Protokoll der Sitzung vom 21.06.2012

Sie hat in dieser Zeitung einen bemerkenswert guten Artikel unter der Überschrift „Verheddert“ geschrieben. Sie fordert völlig zutreffend, dass Betreiber, Politik und Behörden endlich aufhören müssen, Schwarzer Peter zu spielen.

Frau Kautenburger macht den Vorschlag einer Deutschen Netz AG, in der die Betreiber, Stadtwerke und Unternehmen und der Bund die Koordination des Mammutprojekts Netzausbau leisten müssen. Man könnte das auch „Masterplan“ nennen.

Ich finde diesen Vorschlag gut - um mich ausdrücklich zu dieser Meinung von Frau Kautenburger zu bekennen.

Übrigens hilft es auch, sich das Papier des Städte- und Gemeindebundes in Niedersachsen aus dem April durchzulesen. Es heißt dort wörtlich - ich zitiere -:

„Der Netzausbaubedarf ist so gering wie möglich zu halten. Der Ausbaubedarf, der in der Fachwelt unterschiedlich vorhergesagt wird, ist regelmäßig zu überprüfen und an die politischen und technischen Entwicklungen anzupassen.“

Sie versuchen immer, etwas ganz anderes zu suggerieren.

Zwei weitere Forderungen des Städte- und Gemeindebundes sind aus meiner Sicht besonders wichtig. Es heißt darin ausdrücklich: Erdverkabelung auch für die Höchstspannungsebene soll zur Regeltechnik werden, und die Informations- und Dialogverfahren müssen in den betroffenen Gebieten und Regionen durchgeführt werden, und zwar rechtzeitig und nicht erst dann, wenn man alles schon fertig hat.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Als Letztes zitiere ich den ehemaligen Minister Sander aus einer Pressemitteilung von 2011 zu Offshorewindkraft und Netzausbau. Damals sagte Herr Sander:

„So warte die Branche noch auf ein 2010 angekündigtes Finanzierungsprogramm des Bundes. ‚Mit der Umsetzung könnte die Bundesregierung jetzt“

- das war 2011 -

„ein … Zeichen setzen’, fasste Sander zusammen.“

Gibt es denn jetzt in 2012 dieses angekündigte Programm des Bundes? - Auch nicht einmal ansatzweise, wie gerade die Debatte um TenneT zeigt.

(Zustimmung bei der SPD)

Stillstand und Konfusion sind Markenzeichen von CDU und FDP im Bund wie hier in Niedersachsen, und „Verheddert“ ist dazu die passende Überschrift.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Herr Meyer. - Für die CDU-Fraktion spricht zu diesem Tagesordnungspunkt Frau Kollegin Meyer zu Strohen. Bitte!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Meyer von den Grünen, Ihr Vortrag vorhin war - wenn ich das einmal sagen darf - typisch scheinheilig und unglaubwürdig grün.

(Zustimmung bei der CDU und Wider- spruch bei den GRÜNEN)

Ich werde das gleich auch noch begründen.

Ich spreche jetzt zu dem vorliegenden Änderungsantrag von CDU und FDP. Wir haben unseren Antrag vom 26. August 2010 aktualisiert. Denn inzwischen ist, wie Sie wissen, das Energieleitungsausbaugesetz novelliert worden, und das Netzausbaubeschleunigungsgesetz ist am 5. August 2011 in Kraft getreten.

Meine Damen und Herren, wir von der CDU wollen, dass die Energiewende in Deutschland gelingt. Wir wollen, dass wir die Klimaschutzziele im Energiesektor erfüllen. Dann kann nicht darauf verzichtet werden, dass neben den vielen dezentralen Erzeugeranlagen auch die Windenergie in der Nord- und Ostsee genutzt wird. Es sollen bis

zum Jahr 2030 Windparks mit einer installierten Leistung von 25 000 MW errichtet werden. Das ist mehr, als 20 Großkraftwerke erzeugen.

Niedersachsen wird damit zum Energietransportland, durch das wir die elektrische Energie in die süd- und westdeutschen Verbrauchsschwerpunkte leiten müssen. Aus diesem Grund benötigen wir neben der Optimierung vorhandener Energienetze auch zusätzliche Stromübertragungsnetze. Das ist unbestritten, wie auch die dena-Netzstudien ermittelt und bestätigt haben.

Der vordringliche Bedarf für diese Netzausbaumaßnahmen ist gesetzlich festgestellt. Auf der Grundlage der Novelle des EnLAG 2011 können jetzt auch Teilverkabelungen von der zuständigen Planfeststellungsbehörde verlangt werden. Wesentliche Teile des Niedersächsischen Erdkabelgesetzes sind damit in das Bundesrecht übernommen worden.

Die Betroffenheit der vom Netzausbau berührten Bürger - das ist das, was hier immer wieder ausgeführt wird - ist damit anerkannt. Das schafft Transparenz und erhöht auch die Akzeptanz.

(Beifall bei der CDU)

Es besteht jetzt erstmalig die Möglichkeit, für die drei Pilotstrecken des Höchstspannungsnetzes in Niedersachsen - erstens Ganderkesee–St. Hülfe, zweitens Diele–Niederrhein und drittens Wahle– Mecklar - Teilerdverkabelungen in Siedlungsnähe zu beantragen und zu genehmigen.

Am 5. August ist das Netzausbaubeschleunigungsgesetz in Kraft getreten. Auch dort sind verfahrensrechtliche Straffungen erfolgt. Auch das stärkt die Position der Genehmigungsbehörden und gibt ihnen die planungsrechtlichen Instrumentarien an die Hand, Erdverkabelungen auf den entsprechenden Abschnitten anzuordnen.

