Protokoll der Sitzung vom 08.05.2012

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Verantwortung heißt für mich: Ein klares Ja zum Fiskalpakt! - Stattdessen fährt die SPD in Deutschland einen Schlingerkurs. Sigmar Gabriel freut sich über den Fiskalpaktkritiker François Hollande. Die Haltung der Sozialdemokraten in Deutschland in dieser Frage ist ungeklärt, meine Damen und Herren. Wer bei der Frage, wie es in Europa in Zukunft weitergehen soll, keine Farbe bekennt, der wird kein europäisches Bild malen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Heute vor 27 Jahren, am 8. Mai, hielt Bundespräsident Richard von Weizsäcker seine viel beachtete Rede im Deutschen Bundestag. Darin sagte er: „Nicht ein Europa der Mauern kann sich über Grenzen hinweg versöhnen, sondern ein Kontinent, der seinen Grenzen das Trennende nimmt.“ In diesen Tagen, 27 Jahre nach dieser Rede, wird darüber gesprochen, wie man das Schengener Abkommen zur Reisefreiheit teilweise aussetzen kann - das Schengener Abkommen, eines der wichtigsten Symbole der europäischen Einigung.

Meine Damen und Herren, wer ein gemeinsames Europa aller Bürger will, der kann nicht durch die Hintertür die Grenzen wieder zeitweise dicht machen. Das führt uns nicht in die Zukunft, sondern in die Vergangenheit. Wir wollen ein gemeinsames Europa. Wir wollen ein Europa der offenen Grenzen. Deswegen ist es richtig, dass die Bundesregierung klargestellt hat: Schengen steht nicht zur Disposition.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Es gibt zwei Themen, die zusammengehören und die sowohl bei uns im Land als auch in Europa diskutiert werden: die Themen Wachstum und Schuldenbremse. Dann macht es mir schon Sorgen, welchen Tagträumen sich rot-grüne Politiker im Moment hingeben: Wachstum für Europa, europäischer Wachstumspakt, Wachstum durch einen europäischen Marshallplan. Meine Damen und Herren, egal ob in Paris, Berlin oder Hannover - überall träumen dieser Tage sozialdemokratische Schuldenbarone vom Wachstum, und zwar von einem Wachstum auf Pump.

(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Aber wenn wir über eine Wachstumsstrategie für Europa diskutieren, dann muss eines klar sein, meine Damen und Herren: Wer glaubt, man könne Wachstum mit neuen Schulden kaufen, der landet nicht in Brüssel, sondern in Bodenwerder hier bei uns in Niedersachsen, nämlich in der Heimat von Baron Münchhausen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wie sieht denn das Europa der FDP aus?)

Denn wer das glaubt, der glaubt auch, dass man sich an den eigenen Haaren aus der Grube ziehen kann. Meine Damen und Herren, das klappt nicht.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Aus dem Sumpf, Herr Dürr!)

Wachstum kann man nicht mit geliehenem Geld kaufen.

(Johanne Modder [SPD]: Wie sind denn die Konjunkturpakete finanziert worden, Herr Dürr?)

Wachstum gibt es nur durch harte Arbeit, durch Fleiß, durch Mut und durch Leistungsbereitschaft.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deswegen ist es richtig, dass die schwarz-gelbe Bundesregierung auf Strukturreformen in ganz Europa setzt und Konjunkturstrohfeuer auf Pump ablehnt. Deswegen ist es richtig, dass wir Zinssozialismus - der Ministerpräsident hat das vorhin zu Recht gesagt - mit Eurobonds ablehnen, damit nicht diejenigen, die erfolgreich wirtschaften, am Ende die Dummen sind.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Sprechen Sie über die Banken?)

