Protokoll der Sitzung vom 22.06.2012

Herzlichen Dank. - Für die FDP-Fraktion hat Herr Riese das Wort. Das ist die letzte Wortmeldung zu diesem Tagesordnungspunkt.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will ein wenig beleuchten, dass wir über ein Thema sprechen, dessen Wichtigkeit für alle Patienten, die mit einem Medizinprodukt zu tun bekommen, völlig außer Frage steht.

Wer sich den Antrag in der zweiten und auch in der ersten Fassung durchgelesen hat, der weiß, dass die Gesetzgebungskompetenz zu diesem Thema

nicht bei uns im Lande liegt. Wir haben mit der Verwaltungsausführung zu tun. Dafür gibt es die Zentralstelle der Länder. Das Abkommen ist bereits von den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten der Länder unterzeichnet, teilweise bereits im letzten Jahr. Das wird uns als Gesetz bald wieder vorliegen, weil wir als gesetzgebende Körperschaft in diesem Lande natürlich darüber zu entscheiden haben.

Unsere Aufgabe heute ist es, im Interesse aller Menschen, die sich Sorgen über die Qualität von Medizinprodukten machen - das dürften sehr viele sein -, ein politisches Signal zu setzen. Aber es ist nicht unsere Aufgabe, unseren Verwaltungsaufbau zu ändern, neue Einrichtungen zu schaffen oder dergleichen.

Alles, worum es geht, ist es, die Stimme in dem Sinne zu erheben, wie es eine ganz große Mehrheit in diesem Hause will, und dabei die Kommunikation mit anderen Bundesländern, mit dem Bund und vor allem auch mit der europäischen Ebene herzustellen, weil hier auch europäische Richtlinien eine Rolle spielen, um all die Dinge, die hier bereits dargelegt wurden, zu erreichen. Deswegen ist große Einigkeit angesagt.

Geplänkel über Empfindlichkeiten, wer wann mit wem nicht gesprochen hat, ist völlig fehl am Platze. Es geht um das Signal für eine Ernsthaftigkeit der staatlichen Aufgabenerfüllung in der Sicherheit von Medizinprodukten. Ich bitte um breite Zustimmung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit wurde der Beschlussempfehlung des Ausschusses gefolgt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 39 auf:

Abschließende Beratung: Der demografische Wandel braucht eine andere Politik - Geriatrische Versorgung in Niedersachsen ausbauen und stärken - Antrag der

Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/4037 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration - Drs. 16/4848 - Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/4911

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag in geänderter Fassung anzunehmen.

Der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE hat eine Ergänzung der vom Ausschuss empfohlenen Textfassung zum Ziel.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Ich eröffne die Beratung. Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich Frau Kollegin Helmhold zu Wort gemeldet. Bitte schön.

Vielen Dank. - Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im September vergangenen Jahres hat meine Fraktion dem Haus einen Entschließungsantrag vorgelegt, der sich mit der Verbesserung der geriatrischen Versorgung in Niedersachsen - also der spezialisierten Versorgung erkrankter älterer Menschen - beschäftigt. Ausgangspunkt des Antrags waren die steigenden Zahlen älterer Menschen im Zuge der demografischen Entwicklung. Dazu nur eine Zahl: Ausgehend vom Basisjahr 2008 wird beispielsweise die Zahl der über 80Jährigen in unserem Land bis zum Jahr 2030 von 408 000 Personen um 53 % auf 625 000 Personen ansteigen. Darauf hat sich auch das Gesundheitssystem einzustellen.

Wir wissen, dass eine spezialisierte und auf den alten kranken Menschen zugeschnittene Krankenversorgung geeignet ist, dessen Lebensqualität entscheidend zu verbessern, Pflegebedürftigkeit zu vermindern und in vielen Fällen sogar zu verhindern. Der multiprofessionelle Ansatz der Geriatrie ermöglicht sehr vielen Menschen, nach einer stationären medizinischen Behandlung und Rehabilitation wieder in ihre gewohnte Umgebung zurückzukehren. Das ist erwiesen. Sehr häufig werden so Pflegeheimaufenthalte vermieden.

