Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Artikel 3. - Auch hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer ihr folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das ist mit Mehrheit beschlossen worden.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung. Wer diesem Gesetzentwurf folgen möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Nun bitte ich diejenigen, die dagegen sind, vom Platz aufzustehen. - Wer enthält sich? - Das Erste war die eindeutige Mehrheit. Dem Gesetzentwurf wurde gefolgt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Abschließende Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Abgeordnetengesetzes - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/3291 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/4824 - Schriftlicher Bericht - Drs. 16/4832

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Gesetzentwurf abzulehnen.

Eine mündliche Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Dr. Heinen-Kljajić von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Gesetzentwurf ist noch von unserem verstorbenen Kollegen Ralf Briese eingebracht worden. Wer ihn näher kannte, der weiß, dass politische Glaubwürdigkeit und Gerechtigkeit ihn immer umgetrieben haben.

Politische Glaubwürdigkeit und Gerechtigkeit sind auch das zentrale Thema dieses Entwurfs zur Änderung des Abgeordnetengesetzes, bei der es zentral um die Anpassung der Altersentschädigung an die Altersgrenzen bei Renten und Beamtenpensionen geht.

Zugegeben: Im Verfahren war es unklug, eine Initiative zum Abgeordnetengesetz zu starten,

ohne das vorher mit den anderen Fraktionen besprochen zu haben. Deshalb haben wir in der Ausschussberatung angeboten, ihn zurückzuziehen, wenn es im Ausschuss zu einer Verständigung zum Kernanliegen, nämlich eben dieser Anpassung der Altersentschädigung, kommen würde. Die SPD hat erfreulicherweise sofort Kompromissbereitschaft signalisiert. Dass aber Sie, werte Kollegen von CDU und FDP, nicht einmal in der Lage waren, diesen Punkt des Antrages wenigstens zu beraten, zeigt, mit welch abgehobenem Rollenverständnis Sie als Abgeordnete Politik machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist schon starkes Stück, finde ich, dass Sie den Bürgerinnen und Bürgern die Erhöhung des Renteneintrittsalters zumuten, aber für sich selbst die Parole ausgeben: Mit einer Anpassung des Abgeordnetengesetzes lassen wir uns noch Zeit, und an alten Privilegien halten wir vorerst mal fest. - Damit erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern faktisch, Renten und Pension ab 65 seien nicht mehr finanzierbar, womit Sie ihnen nicht unerhebliche Abstriche zumuten, halten aber für sich selbst an der alten komfortablen Ruhestandsregelung fest.

Sie beschließen also als Abgeordnete im Parlament Dinge, die Sie auf sich selbst gar nicht angewendet wissen wollen. Mit dieser Haltung, werte Kollegen, schüren Sie den Vertrauensverlust gegenüber etablierten Parteien und der repräsentativen Demokratie. Ihre Auslegung des Prinzips der Volksvertretung lautet offenbar: da unten das Volk, hier oben wir.

Im Ausschuss ist durchgeklungen, dass es Ihnen wohl auch um den Vertrauensschutz für die Kandidatinnen und Kandidaten zur Landtagswahl geht, weil diese unter der Annahme angetreten seien, spätestens mit 65 Altersentschädigung beziehen zu können. Das wäre erstens juristischer Unsinn, aber noch schlimmer, es verrät zweitens, worauf Sie hinaus wollen.

(Jens Nacke [CDU]: Wie kommen Sie darauf? Sie waren doch nicht dabei!)

Sie wissen, dass Sie sich letztlich einer Anpassung an das Beamtenrecht nicht werden versperren können, wollen aber auf Zeit spielen, damit die Anpassung zumindest für die Abgeordneten der nächsten Legislaturperiode noch nicht gilt. Bei allem Respekt, lieber Herr Nacke, hier bedienen Sie das Bild vom raffgierigen Politiker. Bei der Verabschiedung des Beamtenversorgungsgesetzes im letzten November, bei dem wir genau die

sen Schritt gegangen sind und das Eintrittsalter auf 67 Jahre erhöht haben, hat der Kollege Güntzler für die CDU gesprochen und hier im Plenum vorgetragen, dass es eine Frage der Gerechtigkeit sei, wie in der gesetzlichen Rentenversicherung auch für Beamte die Regelaltersgrenze auf 67 Jahre zu erhöhen.