Deswegen ist es richtig, dass Schwarz-Gelb in Niedersachsen seit 2003 vernünftige Strukturpolitik macht. Dadurch ist Niedersachsen das Aufsteigerland in Deutschland schlechthin.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir haben hier bei uns in Niedersachsen die meisten neuen Jobs, die geringste Jugendarbeitslosigkeit, die besten Universitäten, die niedrigste Schulabbrecherquote und den stärksten Rückgang des Armutsrisikos. Das ist keine sozialdemokratische, aber soziale Wachstumspolitik, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dass die SPD hier völlig danebenliegt, zeigt auch die Debatte bei uns in Niedersachsen. Sie sind gerade wieder dabei, europäische Regeln zu brechen - die Zahlen liegen ja auf dem Tisch. Wenn Sie Ihre Schuldenpläne in die Tat umsetzen könnten, würden Sie bis 2020 in Niedersachsen über 3 Milliarden Euro mehr Geld ausgeben.

(Johanne Modder [SPD]: Sie sind auf Abschiedstour, Herr Dürr!)

25 Länder in Europa haben den Fiskalpakt unterzeichnet, aber er - das hat Frau EmmerichKopatsch zu Recht gesagt - bezieht sich nicht nur auf den Bund, sondern auch auf die Länder und Kommunen.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Und wie viele haben ihn bisher ratifiziert?)

Wenn Sie hier dem Beispiel von Frau Kraft aus Nordrhein-Westfalen folgen wollen

(Johanne Modder [SPD]: Ach ja!)

und in die Überschuldung gehen, dann brechen Sie zum zweiten Mal - nach Gerhard Schröder und Joschka Fischer - europäische Verträge. Ich sage Ihnen: Wer hier in Niedersachsen gegen den Schuldensinkflug ist, der will offensichtlich den

Fiskalpakt in Europa brechen. Die Schuldenmacher von heute sind die wahren Europaskeptiker.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deswegen stelle ich zum Schluss fest: Bei den Sozialdemokraten hören die hehren Prinzipien immer dann auf, wenn es ums Geschenkeverteilen geht. Das merken wir an den täglichen Pressemitteilungen des Kollegen Weil aus Hannover.

(Zurufe von der SPD)

- Davon, dass er Kollege wird, gehe ich aus. Niedersächsischer Ministerpräsident wird der Herr auf gar keinen Fall.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Johanne Modder [SPD]: Sie sind auf Abschiedstour!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen keine Treueschwüre aus Sonntagsreden, die beim nächsten Haushalt nichts mehr wert sind.

Ja, wir müssen in Europa neu diskutieren und wichtige Fragen beantworten. Aber was für Deutschland in Europa gilt, das gilt auch für die Länder im Bund. Wir müssen zuallererst vor der eigenen Haustür kehren: solides Wachstum, Abbau der Schulden und sich an Verträge halten.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, für die Fraktion DIE LINKE hat nun Herr Kollege Dr. Sohn das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr McAllister, manchmal dröhnen die Sätze, die man nicht sagt, am lautesten. Mir ist, offen gestanden, völlig schleierhaft, wie man als Ministerpräsident dieses Landes und Sohn eines schottischen Soldaten, der in der Normandie gekämpft hat, am 8. Mai eine Rede zu Europa halten kann, ohne den 8. Mai 1945 auch nur zu erwähnen.

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Denn damals lagen sich die Menschen in ganz Europa - vermutlich war Ihr Vater sogar dabei - in den Armen, weil der Albtraum von Tyrannei und

Krieg, der Europa damals überzogen hat, endlich vorbei war.

(Zuruf von der CDU: Leider nicht überall, Herr Kollege!)

Dieser 8. Mai 1945 war - Herr Thümler hat zu Recht darauf hingewiesen - die eigentliche Geburtsstunde der Hoffnung Europa. Deshalb gehört das in eine solche Rede mit hinein.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident, dass Sie das nicht einmal erwähnt haben, macht klar, wie oberflächlich und geschichtslos Ihre gesamte Europapolitik ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, an diesem Wahlsonntag hat jeder in Athen und Paris begriffen: Die Politik der Troika und die Politik von Merkozy ist am Ende. Das Volk von Frankreich hat die politische Ehe zwischen Merkel und Sarkozy geschieden. Punktum und basta!

(Beifall bei der LINKEN)