes Enddatum. Von heute an sind das exakt elf Jahre und sechs Monate. Danach ist in Deutschland Schluss mit Kernenergie.

Aber bis dahin müssen wir uns anstrengen, um den Ausstieg zu schaffen. Das ist allein mit dem Bedrucken von Papier nicht getan, auch nicht damit, dass man warme Worte spricht, und erst recht nicht damit, dass man Pumpspeicherkraftwerke verhindert, Herr Wenzel, und beim Netzausbau jahrelang geschlafen hat.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Ich habe eine Zwischenfrage!)

Nein, meine sehr geehrten Damen und Herren, jetzt sind wir alle gefragt, unideologisch, pragmatisch und schnell an Lösungen zu arbeiten und vor allem die Fakten zur Kenntnis zu nehmen.

Herr Kollege - - -

(Oh! bei den GRÜNEN - Rolf Meyer [SPD]: Das ist schwach, Herr Bäu- mer!)

Seit Beginn des Moratoriums im Jahr 2011 ist Deutschland von einem Nettoexporteur von Strom zu einem Nettoimporteur von Strom geworden. Vor dem 16. März 2011 wurden durchschnittlich 90 Millionen kWh pro Tag exportiert. Seit dem 17. März 2011 werden durchschnittlich 40 Millionen kWh importiert - vor allem Atomstrom aus unserem Nachbarland Frankreich. So kann das nicht bleiben!

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht! Schauen Sie sich ein- mal die Bilanzen an!)

Ausstieg aus der Kernenergie bedeutet Einstieg in Alternativen. Ich will das einmal bildlich ausdrücken: Deshalb ist jetzt nicht die Zeit, hier im Bahnhof stehen zu bleiben und zu palavern. Die Umsteigezeit ist denkbar kurz. Wer den Zug verpasst, wird nicht im Zeitalter der erneuerbaren Energien ankommen.

(Detlef Tanke [SPD]: Sie haben den Zug ein halbes Jahr aufgehalten, teil- weise sind Sie rückwärts gefahren!)

Deutschland wird zum Land ohne Kernenergie.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ha- ben den Zug eindeutig angehalten!)

Wir wollen das ohne Kompromisse mit den Menschen mit allen Konsequenzen, aber auch wirtschaftlich sinnvoll, ökologisch wertvoll und sozial gerecht.

Vielen Dank, dass Sie mir zumindest teilweise aufmerksam zugehört haben.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Bevor ich die Wünsche auf Kurzinterventionen erfülle, möchte ich die Kolleginnen und Kollegen insgesamt darum bitten, dass wir den Wiederbeginn der Abqualifizierung von Reden anderer, z. B. durch die Verwendung des Begriffs „absondern“ oder des Ausrufs „So ein Blödsinn!“, vermeiden sollten. Ich halte beides nicht für parlamentarisch angemessen.

(Zuruf von der LINKEN: Das hat der Redner selbst gesagt!)

Es gibt drei Wünsche auf Kurzinterventionen, zunächst vom Kollegen Herzog.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wo wir bei Sprüchen sind, sondere ich noch einmal einen ab. Herr Bäumer, Sie haben ja auch einen gebracht. Ich fasse Ihre Rede folgendermaßen zusammen.

Herr Kollege Herzog, ich darf Sie unterbrechen! Sie sind hier nicht auf einer Spaßveranstaltung, sondern im niedersächsischen Parlament.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der CDU: Ja!)

Wenn der Präsident vorher etwas rügt, erwarte ich von Ihnen, dass Sie dieser Rüge Genüge tun. Deswegen bitte ich Sie, das nicht zu verwenden.

(Zuruf von der LINKEN: Aber das dür- fen andere verwenden!)

Herr Bäumer, wo es den Rednern an Tiefe fehlt, gehen Sie in die Breite. Erstens möchte ich Ihnen etwas sagen zu Bitterkeit und negativ verseuchtem

Umfeld. Im Wendland gibt es die bunteste, kreativste, lebendigste Kultur, die ich kenne. Und ich lebe gern da.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf: Ge- nau!)

Zweiter Punkt. Lösungen. Das Wendland hat inzwischen - daran habe ich sehr tatkräftig mitgewirkt - eine zu 100 % regenerative Stromerzeugung.

(Zustimmung bei der LINKEN - Zuruf von der LINKEN: Super!)

Dritter Punkt. Als Sie die Autos sichern wollten, haben Sie als Schwarz-Gelb ein riesiges Konjunkturprogramm aufgelegt. Die Schuldenbremse interessierte Sie überhaupt nicht. Wenn wir diese Energiewende schaffen wollen, müssen wir da klotzen und dürfen nicht kleckern. Im Zweifelsfall muss man gucken, wo die Konjunkturprogramme an dieser Stelle richtig gesetzt sind. Da muss eine Schuldenbremse unter Umständen zurücktreten.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der LINKEN: Eben! - Lothar Koch [CDU]: Nein!)

Vierter Punkt. Hier im Landtag isoliert zu sein, ist für mich durchaus keine Unehre - sagen wir es einmal so. Ich lade Sie gern zu einer Kreistagssitzung ein. Da können Sie sehen, wie es aussieht und wie es vor allem mit Populismus aussieht.

(Jens Nacke [CDU]: Das glaube ich! Damit kennen Sie sich aus!)

Da können Sie auch einmal sehen, wie das ist, Herr Bäumer, wenn man das Vertrauen der Menschen verspielt hat. Die CDU hatte früher in Lüchow-Dannenberg Mehrheiten von über 60 %. Sie sind bei 28 % angekommen. Das bedeutet es ungefähr, wenn man das Vertrauen der Menschen verspielt.

(Beifall bei der LINKEN)

Letzter Punkt. Dass Sie heute immer noch sagen, nachdem Sie selbst im Untersuchungsausschuss Asse dabei waren und die Ergebnisse aus dem Untersuchungsausschuss Gorleben kennen, es gebe keine Fakten gegen Gorleben, und immer noch weitermachen wollen, obwohl geologisch die Fakten dagegen sprechen, - - -

Herr Kollege, Sie müssen den letzten Satz sagen.

- - - das ist wirklich hanebüchen. Das werden die Menschen im Wendland honorieren und Frau Bertholdes abwählen.

(Beifall bei der LINKEN)