Protokoll der Sitzung vom 09.11.2011

Die Kommunen wollen auch nicht, dass bei Antragstellung die Förderfähigkeit nur noch bis zu 75 % beträgt. Auch das sagen mir die Bürgermeister und Landräte. Was passiert denn mit den finanzschwachen Gemeinden? Die haben doch dann gar keine Möglichkeit mehr. Wir brauchen aber auch die Möglichkeit - das richtet sich natürlich nach der Art des Projektes - einer Förderung in Höhe von 90 %.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Enno Hagenah [GRÜNE]: Das habe ich gerade eben gesagt, Herr Kollege! Hätten Sie zugehört, wüssten Sie das!)

Ihr Gesetzentwurf aber führt zu einer enormen Verunsicherung der kommunalen Seite.

Insgesamt bleibt festzustellen, dass der Gesetzentwurf in weiten Teilen vom Ursprungsgesetz abgeschrieben worden ist. Das kann man ja nachvollziehen; Sie haben heute ja schon angedeutet, in welchen Landesgesetzen das auch so steht.

Wenn man die fachliche Seite betrachtet, kommt man aber sehr schnell zu dem Ergebnis, dass der Gesetzentwurf nicht fehlerfrei ist.

So ist bereits jetzt die Beschaffung von Linien- und Gelenkomnibussen Bestandteil der Förderpraxis. Das müssen wir nicht noch einmal ins Gesetz schreiben. Wir halten die im Gesetzentwurf der Grünen genannte Förderung von ÖPNVOmnibussen durch das Land - auch das habe ich schon in der ersten Beratung gesagt - unter Berücksichtigung des europäischen Wettbewerbsrechts grundsätzlich für nicht zulässig.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Der Antrag der Fraktionen von CDU und FDP - „Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden - Mittel aus dem Entflechtungsgesetz weiterhin zweckentsprechend einsetzen“ - ist da eher zielführend und sorgt für eine große Planungssicherheit bei den Kommunen. Auch von den Verbänden haben wir viel Zuspruch erfahren.

Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf der Grünen ab und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

Herr Jüttner, Ihr Signal habe ich so verstanden, dass Sie mit uns stimmen wollen - sonst hätten Sie mich ja nicht angesprochen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege Krumfuß, das kann Herr Kollege Jüttner gleich richtigstellen, weil er sich zu einer Kurzintervention auf Sie gemeldet hat. Sie haben anderthalb Minuten. Herr Jüttner, bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Krumfuß, Ihre Wahrnehmung meiner Intervention ist ähnlich gut wie die Qualität Ihres Beitrages, nämlich ziemlich miserabel, um es einmal vorsichtig zu sagen.

(Oh! bei der CDU - Zuruf von Klaus Krumfuß [CDU] - Norbert Böhlke [CDU]: Oberlehrer!)

Ich glaube, Sie waren bei der Beratung auch gar nicht dabei. Es geht bei dem Entflechtungsgesetz darum, dass bis 2013 eine Bindung der Mittel festgelegt ist, der Bund ab 2013 die Finanzierung bis 2019 fortsetzt, aber ohne Bindung der Mittel. Das heißt, der Landesgesetzgeber kann ab 2014 diese Mittel des Bundes einsetzen, wie er will.

In Kenntnis dessen hat der Landtag BadenWürttemberg mit Mehrheit von CDU und FDP im Dezember letzten Jahres beschlossen, ein Signal zu geben und die Bindung im Bereich ÖPNVStraße weiterhin zu gewährleisten, indem sie in ein Landesgesetz aufgenommen worden ist.

(Hört, hört! bei der SPD)

Wir haben nichts anderes vor - das steht im Gesetzentwurf der Grünen, und dem stimmen wir zu -, als das nachzumachen, was in BadenWürttemberg für angemessen gehalten wurde, nämlich Planungssicherheit insbesondere für den ÖPNV über 2014 hinaus, meine Damen und Herren - und das am besten durch eine gesetzliche Grundlage.

(Glocke der Präsidentin)

Das wollen Sie erkennbar nicht und speisen uns damit ab, dass Sie sagen: Das kann man auch einfach so zusagen.

