Protokoll der Sitzung vom 07.12.2011

Besonders wichtig ist uns die Absicherung der Einrichtungen der Behindertenhilfe. Sie werden mit zusätzlich 82,6 Millionen Euro für 2012 und 86 Millionen Euro für das Jahr 2013 abgesichert. Für 2012 werden Kostenerhöhungen durch höhere Sachkosten und höhere Personalkosten in der teilstationären und stationären Eingliederungshilfe mit etwa 3 % berücksichtigt. Das führt in der Tat - Gespräche mit den Beteiligten haben wir geführt - zu einer deutlichen Entspannung der Situation und findet positive Resonanz.

Abschließend eine Bemerkung zum Quotalen System. Mit diesem werden seit vielen Jahren die Aufwendungen in der Sozialhilfe in gemeinsamer finanzieller Verantwortung vom Land, dem überörtlichen Träger der Sozialhilfe, und den Kommunen nach sogenannten Quotenklassen getragen. Im Haushaltsplanentwurf sind hierfür für 2012 1,7 Milliarden Euro veranschlagt. Damit stehen die Aufwendungen für das Quotale System wie in den vergangenen Jahren mit einem äußerst großen Posten in der Einzeldarstellung. Dies ist auch langfristig gesichert. Dafür haben wir unsere Aufgaben in der Sozialpolitik wahrgenommen.

Meine Damen und Herren, in den letzten Monaten wurde stetig über die Mehrgenerationenhäuser debattiert. Die Opposition sah große Fehlentwicklungen auf uns zu kommen. Obwohl das Land hier nicht mehr in der großen Verantwortung ist - die Bundesförderung ist infrage gestellt worden -, haben wir sichergestellt, dass Mittel in Höhe von 280 000 Euro für die Mehrgenerationenhäuser auch weiterhin gewährleistet bleiben. Die Unterstützung des Bundes und der Kommunen ist gewährleistet. Hier haben wir ein Problemfeld abgearbeitet.

Natürlich haben wir noch weitere politische Akzente gesetzt. In diesem Haushalt geht es auch darum, die Förderung der Frauenhäuser im Rahmen der Neuregelung der Förderrichtlinien zu gewährleisten. 1,36 Millionen Euro werden mehr als bisher für diesen Bereich aufgewandt. Es ist sichergestellt, dass bei den Frauenhäusern der Bestandsschutz für alle Einrichtungen auf dem Niveau des Jahres 2011 besteht.

Ich möchte auch daran erinnern, dass wir das Projekt „Eine Chance für Kinder“ in den Mittelpunkt stellen. Hier geht es auch darum, dass die Frage der entsprechenden Haushaltsmittel für die Ausbildung von Familienhebammen vorangebracht wird. Hier sind insgesamt 698 000 Euro im Haushalt vorgesehen. Das ist ein ganz wichtiger sozialpoliti

scher Beitrag, der insbesondere in der Fläche große Anerkennung findet. Wir wollen dafür Sorge tragen, dass in absehbarer Zeit weitere 150 in Ausbildung befindliche Damen und Herren diese Aufgaben vor Ort wahrnehmen können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Natürlich sind in den Haushalt auch Mittel für die Integration, bekanntlich eine Querschnittsaufgabe, eingewoben worden. Integration bedeutet auch Unterstützung des Bildungsprozesses von Kindern mit Migrationshintergrund. Es werden Projekte zur Aufklärung, Information und Aktivierung von Eltern gefördert. Hier muss deutlich werden, dass nicht nur die Zielgruppe der Kinder angesprochen wird, sondern der gesamte familiäre Bereich. Entsprechende Mittel in Höhe von 50 000 Euro sind vorhanden. Das Integrationsmonitoring für die statistische Auswertung und sozialwissenschaftliche Erarbeitung von Daten, die deutlich machen, welche Entwicklungen wir im Auge behalten müssen und wie wir darauf zu reagieren haben, zeigt sich entsprechend.

Meine Damen und Herren, wir haben einen Doppelhaushalt zu verabschieden, in dem die erkennbaren Entwicklungen und Erwartungen im sozialpolitischen Bereich finanziell sehr deutlich abgedeckt werden. Dies war nur mit der Unterstützung aus dem Sozialministerium möglich. Ich möchte mich ganz herzlich bei unserer Sozialministerin Aygül Özkan und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die bewährte und konstruktive Zusammenarbeit bedanken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Unter angespannten finanziellen und wirtschaftlichen Bedingungen - das ist kein Geheimnis - haben wir einen Sozialetat vorgelegt, der sich sehen lassen kann und deutlich macht, dass wir das, was wir zugesagt haben, einhalten und verlässliche und berechenbare Partner in der Sozialpolitik sind.

