Protokoll der Sitzung vom 20.06.2012

Ich erinnere daran, dass es in den letzten Jahren nur deshalb gelungen ist, die Nettokreditaufnahme abzusenken, weil man

(Reinhold Hilbers [CDU]: Einsparun- gen vorgenommen hat!)

- darauf komme ich gleich noch zu sprechen - Kreditermächtigungen früherer Jahre reaktiviert, Einmaleffekte wie Vermögensveräußerungen generiert und pauschale Minderausgaben herangezogen hat.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Die haben Sie doch damals erfunden! - Heinz Rolfes [CDU]: Herr Aller war doch der Globale-Minderausgaben-Minister!)

Das überdeckt aber nicht die Tatsache, dass - wie der Landesrechnungshof immer wieder vermittelt hat - ein strukturelles Defizit im Niedersächsischen Landeshaushalt besteht.

Meine Damen und Herren, in der Regierungszeit von Herrn McAllister ist weder von der Regierung noch von den sie tragenden Fraktionen ein einziger nachhaltiger Konsolidierungsvorschlag gekommen, weder auf der Einnahme- noch auf der Ausgabenseite.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Lachen bei der CDU - Zuruf von Reinhold Hilbers [CDU])

Herr Kollege Hilbers, die CDU-Fraktion hat ausreichend Redezeit, um ihre Argumente vom Rednerpult aus einzubringen. - Bitte!

Ich empfehle dazu besonders die Haushaltsanträge der Regierungsfraktionen von 2010 und 2011. Da können Sie sich noch einmal genau informieren, was tatsächlich beantragt worden ist.

Meine Damen und Herren, der Landesrechnungshof hat aber noch auf ein weiteres Thema hingewiesen, nämlich auf die finanziellen Risiken außerhalb des Landeshaushaltes. Sie haben, so der Landesrechnungshof, inzwischen eine bedenkliche Größenordnung angenommen. Sie führen auch dazu - der Kollege Klein hat das eben angesprochen -, dass das Budgetrecht des Parlaments bewusst umgangen wird und dass in diesen Schatten- und Nebenhaushalten Dinge finanziert werden, die nicht so schnell das Licht der Öffentlichkeit erblicken sollen.

(Johanne Modder [SPD]: Aha - „So machen wir das.“!)

Das Wichtige ist aber, dass die Risiken, die in diesen Nebenhaushalten enthalten sind, im Hinblick auf die Diskussion um die Schuldenbremse berücksichtigt werden müssen. Meine Damen und Herren, bei aller Inflation Ihrer Pressemitteilungen und bei all dem öffentlichen Getöse sind Sie in diesem Punkt bemerkenswert sprachlos.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE] - Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das stimmt!)

Alle Vorschläge, die der Landesrechnungshof im Hinblick auf die Berücksichtigung von Schatten- und Nebenhaushalten bezüglich der Schuldenbremse unterbreitet hat, finden sich in Ihrem Entwurf überhaupt nicht wieder.

Meine Damen und Herren, der Landesrechnungshof hat ausdrücklich davor gewarnt, Umgehungstatbestände im Zusammenhang mit der Schuldenbremse weiterhin offenzuhalten. Vor diesem Hintergrund kann ich eigentlich nur ein Fazit ziehen: Ihre Gesetzentwürfe zur Schuldenbremse führen die Intentionen der Schuldenbremse ad absurdum, weil sie genau diese Umgehungstatbestände eröffnen.

Ihr Vorschlag ist vor diesem Hintergrund nicht wegweisend, sondern aus meiner Sicht gibt es dazu nur ein Urteil: gewogen und zu leicht befunden.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Grascha das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Kollegin Geuter!

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Es ist wirklich hanebüchen, dass gerade von Ihnen der Vorwurf kam, wir hätten keinen Vorschlag gemacht, die Einnahmen- und die Ausgabensituation des Landes zu verbessern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Dazu zwei Punkte: Erstens. Die Regierung muss keine Vorschläge machen, sondern die Regierung setzt um. Das hat sie seit 2003 hervorragend getan.