(Ernst-August Hoppenbrock [CDU]: Genau!)

Ich meine, eine gesetzliche Grundlage bedeutet heute schon eine bindende Wirkung für diejenigen, die Genehmigungen erteilen - - -

(Die Präsidentin schaltet dem Redner das Mikrofon ab)

Das waren anderthalb Minuten, Herr Kollege Jüttner.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Krumfuß, möchten Sie antworten? - Das ist nicht der Fall.

Dann spricht jetzt für die SPD-Fraktion Herr Kollege Will. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Krumfuß, um noch einmal Klarheit zu schaffen: Die Maßnahmen, die heute Morgen diskutiert worden sind, waren im Wesentlichen Maßnahmen des Bundesverkehrswegeplans. Die haben mit dem GVFG oder mit dem Entflechtungsgesetz nichts zu tun.

(Klaus Krumfuß [CDU]: Die Umge- hungsstraße habe ich beispielhaft ge- nannt!)

- Wenn wir schon bei Umgehungsstraßen sind: Was ist denn da häufig Praxis gewesen? - Die wurden zunächst als Kreis- oder kommunale Straße gebaut und anschließend wieder aufgezont, um verdeckt Landesaufgaben oder Bundesaufgaben zu finanzieren. Auch das ist eine Zweckentfremdung an der Stelle.

(Zurufe von der CDU)

Meine Damen und Herren, das sogenannte Entflechtungsgesetz als Nachfolgegesetz des Gemeindefinanzierungsgesetzes regelt seit 2007 die Ausgleichszahlungen des Bundes für die Länder. Zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse in den Gemeinden zahlt der Bund derzeit immerhin ca. 130 Millionen Euro an das Land. Bis Ende des Jahres 2013 ist die Zweckbindung damit festgeschrieben - das ist hier ja schon erläutert worden. Nach derzeitiger Gesetzeslage bleibt zwar eine investive Zweckbindung erhalten, wodurch die Länder dann auch andere Investitionen mit den Bundesmitteln durchführen könnten. Ich sage hier aber auch deutlich: Bei der Finanzierungskreativität dieser Landesregierung brauchen wir allemal eine klare gesetzliche Grundlage, damit das in den nächsten Jahren nicht aus dem Ruder läuft.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, außerdem ist die Höhe der jährlichen Mittel des Bundes nur bis 2013 festgeschrieben. Die Revision des Gesetzes soll klären, wie hoch die erforderlichen Mittel zur Aufgabenerfüllung der Länder von 2014 bis 2019 sein müssen.

Ich darf daran erinnern - Sie alle haben doch die entsprechenden Eingaben bekommen, ob aus Aurich oder aus anderen Landesteilen -: Die Kommunen, die bereits richtigerweise mit ihren Eingaben die Fortschreibung und die Erhöhung der Mittel für kommunale Straßenbaumaßnahmen nach dem GVFG fordern, sind zu unterstützen, insbesondere auch, was die quotale Förderung angeht. Auch ist es erforderlich, die bisher durch das Entflechtungsgesetz gesicherte Mittelbindung auf Landesebene weiter festzulegen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir alle wissen, dass die Mittel, die bisher für die Verbesserung der Verkehrsbedingungen in den Gemeinden zur Verfügung gestellt worden sind, unverzichtbar sind. Diese müssen auch weiterhin zur Verfügung stehen. Der Gesetzentwurf hat das Ziel der Selbstverpflichtung und Festlegung bei den GVFGMitteln. Damit gibt es auch eine seriöse Nachweisführung der Mittelverwendung gegenüber dem Bund. Erinnern wir uns an den Umgang dieser Landesregierung schon in der letzten Legislaturperiode mit den sogenannten Regionalisierungsmitteln des Bundes. Unabhängige Fachleute schätzen die Zweckentfremdungsquote auf mindestens 25 %. Ohne klare gesetzliche Selbstverpflichtung ist anschließend nur schwer der Nachweis zu führen, ob die Mittel gezielt und ordentlich eingesetzt worden sind.

