Protokoll der Sitzung vom 16.09.2008

- „Verarschung“ darf ich hier nicht sagen, denn sonst bekomme ich einen Ordnungsruf. - Das war eigentlich ganz elegant.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Das ist Sprachförderung!

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)

- Das war anders gemeint. Das war zwar auch nicht schlecht, aber das war von mir nicht so gemeint.

Wir haben bei Ihnen dann gelernt: Hauptschulen haben Vorrang und gehören besonders unterstützt. - Gleichzeitig kürzen Sie die Personalkosten im Hauptschulbereich im nächsten Jahr um 25 Millionen Euro. Sie demontieren die berufliche Grundbildung. Die berufsbildenden Schulen im ländlichen Raum fürchten um ihre Existenz. Wir haben gerade in der letzten Woche eine sehr gute und große Anhörung dazu durchgeführt und haben es aus erster Quelle so vorgetragen bekommen. Aufgrund der Unterbindung von Durchlässigkeit erschweren Sie ferner weiterführende Abschlüsse. Meine Damen und Herren, Hauptschulen haben bei Ihnen keine Zukunft. Sie veralbern die Hauptschülerinnen und Hauptschüler und deren Eltern. Das ist nicht in Ordnung.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Dass ein solches Auseinanderfallen nicht nur die Opposition, die Eltern und die Schülerinnen und Schüler, sondern auch die Beschäftigten, die Landesbediensteten, erregt, darf doch nicht verwundern. Wir sind inzwischen in einer Situation, in der der Apparat rebelliert. Anders kann man das nicht nennen. Ich habe hier ein Schreiben des Gesamt

personalrats der Landesschulbehörde. Ich kann es hier nicht vorlesen; es ist dafür ein bisschen zu lang. Dieses Schreiben hat es einfach in sich. Die Kolleginnen und Kollegen fühlen sich - sehr diplomatisch ausgedrückt - in jeder Weise unangemessen behandelt. Auf Deutsch: Sie haben von der Art, wie mit ihnen umgegangen wird, die Nase gestrichen voll.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

In dieser Weise zieht sich das durch die Ressorts. Im Wissenschaftsbereich ist es nicht besser. Die Schere zwischen den Abiturientenzahlen und den Studierendenzahlen geht weiter auseinander. Niedersachsen exportiert Intelligenz. Das ist noch eine freundliche Umschreibung. Man kann auch sagen: Die Studierenden wandern ab, weil sie merken: Hier ist nichts mit Zukunft.

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Schauen Sie mal auf die Abschlüsse!)

Sie bleiben dann übrigens dort, wo sie ausgebildet werden, und tragen dort zur Wertschöpfung bei. Sie fehlen uns dann in der nächsten Generation.

(Starker Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

So viel zu dem wichtigen Thema Bildung.

Ein zweites Thema, das neben Wirtschaft und Soziales auch noch wichtig ist, hat mit Energie und Klima zu tun. Niedersachsen hat ja jetzt reagiert. Man hat das Ministerium umbenannt. Man hat dort, wie ich glaube, jetzt ein kleines Referat geschaffen, das sich mit diesem Thema befasst. Niedersachsen ist aber immer noch das einzige Bundesland, das überhaupt kein Klimaprogramm hat. Sie kriegen das nicht gebacken. Entweder Sie wollen es nicht oder Sie können es nicht. Auf jeden Fall schadet es dem Land und der Umwelt, und das ist nicht zu akzeptieren.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Nun zu einem Thema, das uns schon in der letzten Wahlperiode beschäftigt hat, nämlich zur demografischen Entwicklung. Wir haben interessante Ergebnisse zur Kenntnis genommen. Niedersachsen ist durch die demografische Entwicklung stärker herausgefordert als alle anderen Bundesländer. Herr McAllister, in der Nordsee-Zeitung - das ist ganz interessant - erschien gerade in dieser Woche ein Bericht, wie die Entwicklung im Cuxland zurzeit wahrgenommen wird. Es gibt dort Sorgen:

Die Bevölkerung wandert ab und wird zahlenmäßig geringer. Es wurde gefragt, welche Auswirkungen das für die kommunale Infrastruktur hat. Das ist ein riesiges Thema. Die Antworten liegen übrigens auf dem Tisch; ich verweise hier auf den Bericht der Enquete-Kommission. Diese Landesregierung aber hat dieses Thema - wie viele andere auch - richtig verpennt.

(David McAllister [CDU]: Das ist falsch!)

Jetzt kommt es, Herr McAllister: Die Landesregierung hat bei der Zukunftsklausur auf der Ziellinie gemerkt, dass da noch etwas ist. Sie hat dann, wie ich glaube, eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Mich hat Folgendes besonders beeindruckt, weil es genau dazu passt, wie bei Ihnen Politik gemacht wird: Herr Wulff hat bei der zusammenfassenden Schau im Blick auf die Zukunftsklausur auch zum Thema der demografischen Entwicklung eine Forderung aufgestellt. Er hat gesagt: Wir müssen dafür sorgen, dass auch 2020 Hausärzte in der Fläche in Niedersachsen noch da sind. - Ich finde, das ist eine sehr richtige Forderung. Es ist aber wieder eine der Forderungen, für deren Erfüllung die Landesregierung überhaupt keine Verantwortung hat. Das regeln andere. Überall dort, wo die Landesregierung in der Pflicht wäre, etwas zu tun, findet unter diesem Ministerpräsidenten jedenfalls nichts statt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

In der Geschichte gibt es einen großen Konservativen - vor großen Persönlichkeiten haben auch wir Respekt -, der Otto von Bismarck hieß.