Auch in diesem Fall ist es uns erfreulicherweise nach intensiven Beratungen im Ausschuss und einer sehr umfangreichen und, wie ich fand, sehr erkenntnisstiftenden Anhörung gelungen, das Thema so zu beraten, dass wir heute einen gemeinsamen Antrag verabschieden können und wollen. Wir wollen gemeinsam, dass in Niedersachsen bis Mitte nächsten Jahres in Zusammen

arbeit mit den zuständigen Akteuren ein weiterführendes Konzept zur sektorenübergreifenden geriatrischen medizinischen Versorgung der älteren Bevölkerung entwickelt wird.

Dabei sind folgende Punkte für uns wichtig:

Die Geriatrie muss in Forschung und Lehre ausgebaut und durch eigenständige Lehrstühle an den medizinischen Hochschulen gestärkt werden. Bislang ist lediglich an der Medizinischen Hochschule Hannover ein klinisch tätiger Geriater überhaupt in den Lehrbetrieb eingebunden. Wenn aber die Medizinstudenten die Geriatrie nicht bereits im Studium als eigenständiges medizinisches Fachgebiet erleben können, dann kann man kaum erwarten, dass sie diesen Schwerpunkt in ihrem weiteren Berufsleben für sich als vordringlich entdecken werden. Dasselbe gilt für die Weiterbildungsordnung für Ärzte, in der der Schwerpunkt Geriatrie aufgewertet werden soll, ebenso wie in der Aus- und Weiterbildung von Pflegekräften.

Wir wollen die Versorgung mit geriatrischen Zentren ausbauen, damit wir die Bevölkerung in Niedersachsen bedarfsgerecht mit geriatrischer stationärer Akutversorgung und Rehabilitation versorgen können. Einer Erhebung des Bundesverbandes Geriatrie zufolge ist das Angebot stationärer geriatrischer Betten in Niedersachsen nämlich nur ungefähr halb so groß wie im Bundesdurchschnitt. Insbesondere in ländlichen Gebieten sind wir sehr unterversorgt.

Wir wollen die geriatrischen Zentren da entwickeln, wo größere Krankenhäuser Schwerpunktaufgaben übernehmen und von da aus Netzwerke als Kompetenzzentren in die Region hinaus entwickeln können. Das ist sozusagen das niedersächsische Konzept. Das soll weiter verfolgt werden.

(Glocke der Präsidentin)

Natürlich soll auch die ambulante geriatrische Rehabilitation ausgebaut werden mit dem Ziel, dass es auch in Niedersachsen zu diesem Zweck einen Rahmenversorgungsvertrag gibt.

Ein letzter Satz!

Auch bei diesem Punkt freue ich mich über die konstruktive Zusammenarbeit und bedanke mich bei allen beteiligten Kolleginnen und Kollegen im Ausschuss und auch im Ministerium. Ich möchte mich auch beim Landes- und Bundesverband Ge

riatrie für die außerordentlich gute fachliche Unterstützung und Begleitung herzlich bedanken, die wir in der Anhörung zu diesem Punkt erfahren haben.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Helmhold. - Für die CDU-Fraktion hat jetzt Frau Kollegin Prüssner das Wort. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Helmhold sagte es gerade: Heute beschließen vier Fraktionen einmütig einen Antrag zum Ausbau und zur Stärkung der geriatrischen Versorgung in Niedersachsen. Die in den nächsten Jahrzehnten rasant ansteigende Zahl der älteren und von Krankheit bedrohten Menschen erfordert es, Strukturen zu schaffen, in denen die ältere Bevölkerung medizinisch adäquat versorgt werden kann. Ziel wird es sein, die gesundheitsbezogene Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern. Da der demografische Wandel zumindest kurz- oder mittelfristig nicht umkehrbar ist, müssen wir uns diesen Herausforderungen auch in der geriatrischen Versorgung stellen. Dies haben wir mit unserem gemeinsamen Antrag getan.

