Protokoll der Sitzung vom 16.09.2011

Dann kommt die Antwort der Landesregierung - Zitat -: Aufgrund von leider bestehenden Lücken in den Akten in den Jahren 2002 bis 2004 konnte der Prozess der Entstehung der Grundsatzerlasse über die Arbeit in den Ganztagsschulen sowie der Regelungen zum Einsatz von außerschulischen Fachkräften im Zusammenhang mit ganztagsspe

zifischen Angeboten nur unzureichend nachvollzogen werden.

(Helge Limburg [GRÜNE]: Das ist un- erhört!)

Wie praktisch, Herr Busemann und Herr Althusmann, dass es in den Ermittlungen zu einer möglichen Straftat nicht nur Erinnerungslücken, sondern auch Lücken in den Akten gibt!

Sie werden uns doch nicht im Ernst erzählen wollen, dass die Entscheidung, die Ganztagsangebote vor allem auf der Basis von freien Dienstleistungsverträgen zu betreiben, ohne das Wissen, ohne die Billigung oder Veranlassung des zuständigen Kultusministers getroffen worden ist, der als Jurist und ehemaliger Rechtsanwalt in Rechtsfragen nicht ganz unbeleckt gewesen sein dürfte - das hoffen wir zumindest, Herr Busemann!

Herr Althusmann, Herr Busemann, Sie werden sich doch nicht im Ernst hinter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Ihren Ministerien und Behörden vor dem Staatsanwalt verstecken wollen!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung bei der SPD - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich fasse zusammen:

Erstens. Die Zahl der rechtlich fragwürdigen Verträge nimmt seit 2004 unter Kultusminister Busemann dramatisch zu.

Zweitens. Trotz rechtlicher Bedenken wird jahrelang so weitergemacht.

Drittens. Auch unter dem angeblichen Aufklärer Althusmann wird das Problem heruntergespielt und verschoben, bis die Staatsanwaltschaft kommt.

Viertens. Die Ganztagsschulen, vor allen Dingen die Schulleitungen, müssen gemeinsam mit ihren prekär bezahlten außerschulischen Fachkräften das Ganze ausbaden und mussten ihre Angebote schon drastisch reduzieren.

Fünftens. Niemand in der Landesregierung hat den Mut, die Verantwortung für diesen skandalösen Umgang mit Recht und Gesetz zu übernehmen.

Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen, wird die Antwort auf unsere Große Anfrage aus der Staatskanzlei oder dem Kultusministerium schon einmal dem rundblick zugespielt, bevor wir als fragende Fraktion die Antwort bekommen und bevor der Landtag darüber debattiert,

(Glocke des Präsidenten)

- ich komme zum Schluss, Herr Präsident -, vermutlich in dem Kalkül: Wenn es bereits im rundblick gestanden hat, dann wird die Landespresse kein Interesse mehr haben. - Sie müssen ganz schön mit dem Rücken zur Wand stehen, Herr Minister!

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Frauke Heiligenstadt [SPD])

Meine Damen und Herren, nach § 45 Abs. 5 der Geschäftsordnung hat nun die Landesregierung das Wort. Herr Minister Althusmann, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Abgeordnete Korter, ich habe mich während Ihrer Rede die ganze Zeit gefragt, wo der Neuigkeitswert ist, den wir nicht schon im Ausschuss, hier im Parlament oder wo auch immer beraten haben. Ihre ganze Rede reduziert sich eigentlich auf den Vorwurf: Irgendjemand muss jetzt einmal Verantwortung übernehmen. Unter Umständen hat es in Zeiten der CDU-Regierung ein sehr merkwürdiges Handeln gegeben.

Frau Korter, Sie haben sich darüber gewundert, dass in der Großen Anfrage mit Blick auf den zurückliegenden Zeitraum bis 2002 nur eine so geringe Zahl von Dienstleistungsverträgen aufgeführt wurde. Das hat eine ganz einfache Ursache: Zu Ihren Zeiten gab es nicht genügend Ganztagsschulen in Niedersachsen.

(Zustimmung bei der CDU - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Die waren we- nigstens ordentlich ausgestattet!)

Deshalb konnte es keine entsprechenden Dienstleistungsverträge geben.

Sie haben allerdings - das ist die Wahrheit - die Grundlagen für die Anwendung von Dienstleistungsverträgen mit den Erlassen aus dem Zeitraum 2001/2002 auf den Weg gebracht. Diese Erlasse haben sich im Wesentlichen gar nicht geändert. Dienstleistungsverträge, Honorarverträge, Kooperationsverträge, aber auch Arbeitsverträge bei pädagogischen Mitarbeitern gab es sowohl zu Zeiten der SPD-Landesregierung als auch zu Zeiten der CDU/FDP-Landesregierung.

Meine Damen und Herren, was wurde eigentlich seit Januar - hier, öffentlich im Parlament oder an anderer Stelle - nicht alles behauptet? - Das Ganz

tagsschulangebot falle spätestens ab 1. Februar 2011 aus. Wenn es schon nicht zum 1. Februar ausfalle, dann werde es wohl allerspätestens zum 1. August des Jahres 2011 ausfallen. Das gesamte Ganztagsschulangebot, Frau Heiligenstadt, stehe jetzt im Land Niedersachsen auf der Kippe.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das wa- ren Zitate aus den Zeitungen, Herr Dr. Althusmann!)