(Zurufe von der CDU: Den müssen Sie auch noch zitieren?)

Er hatte ein Lebensmotiv. Es hieß: Mehr sein als scheinen. - Unser Ministerpräsident hat auch ein Motiv: Mehr scheinen als sein.

Meine Damen und Herren, wir sind in Niedersachsen zurzeit Zeuge einer atemberaubenden Metamorphose: vom Alphatier zum Pantoffeltierchen.

Herzlichen Dank.

(Starker, nicht enden wollender Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege Jüttner. - Für die CDUFraktion hat nun Herr Kollege Dr. Althusmann das Wort. Bitte schön!

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Jüttner, Sie haben zu Beginn Ihrer Rede und auch mehrfach mittendrin von „Messlatten“ gesprochen. Wenn Sie sich heute Nachmittag hier in Hannover selbst eine Messlatte aufgelegt haben sollten, dann war die aber leider sehr niedrig. Das haben wir auch erwartet.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, nach dieser relativ einfallslosen Rede des Oppositionsführers der zumindest noch größten Oppositionsfraktion hier im Niedersächsischen Landtag sei die Frage gestattet - fragen Sie sich das vielleicht auch selbst einmal -: Wo war bei Ihnen in den vergangenen 45 Minuten auch nur ein Ansatz einer guten Idee, meinetwegen eine Vision, meinetwegen ein Gegenentwurf, meinetwegen ein Konzept für die Zukunft unseres Bundeslandes? - Fehlanzeige, Herr Jüttner!

(Beifall bei der CDU)

Der Kollege Klare hat mir gerade zugerufen: Was bleibt von Ihrer Rede übrig außer vielleicht dem letzten Satz? - Herr Jüttner, die Menschen in Niedersachsen merken es offensichtlich seit längerem. Zweimal eine Wahl zu verlieren, mögen Sie als ungerecht empfunden haben. Es wäre aber schon ein wenig Selbstkritik angebracht. Davon sind Sie aber leider sehr weit entfernt. Ich denke, es wird jedem hier im Parlament und auch jedem außerhalb des Parlaments in Niedersachsen zunehmend klarer, dass die schallende Ohrfeige vom 27. Januar insbesondere für Sie, Herr Jüttner, ihre volle Berechtigung hatte.

(Beifall bei der CDU)

Eigentlich sind Sie ja schon Vergangenheit und nicht Zukunft, Herr Jüttner. Eigentlich sind Sie personifizierte Vergangenheit. Mit der Zukunft Niedersachsens werden Sie auf jeden Fall nichts mehr zu tun haben.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, dieser Oppositionsführer hat im Juli in der Zeitung erklärt: Unsere Rolle als Oppositionsfraktion ist, klare inhaltliche Alternativen zum Regierungshandeln aufzuzeigen.

(Reinhold Coenen [CDU]: Wo waren sie?)

Ihre Rede hat zum wiederholten Male deutlich gemacht: Zur Politik dieser Landesregierung haben Sie keine Alternativen.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, vor fast genau einem Jahr - erinnern wir uns doch einmal - hat der Kollege Jüttner hier gestanden und von diesem Pult aus Großartiges für seine Partei, die SPD, verkündet. Ich zitiere:

„Wir werden dafür sorgen, dass der heutige Haushaltsentwurf der letzte ist, den Herr Möllring hier eingebracht hat.“

Im Dezember vergangenen Jahres haben Sie, Herr Kollege Jüttner, gesagt - ich zitiere -:

„Wir haben die Beratungen dazu genutzt, die Antworten für die Jahre 2008 und folgende zu geben.“

Unter donnerndem Applaus - nicht unserem, sondern Ihrem - haben Sie außerdem erklärt:

„Die Niedersachsen werden sich entscheiden. Ich freue mich, dieses Land in den nächsten Jahren gerechter gestalten zu können.“

Hört, hört! Irgendetwas muss vor Kurzem gründlich schief gelaufen sein, meine Damen und Herren. Allerdings haben Sie sich dazu wohlweislich - auch mit Blick auf die Fraktion, die hinter Ihnen sitzt; da konnte man nicht so besonders viel mehr in den Gesichtern lesen - ausgeschwiegen. Meine Damen und Herren, auf dieser Regierungsbank sitzt der Ministerpräsident, der hier fünfeinhalb Jahre lang gute Politik für Niedersachsen gemacht hat, der dieses Land nach vorne gebracht hat.

(Beifall bei der CDU - Heiner Bartling [SPD]: Fehlbesetzung!)

Bei allem Verständnis für Ihre persönliche Enttäuschung über das Wahlergebnis sollten Sie eines zur Kenntnis nehmen:

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ihres war ja auch nicht so gut! Minus 6 %!)