Ich glaube, wenn wir das Ziel 2020 erreichen wollen, dann brauchen wir in der Debatte um die Offshorewindenergie mehr Nachdruck, liebe Kolleginnen und Kollegen.
An einer weiteren Stelle teile ich die Einschätzung des Ministerpräsidenten: Wir brauchen einen Masterplan „Offshorewindenergie“. Darum begrüßen wir auch das Ergebnis der Konferenz der Regierungschefs in Norddeutschland, die gemeinsame Erklärung und den gemeinsamen norddeutschen Druck bei diesem Thema.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir im Übrigen eine Bemerkung: Was sollen wir dagegen haben, wenn sich drei sozialdemokratische Ministerpräsidenten mit den Ministerpräsidenten aus Niedersachsen und SchleswigHolstein zusammensetzen und gemeinsam agieren?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Gegenteil ist der Fall. Ab Mai werden es mit Torsten Albig aus Schleswig-Holstein sogar vier sozialdemokratische Ministerpräsidenten sein, und ab Januar nächsten Jahres werden es mit Stephan Weil aus Niedersachsen fünf sozialdemokratische Ministerpräsi
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, auch mit den inhaltlichen Forderungen des Masterplans stimmen wir überein. Allerdings sind wir überzeugt, dass es zu einer solchen, von uns gewünschten Entwicklung nur kommen wird, wenn wir auch in Niedersachsen die Planungen wirklich auf den Weg bringen. Darum haben wir schon am 6. April 2011 nach einem Besuch des Unternehmens Bard in Emden ganz klar formuliert, dass wir einen solchen Masterplan für Niedersachsen dringend brauchen. Herr McAllister, das war übrigens ein Tag, bevor Sie gemeinsam mit Herrn Oettinger zur Plattform Bard Offshore 1 rausgeflogen sind und dort quasi mit einem gemeinsamen Signal deutlich gemacht haben - - -
- Ich glaube nicht, dass ich da gerne mitgekommen wäre. Wenn ich da hingehe, dann soll es auch funktionieren. Das ist der Unterschied zu Ihnen.
Ich glaube aber eines - das will ich an dieser Stelle schon sagen, weil Herr Oettinger dabei war -: Wir dürfen an dieser Stelle Europa nicht aus der Verantwortung lassen. Viele in Europa können sich ein Beispiel an Deutschland und an unserer Energiewende nehmen. Lassen Sie mich auch eines betonen: Viele in Europa können sich auch ein Beispiel an dem breiten politischen Konsens nehmen, den wir dabei haben. Darum haben wir mit Ihnen den Atomausstieg auch gerne zum zweiten Mal beschlossen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP.
Aber mit Worten und Bildern allein ist es eben nicht getan. Der Masterplan auf Bundesebene ist gut, aber für die konkrete Ausgestaltung in Niedersachsen müssen wir ihn konkreter formulieren.
Erstens zum Netzausbau: Die gemeinsame Forderung zum Netzausbau und zur Finanzierung im Masterplan der Ministerpräsidenten ist richtig. Gerade zurzeit ist der schleppende Ausbau des Netzes eines der größten Hemmnisse bei den Investi
tionen und bei dem Bau der Offshorewindparks. Das ist durchaus etwas komplizierter, als es gestern durch die Frage von Herrn Bode zum Ausdruck gebracht wurde. Es geht nämlich um drei Aspekte, die ich gerne nennen möchte.
Zum einen geht es um die Anbindung der Windparks, also um die Voraussetzung für den Bau und Betrieb der Offshorewindparks. Da lohnt sich übrigens - lassen Sie mich das an der Stelle sagen - ein Blick auf die moderne Technik. Dort wird zurzeit eine HGÜ-Plattform gebaut, also eine Hochspannungsgleichstromübertragungsplattform, die den Park Amrumbank West mittels einer verlustarmen Gleichstromübertragung direkt anbinden sollte. In diesem Zusammenhang sollte man übrigens - darauf komme ich gleich noch zu sprechen - auch über die direkte Weiterleitung an Land nachdenken.