Liebe Kollegen von CDU und FDP, lieber Herr Nacke, erklären Sie uns, warum für das Volk gerecht sein soll, was für die Volksvertreter aus Ihrer Sicht nicht hinnehmbar ist! Ich bin auf die Antwort sehr gespannt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Haase das Wort. Bitte sehr!

Danke. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Selten führen wir hier im Plenum eine zweite Beratung durch, ohne dass im Ausschuss wirklich inhaltlich debattiert worden ist. Heute ist es so. Wir haben die Argumente im Ausschuss nicht wirklich diskutiert. Frau Heinen-Kljajić hat gerade darauf hingewiesen.

Wir wollen aber nicht die Argumente der ersten Beratung wiederholen. Ich glaube, das wäre auch nicht gut angesichts des Themas, nämlich des Abgeordnetengesetzes, des Gesetzes, das unsere eigenen Rechts- und Statusverhältnisse regelt.

Ich will hier weder Schuldzuweisungen machen noch an der Ehrbarkeit des Antrages zweifeln. Aber ich glaube, jeder hier im Hause weiß: Gerade, wenn es um unsere eigenen Rechtsverhältnisse geht, also auch ums Geld, sollten wir mit dem Thema sehr sensibel umgehen. Ganz wichtig ist auch: Wir müssen jedem Populismus widerstehen.

(Zustimmung bei der SPD)

Damit stärken wir nämlich nur diejenigen, die ohnehin in jedem Berufspolitiker einen Absahner und Raffer sehen, stärken die Vorurteile einiger der Selbstbedienung und schwächen damit unsere Demokratie.

(Zustimmung bei der SPD)

Meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen die mittlerweile gute Tradition einer unabhängigen Diätenkommission für unsere eigenen Statusangelegenheiten. Dort hinein gehört ein solches Thema. Dort hinein gehören alle Themen,

die der Gesetzentwurf der Grünen beinhaltet. Es muss hinzugefügt werden, dass diese Themen bereits von dieser Kommission bearbeitet wurden und werden; denn sie sind im Kern nicht wirklich neu.

Ich will ergänzen: Änderungen des Abgeordnetengesetzes sollten anders - das ist eingeräumt worden - als durch einen von einer Fraktion eingebrachten Gesetzentwurf eingestielt werden. Darüber sollten wir uns im Klaren sein. Der Ältestenrat, das Präsidium und die Parlamentarischen Geschäftsführer sind die ersten Adressen, wenn wir unsere eigenen Statusangelegenheiten sinnvoll verändern wollen.

Meine Damen und Herren, der vorliegende Gesetzentwurf enthält viele einzelne Punkte, die diskussionswürdig und diskussionsfähig sind. Natürlich müssen wir uns, auch wenn wir ein Mandat nicht mit einem Arbeitsverhältnis oder der Selbstständigkeit vergleichen können, mit der stufenweisen Anhebung der Altersgrenze für die Altersentschädigung auf 67 Jahre ernsthaft befassen, wie es im Übrigen schon vorgeschlagen wird.

Wir werden dies - da bin ich mir sicher - in einem geordneten parlamentarischen Verfahren auch machen. Wir sind da nämlich gegenüber der Bevölkerung - das muss hier in diesem Hause jedem klar sein - in einer gesellschaftlichen Verpflichtung. Ich weise aber auch schon darauf hin - das muss an dieser Stelle gesagt werden dürfen -, dass unsere Altersentschädigung im Bundesvergleich nach den Absenkungen der vergangenen Jahre durchaus nicht als zu hoch oder zu üppig betrachtet werden kann.

