Protokoll der Sitzung vom 20.07.2012

1. Von wem ist die Initiative ausgegangen, Amazon in Hannover am Kronsberg anzusiedeln: vom Wirtschaftsministerium bzw. NGlobal, so wie Minister Bode in einer Pressemitteilung erklärt hat, oder aber von der LHH, die Hinweisen Dritter nachging, sich an NGlobal wandte und sich nach den Ansiedlungsinteressen von Amazon erkundigte?

2. Inwieweit war in dem von Minister Busemann und Minister Möllring im Aufsichtsrat der Messe AG nachträglich kritisierten Beschluss von einer Veräußerung an Amazon die Rede, bzw. auf welcher Grundlage schlussfolgerten die beiden,

dass sie eine Abstimmung für Amazon vollziehen?

3. Entspricht die Erklärung des Ministers Bode „Man müsse sich nun die Frage stellen, ob man künftig noch ruhigen Gewissens Investoren an die Stadt Hannover weiterempfehlen kann (…)“ der Auffassung der gesamten Landesregierung, und wie ist diese Äußerung mit der Verantwortung eines Wirtschaftsministers für Niedersachsen und auch für die Landeshauptstadt vereinbar?

Die Entscheidung der LHH zugunsten des Unternehmens NETRADA Europe GmbH (Netrada) und gegen das Unternehmen Amazon EU S.a.r.l. (Amazon) ist im Hinblick auf den in Rede stehenden Standort in Hannover schwer nachvollziehbar. Zwar ist es eine grundsätzlich gute Nachricht, dass mit der Firma Netrada ein Unternehmen am Standort Hannover investieren will, diese Investition wäre aber auch an anderer Lage in Hannover möglich gewesen. Die Chance zu einer Ansiedlung beider Unternehmen ist hierdurch jedoch vergeben worden - mit allen Konsequenzen für den Arbeitsmarkt in der Region Hannover.

Die Verhandlungen mit dem Internetversandhändler Amazon hatten bereits vor ca. einem Jahr begonnen und waren mittlerweile weit vorangeschritten. Amazon hatte angekündigt bis zu 2 000 Beschäftigte in der Normalsaison. In der Weihnachtssaison sei erfahrungsgemäß eine noch deutlich höhere Anzahl an Beschäftigen erforderlich.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Der Impuls ging von der Landesgesellschaft NGlobal aus. Das US-amerikanische Versandhaus Amazon nahm Ende Juni 2011 Kontakt zur Ansiedlungsgesellschaft NGlobal auf.

Zu 2: Zunächst darf darauf hingewiesen werden, dass Aufsichtsratssitzungen grundsätzlich vertraulich sind.

Der Presse können Sie entnehmen, dass der Aufsichtsratsvorsitzende, Herr Oberbürgermeister Weil, dem Aufsichtsrat den wahren Kaufinteressenten bewusst vorenthalten habe, weil er diesem Vertraulichkeit zugesichert habe (siehe u. a. Bild Hannover vom 5. Juni 2012, NWZ vom 7. Juni 2012, Bild Hannover vom 14. Juni 2012, HAZ vom 14. Juni 2012). Inwieweit der Aufsichtsratsvorsitzende sich berechtigt fühlte, einen Beschluss fassen zu lassen, der ersichtlich einem anderen Kaufinteressenten gegolten hat als dem Tage später genannten, ist der Landesregierung nicht bekannt. Sie hält das Vorgehen aber für verantwortungslos;

denn der Beschluss konnte keine Wirkung entfalten. Außerdem muss ein Aufsichtsratsvorsitzender sich fragen lassen, ob er seinem Amt gerecht wird, wenn er den gesamten Aufsichtsrat willentlich einen falschen Beschluss fassen lässt.

Durch dieses Vorgehen müssen sich die Gremien des Aufsichtsrats erneut mit den Plänen über einen Verkauf von Parkplatzflächen befassen. Die Folge ist, dass nun der Aufsichtsrat entsprechende Beschlüsse erst im November dieses Jahres oder in einer Sondersitzung fassen kann. Ansiedlungsvorhaben werden auf diese Weise erschwert gefördert.

