Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident McAllister, ich möchte Sie nur davor bewahren, dass Sie dieses Märchen und die Geschichtsklitterung immer weiter fortschreiben und glauben, Sie könnten mit dieser simplen Strategie, die Sie hier gegen Stephan Weil fahren, irgendjemanden überzeugen. Das ist so durchsichtig wie nur irgendwas.
Darf ich Sie darüber informieren, dass die SPDLandtagsfraktion schon vor etwa anderthalb Jahren ein Papier zur Energie formuliert hat, in dem Offshore ausdrücklich erwähnt wird und als notwendige Maßnahme vorgestellt wird? - Deswegen brauchen Sie sich nicht ständig als Erfinder von Offshoreenergie zu gerieren und an dieser Stelle bis zur Lächerlichkeit immer wieder die falsche Aussage zu wiederholen. Das ist Ihrer doch gar nicht würdig. Das können Sie sich wirklich schenken.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen zu diesem Tagesordnungspunkt vor.
Ich erinnere daran, dass wir noch einen Änderungsantrag von Herrn Miesner auf dem Tisch haben. Danach soll eine Überweisung in den Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz zur federführenden Beratung erfolgen.
Darüber lasse ich jetzt abstimmen. Wer dem so folgen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist mit großer Mehrheit so angenommen worden. Damit haben wir die Überweisung vollzogen.
Ich weise noch darauf hin, dass der Antrag zur Mitberatung in den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen werden soll. Erhebt sich
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 34 aufrufe, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, dass wir einen Gast in unserer Loge haben. Das ist Herr Katerintschuk. Er ist erster Vorsitzender der Europapartei der Ukraine und Mitglied des Parlaments der Ukraine. Er ist hier auf Durchreise bei uns. Wir begrüßen ihn und seine Begleitung herzlich.
Erste Beratung: Der „Dritte Weg“ entwickelt sich zum Holzweg - Ein Branchentarifvertrag für soziale Dienste könnte dagegen zum Königsweg avancieren - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/4570
Es liegen dazu Wortmeldungen vor, und zwar zunächst von Herrn Humke für die Fraktion DIE LINKE. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Danke sehr. - Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der „Dritte Weg“ entwickelt sich immer mehr zu einem Holzweg. Im Prinzip ist er das aus unserer Sicht schon immer gewesen; denn es ist niemals in Ordnung, wenn sich abhängig Beschäftigte in tariflichen Belangen nicht wirkungsvoll von einer Gewerkschaft vertreten lassen können.
Um hier wiederum genau zu sein: Dies widerspricht dem in Artikel 9 Abs. 3 unseres Grundgesetzes verbrieften Recht auf Koalitionsfreiheit.
Der „Dritte Weg“ war insofern schon immer höchst problematisch. Allerdings ist das in den sogenannten guten Tagen nicht so zum Tragen gekommen, wie es jetzt offenbar wird. Aber was waren letztendlich die guten Tage, die guten Jahre? - Die guten Jahre war jene Zeit, in der die sozialen Dienste nach dem Prinzip der sogenannten Selbstkostendeckung arbeiten konnten. Das heißt, sie haben ihre Dienste in der Pflege, in der Behindertenhilfe, in der Beratung, in der Substitutionsarbeit oder in anderen Bereichen der sozialen Arbeit erbracht und bekamen die Kosten dafür entspre
chend ersetzt. Die Träger der sozialen Dienste konnten sich tariflich am öffentlichen Dienst orientieren. Dabei waren die Arbeitsplätze der sozialen Dienste - das möchte ich an dieser Stelle betonen - noch nie am oberen Ende der Tariftabelle zu finden; denn soziale Arbeit war trotz des hohen gesellschaftlichen Werts, dem auch in diesem Hause nicht widersprochen wird, noch nie gut honoriert. Insofern muss man von relativ guten Jahren für die Beschäftigten in sozialen Diensten sprechen.
Seit Mitte der 1990er-Jahre müssen sich die Träger der sozialen Dienste über Fallpauschalen refinanzieren. Egal, welchen Bereich wir uns hier anschauen: Es handelt sich um Ausgabenkürzungen, die zwangsläufig über kurz oder lang durch die zwei tariflichen Hebel, nämlich schrumpfende Tarife und ein engerer Personalschlüssel, auf die Beschäftigten abgewälzt wurden bzw. weiterhin abgewälzt werden. Wohlgemerkt - darauf hatte ich hingewiesen -: Die Beschäftigten im sozialen Bereich werden ohnehin nicht gut bezahlt.
Für die Träger in Niedersachsen sind insbesondere die Pflegesätze ein großes Problem. Wir haben das in diesem Hause schon x-mal thematisiert, aber so oft wir auch darüber diskutiert haben, hat uns noch niemand eine plausible Erklärung dafür gegeben, warum etwa in der Pflegestufe III die Sätze in Hamburg und Nordrhein-Westfalen gut 500 Euro bzw. 600 Euro über denen in Niedersachsen liegen.