Aber wir haben gerade bei dieser Frage nach Plattformen und Energienetzen wie so oft ein klassisches Henne-Ei-Problem: Der Park wird nur gebaut, wenn die Anbindung gewährleistet ist, und die Anbindung wird durch den Netzbetreiber nur gebaut und fertiggestellt, wenn auch der Park gebaut wird. Das müssen wir aufbrechen. Deshalb sind die Klärung der Haftungsfragen und der Vergütungen, die auch in den Masterplan aufgenommen worden sind, völlig richtig.
Zum anderen geht es um das Übertragungsnetz, also um den Ausbau der 220- und 380-kV-Höchstspannungsleitungen, die wir benötigen. Dazu hat die dena-Studie ermittelt, dass wir einen Bedarf von 3 600 km an Höchstspannungsleitungen haben. Bis 2015 sollen davon 850 km gebaut sein. Jetzt sind wir gerade einmal bei 100 km angelangt. Das zeigt, welch riesiger Nachholbedarf hier besteht.
Deshalb lassen Sie mich noch einmal sagen: Wir müssen beim Ausbau der großen Trassen, der Overlay-Verbindungen, wie man sagt, darauf achten, dass wir auf moderne Technik setzen. Jetzt haben wir die Chance, in Erdverkabelung und in Hochspannungsgleichstromübertragung zu investieren. Das ist die Zukunft. Das sollte unser Ziel sein, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Dazu würde ich gerne noch einmal das Positionspapier des Wirtschaftsrates Niedersachsen zitieren: Um die Netzengpässe im norddeutschen Netz aufzulösen und den Windstrom in die Verbrauchszentren des Südens abzutransportieren, ist neben
dem klassischen 380-kV-Ausbau auch die Schaffung von HGÜ-Verbindungen in den Süden dringend erforderlich. - Das muss unser gemeinsames Ziel sein, sowohl im Sinne der Menschen, die darunter nicht leiden wollen, wie auch im Sinne einer schnellen Realisierung, weil ich davon überzeugt bin, dass wir die Planungszeiten damit erheblich verkürzen können.
Außerdem geht es um das Verteilnetz. Das hatte Herr Bode gestern nochmals hinterfragt. Wir sind in einer Situation, dass wir neben dem Offshorebereich auch im Onshorebereich zunehmend Energie einspeisen werden, und zwar durch Windenergie, Solarenergie und Biomasse. Das setzt den Ausbau der Verteilnetze voraus. Der BDEW hat für die Zeit bis 2020 einen Zubaubedarf von über 300 000 km Leitungen festgestellt, was einem Investitionsbedarf 27 Milliarden Euro entspricht.
(Ulf Thiele [CDU]: Ja, ich stelle nur fest, dass Sie uns bisher nur Dinge erzählen, die wir alle wissen!)
Jetzt gibt es hier aber keine Dialoge, Herr Thiele. - Herr Kollege Lies, Sie haben das Wort, aber nicht zu Dialogen. Bitte schön!,
Das glaube ich nicht. Sie haben ja keinen eigenen Antrag. Deshalb kann man ihn ja nicht abschreiben.
Zweitens geht es um die Position auf dem Weltmarkt. Zurzeit haben wir auf dem Weltmarkt einen Anteil von 3 %. Wenn wir die Chancen nutzen wollen, müssen wir diesen wesentlich erhöhen. Dazu müssen wir auch sehen, welche Vorteile, welche Möglichkeiten, welche Produktionsstandortvorteile andere Länder bieten und wie wir dem entgegenwirken können.
