Protokoll der Sitzung vom 10.05.2012

Noch ein Satz zum Streikrecht: In der Geschichte der Republik ist mit dem Streikrecht immer sehr verantwortungsvoll umgegangen worden. Dafür ein Dankeschön. Streikrecht ist ein Menschenrecht, wie es auch meine Vorredner gesagt haben. Auch das sollten wir beachten. Daher unterstützen wir diesen Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der SPD und bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Janssen-Kucz. - Für die FDPFraktion hat sich Herr Oetjen zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich ausdrücklich bei der Kollegin Janssen-Kucz dafür bedanken, dass sie - anders als die Kollegen von den Linken und der SPD - angesprochen hat, worum es wirklich geht. Es geht nämlich darum, das Berufsbeamtentum für große Teile der Landesverwaltung generell infrage zu stellen. Die Kollegen von den Linken und der SPD haben sich nicht getraut, so offen hier in die Debatte zu gehen, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Hier wird zwar davon gesprochen, dass es unterschiedliche Rechtsprechungen auf der Ebene der Verwaltungsgerichte gibt. Das ist richtig, die verschiedenen Urteile sind hier angesprochen worden. Aber das deutsche Gerichtswesen ist nun einmal so hierarchisch aufgebaut, dass eben Gerichte, die sozusagen einen niedrigeren Rang haben als z. B. das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, um das einmal nicht technisch auszudrücken, überstimmt werden. Insofern ist klar, dass das, was das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen beschlossen hat, für uns zumindest derzeit der Maßstab ist. Daraus möchte ich zitieren:

Den Bestimmungen der EMRK komme im deutschen Recht keine über den Rang eines einfachen

Bundesgesetzes hinausgehende Wirkung zu, sodass sich die Regelungen der EMRK an dem höherrangigen Grundgesetz messen lassen müssen. Die in Artikel 11 EMRK und Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes geregelte Koalitionsfreiheit werde durch die in Artikel 33 Abs. 5 des Grundgesetzes verankerten, hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums eingeschränkt, sodass Beamten in der Bundesrepublik Deutschland mit Blick auf deren Treuepflicht gegenüber ihrem Dienstherrn und vor dem Hintergrund der Erhaltung der Funktionsfähigkeit staatlichen Handelns ein Streikrecht nicht zustehe.

So das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen.

Sie haben gesagt: Die sind zu feige gewesen, Revision zuzulassen. - Das kann man so sehen. Sie wissen aber auch, dass gegen diesen Beschluss eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht eingelegt werden kann. Insofern steht in dieser Frage weiterhin der Rechtsweg offen.

Interessant ist, dass die Kollegen von SPD, Grünen und Linken der Auffassung sind, schlauer zu sein als die Richter am Oberverwaltungsgericht. Ich sage hier deutlich: Ich maße mir das für die FDP-Fraktion nicht an, und wir von der FDPFraktion wollen auch nicht die Grundsätze des Berufsbeamtentums in der niedersächsischen Landesverwaltung infrage stellen, wie Sie es tun. Ich sage Ihnen hier sehr deutlich: Wenn Sie wollen, dass Lehrer, Finanzbeamte und sonstige Beamte im öffentlichen Dienst demnächst keinen Beamtenstatus mehr haben sollen, dann sagen Sie das bitte klar; denn dann könnten wir uns wenigstens über eine Sache streiten. Versuchen Sie es bitte aber nicht durch die Hintertür der Frage des Streikrechts.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ganz herzlichen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit kann ich die Beratungen schließen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 16/3300 ablehnen möchte, den bitte ich jetzt um ein Handzeichen. - Nachdem ich das überblickt

habe, können Sie Ihre Hände wieder herunter nehmen. - Wer stimmt dagegen?

(Victor Perli [LINKE]: Das ist die Mehrheit! - Hans-Henning Adler [LIN- KE]: Bitte auszählen!)

Stimmenthaltungen? - Weil Herr Perli eben behauptet hat, dass die Mehrheit dagegen gestimmt habe, kann ich Ihnen versichern, dass wir im Vorfeld durchgezählt haben, sodass bei uns hier oben Konsens darüber besteht, dass das Erste die Mehrheit war. Definitiv. Da gibt es auch keine Diskussion.

Das heißt, der Beschlussempfehlung des Ausschusses wurde gefolgt.

(Unruhe)

- Sie sollten jetzt noch nicht nach draußen gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen; denn ich hoffe, dass wir jetzt zu einem Konsens kommen.

Sie alle haben die Tagesordnung vor sich liegen. Heute Morgen haben Sie gehört, dass der Tagesordnungspunkt 33 ohne Aussprache direkt überwiesen werden soll.

Nun liegt mir ein Vorschlag der Parlamentarischen Geschäftsführer vor. Ich brauche jetzt Ihr Einverständnis für eine Verschiebung der Tagesordnungspunkte 28, 30 und 32 auf das Juni-Plenum. Das können wir nur dann machen, wenn Sie damit einverstanden sind. Sehe ich Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Dann haben Sie so beschlossen. Ich bedanke mich für Ihr Engagement bei dieser Abstimmung.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 29 auf:

Erste (und abschließende) Beratung: Die Photovoltaikförderung zukunftssicher gestalten - Kein Kahlschlag bei der innovativen Solarindustrie - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/4725

(Unruhe)

- Wir haben jetzt nur noch zwei Tagesordnungspunkte. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass Sie diese gemeinsam mit uns konzentriert abarbeiten werden.