(Norbert Böhlke [CDU]: Nein! - Jens Nacke [CDU]: Wer kann das von sich behaupten! Warum kommen Sie dann laufend mit der Justiz in Konflikt?)
Mit der Politik, die Sie hier seit Jahren betreiben, haben Sie diesen „Dritten Weg“ maßgeblich mit zu verantworten. Sie tragen die unsoziale Politik, die die Kirchen noch heute auf dem Rücken der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in diesem Bereich fahren, mit. Das sind Hunderttausende Menschen in Niedersachsen.
(Beifall bei der LINKEN - Norbert Böhlke [CDU]: Bleiben Sie bei der Wahrheit! Das ist dummes Zeug! Was erzählen Sie denn da!)
Wir sehen aber auch umgekehrt, dass sich die Landeskirchen und die diakonischen Werke dort anders verhalten. Nehmen Sie das zur Kenntnis. Sie tragen immerhin das „C“ im Parteinamen.
- Ja, das tragen Sie im Parteinamen, aber was das wirklich konkret bedeutet, darüber werden wir sicherlich gleich noch etwas von Ihnen hören.
(Ulf Thiele [CDU]: Jetzt wird es aber dreist! - Norbert Böhlke [CDU]: Die Kirche hat über den „Dritten Weg“ entschieden! Das ist eine Entschei- dung der Kirche und der Synode! Was erzählen Sie denn hier!)
Herr Kollege Humke, ich finde, auch eine Verballhornung eines Namens bewegt sich am Rande dessen, was die Geschäftsordnung nicht zulassen will. Deswegen möchte ich Sie bitten, das zurückzunehmen.
Herr Präsident, das tue ich sehr gern. Ich fühlte mich etwas provoziert, weil Sie, Herr Böhlke, in einer Tour dazwischengeredet haben und mir dadurch mindestens eine halbe Minute Redezeit verlorengegangen ist. Aber gut, an dieser Stelle haben Sie einmal einen Punktsieg errungen. Im Endeffekt wird Ihnen dieser Punktsieg jedoch nichts nützen.
Wir stehen dafür, dass es Tarifabschlüsse und Tariflöhne für alle Beschäftigten gibt und nicht Hunderttausende von Menschen davon ausgeschlossen werden und für Hunderttausende von Menschen in Niedersachsen nicht das im Grundgesetz verbriefte Recht auf Tariffreiheit gilt. Das möchte ich betonen.
Wir halten das sture Pochen auf den „Dritten Weg“ seitens der Diakonie Niedersachsen und der niedersächsischen Landeskirchen neben dem grundsätzlichen Problem der vorenthaltenen Koalitionsfreiheit auch in ihrem eigenen Interesse für strategisch falsch. Denn die Diakonie arrangiert sich auf diesem Wege indirekt mit den in Niedersachsen vorherrschenden schlechten Refinanzierungsbedingungen, anstatt sich mit den anderen klassischen Trägern - sei es die Arbeiterwohlfahrt, sei es der Paritätische Wohlfahrtsverband oder wer auch immer - gemeinsam für bessere Pflegesätze und Fallpauschalen einzusetzen.
Würde die Diakonie von diesem „Dritten Wege“ abkehren, könnte sie sich für den von vielen gewünschten Branchentarifvertrag für soziale Dienste einsetzen. Ein solcher gemeinsamer Branchentarifvertrag für die Fläche würde einerseits Transparenz und schließlich mehr Gerechtigkeit im Tarifgefüge der sozialen Dienste erzielen.
Andererseits würde er aber auch dem massiven Druck entgegenwirken, dem die klassischen Träger der sozialen Dienste durch die zunehmende Privatisierung des Sektors der sozialen Dienstleistungen ausgesetzt sind. Das ist inzwischen ein Konkurrenzkampf um das nackte Überleben - das müssen Sie auf der rechten Seite dieses Hauses einmal zur Kenntnis nehmen -,
mit Folgen wie einer steigenden Arbeitsbelastung, Lohndumping bei geringer qualifizierten Pflegekräften, dem Abwerben von hochqualifizierten Leitungskräften und zahlreichen sogenannten Beschäftigungssicherungstarifverträgen in einer Branche, die ohnehin an der Grenze des Armutsrisikos arbeitet, besonders für diejenigen, die in Teilzeit beschäftigt sind.
Kurz und knapp: Eine Kehrtwende dieser Konkurrenzspirale käme der Diakonie und den kirchlichen Arbeitgebern letztendlich zu Gute. Nehmen Sie das einmal zur Kenntnis!