Drittens geht es um sichere Rahmenbedingungen für Investitionen. Ich finde, die Themen Bard und SIAG, die wir gestern sehr intensiv beraten haben, machen uns eindrucksvoll deutlich, welche Chancen und Perspektiven in der Offshorewindkraft
Ich will noch einmal daran erinnern: Das 5-Milliarden-Euro-Programm der Bundesregierung kann nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein. Bis 2020 sind Investitionen von weit über 50 Milliarden Euro notwendig. Wir müssen die Sicherheit der Finanzierung der Parks garantieren. Ich glaube, dass gerade bei den Banken große Zweifel existieren. Die Änderung des EEG, die es möglich macht, Einspeisevergütungen zu verändern, bietet in dieser Hinsicht ein großes Risiko.
Ich möchte einen vierten Punkt nennen, nämlich das Hafenkonzept für den Leitmarkt Offshore. Wir brauchen eine Potenzialanalyse für unsere niedersächsischen Häfen, um deutlich zu machen, wo wir Potenziale haben, die wir neben den Offshorebasis- und Offshoreproduktionshäfen Cuxhaven und Emden entwickeln können. Dazu werden wir uns Gedanken machen müssen, werden Analysen anstellen müssen: Wo sonst liegen in Niedersachsen Potenziale? Wo können wir die Entwicklung von Servicehäfen vorantreiben? Und das bitte in einem Miteinander der niedersächsischen Standorte und nicht in einem Gegeneinander!
Fünftens geht es um die Beschäftigungs-, Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive in Niedersachsen. Bis zu 20 000 Arbeitsplätze können in Niedersachsen allein im Bereich der Offshoreenergie entstehen. Wir haben, wie gerade noch einmal gesagt, bei Bard und SIAG die Sorgen. Wir würden uns freuen, Herr McAllister, wenn sie neben der Ankündigung von gestern, die wir begrüßen, vielleicht schon Ergebnisse haben, dass zumindest für die SIAG sichergestellt ist, dass die NORD/LBDarlehen weiter zur Verfügung stehen.
Aber für diesen Bereich reicht es eben nicht, nur über Arbeitsplätze zu reden. Wir brauchen auch Qualifizierung, wir brauchen auch Ausbildung. Wir haben das während eines Besuchs des Unternehmens Ambau in Cuxhaven festgestellt: Dort sucht man qualifizierte Leute, die eingesetzt werden können. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Arbeitsmarktinstrumente haben, um die Leute, die wir für den Arbeitsmarkt qualifizieren und ausbilden, für diesen Zukunftsmarkt vorzubereiten.
Sechstens. Wie sieht es bei Forschung und Entwicklung in Niedersachsen aus? Das haben wir gestern schon einmal angesprochen. Herr Thümler - jetzt ist er wieder da - hatte das eingeworfen.
Ich finde, dass wir mit dem Zentrum für Windenergieforschung ForWind schon eine gute Basis geschaffen haben. Aber warum ist es uns nicht gelungen, im Spitzencluster Offshore dafür zu sorgen, dass wir dort zusätzliche 40 Millionen Euro für die Förderung erhalten und wirklich eine Perspektive haben, die Spitzenforschung im Bereich Offshore auszubauen? Da muss man auch einmal Frau Schavan fragen, welche Entscheidungen eigentlich die Grundlage für diese Spitzenclustervergabe im Forschungsbereich waren.
Außerdem geht es um DEWI und um die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, ein solches Institut zu verkaufen, wenn man diesen Bereich entwickeln will, anstatt es in die Forschung und Entwicklung einzubauen.
Es geht um die Zusammenarbeit der Küstenländer, meine Damen und Herren. Lassen Sie mich damit schließen. Ich finde, wir sollten diese Gemeinsamkeit der Küstenländer hier im Norden initiieren. Ich würde mir wünschen, dass wir die Geschlossenheit, die wir als Küstenländer zeigen wollen, auch in der Beratung dieses Antrags wiederfinden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie bei der Aktuellen Stunde bereits deutlich gemacht, unterstützen wir Grüne klar den Ausbau von Offshorewindkraftanlagen, auch wenn wir Herrn Weil bei seiner Warnung recht geben, den kostengünstigen Ausbau von Windkraftanlagen an Land dabei nicht zu vernachlässigen. Beides muss passieren, und das waren die Aussagen von Stephan Weil.