Zweitens. Es ist wirklich bemerkenswert, dass gerade von Ihnen der Vorwurf kommt, wir hätten keine Vorschläge gemacht. Ich erinnere nur an die letzten Haushaltsberatungen, wo wir nicht einen einzigen Änderungsantrag der SPD-Fraktion gesehen haben.

(Anhaltende Unruhe)

Herr Kollege Grascha, Sie können jetzt einmal durchatmen; denn wir fahren nicht eher fort, bis Ruhe im Plenarsaal ist und die Zwischenrufe von einer Fraktion zur anderen eingestellt worden sind. - Das scheint jetzt mindestens vorübergehend der Fall zu sein. Deshalb können wir jetzt fortfahren.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Ich darf zunächst einmal zum Bericht des Landesrechnungshofes kommen. Die FDP-Fraktion ist für die Arbeit des Landesrechnungshofes sehr dankbar;

(Zuruf von der SPD: Wir auch!)

denn sie bietet jedes Jahr die Möglichkeit, aus den Prüfungen des Landesrechnungshofes entsprechende Schlüsse zu ziehen.

Wir sind insbesondere für die Vorschläge des Landesrechnungshofes zum Thema „Schuldenbremse“ sowie zu den Neben- und Schattenhaushalten dankbar. Das sind sicherlich Vorschläge, die wir in den weiteren Beratungen noch diskutieren werden.

Die Vorschläge des Landesrechnungshofes sind sachlich sehr gut begründet. Wir werden sie sicherlich in die weiteren Beratungen mit einbeziehen. Der Popanz, der allerdings von der Fraktion DIE LINKE hier immer wieder aufgebaut wird, wird den guten Vorschlägen des Landesrechnungshofes bei Weitem nicht gerecht.

Gleichwohl möchte ich dennoch auf ein paar Aspekte eingehen. Der Landesrechnungshof hat nicht gefordert - dieser Eindruck ist hier teilweise entstanden -, dass die Entscheidungen, Aufgaben auszugliedern, wieder zurückgenommen werden sollen. Das ist ausdrücklich nicht gefordert worden, sondern es geht ausdrücklich darum, dass mehr Transparenz geschaffen und mehr parlamentarische Kontrolle erreicht wird. Im Prinzip ist das der Punkt, den der Landesrechnungshof hier vorgetragen hat. Der Präsident hat zu Recht im Haushaltsausschuss vorgetragen - Herr Dr. Sohn war mit dabei -, dass es nicht darum geht, jetzt in Aktionismus zu verfallen, sondern darum, die Denkanstöße des Landesrechnungshofes zu nutzen, um zu klugen Entscheidungen bzw. Schlüssen zu kommen.

Das Modell von Ausgliederungen und Überführungen in kleinere Einheiten hat durchaus sehr, sehr viele Vorteile. Deswegen ist es gut begründet, dass das in der Vergangenheit passiert ist. Kleinere, autonomere und wirtschaftliche Einheiten, die überschaubar sind, führen im Ergebnis in der Regel zu mehr Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Effizienz. Das hat sich in der Vergangenheit durchaus bewahrheitet.

Der Landesrechnungshof hat nicht gefordert, dass nun alle Aufgaben wieder in den Schoß der Landesverwaltung zurückgeführt werden sollen, sondern es ist so, dass die Dinge transparent gemacht werden sollen und dass eine stärkere parlamentarische Kontrolle eingerichtet werden soll.

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Eben! Das passiert eben gerade nicht!)

Damit werden wir uns im Unterausschuss „Prüfung der Haushaltsrechnungen“ intensiv beschäftigen, Herr Adler.

Ich komme zu den einzelnen Punkten, die im Bericht des Landesrechnungshofes vorkommen. Zu

nächst einmal zur Frage Elsfleth. Wir haben im Niedersächsischen Landtag seit Jahren ein bewährtes Verfahren: Der Bericht wird vorgestellt, im Unterausschuss wird eine Prüfung durchgeführt, und das Ministerium hat die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. Danach kommen wir zu einer in der Regel fraktionsübergreifenden, abgewogenen und angemessenen Bewertung des Vorfalls. Das ist das normale Verfahren. Was aber im Vorfeld dieses Berichtes passiert ist - Skandalisierung, Unterstellung, Aktionismus, Panik verbreiten -, hilft uns in der Sache überhaupt nicht weiter, meine Damen und Herren.