Ich möchte jetzt, um Wiederholungen zu vermeiden, nur noch einige wenige Punkte herausstellen, die Frau Helmhold nicht oder nur am Rande erwähnt hat. Eine Zukunftsaufgabe wird es sein, die enge Zusammenarbeit und Verzahnung aller Angebote der Altenhilfe sowie des Gesundheitswesens voranzutreiben und einen Mix von professionellen Pflegerinnen und Pflegern sowie qualifizierten Laienpflegern herzustellen.

(Zustimmung bei der CDU)

Eine zukunftsfähige Pflegeausbildung muss sich am aktuellen Stand der Pflegewissenschaft orientieren und sowohl den stationären als auch den ambulanten Bereich berücksichtigen. Neben der grundlegenden Ausbildung müssen auch Fort- und Weiterbildungskonzepte in der Pflege den gesellschaftlichen Veränderungen angepasst und auf ein einheitliches Qualitätsniveau gehoben werden. Dazu gehört natürlich auch, dass die geriatrische Fachkompetenz von Ärztinnen und Ärzten erhöht wird und dass in Kooperation mit der Ärztekammer auch für niedergelassene Ärzte Weiterbildungen stattfinden.

Wir haben uns auch im mitberatenden Ausschuss für Wissenschaft und Kultur dafür eingesetzt, dass die Geriatrie in Forschung und Lehre ausgebaut und in der zukünftigen Hochschulplanung durch eigene Lehrstühle gestärkt wird.

Meine Damen und Herren, da die Zahl der älteren Menschen, also die Zahl derjenigen, die chronisch krank, multimorbid oder pflegebedürftig sind, deutlich zunehmen wird, wird es nicht weiter darum gehen können, vermehrt neue Angebote zu schaffen bzw. bestehende Angebote auszuweiten. Vielmehr ist es wichtig, eine weitere Optimierung durch eine Vernetzung der vorhandenen Angebote und durch die Entwicklung innovativer Ideen zu erreichen.

Dafür ist unser gemeinsamer Antrag gedacht. Er soll dazu dienen, unser Gesundheitssystem an die sich verändernden Anforderungen unserer Gesellschaft anzupassen. Ich möchte mich bei allen bedanken, die dazu beigetragen haben, dass wir jetzt all dies auf den Weg bringen können.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Tiemann. Bitte schön, Sie haben das Wort!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sprechen hier über das große Thema Geriatrie. Was bedeutet „Geriatrie“? - Laut Definition der WHO ist Geriatrie der Zweig der Medizin - ich betone ausdrücklich: der Medizin -, der sich mit der Gesundheit im Alter sowie dem präventiven, klinischen, rehabilitativen und sozialen Aspekt einer Krankheit beim älteren Menschen beschäftigt.

Wie sieht und sah es hier in Niedersachsen aus? - Wie es in Niedersachsen aussah, spiegelte sich während der ausführlichen Anhörung, die wir im Rahmen der Beratungen durchgeführt haben, sehr, sehr deutlich wider. Eine Vielzahl von Akteuren arbeitet schon heute zusammen. Gleichwohl muss an der einen oder anderen Stelle noch mehr als deutlich - ich betone: mehr als deutlich - nachgebessert werden.

Wir wollen und müssen etwas tun. Deshalb ist die SPD-Fraktion sehr froh darüber, dass die Grünen einen Impuls gesetzt haben. Wir freuen uns ferner

darüber, dass es gelungen ist, einen gemeinsamen Antrag auf den Weg zu bringen.

Frau Prüssner, gelegentlich müssen Sie mir aber noch einmal erklären, wie Sie auf die qualifizierte Laienpflege im Zusammenhang mit der professionellen Versorgung in der Geriatrie kommen; denn dieses Thema war nicht Gegenstand unserer Beratungen, sondern eher ist der hoch professionelle Umgang mit dieser komplizierten und komplexen Materie angesagt.

Was wollen wir? - Wir wollen - das muss unser erklärtes Ziel sein - eine flächendeckende gute Versorgung unserer älteren Menschen, eine gute Rehabilitation und eine gute Prävention; denn das bedeutet eine verbesserte Lebensqualität der Menschen in Niedersachsen. Das wollen wir erreichen.

(Beifall bei der SPD)