Zu 3: Das Ansiedlungsvorhaben der Firma Amazon war aus Sicht der Landesregierung sehr konkret. Es bestand die einmalige Möglichkeit, einen internationalen Großkonzern in Niedersachsen anzusiedeln. Es ist nicht nachzuvollziehen, weshalb es der LH Hannover nicht gelungen ist, sowohl die in der Region Hannover ansässige Firma Netrada als auch die Firma Amazon anzusiedeln. Flächen für beide Vorhaben waren bzw. sind vorhanden.

Nachdem Ende Juni 2011 die Firma Amazon in Kontakt mit der Landesgesellschaft NGlobal getreten ist, entwickelten sich die Verhandlungen gut. Im September 2011 erfolgte die Priorisierung Amazons für das in Rede stehende Grundstück in Hannover - gegen erhebliche nationale Konkurrenz. Der Schlüssel zu diesem Erfolg waren die optimal geeigneten Flächen, die gezielt für die Bedürfnisse des Unternehmens erschlossen werden sollten.

Die weiteren Verhandlungen wurden in die Obhut der LH Hannover gelegt. Der Übergabevermerk wurde in Vertretung des Oberbürgermeisters der LH Hannover vom Wirtschaftsdezernten unterschrieben. Die LH Hannover sicherte dem Land in diesem Zusammenhang zu, die weiteren Verhandlungen mit der Firma Amazon mit dem Ziel der Ansiedlung zu führen. Ferner verpflichtete sich die Stadt, das Land regelmäßig zu informieren. Das Wirtschaftsministerium informierte die LH Hannover auch darüber, dass eine öffentliche Zusage der Firma Amazon zur Ansiedlung erst nach der Änderung des Bebauungsplanes erfolge. Die Begründung war der LH Hannover auch seit Beginn der Verhandlungen bekannt.

Das Land wurde durch den Wirtschaftsdezernten der LHH, Herrn Mönnighoff, erst am Tage der Presseinformation Anfang Juli von der veränderten

Verkaufsabsicht an ein anderes Unternehmen in Kenntnis gesetzt.

Selbst als der Verkaufsvorgang in der Woche zuvor in den Gremien der Messe AG behandelt wurde, gab es seitens der Vertreter der LH Hannover keinen Hinweis auf eine veränderte Verhandlungslage.

Anlage 7

Antwort

des Ministeriums für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration auf die Frage 8 der Abg. Christa Reichwaldt (LINKE)

Wer könnte das Betreuungsgeld (nicht) erhalten?

In dem Entwurf eines Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Betreuungsgeldge- setz, Bundestagsdrucksache 17/9917) ist vorgesehen, dass - neben anderen Voraussetzungen - nur Anspruch auf das Betreuungsgeld hat, „wer für das Kind keine dauerhaft durch öffentliche Sach- und Personalkostenzuschüsse geförderte Kinderbetreuung, insbesondere keine Betreuung in Tageseinrichtungen oder in Kindertagespflege nach § 24 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 22 bis 23 des Achten Buches Sozialgesetzbuch, in Anspruch nimmt.“

Ich frage die Landesregierung:

1. Trifft es zu, dass Eltern, die mit ihren unter dreijährigen Kindern „sonstige Tageseinrichtungen, insbesondere Kinderspielkreise“ im Sinne des § 1 Abs. 3 KiTaG besuchen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, nach der Einführung des Betreuungsgelds (gegenwärtiger Gesetzentwurf) keinen Anspruch auf die Leistung Betreuungsgeld haben sollen, hingegen bei rein privater Finanzierung der Anspruch auf Betreuungsgeld besteht (bitte mit Begründung und Eingrenzung, wann eine Einrichtung aus „öffentlichen Mitteln“ gefördert wird)?

