Und diese Löcher müssen dann genau von denen geschlossen werden, denen ich vorgaukele, dass ich ihnen etwas zurückgebe. Denn klar ist doch: Jede Steuersenkung bedeutet bei der derzeitigen Lage der öffentlichen Haushalte mehr Schulden oder weitere Leistungskürzungen. Und wen diese Leistungskürzungen treffen, das, glaube ich, wis
Der Gesetzentwurf enthält zwei Maßnahmen - darauf ist schon hingewiesen worden -: zum einen eine Korrektur des Tarifverlaufs, zum anderen eine Anhebung des Grundfreibetrags.
In dieser Woche hat es im Bundestag eine Anhörung zu diesem Gesetzentwurf gegeben. Es lohnt sich, auf einige Aspekte dieser Anhörung einzugehen.
Die Anzuhörenden haben darauf hingewiesen, dass die Effekte der kalten Progression in den letzten Jahren zum Teil bereits durch die Steuerreformen vergangener Jahre ausgeglichen worden sind. Aber noch viel deutlicher haben sie auf die Tatsache hingewiesen, dass die kalte Progression für die Bezieher geringer Einkommen eine viel kleinere Bedeutung hat als für die Bezieher größerer Einkommen.
Ich will jetzt einmal eine Zahl nennen, die in der Bundestagsanhörung von mehreren Anzuhörenden genannt worden ist: Ein Lediger mit einem Jahreseinkommen von 30 000 Euro profitiert von Ihrer Senkung des Tarifverlaufs bei der kalten Progression im Monat mit 12,50 Euro. - Das sind die Zahlen, über die Sie reden, gerade bei denjenigen, denen besonders zu helfen Sie uns vorgaukeln wollen.
Auch Wissenschaftler, die uns nicht besonders nahestehen, haben der Bundesregierung in der Anhörung bescheinigt, dass mit einer solchen Minientlastung weder Wachstums- noch Investitionsanreize gesetzt werden können.
Wichtig wäre hier etwas anderes, nämlich die Anhebung des Existenzminimums. Das müsste von den Bundesländern gegenfinanziert werden.
Für die Anhebung des Grundfreibetrages gibt es ein bewährtes und eingespieltes Verfahren, auf das man in diesem Fall nicht zurückgreift: Das Bundesfinanzministerium legt alle zwei Jahre einen Existenzminimumbericht vor, und auf dieser Basis wird die Höhe des Grundfreibetrages geprüft und gegebenenfalls eine Erhöhung vorgeschlagen. - Weshalb Sie von diesem Verfahren abweichen, haben Sie bisher nicht begründen können.
Aber ich sage Ihnen noch etwas dazu: Im Bundesrat haben auch die Vertreter der SPD-geführten Länder durchaus signalisiert, diesem Vorschlag zuzustimmen, wenn gleichzeitig eine Kompensation hergestellt wird, wenn nämlich die Steuermindereinnahmen, die durch die Erhöhung des Grundfreibetrags entstehen, durch eine Änderung des Spitzensteuersatzes ausgeglichen werden. Dem aber haben Sie sich verweigert.
Meine Damen und Herren besonders von der FDP, ich kann Ihnen sagen: Eine vorgezogene, spekulative Anpassung des Existenzminimums ist nicht geeignet, eine Partei zu retten, die in den öffentlichen Umfragen gerade unterhalb des politischen Existenzminimums liegt.
Ein Zitat aus der öffentlichen Anhörung möchte ich Ihnen mit auf den Weg geben, gerade vor dem Hintergrund der Diskussion um die Schuldenbremse:
„Der Gesetzentwurf missachtet den verfassungsrechtlich gebotenen Vorrang der Haushaltskonsolidierung. Er wiederholt den aus der Vergangenheit bekannten … Fehler, in Zeiten einer guten konjunkturellen Entwicklung mit steigenden Steuereinnahmen durch Steuerentlastungen auf für die Haushaltskonsolidierung dringend benötigte Einnahmen des Staates zu verzichten.“
(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Frau Geuter, angesichts der Tatsa- che, dass wir schon eine wunderbare Beschäftigungsentwicklung haben, setzen Sie in diesem Fall auf den Fal- schen!)
Meine Damen und Herren, ich freue mich auf die Diskussion im Haushaltsausschuss und in den anderen Ausschüssen. Dort werden Sie uns sicherlich erklären, wie Sie die Steuermindereinnahmen ausgleichen wollen, ohne die Nettokreditaufnahme zu erhöhen.
Gleichzeitig werden Sie uns sicherlich erklären, wie Sie die Deckungslücken, die die mittelfristige Finanzplanung schon jetzt für den Haushalt 2014 enthält, schließen wollen, ohne die Nettokreditaufnahme zu erhöhen.
(Helmut Dammann-Tamke [CDU]: Meine Befürchtungen im Hinblick auf parteipolitische Taktierereien sind lei- der erfüllt worden!)
