Protokoll der Sitzung vom 16.09.2008

Ich eröffne die Beratung. Das Wort hat Herr Kollege Lammerskitten von der CDU-Fraktion.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Als ich vor einigen Monaten zum ersten Mal hier vor dem Hause sprechen durfte, war mein Thema ebenfalls der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Kammergesetzes für die Heilberufe, über den wir heute zu entscheiden haben. Ich habe damals gesagt, ich sei froh, als Landtagsneuling über ein so vergleichsweise unproblematisches Thema reden zu dürfen. Zu dieser Aussage stehe ich auch heute noch.

Da wir mit diesem Gesetz bzw. mit dieser Gesetzesänderung eine EU-Vorgabe umsetzen, kann es dazu eigentlich keine wesentlichen inhaltlichen Auseinandersetzungen geben.

Gegenüber der ursprünglichen Fassung hat der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit allerdings noch einige Änderungen des Gesetzestextes empfohlen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Formulierungen, die der deutlicheren Abgrenzung von Terminologien dienen, die Missverständnisse ausschließen oder die an den Sprachgebrauch der EU angepasst werden sollen.

Ausführlich diskutiert hat der Ausschuss die Nr. 4 des Gesetzentwurfs - § 12 - und hat sich dafür ausgesprochen, die in Absatz 3 Satz 3 vorgesehe

ne Änderung beizubehalten. Sie sieht vor, dass dann, wenn das Versorgungswerk einer Kammer Kammerangehörige anderer Bundesländer aufnimmt und eine Delegiertenversammlung einrichtet, diese auch über die Satzung des Alterversorgungswerkes beschließt. Aus unserer Sicht, aus Sicht der CDU, entstehen so keine zusätzlichen rechtlichen Risiken für Niedersachsen. Gleichzeitig aber weiten wir die Möglichkeiten der demokratischen Mitbestimmung für kammerfremde Mitglieder aus. So soll vor allem der Psychotherapeutenkammer ein zusätzliches Argument für den Beitritt von Psychotherapeuten, vor allem aus den ostdeutschen Bundesländern, an die Hand gegeben werden.

Kurz erläutern will ich außerdem Nr. 7, also § 33. Die empfohlene Formulierung stellt sicher, dass sämtliche in einem Medizinischen Versorgungszentrum tätigen Ärzte künftig am Notfalldienst teilnehmen müssen, und zwar unabhängig davon, ob das MVZ rechtlich selbstständig ist oder als unselbstständige Abteilung eines Krankenhauses geführt wird. Der Ausschuss war sich einig, dass dieser Wortlaut nicht bedeutet, dass ein MVZ nicht auch als Praxis geführt werden kann, sondern dass bei einem als Praxis geführten MVZ eine unschädliche Doppelregelung vorliegt. Sie unterstreicht, dass alle MVZs in diese Regelung eingebunden sind.

Meine Damen und Herren, der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit hat mit den Stimmen von CDU und FDP empfohlen, das Gesetz in der kurz dargestellten Form zu verabschieden. Dem kann ich mich aus Überzeugung nur anschließen. Ich bitte somit um Ihrer aller Zustimmung zu der Beschlussempfehlung des Sozialausschusses zu dem Gesetzentwurf von CDU und FDP.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Danke schön, Herr Lammerskitten. - Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Frau Kollegin Helmhold das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Änderungen der jetzigen Novelle des Heilkammergesetzes beruhen, wie die der Novelle der letzten Wahlperiode auch, im Wesentlichen auf Vorgaben der Europäischen Union. Sie sind, einmal abgese

hen von juristischen Ungenauigkeiten des Gesetzentwurfs, auf die der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst dankenswerterweise hingewiesen hat, eigentlich unstrittig. Sie zeigen allerdings an, dass die Globalisierung auch im Bereich der Tätigkeit von Ärztinnen und Ärzten zugeschlagen hat und deshalb berufsrechtliche Regelungen für diese Berufsgruppen ins Heilkammergesetz eingebaut werden mussten.