Meine Damen und Herren, ich sage es ganz deutlich: Wir erwarten von den Übertragungsnetzbetreibern, dass sie den deutlichen politischen Willen des Gesetzgebers umsetzen

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

und dass der dringend erforderliche Netzausbau nun umgesetzt wird und dass wir nicht wie Herr Meyer schon wieder darüber reden und noch einmal fünf Jahre planen und dann immer noch kein Netz haben.

(Beifall bei der CDU)

Selbstverständlich müssen die Sorgen der vom Netzausbau betroffenen Bevölkerung ernst genommen werden. Es ist frühzeitig mit den Bürgerinnen und Bürgern der Dialog zu suchen. Ziel muss es natürlich sein, eine möglichst konfliktarme Trasse zu suchen. Aber wir müssen den Netzausbau auch beschleunigen.

Alle Möglichkeiten zur Teilverkabelung sind auszuschöpfen, und alle Tatbestände sind einheitlich zu behandeln. Ich sage es ebenso deutlich: Der Landtag erwartet von den Genehmigungsbehörden, dass sie jeweils die eingriffsärmere Ausbautechnik - das ist die Erdverkabelung - genehmigen, dass sie alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um diese durchzusetzen, und dass sie natürlich - was hier vorhin ebenfalls angeprangert wurde - die landesraumordnungsrechtlichen Schutzziele in die Genehmigungsverfahren einbeziehen.

Niedersachsen hat auf Bundesebene erreicht, dass die Genehmigungsbehörden bei den drei großen Pilotstrecken Teilerdverkabelungen anordnen können. Wir gehen davon aus, dass unsere Landesregierung diese Regelung für künftige Stromtrassen auf alle Genehmigungsverfahren übertragen kann.

Meine Damen und Herren, im Bereich der 110 kVHochspannungsleitungen - das wurde hier vorhin gesagt - ist die Erdverkabelung heute Stand der Technik.

(Zustimmung von Axel Miesner [CDU])

Aber im Bereich der Erdverkabelung auf Höchstspannungsebene gibt es keine entsprechenden Erfahrungen. Herr Meyer, daher waren Ihre Aussagen vorhin völlig falsch. Die gibt es nicht. Wir müssen den Menschen nicht vorgaukeln, wir könnten komplett verkabeln.

(Beifall bei der CDU)

Denn in der Streckenführung sind Korridore natürlich in solchen Abschnitten freizuhalten, in denen sich Menschen in ihren Belangen beeinträchtigt fühlen und in denen schwierige Abwägungsprozesse entstehen können. Vor diesem Hintergrund sollten wir natürlich dringend die verlustarme Gleichstromtechnik erforschen - Stichwort HGÜ. Ein Projekt dazu wäre die Anbindung von ein oder zwei Offshorewindparks als abzweigfreie Pilotstrecken an den Trassen bestehender Verkehrsinfrastrukturen wie Autobahnen, Flüssen oder ICEStrecken. Dafür bietet sich z. B. auch die A 7 an.

Sehr geehrte Damen und Herren, jetzt noch einige Anmerkungen zu dem neuen Antrag der Grünen, den wir noch beraten werden.

Vieles von dem, was Sie hier einfordern, wird schon bearbeitet oder ist völlig unrealistisch. Die kommunalen Energieversorger wissen, dass sich die fundamentalen Veränderungen in der Energiewirtschaft auch auf die künftigen Anforderungen an die Energienetze auswirken werden. Der Verband Kommunaler Unternehmen hat längst eine Arbeitsgruppe Intelligente Netze eingerichtet; das müssen Sie eigentlich wissen. Die ersten Ergebnisse werden schon in den nächsten Wochen erwartet.

In der Stadt Osnabrück sind über 700 Photovoltaikanlagen installiert. Zurzeit wird daran gearbeitet, wie sich das auf die Einspeisung in die Verteilernetze auswirkt. Smart Grid ist also überhaupt kein Problem mehr.

Außerdem wird an einem Forschungsprojekt - in der Bearbeitung der Hochschule Osnabrück - aktiv mitgearbeitet.

Auch am Zukunftsthema Schwarmkraftwerk wird intensiv gearbeitet. Dazu laufen in Niedersachsen Vorbereitungen zum Forschungsverbund Intelligente Netze Norddeutschlands. Das läuft alles schon.

Außerdem habe ich festgestellt, dass Ihr Antrag von der Landesregierung hellseherische Fähigkeiten und den Mut verlangt, sich auf Spekulationen einzulassen. Wer besitzt schon die Gabe, den Ölpreis in 20 Jahren vorauszusagen? Wer besitzt schon die Gabe, vorauszusagen, wie und in welcher Menge der Wind in anderen Bundesländern - dazu fernab von jeder Küste; Bayern und BadenWürttemberg haben Sie aufgeführt - wehen wird?

Wer besitzt schon die Gabe, vorauszusagen, welche Möglichkeiten dezentraler Speicherung von Energie uns mit welchen Kapazitäten zur Verfügung stehen?

Wenn man dann noch die These aufstellt, dass die Netze jahrelang von Gebietsmonopolisten missbraucht worden sind, um Märkte abzusichern und abzuschotten, dann stellt sich die Frage: Warum kritisieren Sie das nicht und zeigen Lösungen auf und nicht wie immer nur die Probleme?

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)