Wenn Sie uns darauf eine Antwort geben, dann können wir gerne weiterdiskutieren. Bisher ist Ihnen das nicht gelungen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte beim Thema kalte Progression vier Punkte ansprechen. Aber zunächst möchte ich Folgendes vorwegschicken: Hier sind immer wieder Entlastungszahlen genannt worden. Auch Frau Geuter hat das gerade getan. Aber damit verkennen Sie den Sinn dieses Antrages und den Sinn des Gesetzentwurfs. Es geht nämlich gar nicht um irgendwelche Entlastungszahlen, sondern darum, Steuergerechtigkeit herzustellen.
Der Kollege Dammann-Tamke hat das sehr gut ausgeführt: Die kalte Progression kommt einer heimlichen Steuererhöhung gleich, die dem Staat im Grunde genommen gar nicht zusteht. Dieses Geld wollen wir den Bürgern belassen.
Dabei ist uns sehr wichtig, dass dieses Problem nicht nur einmalig gelöst wird, sondern dass wir zu einem regelmäßigen, automatischen Rhythmus kommen, der diesem Effekt von vornherein entgegenwirkt.
Ich komme nun zu meinem ersten Punkt. Es wird ja immer der Vorwurf erhoben - so auch hier -, dass das gegebenenfalls im Widerspruch zur Haushaltskonsolidierung stehe.
Führende Wirtschaftsforschungsinstitute sehen das anders. Sie haben das in ihrem Herbstgutachten folgendermaßen formuliert:
„Die gute Finanzlage des Staates ist zum Teil aber auch auf die höhere Inflation zurückzuführen, die bei einem progressiven Einkommensteuertarif dauerhafte Mehreinnahmen generiert …, denen keine erhöhte Leistungsfähigkeit der Besteuerten gegenübersteht.“
„Aus Sicht der Institute sollten diese Mehreinnahmen nicht der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte dienen oder andere Konsolidierungsmaßnahmen ersetzen, sondern an die Steuerzahler zurückgegeben werden“.
Jetzt geht es darum, wie man sozusagen vorsorglich eine seriöse Haushaltsplanung machen kann. Hier in Niedersachsen ist das folgendermaßen geschehen: Die Landesregierung hat frühzeitig erklärt, dass sie diesem Gesetz im Bundesrat zustimmt, und deswegen haben wir die bei der letzten Steuerschätzung prognostizierten Mehreinnahmen nicht in den Etat eingeplant. - Das, Frau Geuter, ist schon die Antwort auf die Frage, die Sie gerade aufgeworfen haben.
Zweitens. Durch die kalte Progression werden vor allem Beschäftigte, die eine Tariferhöhung bekommen haben, getroffen. Herr Dammann-Tamke
hat die Rechnung aufgestellt. Bei einem progressiven Steuertarif ist es logisch, dass die Entlastungseffekte bei denen, die mehr Steuern zahlen, höher sind als bei denen, die geringere Steuern zahlen. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Das ergibt sich aus dem Steuersystem. Aber wenn Sie diese Zahlen schon nennen, dann müssen Sie auch die relative Entlastung nennen. Denn denjenigen, die mehr Steuern zahlen, kommt natürlich auch eine höhere Entlastung zugute. Aber prozentual ist die Entlastung bei ihnen natürlich geringer.
Ich kommen zum dritten Punkt. Wir wollen den Steuertarif regelmäßig anpassen. Das haben wir in den Antrag geschrieben, und das steht auch im Gesetzentwurf. Meiner Einschätzung nach muss es sogar so weit gehen, dass wir - ähnlich wie bei der Beitragsbemessungsgrenze in den Sozialversicherungen - einen regelmäßigen Turnus bekommen, einen automatischen Rhythmus.
Bei meinem vierten Punkt komme ich zu dem beliebten Vorwurf, es gehe hier um sogenannte Steuergeschenke. Allein schon das Wort „Steuergeschenke“ macht das Staatsverständnis deutlich. Es geht hier nicht um Steuergeschenke, sondern darum, dass der Bürger von dem, was er erarbeitet, mehr behalten darf. Ich darf hierzu einmal aus einem sehr interessanten Kommentar in der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung vom 7. November zitieren:
„Ganz verquer wird es, wenn gesagt wird, ‚Steuergeschenke’ passten nicht in die Zeit. Steuern sind zwangsweise auferlegte Abgaben zur Finanzierung der Staatsausgaben. Von einem Geschenk zu sprechen, wenn der Staat seinen Zugriff auf das Geld der Bürger etwas lockert, folgt von einem seltsamen Staatsverständnis“.
Insofern freue ich mich auf die Ausschussberatung. Ich bin gespannt, wie sich die SPD gerade als die Partei, die sich immer als diejenige darstellt, die besonders für kleine und mittlere Einkommen da ist, zu diesem Gesetzesantrag weiter verhalten wird.