Wir müssen ja keinen Gegensatz aufbauen. Dass in der Praxis nicht alles rosarot ist und nicht alles super funktioniert, zeigt der Bericht der Bundesregierung. Natürlich kann man sich überlegen, daraus Konsequenzen zu ziehen. Das will ich nicht bestreiten. Aber man muss nicht sofort ein Gesetz verabschieden, wenn die Privaten im Prinzip bereit sind, an dieser Stelle etwas zu tun.
Es gilt, daraus entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Das werden wir beispielsweise in den Ausschussberatungen klären. Irgendetwas müssen wir ja auch in den Ausschussberatungen machen. Das könnte man dort auf jeden Fall ansprechen.
Ich möchte zum dritten Punkt kommen, nämlich zu II b in Ihrem Antrag. Auch das ist hier relativ umfassend beschrieben. Ich möchte nur auf zwei Aspekte eingehen.
Was mich wundert und auch ein Stück weit freut, ist, dass Sie sich unter dem zweiten Spiegelstrich plötzlich für Deregulierung einsetzen. Das finde ich
im Prinzip gut. Es ist hier zwar noch sehr unkonkret formuliert, und das ist nur ein Satz. Aber das müsste man noch weiter konkretisieren.
Unter dem vierten Spiegelstrich geht es um die europäische Bankenaufsicht. Das ist ein Thema, das sehr stark im Fluss ist. Die Formulierung, die Sie hier gewählt haben und von der wir im Rahmen der Unterrichtungen des Haushaltsausschusses in Brüssel zum Teil erfahren haben - wozu auch Punkte gehören, die ich ausdrücklich teile -, gehört zu einem Bereich, der sehr im Fluss ist. Von daher werden wir dazu die Ausschussberatungen abwarten.
Zu dem Beitrag des Kollegen Grascha hat sich Herr Dr. Sohn zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort, Herr Dr. Sohn.
Herr Grascha, ich will auf nur ein Argument eingehen, das Sie am klarsten benannt haben - aber auch die anderen haben es angeschnitten -, nämlich die Frage der Wettbewerbsverzerrung zuungunsten der Sparkassen. Darin liegt ein gewisser Widerspruch. Wenn Sie an die Mündigkeit der Kunden appellieren und dann das Bild zeichnen, dass die Sparkassen auf ein Zinsniveau von rund 5 % gehen - wie es schon die Sparkasse in Holstein tut -, während die anderen bei 10 % bleiben, dann, so sagt Herr Heidemann, gehen alle Sparkassen pleite. Auch mit 5 % ist es kein Verlustgeschäft. Vielmehr verbleibt ein kleiner Gewinn. Bei solchen kleinen Gewinnen macht es dann tatsächlich die Masse.
Dann, Herr Grascha, tun Sie so, als würden alle anderen bei den Banken bleiben, die weiterhin 10 oder 13 oder 15 % Dispokreditzinsen haben. Das wird nicht der Fall sein! Dazu verweise ich auf die Beschwerde, die die Großbanken führen; lesen Sie
den Economist oder so! Die ganze Brüsseler Auseinandersetzung drehte sich gerade darum, dass die Sparkassen durch ihre schlanke Organisation den Großbanken ihr Geschäft und ihre Marge versauen, weshalb sie unter das Niveau gehen müssen, das es in anderen europäischen Ländern mit den dortigen Preisstrukturen gibt.
Genau das würde auch hier durch dieses Gesetz passieren. Weil die Sparkassen 60 % des Volumens haben, zwängen wir die anderen Banken, sich an dieses Niveau anzugleichen. Dann hätten alle etwas davon. Das wäre der Marktmechanismus.
Der Ausschuss für Haushalt und Finanzen soll zuständig sein. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist so beschlossen.
(Jens Nacke [CDU]: Die Beratung wurde auf das Juli-Plenum verscho- ben, ohne dass es auf das Kontingent angerechnet wird!)
Dann rufe ich die Tagesordnungspunkte 28 und 12 vereinbarungsgemäß zusammen auf - das ist gestern so beschlossen worden -:
Abschließende Beratung: Demokratie stärken in Europa - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/4585 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien - Drs. 16/4786
Erste Beratung: Verantwortung wahrnehmen - Fiskalvertrag und ESM ratifizieren - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4875 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/4927neu
Wir kommen zur Aussprache und zur Einbringung. Herr Kollege Aller von der SPD-Fraktion hat sich zu Wort gemeldet. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Situation für die Beratung der Anträge von SPD, CDU und FDP ist kompliziert, weil auch die Dynamik der europäischen Politik, soweit sie in Deutschland abgewickelt wird, kompliziert ist. Wenn wir gestern diskutiert und verabschiedet hätten, wäre alles viel leichter gewesen.
Aber da es gestern die Einigung zwischen den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP auf der einen Seite und den Oppositionsfraktionen von SPD und Grünen auf der anderen Seite mit der Bundesregierung gegeben hat, verschieben sich die Parameter ein bisschen. Ich bin sehr dankbar, dass wir in Vorgesprächen klären konnten, dass wir die beiden Anträge, die schon auf der Tagesordnung standen - einschließlich des jetzt ganz aktuell eingebrachten Änderungsantrags der SPDFraktion -, gemeinsam erörtern und dann sicherlich darüber abstimmen können.
Ich setze voraus, dass CDU und FDP für ihren Antrag die sofortige Abstimmung beantragen werden. Damit ist es möglich, dass der SPDÄnderungsantrag in seiner jetzigen Ausrichtung auf den ursprünglichen SPD-Antrag umgeswitcht werden könnte auf den Antrag der CDU und der FDP - mit sofortiger Abstimmung -, und damit wäre er im Verfahren. Das ist mit der Landtagsverwaltung besprochen worden, und das ist ein gangbarer Weg. Das finde ich auch angemessen.