Ich will mich kurz fassen, aber doch auf ein Ärgernis bei den jetzigen Beratungen hinweisen, nämlich auf die erneute Ablehnung unseres Gesetzesänderungsvorschlages zur Wahlordnung, den wir gemeinsam mit der SPD eingebracht haben. Meine Vorgängerin, Frau Janssen-Kucz, hatte bereits in der 64. Plenarsitzung im Juni 2005 gesagt:

„Jede Kammerversammlung schafft sich die Wahlordnung, die die jeweilige Mehrheit für die Durchsetzung ihrer Interessen braucht. Dieses Eigeninteresse unterstützen Sie, meine Damen und Herren von den Mehrheitsfraktionen.“

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ist doch in der Tat so - das hat der Kollege Schwarz damals bereits richtig analysiert; die Situation ist heute genau dieselbe -, dass die niedergelassenen Ärzte 35 % der Kammermitglieder stellen, aber über 65 % der Sitze in der Kammerversammlung haben. Das ist aus unserer Sicht zutiefst undemokratisch. Oder anders ausgedrückt: Einer Minderheit wird per Wahlordnung zur Mehrheit in der Kammerversammlung verholfen. Wir dagegen wollen einen echten Minderheitenschutz und keinen Alleinvertretungsanspruch fragwürdig zustande gekommener Mehrheiten.

(Zustimmung von Patrick-Marc Hum- ke-Focks [LINKE])

Deswegen fordern wir einen anderen Wahlmodus, der insbesondere den kleineren Ärztegruppen eine gerechte Chance gibt, angemessen vertreten zu sein. Diese Gruppen fordern das auch; das hat die Anhörung ganz klar ergeben. Angesichts der vorgenommenen Verkleinerung der Kammerversammlung bekommen Sie das aber nur dann hin, wenn Sie aus den sechs Wahlbezirken in Niedersachsen einen Wahlkreis machen. In sechs Wahlbezirken wird nach dem Prinzip „teile und herrsche“ der Durchmarsch der großen Gruppen praktiziert, mit denen man die bisherige Mehrheitspolitik bequem fortführen kann.

Es gab in diesem Hause einmal die Einlassung von Herrn Dr. Winn, dieses Unverhältnis ändern zu wollen. Daran wurde er jedoch ganz offenbar durch das Gängelband des Sozialministeriums gehindert. Wir bedauern das sehr und hätten heute gerne wenigstens seine Stimme für unseren Antrag gehabt.

Wir werden dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen. Wir werden ihn allerdings auch nicht ablehnen, weil die Änderungen ja im Wesentlichen unstrittig sind. Wir werden uns der Stimme enthalten. Natürlich bitten wir um Zustimmung zu der von uns beantragten Änderung des Wahlverfahrens.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Helmhold. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Humke-Focks das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein ganz kurzes Statement von uns. Die Fraktion DIE LINKE kann der vorliegenden Beschlussempfehlung des Ausschusses nicht zustimmen. Wir unterstützen selbstverständlich den Änderungsantrag von SPD und Grünen. Bei der Abstimmung über den anderen Antrag werden wir uns der Stimme enthalten.

Unsere Fraktion ist sich bewusst, dass mit dieser heute vorgenommenen notwendigen Gesetzesänderung zwar ein kleiner Fortschritt erzielt werden konnte, doch ist für uns als Linke nicht nachvollziehbar, warum die konstruktiven Vorschläge aus dem Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei der Mehrheit von CDU und FDP keinen Anklang gefunden haben.

Unsere Fraktion hat mit dem Änderungsantrag aus dem Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen auf Demokratiedefizite hingewiesen. Wir haben u. a. ebenfalls auf die Grundsätze des Mehrheitswahlrechts bei Einreichung nur eines Wahlvorschlags hingewiesen und wollten damit eine Orientierung am § 14 des Betriebsverfassungsgesetzes erreichen. Leider sind auch diese Vorschläge der Opposition bei den Mehrheitsfraktionen auf taube Ohren gestoßen. Ich bin mir aber sicher, dass wir uns mit dieser Thematik nicht das letzte Mal beschäftigt haben. Vielleicht berücksichtigen Sie in der Folge dann ja auch einmal die Ergebnis

se der Anhörung, indem Sie die Vorschläge zum Beispiel des Verbandes Deutscher Betriebs- und Werksärzte oder der Gruppe der Hausärzte oder der Gruppe für ein öffentliches Gesundheitswesen, Sozial- und Arbeitsmedizin berücksichtigen. Wir werden Ihnen dabei gern behilflich sein.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Schwarz das Wort. Bitte sehr!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum Wahlrecht hat Frau Helmhold schon alles gesagt. In der Tat ist es, glaube ich, das vierte oder fünfte Mal, dass wir gemeinsam diesen Antrag hier eingebracht haben. Wir halten ihn nach wie vor für richtig. Es geht darum, kleinen Ärztegruppen die Mitwirkungsmöglichkeiten in der Kammerversammlung einzuräumen. Dass Sie an dieser Stelle Minderheitsrechte nicht so ernst nehmen, haben wir die letzten Male schon mitbekommen. Das haben wir im Ausschuss mitbekommen. Das werden wir auch heute wieder erleben. Nichtsdestotrotz geht es bei dem eigentlichen Gesetzentwurf nur um die Angleichung an Europarecht.