Das ist eine ganz wichtige Nachricht nach außen für unsere Partner in der Sozialpolitik im Lande Niedersachsen. Deshalb ist dieser Haushaltsentwurf nicht nur wichtig, sondern er verdient auch uneingeschränkte Unterstützung, die die CDUFraktion auch in der Schlussabstimmung mit Sicherheit gewähren wird.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile jetzt der Kollegin Helmhold das Wort, verbunden mit dem Hinweis, dass mir aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vier Wortmeldungen vorliegen. Sie haben eine Redezeit von insgesamt 16 Minuten. Wie Sie sie einteilen, ist Ihre Sache. - Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 2010 wollte der damalige Ministerpräsident mit Frau Özkan frischen Wind in die für ihn offenbar etwas verstaubte und betuliche Sozialpolitik des Landes bringen. Die Ministerin schien bei Amtsantritt noch Wulffs Liebling zu sein, tappte aber dann schnell in manches niedersächsische Fettnäpfchen. In der Folge wurde die liberale Großstadtpflanze Özkan durch landesväterliche und Fraktionsdonnerwetter erst einmal auf niedersächsisches CDU-Maß zurückgestutzt.

Meine Damen und Herren, ich finde, dass man als Juristin ruhig einmal die Rechtslage im Zusammenhang mit dem Kruzifix referieren darf, ohne dass das der Weltuntergang ist.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Genau!)

Ich finde aber auch, dass jeder Mitarbeiter eines Ministeriums das Recht hat, sich an seinen Personalrat zu wenden, und dass das keine Majestätsbeleidigung darstellt, Frau Ministerin.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Was hat das mit dem Haushalt zu tun?)

Ich wünschte mir, es gäbe jemanden in der Fraktion, der die Ministerin einmal zur Seite nimmt, vielleicht jemand aus den Kreisen der ChristlichDemokratischen Arbeitnehmerschaft - Herr Matthiesen, Sie sind da doch nicht ganz allein -, und sagt, dass man es dann auch einmal gut sein lassen und eingestehen muss, dass man sich verrannt hat und damit aufhören muss.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN - Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Immer noch nichts zum Haushalt!)

Meine Damen und Herren, die Ministerin hat sich des Themas Pflege angenommen und die Pflegepakte I und II geschmiedet. Das war im Prinzip ein sinnvolles Vorhaben. Aber bei der entscheidenden Frage hat sie gekniffen, nämlich der notwendigen Wiedereinführung der Ausbildungsumlage. Ange

sichts der demografischen Entwicklung, dem schon jetzt bestehenden Fachkräftemängel und der Verschärfung dieses Problems in der Zukunft und angesichts der Tatsache, dass selbst die ehemaligen Widersacher der Ausbildungsumlage inzwischen sagen, dass sie sie gern haben wollen, ist es wirklich nicht nachzuvollziehen, warum sich die Landesregierung weigert, diesen Schritt zu gehen. Das ist blanke Ideologie.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir haben Ihnen zum Thema Fachkräftemangel im Februar 2011 einen umfassenden Antrag vorgelegt, mit dem Sie sich leider nicht wirklich beschäftigt haben.

Zur Pflege: Niedersachsen bleibt Schlusslicht im Vergleich der westdeutschen Bundesländer. Das ist schlecht für die Einrichtungen. Sie können ihr Personal nicht richtig bezahlen, sie müssen beim Personal einsparen. Darunter leidet die Qualität der Pflege. Natürlich bekommen wir auch keine Pflegekräfte, wenn im Vergleich die Bezahlung in Niedersachsen so schlecht ist. Die Bedingungen müssen sich verbessern. Man kann nicht beständig sagen, wir haben damit nichts zu tun.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert über- nimmt den Vorsitz)

Die Ministerin hat dann allerdings einen Vorschlag zur notwendigen Reform der Pflegeversicherung gemacht. Sie wollte Beitragsaufkommen aus der Rentenversicherung in die Pflegeversicherung umschichten. Man konnte im Prinzip gar nicht so schnell gucken, wie dieser untaugliche Vorschlag einkassiert worden ist. Er wurde damit zu Recht zum Rohrkrepierer. Auf solche Vorschläge kann die Welt zukünftig verzichten, Frau Ministerin.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir haben Ihnen zur Verbesserung der Pflege bereits im Februar 2010 einen Gesetzentwurf zur Errichtung einer Pflegekammer vorgelegt. Der schmort im Ausschuss. Sie lassen die Pflegekräfte seit Februar 2010 warten und halten sie hin. Das geht nicht.