2. Welche Angebote wären insgesamt davon betroffen, und auf welcher rechtlichen Basis ergibt sich diese Einordnung?

3. Mit welchem zusätzlichen Verwaltungsaufwand rechnet die Landesregierung aufgrund dieser Bestimmung?

Am 28. Juni 2012 fand im Deutschen Bundestag die erste Beratung des von den Fraktionen der CDU/CSU und FDP eingebrachten Entwurfs des Gesetzes zur Einführung eines Betreuungsgeldes (Betreuungsgeldgesetz, Bundestagsdrucksa- che 17/9917) statt. Der Gesetzentwurf wurde an den federführenden Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie an acht mitberatende Ausschüsse (Innen-, Rechts-, Haushalts- und

Finanzausschuss, Ausschuss für Wirtschaft und Technologie, Ausschuss für Arbeit und Soziales, Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung und Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung) verwiesen.

Die Beratung des Gesetzentwurfs in den Ausschüssen sowie eine öffentliche Anhörung über das geplante Betreuungsgeld stehen noch aus. Es ist nicht auszuschließen, dass der zurzeit vorliegende Gesetzentwurf durch die parlamentarische Beratung und öffentliche Anhörung noch Veränderungen erfährt.

Das Betreuungsgeld soll Familien gewährt werden, die Betreuungs- und Erziehungsaufgaben im privaten Umfeld erfüllen. Durch diese Familienförderung wird eine Lücke im Angebot staatlicher Förder- und Betreuungsangebote für ein- und zweijährige Kinder geschlossen, weil durch das Betreuungsgeld Familien unterstützt werden, die keine öffentliche geförderte Kindertagesbetreuung in Anspruch nehmen und damit bisher keine öffentliche Förderung bei der täglichen Betreuung ihres Kindes erhalten. Mit dem Betreuungsgeld soll ihre Familienleistung anerkannt und eine größere Wahlfreiheit bezüglich der Form der Betreuung für Eltern mit Kleinkindern geschaffen werden.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1 und 2: Anspruch auf Betreuungsgeld hat gemäß § 4 a Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzentwurfs zur Einführung des Betreuungsgeldes, wer für sein Kind keine dauerhaft durch öffentliche Sach- und Personalkostenzuschüsse geförderte Kinderbetreuung, insbesondere keine Betreuung in Tageseinrichtungen oder in Kindertagespflege nach § 24 Abs. 2 in Verbindung mit §§ 22 bis 23 des Sozialgesetzbuches, Achtes Buch (SGB VIII) in Anspruch nimmt.

Von einer dauerhaft durch öffentliche Sach- und Personalkostenzuschüsse geförderten Kinderbetreuung ist nach dem Entwurf der Gesetzesbegründung dann auszugehen, wenn die Zuschüsse nach der Zwecksetzung wiederkehrende oder laufende Kosten decken sollen.

Weiter ist dem Entwurf zur Gesetzesbegründung zu entnehmen, dass eine öffentlich geförderte Kinderbetreuung in diesem Sinne nicht vorliegt,

- wenn eine einmalige Sach- oder Geldleistung von öffentlicher Seite, beispielsweise im Rahmen des Investitionsprogramms „Kinderbetreu

ungsfinanzierung“ oder des Konjunkturpaketes II oder

- mittelbare Unterstützungsleistungen für Eltern, z. B. im Rahmen der steuerlichen Absetzbarkeit von Beiträgen, sozialversicherungsrechtlichen Sonderregelungen für Tagespflegepersonen oder Zuschüssen für die Verpflegung von Kindern zur Verfügung gestellt werden oder

- eine individuelle Förderung der Eltern z. B. durch die Übernahme von Kinderbetreuungskosten im Rahmen der Förderung der beruflichen Weiterbildung erfolgt.

