Protokoll der Sitzung vom 15.09.2011

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Denn die Bohrungen ganz unten, tief unter der Erde, deren Verlauf mit Ausnahme weniger Experten kaum jemand nachvollziehen kann, verursa

chen bei einer zunehmend kritischer werdenden Bevölkerung Angst, obwohl die Fracking-Technik seit mehr als 30 Jahren angewandt wird und sich bislang kaum jemand dafür interessiert hat. Wenn dann noch das Umweltbundesamt im Entwurf einer Studie zu dem Ergebnis kommt, dass Fracking in sensiblen Gebieten verboten werden sollte, eine obligatorische UVP eingeführt werden sollte und die zuständigen Wasserbehörden grundsätzlich beteiligt werden sollten, dann ist es an der Zeit, intensiv darüber nachzudenken, wie wir die heimische Rohstoffversorgung sichern und trotzdem den berechtigten Sorgen der Menschen Rechnung tragen.

(Beifall bei der CDU, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Gewinnung von unkonventionellem Erdgas darf nach meiner Überzeugung nur unter klar definierten Kriterien zugelassen werden, die den Schutz der Umwelt langfristig gewährleisten. Die Sicherheit von Mensch und Umwelt steht dabei für die CDULandtagsfraktion an oberster Stelle.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben diese Erde von unseren Kindern nur geliehen. Auch die Tatsache, dass die beim Fracking verwendeten Substanzen Anlass zur Besorgnis geben, wie das UBA formuliert hat, trägt nicht unbedingt zur Beruhigung bei.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Deshalb ist es gut, dass das UBA deutlich gemacht hat, dass es in Sachen Fracking Forschungsbedarf und weitere offene Fragen gibt. Manche der vom UBA definierten und gestellten Fragen könnten aber nach meiner Kenntnis durchaus beantwortet werden, wenn man auf die bislang damit beschäftigten Behörden zugehen würde.

Man darf aber auch nicht verschweigen, dass es schon heute umfangreicher Anträge und Genehmigungen bedarf, bevor überhaupt eine Bohrung in der Erde stattfinden kann. Das Verfahren zur Beantragung eines Betriebsplanes sieht vor, dass das Unternehmen, das eine Bohrung durchführen will, einen Antrag beim Landesbergamt stellen muss und dass auch die Träger öffentlicher Belange eingeschaltet werden. Schon heute erfordert die Gewinnung von Erdgas zu gewerblichen Zwecken eine UVP - das hat mein Kollege Hocker vorhin erwähnt -, wenn das tägliche Fördervolumen 500 000 m³ übersteigt. Davon werden natürlich die Aufsuchungsbohrungen, bei denen noch

nicht gefördert wird, nicht betroffen. Deswegen darf man schon die Frage stellen, ob diese Grenze überhaupt erforderlich ist. Aber auch wasserrechtliche Belange sowie die Interessen des Immissionsschutzes, der Wasserwirtschaft und des Naturschutzes werden in eine Entscheidung über eine bergbaurechtliche Erlaubnis oder Bewilligung einbezogen, wenn diese durch die Bohrung berührt wird. Hier ist aber bei den Initiativen wohl der Eindruck entstanden, dass man dies in der Vergangenheit seitens der Behörden vielleicht zu großzügig gehandhabt haben könnte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Diskussion über die Zukunft des Frackings ist nach meiner Auffassung aber kein Thema für eine parteipolitische Profilierung und wird sowohl von Umweltpolitikern als auch von Wirtschaftspolitikern parteiübergreifend durchaus gleich eingeschätzt. So hat mein Kollege, der Wirtschaftssprecher aus dem Land Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, laut einem Artikel in den Westfälischen Nachrichten vom 26. Juni 2011 klargestellt, dass Fracking mit toxischen Stoffen in Gebieten, in denen Trinkwasser gewonnen wird, nicht erlaubt werden soll.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bin fest davon überzeugt, dass wir bei diesem Thema am Ende auf einen gemeinsamen Nenner kommen werden.

(Oh! bei der SPD)

Ich erwarte dann aber auch, dass man die Fakten anerkennt. Wenn Herr Meyer von den Grünen im August 2011 in Lünne laut der Neuen Osnabrücker Zeitung vom 23. August die Behauptung aufstellt, dass wir hier in Niedersachsen nicht das Gaseldorado der Welt seien und weiterhin von Ländern wie Russland abhängig blieben, dann ist das für Niedersachsen unzutreffend. Ich habe das vorhin dargestellt. Herr Meyer, ich hoffe nicht, dass Sie mit dieser Behauptung und der Aussage zum Ausdruck bringen wollten, dass Ihnen die Produktionsbedingungen in Russland egal sind. Ich jedenfalls bin nicht bereit, eine Politik nach dem Sankt-Florians-Prinzip zu betreiben, weder beim Erdgas noch bei der Kernenergie.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir sollten die beiden vorliegenden Anträge umfassend im Umweltausschuss beraten und uns den Entwurf der Studie des UBA ausführlich vorstellen lassen. Ich schlage für meine Fraktion vor, dass wir die fördernden Unternehmen und auch die Bürgeriniti

ativen zu einer öffentlichen Anhörung in den Landtag einladen. Am Ende werden wir vielleicht zu der Erkenntnis kommen, dass es einer UVP bedarf.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister Bode hat jetzt das Wort. Bitte schön!