Selbst die Fraktionen von CDU und FDP fordern - damit komme ich zu dem Entschließungsantrag - die Festlegung der Mittelverwendung auf Ausgaben für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse. Folgerichtig reicht keine einfache Entschließung. Den Gesetzentwurf der Grünen zu unterstützen, würde auch die eigene Argumentation gegenüber dem Bund stärken; denn er, der Gesetzentwurf, definiert klar die zukünftigen Aufgaben des Landes als Selbstverpflichtung.

Auch die in ihm enthaltene Regelung der förderfähigen Vorhaben und der zukünftig geltenden Förderungsvoraussetzungen bedeutet eine wichtige Weiterentwicklung im Blick auf die verkehrspolitischen Ziele für Niedersachsen. Zu ihnen zählen z. B. ein sinnvolles Verhältnis der Ausgaben für die jeweiligen Verkehrsträger auf Straße und Schiene, ein besserer Schutz von Anliegern und Infrastruktur sowie die Sicherung der Mobilität benachteiligter Verkehrsteilnehmer. Diese Ziele sind ausdrücklich zu begrüßen.

Der Antrag der Regierungsfraktionen bleibt erheblich dahinter zurück. Er stärkt weder die Position

der Landesregierung gegenüber dem Bund, noch beschreibt er wichtige neue und zeitgemäße Zielsetzungen der Verkehrspolitik in Niedersachsen.

Meine Damen und Herren, wir werden dem Gesetzentwurf der Grünen daher zustimmen und den Antrag der Regierungsfraktionen ablehnen.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Will. - Für die FDPFraktion hat sich Frau Kollegin König zu Wort gemeldet. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der von den Grünen eingebrachte Gesetzentwurf zeigt ihr ewiges Misstrauen, und das sogar gegenüber ihren eigenen Entscheidungen. Das können wir von CDU und FDP nicht nachvollziehen; denn wir haben die Mittel in der Vergangenheit immer genau so ausgegeben, wie es gefordert wurde.

(Gerd Ludwig Will [SPD]: Und die Er- de ist eine Scheibe!)

Bislang haben wir die Mittel aus dem Entflechtungsgesetz - jährlich 130 Millionen Euro vom Bund - sorgsam, transparent und zweckgebunden eingesetzt. Das wird auch 2014, wenn die derzeit noch geltende Systematik ausgelaufen ist, so bleiben. Wir haben getreu dem Auftrag in Ortsdurchfahrten investiert, den ÖPNV durch Infrastrukturmaßnahmen gestärkt und weitere wichtige Verbesserungen der Verkehrsverhältnisse vorgenommen.

Die seit dem 1. Januar 2007 angesetzte Mittelverteilung wird von 2014 bis 2019 neuen Kriterien unterliegen. Das bedeutet eine Weiterentwicklung der Finanzierung. Die Förderkriterien, die in den ersten fünf Jahren gegolten haben, müssen und sollen dem Bedarf angepasst werden. Das heißt, ab 2014 ist richtigerweise zu prüfen, ob sie sich verändert haben. Es ist durchaus möglich, dass die Kommunen dann ganz andere Maßstäbe ansetzen.

Dazu gehört, dass erst einmal ermittelt werden muss, ob die Höhe der Zuwendungen in den nächsten Jahren noch angemessen ist. Außerdem ist zu gewährleisten, dass die Mittel nur noch investiv eingesetzt werden und somit zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse dienen. Die Verkehrsverhältnisse sind bei den Grünen immer völlig

anderes strukturiert als z. B. bei der FDP und bei der CDU

(Zuruf von den Grünen: Ach?)

Ob die Finanzmittel, die uns der Bund zukommen lässt, in der bisherigen Höhe bestehen bleiben oder vielleicht auch höher ausfallen, wissen wir heute noch nicht. Somit können wir nur gewährleisten, dass wir die weiteren Mittel, die eventuell kommen, genauso zweckgebunden einsetzen wie in der Vergangenheit, nämlich für Investitionen in Verkehrsverhältnisse. Diese Grundlage wird in Ihrem Gesetzentwurf zwar angesprochen, aber letztlich nicht richtig umgesetzt. Denn es gibt Eventualitäten, die wir heute noch gar nicht kennen.