Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Deshalb ist es ausdrücklich verfassungsgemäß, wenn es ein Verschuldensverbot gibt, wie es bis 1969 im Grundgesetz verankert war. Das hatte den großen Vorteil, dass wir bis dahin bundesweit praktisch keine Schulden hatten. Dann hat damals eine Große Koalition - Schiller und Strauß - dafür gesorgt, dass die Schuldenmacherei erlaubt wurde. Was dadurch passiert ist, das wissen wir. Deshalb haben wir jetzt 2 Billionen Schulden.

Deshalb müssen wir die Kehrtwende schaffen, je schneller, desto besser; denn keine Schulden zu machen ist die sozialste Politik, die es gibt!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung, zunächst zu Tagesordnungspunkt 9, dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dieser Gesetzentwurf soll federführend an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen überwiesen werden.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 10, dem Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Er soll an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen werden.

Wir kommen weiterhin zur Ausschussüberweisung zu Tagesordnungspunkt 11, dem Antrag der Fraktion DIE LINKE, der federführend an den Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen und zur Mitberatung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen überwiesen werden soll.

Sehe ich Widerspruch, höre ich Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Dann haben Sie so beschlossen. Ich bedanke mich ganz herzlich.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt 13:

Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Verkürzung der Ladenöffnungszeiten in Niedersachsen - Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/4864

Zur Einbringung hat sich von der Fraktion DIE LINKE Frau Kollegin Weisser-Roelle zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion fordert mit dem vorgelegten Gesetzentwurf, dass die Deregulierung der Ladenöffnungszeiten teilweise rückgängig gemacht werden soll.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE tritt für ein novelliertes Gesetz der Ladenöffnungszeiten im Interesse der Beschäftigten ein. Meine Damen und Herren, auch der Vorstand des ver.di-Fachbereichs Handel für Niedersachsen und Bremen hat in seiner heutigen Sitzung den Vorschlag der Linksfraktion ausdrücklich begrüßt und fordert alle anderen Landtagsfraktionen auf, sich dieser Initiative anzuschließen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun zu unseren Änderungen. Wir fordern vor allem, dass an den Werktagen von Montag bis Freitag Waren nur innerhalb von 6 bis 20 Uhr und an Samstagen nur bis 18 Uhr verkauft werden dürfen, dass Verkaufsstellen höchstens zwei zusätzliche Tage im Jahr an Sonn- und Feiertagen öffnen dürfen und dass die Ausdehnung der Ausnahmetatbestände bei Ladenöffnungszeiten auf Ausflugsorte gestrichen wird, weil die Abgrenzung dieser Orte von anderen Orten trotz eines Kriterienkataloges in aller Regel unklar ist.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Ziele der von der Landesregierung vorgenommenen spürbaren Ausweitung der Ladenöffnungszeiten wurden nicht erreicht. Die besagten Ziele waren in erster Linie die Steigerung des Umsatzes sowie die Schaffung von zusätzlichen Arbeitsplätzen im Einzelhandel.

Wie sieht es aber aus? - So ist in der Bundesrepublik der Umsatz seit 2005 zwar geringfügig um 0,4 % gestiegen. Gleichzeitig wurden seither aber bundesweit zusätzlich 6 Millionen m² Verkaufsfläche geschaffen. Alles das ging aber einher mit einem Stellenabbau von 106 000 Beschäftigten. Überwiegend sind davon Frauen betroffen. Derzeit sind bundesweit rund 200 000 Personen offiziell arbeitslos. Die Tendenz ist stark steigend.

Mit dem Aus der Drogeriekette Schlecker werden dieser Tage bundesweit 25 000 weitere Beschäftigte im Handel arbeitslos. In Niedersachsen verlieren ca. 2 000 Frauen ihre Jobs. Kein Investor war bereit, das Unternehmen zu retten, und nun zahlen die Verkäuferinnen und Verkäufer sowie ihre Familien für Managementversagen die Zeche. Sie zah

len aber auch die Zeche für das krasse Fehlverhalten schwarz-gelber Regierungspolitik im Bund und auch hier in Niedersachsen.

(Dr. Harald Noack [CDU]: Was soll das denn wieder? - Jens Nacke [CDU]: Das lag an der Ladenöffnung? Das ist eine neue Theorie!)

- Sie können nachher gerne eine Kurzintervention machen, Herr Nacke!

(Jens Nacke [CDU]: Das habe ich nicht vor!)

Nun zurück zu unserem Gesetzentwurf. Wozu hat die von Schwarz-Gelb betriebene Verlängerung der Ladenöffnungszeiten geführt? - Sie hat nicht zuletzt dazu geführt, den großen Supermarktketten wie Aldi, Lidl oder Rossmann dabei zu helfen, kleinere Geschäfte vom Markt zu verdrängen. Das ist das Gegenteil von Mittelstandsförderung, meine Damen und Herren, mit der sich die hiesige Landesregierung doch so gern rühmt. Mit dem weiteren Absterben auch der Tante-Emma-Läden verschlechtert sich die Versorgung vor allem im ländlichen Raum sowie in Randlagen von Städten.