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Was sagen Sie zu Herrn Bäumer?)

Sie hätten ihm nur richtig zuhören müssen, Herr Jüttner; dann bräuchten Sie jetzt keine Sorge zu haben.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Vieles ist eben schon richtig dargestellt worden.

(Zuruf von der CDU)

- Ich habe nicht alle gemeint. - Aber einige haben vielleicht noch nicht den Hintergrund, dass vieles von dem, was heute von den Bürgerinitiativen gefordert wird, heute schon in den Verfahren verpflichtend ist und tatsächlich abgearbeitet wird. Deshalb lassen Sie mich zunächst etwas zum bestehenden Rechtsrahmen sagen.

Die bergbaulichen Aktivitäten in Niedersachsen und damit auch der Umgang mit Fragen des Umwelt- und Naturschutzes sowie den Anliegen der Betroffenen werden von europäischen Richtlinien, dem Bundesberggesetz sowie den ergänzenden niedersächsischen Umweltschutz- und Sicherheitsanforderungen geprägt. So wie sich der Bergbau und auch die Bedingungen in Hunderten von Jahren immer wieder verändert haben, wurden auch die rechtlichen Rahmenbedingungen immer wieder aktualisiert. So wurde der Katalog der in der europäischen Richtlinie über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannten Vorhaben erweitert. Es wurde europaweit festgelegt, bei welchen bergbaulichen Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung und damit eine Öffentlichkeitsbeteiligung erforderlich ist.

In Deutschland sind diese Festlegungen im Bergrecht umgesetzt worden. Das Bundesberggesetz definiert die staatlichen Anforderungen an eine Genehmigung bergbaulicher Vorhaben und greift damit auch das Spannungsverhältnis zwischen

den Belangen des Umweltschutzes, den Interessen der Betroffenen und der Rohstoffgewinnung auf. Daneben existiert eine Vielzahl an staatlichen Umweltschutzvorschriften, die durch das Bundesberggesetz nicht aufgehoben werden, sondern die natürlich ebenfalls zu beachten sind.

Das Bundesberggesetz trat am 1. Januar 1982 in Kraft. Es ist also im Vergleich zu anderen Gesetzen gar nicht so alt, wie man immer denkt, sondern eher ein junges Gesetz, das seit dieser Zeit immer wieder novelliert worden ist. Es ist ein Gesetz, das die Rohstoffversorgung unter Beachtung der Anforderungen von Umwelt- und Naturschutz sowie der Interessen Dritter sichert. Natürlich ist es so wie bei jedem Gesetz, dass nicht jede Regelung gleichermaßen den Zuspruch aller Beteiligten findet. Allerdings ist für mich völlig undenkbar, dass beispielsweise auf der Grundlage dieses Gesetzes ein Vorhaben genehmigt wird, ohne dabei die Belange des Trink- und Grundwasserschutzes zu berücksichtigen oder aber den Eingriff in die Natur zu bewerten. Auch kann ich mir nicht vorstellen, dass niedersächsische Genehmigungsbehörden gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Regelungen zur Beteiligung der Landkreise und damit der unteren Wasserbehörden verstoßen oder verstoßen haben.

Die letzte Novellierung des Bergrechts datiert vom September 2010 und hat die Pflicht zur Durchführung von Umweltverträglichkeitsvorprüfungen bei der Errichtung von Untergrundspeichern sowie die Beteiligung der Öffentlichkeit begründet. Das geschah auf Initiative des Landes Niedersachsen; das möchte ich hier noch einmal betonen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, zur Fracktechnologie. In Niedersachsen ist ihre Anwendung seit vielen Jahrzehnten ein fester Bestandteil der heimischen Erdöl- und Erdgasförderung. In mehr als 35 Jahren wurden über 250 hydraulische Bohrlochbehandlungen durchgeführt, ohne dass sich dabei Hinweise auf Beeinträchtigungen des Trinkwassers ergeben haben. Auch sind in der Vergangenheit keine tatsächlichen Auswirkungen von Frack-Behandlungen auf das Grundwasser bekannt geworden. Integraler Bestandteil der Entscheidung über die Zulässigkeit derartiger Verfahren ist selbstverständlich der Schutz sensibler Gebiete, wie der Wasser- und Naturschutzgebiete. So sieht das Wasserhaushaltsgesetz des Bundes für Wasserschutzgebiete vor, bestimmte Handlungen zu verbieten oder nur eingeschränkt für zulässig zu erklären, soweit es der Schutzzweck erfordert. In der Praxis werden in