Das Land gewährt den Trägern eine Finanzhilfe für Personalausgaben für Betreuungskräfte in Kindertagesstätten (§ 1 Abs. 2 Nr. 1 Gesetz über die Tageseinrichtungen für Kinder - KiTaG), kleinen Kindertagesstätten (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 KiTaG) sowie für Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter in Kinderspielkreisen. Nach §§ 15 ff. KiTaG ist dieser Personalkostenzuschuss an detaillierte Voraussetzungen geknüpft. Für die Förderung der in der Anfrage genannten Kinderspielkreise ist es gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 KiTaG hinsichtlich der Qualifikation der Betreuungskräfte erforderlich, dass die Gruppenleiterinnen und Gruppenleiter einen entsprechenden Befähigungsnachweis besitzen oder Fachkräfte im Sinne des § 4 KiTaG sind. Ferner ist das Betreuungsangebot eines Kinderspielkreises nur dann förderfähig, wenn es wöchentlich mindestens 15 Stunden am Vormittag zur Verfügung steht (§ 16 Abs. 3 in Verbindung mit § 12 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 KiTaG). Für ein Kind, das einen so geförderten Spielkreis besucht, würde somit kein Betreuungsgeld gewährt werden.

Neben den Personalkostenzuschüssen des Landes beteiligen sich in der Regel auch die Kommunen an der Finanzierung von Tageseinrichtungen für Kinder. Welche und wie viele Tageseinrichtungen eine kommunale Förderung erhalten, ist der Landesregierung nicht bekannt.

Eine dauerhafte öffentliche Förderung besteht auch für die Kindertagespflege durch die Kommunen als örtliche Träger der Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 23 ff. SGB VIII. Das Land unterstützt die Kommunen dabei auf der Grundlage der Fördergrundsätze für die Gewährung von Zuwendungen zur Verbesserung des Betreuungsangebotes in Kindertagespflege. Gefördert wird gemäß Ziffer 2 der Fördergrundsätze die laufende Geldleistung für eine bedarfsgerechte Betreuung in Kindertagespflege sowie die Qualifizierung, fachliche

Beratung und Begleitung von Kindertagespflegepersonen.

Zu 3: Der Gesetzentwurf zur Einführung des Betreuungsgeldes geht davon aus, dass die Einführung des Betreuungsgeldes den Erfüllungsaufwand von Bund, Ländern und Kommunen erhöht. Konkrete Schätzungen liegen derzeit noch nicht vor und sind der Landesregierung daher nicht möglich.

Anlage 8

Antwort

des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr auf die Frage 9 des Abg. Axel Miesner (CDU)

Welchen Stellenwert hat die Luft- und Raumfahrtindustrie in Niedersachsen?

„Niedersachsen ist ein international beachteter Luft- und Raumfahrtstandort“, so die Aussage von Wirtschaftsstaatssekretär Dr. Oliver Liersch anlässlich der Luftfahrtmesse AERO in Friedrichshafen vom 25. April 2012. Die Luft- und Raumfahrtindustrie, die von vielen Experten als „Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts“ bezeichnet wird, umfasst mit den Bereichen Elektronik, Robotik, Mess-, Steuer-, Werkstoff- und Regeltechniken nahezu alle Hochtechnologien des Informationszeitalters. In den letzten Jahren steigerte die Luft- und Raumfahrtbranche in Deutschland ihren Jahresumsatz und schaffte neue und qualifizierte Arbeitsplätze.

Auch in Niedersachsen beschäftigen sich zahlreiche Institutionen und Unternehmen mit den Themen der Luft- und Raumfahrt. Zu nennen wäre hier beispielsweise die Firma Airbus in Stade und Buxtehude, Premium Aerotec in Nordenham, das CFK-Valley in Stade sowie die Technologiezentren in Nordenham und Varel, der Forschungsflughafen Braunschweig oder das Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in Katlenburg-Lindau. Experten sind sich einig, dass die Luft- und Raumfahrtindustrie ein wichtiger Technologie- und Wachstumstreiber für die Zukunft sein wird. Insgesamt sind in Niedersachsen mehr als 30 000 Menschen in der Luft- und Raumfahrtindustrie tätig.

Ich frage die Landesregierung: