Protokoll der Sitzung vom 07.12.2011

- Nein. Ralf Briese hat dieses Projekt schon in der letzten Wahlperiode thematisiert. Insofern können wir uns das zugutehalten.

Das war es aber auch schon an Positivem.

Zum Thema Kinderschutzbeauftragter muss ich eigentlich nichts mehr sagen. Wir wollten eine Kinderkommission. Sie ist mit der Begründung abgelehnt worden, Sie würden einen Kinderschutzbeauftragten oder eine Kinderschutzbeauftragte einführen. Davon hört man nichts mehr. Das scheint gestorben zu sein. Wir müssen wirklich sagen: Peinlicher geht es nicht mehr!

Insgesamt passiert beim Thema Kinderschutz wirklich nicht viel. Das verbindliche Einladewesen taugt nichts. Wir könnten hier locker 700 000 Euro allein an Personalkosten einsparen, ganz zu schweigen von den unnötigen Hausbesuchen, die die Kommunen durchführen müssen. Wir würden das Projekt unterstützen, wenn damit auch nur ein einziges Kind geschützt würde. Aber die Erfahrungen, von denen man hört, und das, was in den

Medien kommuniziert wird, sprechen nicht für dieses verbindliche Einladewesen. In der HAZ wurde z. B. geschrieben, bei der ersten Bilanz nach einem Jahr war der Erfolg dieser Maßnahme nicht erkennbar.

Unsere Forderungen für mehr wirklich effektiven Kinderschutz sind andere. Wir wollen, dass flächendeckend Maßnahmen der frühen Hilfen unterstützt werden. Es kann nicht ausreichen, dass in Niedersachsen lediglich vier Modellprojekte - in Lüneburg, Hannover, Braunschweig und Oldenburg - mit Koordinierungszentren Kinderschutz finanziert werden. Wir wollen, dass alle Kommunen, die z. B. Projekte wie das Dormagener Babybegrüßungspaket umsetzen wollen, auch finanziell von Niedersachsen unterstützt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein weiterer Punkt ist wie in jedem Jahr das Thema Familienhebammen. Hier muss Niedersachsen Geld in die Hand nehmen. Sie wissen ja, dass die Länder im Moment das Bundeskinderschutzgesetz blockieren. Dort waren ursprünglich 120 Millionen Euro für den Bereich Familienhebammen vorgesehen. Hier wäre es auch einmal sehr interessant, von der Landesregierung zu hören, wie sie sich da eigentlich in der Diskussion der letzten Monate positioniert hat.

Noch einige Sätze zu den Jugendlichen: Das Thema Jugendwerkstätten ist von Herrn Schwarz schon angesprochen worden.

Ich möchte noch einmal auf das Projekt NiKo zu sprechen kommen, das ja in 24 Tagen auslaufen wird. Seit 2007 wurden 75 Projekte der Koordination zwischen Schule und Jugendhilfe gefördert. Mit jährlich 1,85 Millionen Euro wurden Sozialarbeiter finanziert, die sich in sozialen Brennpunkten der Gewalt- und der Drogenprävention gewidmet sowie Bildungs- und Erziehungskompetenzen gestärkt haben. Dieses Projekt ist nun ersatzlos gestrichen worden, was wir sehr bedauern. Sie haben sicherlich auch die vielen Petitionen bekommen, die von den Kommunen an uns gerichtet worden sind, um dieses Projekt weiter fortzusetzen. Wir fragen uns wirklich, warum Niedersachsen hier erfolgreiche Präventionsstrukturen zerschlägt. Schließlich kann es nicht sein, dass nur dann reagiert wird, wenn Prügelorgien in U-BahnStationen stattgefunden haben. Wir brauchen hier kontinuierliche Präventionsarbeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern findet sich das in unserem Haushaltsänderungsantrag auch selbstverständlich wieder.

Wir haben weiterhin Präventionsprojekte wie das HaLT-Projekt zur Alkoholprävention aufgenommen. Wir wollen wirklich Gelder bereitstellen und nicht nur mit warmen Worten Politik betreiben.