Wasserschutzgebieten üblicherweise Regelungen für Bohrungen von mehr als 3 m Tiefe getroffen. Bereits heute sind damit im Regelfall derartige Bohrungen und damit auch Erdgasbohrungen in den Schutzzonen I und II verboten, in der Schutzzone III nur beschränkt zulässig. Soweit Bohrungen in einer Schutzzone III durchzuführen sind, muss die zuständige untere Wasserbehörde der Landkreise und nicht die niedersächsische Bergbehörde über die Zulässigkeit dieses Verfahrens entscheiden. Ich halte das auch für angemessen; denn sonst müsste man nachträglich in Entschädigungs- und Enteignungsverfahren einsteigen. Deshalb ist es besser, dass die untere Wasserbehörde individuelle Entscheidungen trifft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, über die Frage der Förderabgabe haben wir heute Morgen im Rahmen der Behandlung der Dringlichen Anfrage schon intensiv diskutiert. Die Landesregierung strebt eine allgemein verbindliche Regelung an, die in ganz Niedersachsen, d. h. unabhängig von der Lage des Vorhabens zu existenziellen Schutzgebieten, gilt. Sofern in Abhängigkeit von geologischen Gegebenheiten, vom Standort, von der Tiefe, dem Abstand zu trinkwasserführenden Schichten, dem Volumen, den verwendeten Medien und den eingesetzten Additiven bei den Vorhaben mit erheblich nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist, muss für die Genehmigung ein bergrechtliches Planfeststellungsverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung und integrierter Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Eine derartige Regelung hat die Mehrheit im Wirtschaftsausschuss des Bundesrates gefunden. Ich hoffe, dass diese Regelung möglichst schnell nicht nur für Niedersachsen, sondern für ganz Deutschland verbindlich wird.

Ich kann Ihnen versichern, dass die Landesregierung auch zukünftig im Rahmen ihrer Möglichkeiten für eine Anpassung des Bergrechts an die sich wandelnden gesellschaftlichen Anforderungen eintreten wird. Dies betrifft sowohl das Interesse des Landes an einer sicheren Rohstoffversorgung auf der Grundlage der heimischen Rohstoffvorkommen als auch die Erhöhung der Transparenz der Genehmigungsverfahren und die verstärkte Berücksichtigung und Einbindung von Dritten.

Danke.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Vielen Dank. - Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Punkt vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung, zunächst zu Punkt 30. Der Antrag soll zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz, mitberatend an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen werden. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist so beschlossen.

Dann kommen wir zur Ausschussüberweisung zu Punkt 31: Der Antrag soll an den Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz überwiesen werden. Spricht jemand dagegen? - Enthält sich jemand? - Das ist nicht der Fall. Dann ist auch das so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 32 auf:

Erste Beratung: Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und den Niederlanden - Die Chancen im Europa 2020 gemeinsam nutzen - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/3913

Einbringen wird diesen Antrag der Kollege Hogrefe für die CDU-Fraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Man hat den Eindruck, in diesen Wochen und Monaten droht in Vergessenheit zu geraten, worum es bei dem einzigartigen Projekt Europa eigentlich geht. Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Helmut Schmidt waren sich immer dessen bewusst, was François Mitterrand in einem einfachen Satz zusammengefasst hat.

(Unruhe)

Moment bitte, Herr Hogrefe! - Ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner.

Ich glaube, die kommt noch, Herr Präsident; aber vielen Dank.

Auch ich gehe davon aus, dass sie noch kommt. - Bitte schön, Herr Hogrefe!

Ich fange noch einmal von vorne an. Meine Damen und Herren, in diesen Wochen und Monaten droht offenbar in Vergessenheit zu geraten, worum es beim Projekt Europa wirklich geht. Helmut Kohl, Hans-Dietrich Genscher und Helmut Schmidt waren sich noch dessen bewusst, was François Mitterrand in einem Satz zusammengefasst hat. Er hat gesagt: L’Europe, c’est la paix. - Europa, das ist der Frieden.

Meine Damen und Herren, Europa ist viel mehr als der Euro. Zu dem gemeinsamen Europa gibt es keine vernünftige Alternative.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ralf Briese [GRÜNE]: Mit der Türkei!)