(Zustimmung von Petra Tiemann [SPD])

Auch nach der Föderalismusreform hat es die Landesregierung wieder einmal geschafft, bundesweit fast zum Schlusslicht zu werden. Sie brauchte nämlich fünf Jahre, um ein Heimgesetz zu erlassen - und dann ist das Gesetz noch nicht einmal gut. Es gibt nur „Heim“ oder „nicht Heim“:

Entweder ist man überreguliert, oder man ist quasi im rechtsfreien Raum. Die Verbände, die Betroffenen und auch wir haben Ihnen gesagt, dass die Weiterentwicklung neuer ambulanter Angebote mit Ihrem Vorschlag behindert wird. Wichtige Standards wie die Fachkraftquote schieben Sie in untergesetzliche Verordnungen. Das lässt nichts Gutes ahnen. Wir haben Ihnen auch hier eine Alternative, einen eigenen Heimgesetzentwurf vorgelegt.

Bei der Frage der Einzelzimmer haben Sie komplett gekniffen und eine windelweiche Entschließung gefasst. Die kommunalen Spitzenverbände haben bereits geantwortet und gesagt: Ob ein Mensch ein Einzelzimmer bekommt, behalten wir uns vor, und da lassen wir uns von niemandem hereinreden. - Das heißt, mit dem, was Sie den Menschen in Niedersachsen vorgegaukelt haben, ist überhaupt nichts gewonnen.

Was wir in der kommunalisierten Altenpflege beobachten können, nämlich ein Abrutschen der Standards, droht auch in der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen, sollte die Landesregierung sich entschließen, auch diesen Bereich den Kommunen zu überlassen.

Die Behinderten sind ohnehin ein Stiefkind. Der Kollege Schwarz hat schon darauf hingewiesen: Ständig werden sie mit Nullrunden überzogen. Ständig ist das die Sparbüchse für den Finanzminister.

In diesem Zusammenhang: Was ist eigentlich aus den Reformvorschlägen der Landessozialminister zur Eingliederungshilfe geworden? - Still ruht der See. Wir hören überhaupt nichts darüber. Auch auf den lange angekündigten Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention warten wir und die Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen. Offenbar ist es das größte Ziel dieser Landesregierung, auch hier wieder bundesweites Schlusslicht zu werden - wie schon bei so vielen Dingen.

(Patrick-Marc Humke [LINKE]: Schlimm ist das!)

Im Februar 2010 haben wir Ihnen einen Antrag vorgelegt, den Sie mit der Begründung abgelehnt haben, Sie machten das alles ja schon. Seitdem fragen wir regelmäßig nach, wann es denn endlich kommt. Seit Wochen und Monaten liegt es in der Ressortabstimmung.

Meine Damen und Herren, insgesamt gibt es in Niedersachsen, wenn überhaupt, eine Sozialpolitik

des kleinsten gemeinsamen Nenners. Inspiration und Ambition sehen anders aus.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Danke schön. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Staudte das Wort. - Wollen Sie alle hintereinander vortragen?

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! In meinen Ausführungen möchte ich mich auf die Bereiche Kinder- und Jugendpolitik konzentrieren. Ich möchte auch mit etwas Positivem anfangen, aber dabei kann ich mich ziemlich kurz fassen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Wir haben in unseren diesjährigen Antrag nicht mehr das Berliner Charité-Projekt, das Pädophilenpräventionsprojekt, aufnehmen müssen; denn die Landesregierung hat unseren Vorschlag aus dem letzten Jahr umgesetzt.

(Roland Riese [FDP]: Nein, das war unser Vorschlag!)

- Nein. Ralf Briese hat dieses Projekt schon in der letzten Wahlperiode thematisiert. Insofern können wir uns das zugutehalten.