Ein ganz wichtiger Punkt ist die stärkere Partizipation von Kindern und Jugendlichen, die auch in dem neuen Kommunalverfassungsgesetz vorgesehen ist. Die Kommunen sind dazu verpflichtet. Sie brauchen aber die methodische Unterstützung des Landes. Hier haben wir 200 000 Euro eingestellt. Ich glaube, dass wir beim Thema Rechtsterrorismus nicht nur über ein NPD-Verbot diskutieren können, sondern auch die Partizipation von Kindern und Jugendlichen stärken müssen; denn Demokratie muss gelernt werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Insofern zeigen wir Ihnen mit unserem Haushaltsänderungsantrag, wie man trotz begrenzter finanzieller Mittel Schwerpunkte setzen kann: für mehr Kinderschutz, für mehr Prävention und für mehr Demokratie.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Staudte. - Zu einer Kurzintervention auf Sie hat sich Herr Kollege Focke zu Wort gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verehrte Kollegin Staudte, ich muss erstens gerade rücken, was Sie zum Thema Kinderschutzbeauftragter gesagt haben. Wir haben im letzten Jahr angeregt, eine solche Institution einzuführen. Ich finde, dass die Sozialministerin das mit ihrem Haus ganz hervorragend gemacht hat. Dort hat man nämlich genau abgewogen, ob man einen Kinderschutzbeauftragten haben will, der zunächst in die Gespräche mit den beteiligten Organisationen geht, oder man an dieser Stelle wirklich helfen will. Die Sozialministerin hat dann den tollen Vorschlag gemacht, einen Förderverein an die Stiftung „Familie in Not“ anzudocken, damit Familien aus sozial schwachen Bereichen gezielt geholfen werden kann. Diese können sich an die entsprechende Kommission

wenden, die ihnen dann direkt helfen kann. - Das ist zielgerichtete Sozialpolitik, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD]: Das ist Beliebigkeit!)

Zweitens zum verbindlichen Einladewesen. Frau Staudte, ich rate Ihnen, sich einmal mit den Aussagen z. B. der Medizinischen Hochschule Hannover dazu zu beschäftigen. Die Medizinische Hochschule Hannover hat veröffentlicht, dass das verbindliche Einladewesen in Niedersachsen einen Großteil dazu beiträgt, dass der Kinderschutz vorangetrieben wird, zusammen mit dem Institut für Rechtsmedizin an der MHH, an das sich Kinderärzte und Ärzte wenden können, um bei der Gefahr von Kindesmissbrauch eine gezielte Diagnose zu bekommen.

(Petra Tiemann [SPD]: Das ist eine ganz andere Baustelle!)

Die sagen: Das verbindliche Einladewesen und die Zusammenarbeit mit dem Institut für Rechtsmedizin schaffen gemeinsam mehr Kinderschutz in Niedersachsen. - Das sollten Sie hier nicht schlechtreden.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Ulrich Watermann [SPD])

Frau Kollegin Staudte hat die Möglichkeit, das zu beurteilen, Herr Kollege Watermann. Sie hat anderthalb Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Focke, es ist ja ganz interessant, jetzt zu hören, dass es wieder eine neue Idee gibt: einen Förderverein. Wahrscheinlich ist doch eher, dass Sie als kinderpolitischer Sprecher und Frau Schwarz sich nicht einigen konnten, wer dieses Amt nun eigentlich übernehmen soll,

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Frauke Heiligenstadt [SPD])

und deshalb hat man einfach ganz darauf verzichtet und sich wieder etwas Neues ausgedacht.

(Ansgar-Bernhard Focke [CDU]: Wir könnten Sie vorschlagen!)

Zum Thema „verbindliches Einladewesen“: Warten wir doch einmal die Evaluation ab! Ich denke, dass in der nächsten Wahlperiode mit den Kommunen ein wesentlich sinnvolleres Projekt für mehr Kinderschutz mit demselben Geld realisiert werden wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat noch eine Restredezeit von 4:21 Minuten. Jetzt hat Frau Kollegin Twesten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich möchte für einen Bereich sprechen, der neben der Frage der Finanzierung der Frauenhäuser immer wieder auf die Agenda gehört und von uns auch dorthin gesetzt wurde: Mädchenarbeit - nie war sie so wertvoll wie heute!