Dann zum Übergangsgeld, welches Sie kürzen und auch zeitlich begrenzen wollen. Das Übergangsgeld gehört in meinen Augen genauso wie eine angemessene Bezahlung zu den Garanten eines wirtschaftlich unabhängigen Abgeordneten. Ich möchte nicht, dass das Parlament nur noch aus denen, die es sich leisten können, und aus denen, die einen garantierten Rückkehranspruch haben, besteht.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte aber auch nicht, dass sich die Abgeordneten, statt sich bis zum letzten Tag um ihr Mandat zu kümmern, schon weit vor Ablauf des Mandates um ihre berufliche Zukunft kümmern und sorgen müssen. Auch dies ist schon lange ein Thema der Diätenkommission, die meines Erach

tens bisher immer zu breit akzeptierten Ergebnissen gekommen ist.

Meine Damen und Herren, ebenfalls nicht auf Zustimmung stößt die Initiative, die Beträge für die IT-Ausstattung in den Wahlkreisbüros zu streichen. Wer unsere Arbeit kennt, der weiß, dass wir auf moderne Kommunikationsmittel angewiesen sind. Ob es dazu eines Zuschusses bedarf und wie er gezahlt wird, darüber können wir lang und heftig diskutieren. Ob wir diesen Betrag einzeln zusätzlich auswerfen wollen oder aber in eine erhöhte steuerfreie Pauschale hineinwachsen lassen wollen, ist, denke ich, sicherlich ein Thema, über das wir reden können.

Allerdings für nicht ausgegoren halte ich die Streichung der Sitzungs- bzw. Tagegelder für Fraktions- und Ausschusssitzungen. Ich meine - ich glaube, Herr Professor Zielke hat es gesagt -: Wer mehr Aufwand hat, hat auch mehr Entschädigung verdient. Das ist die Grundlage gerade auch für diese Tagegelder in unserer Geschäftsordnung.

Meine Damen und Herren, ich finde es sehr bedauerlich, dass die wichtigen Einzelthemen dieses Gesetzentwurfs ganz offenkundig unter dem Aspekt der medialen Wirkung auf die Tagesordnung gebracht worden sind. Ich appelliere noch einmal an Sie: Wir alle sollten gemeinsam dem Versuch wirklich widerstehen, das Bild von dem überprivilegierten Abgeordneten, das gern in der Öffentlichkeit erzeugt wird, durch diese Vorschläge und durch eine unsachliche Diskussion zu stärken.

Die Debatte muss sachlich und inhaltlich ordentlich geführt werden. Dazu haben wir unsere Diätenkommission. Dort hinein gehören diese Themen. Wenn dann ein Vorschlag vorliegt - das wird mit Sicherheit in nächster Zeit so weit sein -, werden wir dies in der nächsten Legislaturperiode in aller Ruhe und Ernsthaftigkeit diskutieren.

Der heute vorliegende Gesetzentwurf ist wegen der beschriebenen Mängel nicht zustimmungsfähig.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt hat der Kollege Nacke von der CDU-Fraktion das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschäftigen uns heute mit einer Gesetzesvorlage von Anfang 2011. Ich erinnere mich noch gut an die Redebeiträge unseres inzwischen - leider viel zu früh - verstorbenen Kollegen Ralf Briese und insbesondere auch an den Redebeitrag der Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD, Frau Kollegin Modder, die damals allen Parlamentariern aus dem Herzen gesprochen hat.

Im Grunde genommen hat sich an der Bewertung des Gesetzentwurfs gegenüber der ersten Beratung nicht viel verändert. Als CDU-Fraktion haben wir eine grundlegend andere Auffassung von der Tätigkeit eines Abgeordneten als die Grünen. Das wurde an diesem Gesetzentwurf von Anfang an deutlich.

Wir sehen den Abgeordneten als Vertreter seines Wahlkreises und als Fachpolitiker, der in den Landtagsausschüssen arbeitet. Beides sind gleich wichtige Aufgaben in der parlamentarischen Arbeit. Wir sind Ansprechpartner vor Ort für alle politischen Fragen. Wir sind tief in der Kommunalpolitik verankert. Wir nehmen die Meinungen und Stimmungen der Menschen im Lande auf und kümmern uns um ihre Belange. Das alles lassen wir dann in unsere Arbeit in Hannover einfließen.

(Dr. Gabriele Heinen-Kljajić [GRÜNE]: Genau wie die Grünen!)

Für die Grünen ist die Arbeit vor Ort nur lästiges Beiwerk.