Ich sage das aus folgendem Grund so deutlich: Wenn wir gestern diskutiert hätten, hätte die SPD aus einer ganz anderen Position gegenüber der CDU, der FDP und der Bundesregierung argumentieren müssen, nämlich in die Richtung, dass Fiskalpakt und ESM als gemeinsamer Abstimmungsgegenstand für uns überhaupt nicht diskutabel gewesen wären, weil wir seit Monaten zwei Aspekte in den Mittelpunkt gestellt haben, die von der Bundesregierung und auch von den drei Regierungsparteien in Berlin nicht akzeptiert worden sind.
Das eine war der Weg, den Sarkozy und Merkel zur Durchsetzung des Fiskalpakts in Verbindung mit dem ESM beschritten haben, nämlich weitestgehend ohne die Beteiligung der Opposition und des Parlaments insgesamt. Das war nicht hinnehmbar. Deshalb hat die SPD ihren Antrag hier im Landtag bereits im März eingebracht, der diesen Gegenstand in den Mittelpunkt gestellt hat.
Das Bundesverfassungsgericht hat auch erst ganz kurzfristig im Sinne einer Klage der Grünen entschieden, dass die Information und die Beteiligung des Parlaments zwingend erforderlich sind, wenn es um Vertragswerke dieser Größenordnung und dieser weitreichenden Bedeutung geht. Damit war ein Punkt, den wir hier sehr früh angesprochen haben, der aber nie Zustimmung gefunden hat - auch in den Ausschüssen nicht -, weitestgehend geklärt, nämlich im Sinne unseres Antrags vom März.
Aber in diesem Antrag sind noch einige weitere Aspekte enthalten, die darüber hinausgehen. Insbesondere haben wir auch aus niedersächsischer Sicht Wert darauf gelegt, dass die Fragen eines Wachstumspaktes - so haben wir ihn genannt - und Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation mit besonderem Schwerpunkt auf der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit behandelt werden.
Außerdem hatten wir immer gesagt: Die Finanztransaktionssteuer ist eine Bedingung für die Zustimmung zum Fiskalpakt und zum ESM. Auch das ist in den Ausschussberatungen immer wieder infrage gestellt worden.
Ich will das alles, auf die Vergangenheit bezogen, nicht wiederholen. Im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien hat der Antrag der SPD keine Mehrheit gefunden. Er ist von CDU und FDP abgelehnt worden.
Der Antrag der CDU und der FDP ist neueren Datums; er stammt aus diesem Monat. Aber auch er ist im Grunde inhaltlich teilweise schon wieder durch die Vereinbarung überholt, die auf der Bundesebene zwischen den Fraktionen und der Bundesregierung geschaffen worden ist.
Deshalb haben beide Anträge inhaltlich sozusagen das Problem, dass sie Richtiges, Erledigtes und vielleicht auch Kontroverses enthalten. Aus diesem Grund haben wir auf der Grundlage der Ergebnisse der Vereinbarung von gestern einen Änderungsantrag eingebracht, der - zugegebenermaßen aus SPD-Sicht - versucht, einige wichtige
Elemente aktuell aufzubereiten. Wir sind schon der Überzeugung, dass es Sinn macht, dass ein Landesparlament wie das in Niedersachsen, das immer wieder den Anspruch erhebt, Teil der Debatte um die Krisenbewältigung in Europa zu sein, und das immer wieder sagt, dass es aktuell bei der Suche nach Lösungen mitreden will, Dinge zusammenfasst und darstellt. Im Kern geht es darum, dass wir unsere eigenen Parteien in Berlin bei der Suche nach der Zweidrittelmehrheit unterstützen, und es geht darum, dass wir über die Landesebene im Bundesrat sicherstellen, dass auch dort die entsprechende Mehrheit erreicht wird. Sonst wäre die ganze Arbeit für die Katz.
Deshalb ist in diesem Änderungsantrag, den wir jetzt vorgelegt haben, klargestellt worden, dass wir natürlich begrüßen, dass das Bundesverfassungsgericht jetzt geklärt hat, wie das Verfahren innerdeutsch in Richtung Bundesebene und Landesparlamente, was Transparenz und Mitwirkungsrechte angeht, geregelt werden muss. Wir haben in den Forderungen der Opposition hier dargestellt, dass neben Fiskalpakt und ESM mindestens vier zentrale Punkte in diese Vereinbarung einbezogen sind. Das ist natürlich die Finanztransaktionssteuer mit der klaren Ansage, wir wollen die Mitverursacher dieser Krise in die finanzpolitische bzw. finanztechnische Abwicklung der Krisenbewältigung einbeziehen.
Herr Aller, weil Sie ja ein Herr der Zahlen sind, habe ich einmal eine Frage, bevor Sie die anderen Punkte nennen. Könnten Sie vielleicht diese Punkte Transaktionssteuer, Impulse sofort, Programm Jugendarbeitslosigkeit und Einsatz für weitergehende Lösungen quantifizieren, was das an Impulsen für die Wirtschaft brächte, und könnten Sie das in den Vergleich zu den Effekten setzen, die der
Fiskalpakt der Wirtschaft Europas durch die Begrenzungen entzieht? Könnten Sie vielleicht diese beiden Zahlenblöcke einmal zueinander in Relation setzen? - Erst dann macht es ja finanzökonomisch Sinn.