2005 gab es die Kürzung um 50 000 Euro, und seitdem tut sich nichts. Die drei Häuser müssen mit dem auskommen, was schon damals nicht auskömmlich war. Gewachsen sind die Aufgabenbereiche, die Fallzahlen sowie die Verantwortung der Mitarbeiterinnen angesichts steigender Beratungstätigkeit und offensichtlicher Notwendigkeit.

Wir haben verstanden und uns entschlossen, mindestens den Betrag wieder einzustellen, den Schwarz-Gelb seinerzeit weggekürzt hat. Die Konsequenzen sonst wären weitere Stellenstreichungen. Damit fehlt kostbare Zeit, die eigentlich für die Beratung und Begleitung von Mädchen in Problemsituationen gedacht ist.

Alljährlich erreichen uns Finanzanträge der Mädchenhäuser. Alljährlich das gleiche Spiel: Sie verordnen den niedersächsischen Mädchenhäusern eine Diät nach der anderen. Wie die Einrichtungen ihren eigentlichen Aufgaben dabei nachkommen sollen, ist mir ein Rätsel.

Wer einigermaßen aufmerksam durchs Land geht, sollte realisieren, dass Mädchenarbeit wertvolle Beiträge für das Zusammenleben der Geschlechter liefert und den Mädchen das gibt, was sie im Alltagsleben so dringend brauchen: Stärke und Selbstbewusstsein; sie lernen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Insofern war Mädchenarbeit nie so wertvoll wie heute, wenn es darum geht, sich als Mädchen und junge Frau in einer männerdominierten Welt zu behaupten.

Ich möchte Ihnen heute mit auf den Weg geben: Hier darf weder gekürzt noch gespart werden. Hier muss investiert werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und Zu- stimmung von Patrick-Marc Humke [LINKE])

Danke schön. - Jetzt hat Frau Kollegin Polat das Wort. Sie haben 2:44 Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Integrationspolitik hat mit Ministerin Aygül Özkan eine neue Stufe erreicht. Wir erinnern uns alle an die Debatte zur Abschaffung der Stelle der Integrationsbeauftragten im September dieses Jahres. Frau Ministerin, eine neue Stufe der Integrationspolitik - - -

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Auf der Treppe nach unten, ja!)

- Es geht nicht um die Stufe, sondern um den Entwicklungsprozess; so habe ich in der Antwort auf die Anfrage von Frau Dr. Silke Lesemann nachgelesen.

Frau Ministerin, eine neue Stufe der Integrationspolitik bildet sich aber natürlich nicht nur in der Abschaffung der Integrationsbeauftragten in Ihrer Landesregierung oder in der Abschaffung der eigenständigen Integrationsabteilung ab, sondern leider auch in Ihren inhaltlichen Akzenten im Haushalt 2012/2013.

Das bezieht sich zum einen auf die „Stärkung“ der Selbstorganisationen der Migrantinnen und Migranten. Wie Sie jetzt sagen, dürfen sie im neu geschaffenen Integrationsbeirat auf Augenhöhe mit der Ministerin diskutieren - als Ehrenamt, versteht sich. Selber gestalten: Fehlanzeige! Denn die vielen engagierten Organisationen bekommen auch in diesem Haushalt quasi 0 Euro. Für die Unterstützung von Migrantinnen und Migranten bei der Nachqualifizierung zur Anerkennung von im Ausland erworbenen Abschlüssen - dazu haben wir gemeinsam einen Entschließungsantrag verabschiedet; ich glaube, in diesem Jahr -: 0 Euro.

Bei der Stärkung von Kindern aus Zuwandererfamilien in ihren mitgebrachten Kompetenzen wie z. B. ihrer Muttersprache setzt die Landesregierung lieber auf das Ausland und lässt sich die Leh

rer von dort bezahlen. Imame möchte man aber lieber selber ausbilden. Was für ein Widerspruch, liebe Kolleginnen und Kollegen!