Herr Althusmann, leider muss ich nun Ihr Weltbild zerstören. Sie haben vorhin gesagt, ich würde immer spalten. Wir hatten uns eigentlich vorgenommen, Ihrem Antrag zuzustimmen. Wenn es Sie nicht völlig durcheinander bringt, stimmt die SPDFraktion also zu, und ich trage es vor, Herr Althusmann.

(Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Sehr gut!)

Herzlichen Dank, Herr Kollege Schwarz. - Für die FDP-Fraktion hat Frau Kollegin Meißner das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der einzige strittige Punkt ist tatsächlich schon mehrfach diskutiert worden, und zwar immer wieder, wenn wir Änderungen des Heilkammergesetzes vorgenommen haben. Dazu muss ich sagen: Die Wahrheit liegt wie immer in der Mitte. Oder: Es gibt immer verschiedene Sichtweisen.

Sie haben von Minderheiten, von kleineren Fachärztegruppen gesprochen. Es ist richtig, dass diese Gruppen gesagt hatten, sie wollten in der Kammerversammlung besser vertreten sein. Auch Frauen hatten diesen Wunsch durchaus artikuliert. Es ist aber auch die andere Sichtweise zu berücksichtigen. Wenn man nur einen Wahlkreis hat, stellt sich theoretisch die Frage, ob dann wirklich alle Ärztegruppen vor Ort vertreten sein können. Bei sechs Wahlkreisen ist diese Möglichkeit viel eher gegeben. Gleichzeitig haben wir uns auch immer zum Ziel gesetzt, die Selbstverwaltung von Kammern zu stärken. Da steht also Argument gegen Argument. Wir sind immer bei der gleichen Meinung geblieben.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ihre Lan- desliste ist doch auch regional aus- gewogen!)

- Ich glaube, unsere Landesliste hat nichts mit der Kammer zu tun. Gucken Sie später die Liste zur Europawahl an; die wird gut.

Zurück zum Heilkammergesetz. Es geht im Wesentlichen um Angleichungen, die wir eigentlich schon im Oktober letzten Jahres hätten vornehmen müssen. Das haben wir zum Ende der Legislaturperiode nicht mehr geschafft; deshalb haben wir die Änderungen jetzt vorgenommen. Ich finde es im Übrigen sehr gut, dass auch im Bereich der Heil- und Gesundheitsberufe auf europäischer Ebene ein immer besserer Austausch sowie die Anerkennung von Berufsabschlüssen und Weiterbildungen ermöglicht werden und gleichzeitig auch auf Verwaltungs- und Verbandsebene ein Austausch stattfindet. Das ist nur zu begrüßen. So wächst Europa zusammen. Deswegen kann ich nur sagen: Stimmen Sie doch bitte diesem Gesetzentwurf zu!

(Beifall bei der FDP)

Danke schön, Frau Kollegin Meißner. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Einzelberatung, zur Abstimmung über die Nr. 1 der Beschlussempfehlung. Ich rufe auf:

Artikel 1. - Hierzu liegt eine Änderungsempfehlung des Ausschusses vor. Wer möchte so beschließen? - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Stimmenthaltungen der Fraktion DIE LINKE ist das so beschlossen.

Artikel 2. - Unverändert.

Gesetzesüberschrift. - Unverändert.

Wir kommen zur Schlussabstimmung.

Wer dem Gesetzentwurf seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich, sich vom Platz zu erheben. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Bei Enthaltungen der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und DIE LINKE ist das so beschlossen.

Wir stimmen jetzt über die Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses ab. Wer der Nr. 2 der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Gesetzentwurf der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 16/130 ablehnen will, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit.

Jetzt rufe ich den Tagesordnungspunkt 6 auf:

Einzige (abschließende) Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Sparkassengesetzes - Gesetzentwurf der Landesregierung - Drs. 16/321 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen - Drs. 16/431