Ich stelle fest: In Niedersachsen sind 1 300 Ganztagsschulen am Start. Ganze 50 Ganztagsschulen haben sich im Kultusministerium aufgrund von Budgetproblemen im Zuge der Umstellung von Dienstleistungsvertrag auf Arbeitsvertrag gemeldet. Von diesen 50 Ganztagsschulen sind ganze 7 übrig geblieben, denen wir im Rahmen der Budgeterhöhung mit einem Betrag von 59 268,79 Euro helfen.

Meine Damen und Herren, auf der einen Seite: Skandal! Wie schrecklich! Alles bricht zusammen! - Auf der anderen Seite die klare Ansage des Kultusministerium: Wir helfen jeder Schule. Das Ganztagsschulangebot in Niedersachsen wird fortgeführt. - Jetzt mögen Sie bitte beurteilen, wie die Fakten heute sind. Ich glaube, daran besteht kein Zweifel mehr.

Auch hat es keinen Paukenschlag gegeben, Frau Korter. Es hat einen Telefonanruf gegeben und daraufhin ein Gespräch mit dem Staatssekretär im Kultusministerium mit der freundlichen Frage, ob man die Akten, die wir zu diesem Zeitpunkt dazu vorrätig hatten, einmal einsehen könne, um die Gesamtproblematik zu erörtern, nämlich die Tatsache, dass die Rentenversicherung im Raum Braunschweig bereits seit 2007 - dies habe ich im Ausschuss schon mehrfach erläutert - durch stichprobenartige Untersuchungen festgestellt hat, dass in Einzelfällen tatsächlich Arbeitsverträge anstelle von Dienstleistungsverträgen hätten abgeschlossen werden müssen.

Aber zunächst möchte ich im Zusammenhang mit der Beantwortung der Großen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den Dank an meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kultusministerium richten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben nämlich in bewährter und engagierter Arbeit die Antwort zu dieser Großen Anfrage erstellt, und das im Übrigen unter dem Eindruck des von der SPD-Fraktion - von Ihnen, Frau Heiligenstadt - presseöffentlich erhobenen ungeheuerli

chen Vorwurfs des kriminellen Handelns der Mitarbeiter meines Hauses. Das weise ich mit aller Entschiedenheit zurück!

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Björn Försterling [FDP] - Hartmut Möllring [CDU]: Was sagt denn Frau Modder dazu?)

Jetzt halten Sie sich einmal fest: Meine Damen und Herren, ich hatte gerade den Eindruck, dass Frau Modder im Zusammenhang mit der Beantwortung der Mündlichen Anfrage zur Leuphana Universität wörtlich gesagt hat: Wir sollten uns wirklich überlegen, wie wir miteinander umgehen.

(Björn Thümler [CDU]: Eben!)

Es gibt einen Brief meiner Abteilungsleiterin 1 an die SPD-Fraktion. Dieser Brief ist von Ihnen, Frau Heiligenstadt, beantwortet worden.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Ganz korrekt!)

In diesem Brief steht, Sie meinten mit kriminellem Handeln nicht die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kultusministeriums und entschuldigten sich dafür.

(Björn Thümler [CDU]: Wen denn dann?)

Dann kommt aber ein entlarvender Satz, Frau Modder: Mit dem kriminellen Handeln meinen Sie die Minister Busemann, Heister-Neumann und Althusmann. - Was ist das für ein Umgang einer Opposition mit einer Regierung, meine Damen und Herren?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Einmal abgesehen davon, Frau Heiligenstadt, dass ich mir nicht so ganz sicher bin, dass dieser Vorwurf, den Sie in diesem Brief, der mir ja vorliegt, erheben, noch durch Ihre Immunität und durch die Indemnität geschützt ist.

(Zuruf von der SPD: Ganz schön dünnhäutig!)

Ich werde mir das sehr genau anschauen und auch rechtlich prüfen lassen, denn der Vorwurf kriminellen Handelns gegen Mitglieder der Landesregierung gehört eigentlich geahndet.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Minister, ich darf Sie unterbrechen. Der Kollege Limburg möchte Ihnen eine Frage stellen. Lassen Sie die zu?

Bitte sehr, Herr Kollege Limburg! - Obwohl: Ich bin kein Abgeordneter. Von daher: Bitte sehr, Herr Abgeordneter Limburg!

Das nehme ich nicht so genau, Herr Dr. Althusmann.

(Minister Dr. Bernd Althusmann: Ich schon!)

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Minister, ich frage Sie vor dem Hintergrund Ihrer Ausführungen zu den kriminellen Machenschaften, die Sie sehr weit von sich weisen, warum denn dann die Staatsanwaltschaft ermittelt. Nach meiner Kenntnis dürfen Staatsanwälte nur ermitteln, wenn es zumindest den Verdacht auf kriminelle Machenschaften gibt. Oder wollen Sie die Staatsanwaltschaft für die Aufnahme der Ermittlungen kritisieren?