Grundsätzlich sind wir allerdings der Auffassung, dass das, was in Elsfleth mit dem Maritimen Forschungszentrum passiert ist, im Prinzip erst einmal zu begrüßen ist. Es findet dort ein Wissenstransfer zwischen den öffentlichen Einrichtungen bzw. den öffentlichen Hochschuleinrichtungen auf der einen Seite und der privaten Wirtschaft auf der anderen Seite statt. Das ist etwas, was wir ausdrücklich begrüßen und auch ausdrücklich weiter forcieren wollen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das aber, was Sie machen - Panik verbreiten, Unterstellungen machen usw. -, hat mittlerweile langsam System. Ich möchte nicht an die Beispiele der Vergangenheit erinnern. Es ist aber wie jedes Mal - daraus sollten Sie, meine Damen und Herren von der Opposition, lernen -: Sie blasen einen - in der Regel roten - SPD-Skandalluftballon auf, wir aber kommen noch nicht einmal dazu, eine Nadel hineinzustechen, sondern die Luft entweicht ganz still und leise. Damit haben sich die meisten Vorwürfe in der Regel erledigt.

(Johanne Modder [SPD]: Warten Sie einmal ab, Herr Grascha!)

Das, meine Damen und Herren, ist nicht unsere Arbeitsweise, sondern wir werden im Unterausschuss „Prüfung der Haushaltsrechnungen“ - so, wie das in der Vergangenheit auch der Fall war - abgewogen und sachlich diskutieren und zu guten Ergebnissen kommen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Rolfes das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Grascha hat fünf Minuten lang sehr sachlich Stellung genommen. - Bisher hat es das noch nicht gegeben, dass man dem Landesrechnungshof im Vorwahlkampfgeplänkel bitter Unrecht tut, indem man hier im Verlauf von fünf Minuten Aktueller Stunde eine Generalverleumdung der Finanzpolitik des Landes Niedersachsen vornimmt und den Landesrechnungshof auch noch als Kronzeugen dafür benennt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das ist unglaublich, das hat es noch nicht gegeben. Man kann erst dann eine Schlussfolgerung ziehen, Herr Klein, wenn man zuerst eine vernünftige Beratung im Unterausschuss durchgeführt hat. Es darf nicht umgekehrt so sein, dass man sich hier hinstellt und erst einmal alles verurteilt und dann sagt, man wolle es noch beurteilen.

Ich weiß auch nicht, was der Punkt „solide Haushaltspolitik für soziale Gerechtigkeit“ soll. Herr Dr. Sohn hat hier nichts anderes gemacht, als jeden Punkt aufzulisten - ob es Förderungen sind, die angemerkt wurden, oder ob es die Landesbetriebe sind. Was die Landesbetriebe anbelangt: Der älteste Dino hat gerade, glaube ich, 40-jähriges Jubiläum. Dabei handelt es sich um die Justizvollzugsarbeitsverwaltung des Landes Niedersachsen, die am 1. Juli 1972 gegründet wurde. Dann geht das so weiter: 1978, 1998, 1980, 1999, 1999, 2008, 1999, 2003. Im Jahre 2003 war es übrigens der 1.1.

Es kann mir niemand erzählen, dass diese böse Landesregierung zur Verschleierung der Haushaltsrisiken Schattenhaushalte eingerichtet hat. Es sind über 25, sie sind zu Zeiten einer SPD-Regierung eingeführt worden; aber auch zu anderen Zeiten sind sie mit guten Begründungen, die ich hier alle vortragen könnte, eingerichtet worden. Ich habe noch Haushaltsberatungen mitgemacht, bei denen sich die Haushaltsausschussmitglieder über die Höhe der Telefonrechnungen bei Landesbetrieben oder den Einrichtungen, die dann zu Landesbetrieben geworden sind, unterhalten haben. Ob das der Effizienz dient, ist eine ganz andere Frage.