Zur Einbringung des Antrags unter Tagesordnungspunkt 29 hat Herr Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, da Sie das Thema morgen auf der Tagesordnung im Bundesrat haben und bislang beabsichtigen, dem Antrag auf Kürzung der Einspeisevergütung für die Solarenergie zuzustimmen, werden wir für heute sofortige Abstimmung beantragen.

Meine Damen und Herren, es gibt viele technologisch innovative Produkte, die in Deutschland erfunden und entwickelt wurden, die dann aber in den USA oder in Japan wirtschaftlich ihren Durchbruch erfuhren. Das ist jeweils eine bedauerliche Entwicklung. Ich kann mich an manche Diskussion hier im Plenum erinnern, in der wir uns eigentlich darin einig waren, dass man so etwas, wenn irgend möglich, vermeiden sollte, vermeiden muss.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung der Photovoltaik wäre ohne den energischen Kampf von vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich für diese Technik engagieren, von vielen Forschern und vielen Unternehmern nicht denkbar. Mittlerweile steht die Photovoltaik nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich kurz vor dem Punkt, an dem das Geschäftsmodell großer Ölkonzerne bedroht ist.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten - Ministerpräsident David McAllister spricht mit Minister Hartmut Möllring)

- Vielleicht wäre das auch ein Thema für den Ministerpräsidenten; denn er muss morgen darüber abstimmen. - Herr McAllister, Herr Möllring, vielleicht hören Sie einmal zu.

Mittlerweile steht die Photovoltaik nicht nur technologisch, sondern auch wirtschaftlich kurz vor dem Punkt, an dem das Geschäftsmodell großer Strom- und Ölkonzerne infrage gestellt wird. Dabei gibt es technologisch noch gewaltiges Potenzial. Das Fraunhofer-Institut zeigt eine Entwicklung auf, die Wirkungsgerade bis zu 40 % ermöglicht - heute liegen wir knapp unter 20 % -, wenn die Lichtspektren in einem gestaffelten System absorbiert werden. Das ist Hightech, das erfordert Forschung und Entwicklung. Das erfordert verlässliche und nachhaltige Unterstützung durch den Staat, durch die öffentliche Hand.

Vor diesem Hintergrund macht fassungslos, was die Bundesminister Rösler und Röttgen und die Bundeskanzlerin Merkel hier planen. Erst zum 1. Januar 2012 wurde die Einspeisevergütung bis zu 15 % gesenkt. Kaum zwei Monate später

kommt der Versuch, deutlich über 30 % der Vergütung zu kappen - innerhalb einer extrem kurzen Frist - und weitere massive Einschnitte auch in den Modus der Förderung vorzunehmen. Wissen Sie, meine Damen und Herren, ich glaube nicht, dass Rösler und Röttgen so dumm sind, dass sie nicht wissen, was sie tun. Nein, in vollem Bewusstsein über die fatale Wirkung, die dies auf das Vertrauen in die Energiewende hat, kommt dieser Schlag gegen die Solarindustrie in Deutschland und auch hier in Niedersachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Jetzt, meine Damen und Herren, kriegen einige Akteure aber kalte Füße, und auch der niedersächsische Umweltminister Birkner verweist auf China und den scharfen Wettbewerb. Meine Damen und Herren, ich bitte Sie: Es gibt viele Branchen, die im Wettbewerb mit China stehen. Ist das ein Grund, den Unternehmen ins Kreuz zu springen und die Flinte ins Korn zu werfen? - Nein, meine Damen und Herren, im Gegenteil. Konkurrenz aus Billiglohnländern ist erst recht ein Grund, hier für Verlässlichkeit zu sorgen, für eine verlässliche Förderung und eine staatliche Unterstützung zu sorgen sowie Forschung und Entwicklung erst recht voranzutreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, von CDU und FDP immer wieder gern bemüht, Herr Thiele: Die Strompreise sind kein Grund für die Kürzungen, weil die Einspeisungen um die Mittagszeit und der Merit-Order-Effekt der erneuerbaren Energien eine Strompreis dämpfende Wirkung haben. Das können Sie mittlerweile in etlichen Studien nachlesen, Herr Thiele.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Einzige Erklärung für die fatalen Entscheidungen, die Sie morgen auf den Weg bringen wollen: Die Stromkonzerne haben bei Rösler und Röttgen auf dem Schoß gesessen und haben denen erklärt, dass sie nicht so schnell mit ihren Planungen sind, und darum gebeten, dann doch lieber die Photovoltaikindustrie über die Klinge springen zu lassen.

(Ulf Thiele [CDU]: Sie werden zum Lobbyisten, zum Klientelpolitiker!)

- Herr Thiele, hören Sie besser zu.

Meine Damen und Herren, Herr Birkner und Herr McAllister, ich fordere Sie auf: Stimmen Sie gegen den Vorschlag zur Kürzung der Einspeisevergü

tungen. Es hängt nur an ganz, ganz wenigen Stimmen. Dann kommt das Thema in den Vermittlungsausschuss, und dann kann man immer noch nach vernünftigen Lösungen suchen. Dann können Sie immer noch alle Argumente, die Sie haben, in den Prozess einfließen lassen. Aber lassen Sie uns hier für Verlässlichkeit stimmen und nicht dafür, der Branche in den Rücken zu fallen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Von daher beantrage ich hiermit sofortige Abstimmung.

Danke für das Zuhören.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat Herr Meyer das Wort.