Massive negative Auswirkungen hat die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten gerade aber auch für die Arbeitssituation der Beschäftigten im Einzelhandel. Die großen Handelshäuser sowie die Supermarktketten haben darauf mit einer weiteren Flexibilisierung reagiert. Zudem wurden zunehmend sozialversicherungspflichtige Vollzeitbeschäftigte durch Teilzeitbeschäftigte oder Minijobber ersetzt. Mehr als zwei Drittel der Beschäftigten im Einzelhandel sind Frauen, denen traditionell noch immer der größere Teil der Kinderbetreuung und der Versorgung des Haushaltes obliegt. Zu der Belastung durch die von der Normalarbeitszeit abweichenden Arbeitszeiten kommt also die Belastung durch Hausarbeit. Dies schränkt die arbeitsfreie Zeit und damit die Erholungszeit der Frauen stark ein.

(Zuruf von Christian Dürr [FDP])

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, festzustellen bleibt: Die massive Ausweitung der Ladenöffnungszeiten durch schwarz-gelbe Politik ist auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen worden. Abend- und Nachtarbeit ist nach allen gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen gesundheitsschädlich. Solche Arbeiten sollten nur dort geleistet werden, wo es gesellschaftlich not

wendig ist. Nachtarbeit sowie Arbeit an Sonn- und Feiertagen ist im Einzelhandel nicht nötig.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch etwas: Den meisten Menschen fehlt zum Einkaufen in erster Linie das Geld, aber nicht die Zeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linksfraktion hat die Gründung der Landesallianz für den freien Sonntag im Dezember letzten Jahres mit großer Freude und Zustimmung aufgenommen. Wir sind den kirchlichen Organisationen, dem Landessportbund und der Gewerkschaft ver.di ausgesprochen dankbar. Es war wirklich an der Zeit, der systematischen Zerstörung der Sonntagsruhe etwas entgegenzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die jahrhundertealten Wurzeln dieses Ruhetages werden derzeit in einem atemberaubenden Tempo gekappt. Doch der Sonntag ist eine soziale Errungenschaft, die man nicht der Wirtschaft opfern sollte.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir alle brauchen diesen Tag - ob für den Gottesdienst, für den Ausflug mit der Familie und Freunden, für die eigene sportliche Betätigung, für den Theaterbesuch oder für die Entspannung mit einem Buch auf dem Sofa.

Meine Damen und Herren, das „C“ im Namen der CDU ist in Fragen der Sonntagsruhe schon lange unglaubwürdig. Lesen Sie doch einfach einmal die Stellungnahmen von Kirchen und Religionsgemeinschaften, die die Fraktionen des Landtags immer zugeschickt bekommen. Aber inzwischen gibt offenbar auch die SPD den Sonntag auf. Dies hat sich bei der Änderung des Ladenöffnungsgesetzes im Oktober letzten Jahres gezeigt. Mit dem irrwitzigen Verweis auf kleine Blumenläden hat vor Kurzem leider auch die SPD Tür und Tor geöffnet, damit Gartencenter und Baumärkte ihre Beschäftigten zur Sonntagsarbeit treiben können.

Ich komme zum Schluss. Nachtarbeit und Arbeit an Sonn- und Feiertagen im Einzelhandel sind nicht nötig.

(Christian Dürr [FDP]: Kennen Sie sich überhaupt im Einzelhandel aus?)

Die Gesundheit von vielen Menschen wird dadurch aufs Spiel gesetzt. Die Ladenöffnungszeiten müssen wieder reduziert und für die Beschäftigten

sozialverträglich gestaltet werden. Dafür spricht unser Gesetzentwurf.

(Beifall bei der LINKEN - Christian Dürr [FDP]: Dann wären meine Eltern arbeitslos geworden!)

Ich möchte beantragen, dass der Gesetzentwurf federführend an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr überwiesen wird und mitberatend im Sozialausschuss behandelt wird. Die Begründung lautet, dass der Ladenschluss primär mit dem Thema Arbeit - Arbeitszeit, Arbeitsgestaltung und Arbeitsmarkt - verbunden ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Herzlichen Dank. - Für die CDU-Fraktion spricht Frau Kollegin Mundlos. Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich vorab sagen: Die Zuständigkeit für das Ladenöffnungsgesetz liegt beim Sozialministerium. Damit ist der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration zuständig und kein anderer.

Ich möchte gern zum geltenden Ladenöffnungsgesetz ein paar Worte sagen. Es ist sicherlich richtig, dass durch dieses Gesetz Öffnungszeiten von sechsmal 24 Stunden werktags ermöglicht wurden. Es wurde gesagt, Anbieter und Verbraucher können selbst entscheiden, wann und wie lange geöffnet wird bzw. wann sie einkaufen gehen. Genau davon wird Gebrauch gemacht. Das findet statt.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

- Nein, Herr Sohn, keine Fragen. Von Ihnen bestimmt nicht. Das möchte ich nicht haben.

Der Schutz der Sonn- und Feiertage hat bei den Beratungen für uns von jeher eine ganz besondere Rolle gespielt. Der Sonntag soll ein Tag der Erbauung und der Erholung sein.