Protokoll der Sitzung vom 20.07.2012

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der Luft- und Raumfahrtindustrie in Niedersachsen bei?

2. Welche wichtigen Projekte hat die Landesregierung seit 2003 finanziell unterstützt, und wie viele, Arbeitsplätze und Unternehmen wurden seitdem geschaffen?

3. Welche Schritte plant die Landesregierung, um die Bedeutung der Luft- und Raumfahrtbranche für Niedersachsen zu erhalten bzw. weiter zu steigern?

Niedersachsen ist einer der wenigen Luftfahrtstandorte in Europa, die die gesamte Wertschöpfungskette von der Planung bis zum Bau von Flugzeugen abbildet. Die niedersächsische Luftfahrtindustrie ist geprägt durch einen starken Fokus auf Airbus und seine Zulieferkette. Zahlreiche, meist mittelständische Unternehmen sind in der Zulieferkette für die Airbus-Werke und die in 2008 gegründete Premium Aerotec aktiv. Ein räumlicher Schwerpunkt liegt im Norden Niedersachsens, im Umfeld der Airbus-Werke in Hamburg, Stade, Buxtehude und Bremen sowie der Premium Aerotec Werke in Varel, Nordenham und Bremen. Weiterer Schwerpunkt ist der Forschungsflughafen Braunschweig mit verschiedenen Bundesanstalten, dem DLR, der TU und einer Reihe mittelständischer Firmen.

Die Luft- und Raumfahrtindustrie (LuR-Industrie) in Niedersachsen steht einer ganzen Reihe von Herausforderungen gegenüber, die es zu meistern gilt. Es sind vorrangig:

- Personalknappheit, insbesondere an peripheren Standorten (z. B. Varel) bei gleichzeitig steigenden Personalkosten,

- zunehmender Automatisierungsdruck in der Fertigung,

- die Verteuerung von Rohstoffen und Energie,

- die steigende Bedeutung von Recycling als wichtiger Faktor der Ressourcengewinnung.

Die Ursache liegt im globalen Konkurrenz- und Innovationsdruck, der verstärkt wird durch neue Wettbewerber (z. B. China, Russland). Dies führt zu Umstrukturierungen der Zulieferketten und ist daher zurzeit ein wesentlicher Treiber in der LuRIndustrie. Es bedeutet die Reduzierung bzw. Konzentration von Lieferanten (vor allem KMU) und damit die verstärkte Auslagerung von Prozessen und Risiken an Zulieferer seitens der großen Flugzeugbauer.

Ein Schlüsselthema sind für die betroffenen Unternehmen die notwendigen technologische Neuentwicklungen (Innovationen), insbesondere auf den Feldern: Einsatz neuer Materialien (z. B. CFK, Titan), Entwicklung neuer Antriebe (Bio-Fuel, Triebwerkskonzepte) und dem Air Traffic Management, neue Anflugverfahren (z. B. GBAS).

Im Bereich der Leichtbauwerkstoffe, allen voran CFK, ist Niedersachsen allein durch das Excellenzzentrum Stade sowie dem Technologiezentrum Nordenham hervorragend aufgestellt.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Die LuR-Industrie ist eine Schlüsselbranche für den Hochtechnologiestandort Niedersachsen. Als Treiber für Innovationen und Motor der Globalisierung ist die LuR-Industrie durch internationale Wertschöpfungsketten und eine hohe FuE-Investitionsrate (ca. 15 % des Umsatzes) gekennzeichnet.

Neben der zivilen Luftfahrt hat die militärische Luftfahrt für Niedersachsen ebenfalls eine große Bedeutung. Im Luftfahrtbereich ist Niedersachsen einer der wichtigsten Standorte der Bundeswehr in Deutschland. Mit weit über 14 000 luftfahrtaffinen Dienstposten bei der Marine, der Luftwaffe und den Heeresfliegern ist die Bundeswehr der wichtigste Arbeitgeber der Branche in Niedersachsen.

Zu 2: Seit 2003 hat die Landesregierung erhebliche Mittel in Infrastruktur- sowie Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten investiert.

Am Forschungsflughafen Braunschweig ist durch den Ausbau des Avionik-Clusters die bis dato erfolgreiche Strategie verstetigt worden. Hier gab es Ansiedelungen von KMUs, teilweise als Ausgründungen aus den vor Ort aktiven Forschungseinrichtungen wie der TU Braunschweig und dem DLR.

Seit 2008 existiert ein Sonderprogramm für die Luft- und Raumfahrt in einem Umfang von rund 130 Millionen Euro. Mithilfe dieses Programms sind Technologiezentren in Stade, Nordenham und Varel entstanden, die den oben unter 1. geschilderten Herausforderungen begegnen. Hier können Zulieferer in Forschungspartnerschaften die Technologien entwickeln, die sie im Wettbewerb stärken und fit machen für die Zukunft. Auch die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften findet hier in neuer Qualität statt.

Im CFK-Valley in Stade ist ein Kraftzentrum gebildet worden, das im Bereich Leichtbauwerkstoffe von der Facharbeiterausbildung über Studiengänge, von der Erforschung von Produktionsprozessen bis hin zum Recycling die gesamte Wertschöpfungskette im Bereich des CFK abbildet.

Die genaue Zahl der neu geschaffenen Arbeitsplätze lässt sich allein aufgrund der Maßnahmen des Landes Niedersachsen nicht exakt ermitteln. Jedoch kann festgehalten werden, dass allein in den neu errichteten Technologiezentren Stade, Nordenham und Varel seit 2010 über 200 hoch

wertige, wissenschaftliche Arbeitsplätze geschaffen worden sind.

Zu 3: Forschung und Industrie, vor allem aber die kleinen und mittelständischen Entwicklungspartner benötigen im schwierigen internationalen Wettbewerbsumfeld weitere Unterstützung bei der Forschung und Entwicklung der identifizierten Technologiefelder. Airbus erwartet Engagement und Eigenbeteiligung seiner Zulieferer. Dies ist für die Zulieferer angesichts der Forschungsrisiken oftmals nicht darstellbar. Daher muss bei der Förderung von FuE-Aktivitäten die Zielrichtung auf den mittelständischen Zulieferern liegen. Nach der Sicherung der Produktionsstandorte ist nun die Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Zuliefererstruktur von hoher Bedeutung.

Hierzu gehört auch die Förderung von Querschnittstechnologien, die den Anwendungstransfer von der Luftfahrtindustrie in andere Industriebereiche gewährleisten, sei es Windkraft, maritime Wirtschaft oder der Automobilbau.

Die Raumfahrtindustrie ist in Niedersachsen noch nicht besonders ausgeprägt, Schwerpunkte existieren jedoch in einer sehr wettbewerbsfähigen und international gut vernetzten Forschungslandschaft. Es gibt aber gute Ansätze, das Raumfahrtthema stärker in Niedersachsen zu entwickeln. Dieses gilt vor allem in Verbindung mit der zukünftigen Entwicklung des Standortes Trauen mit EADS Astrium und dem DLR Trauen.

Anlage 9

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 10 der Abg. Frauke Heiligenstadt und Wiard Siebels (SPD)

Werden Maßnahmen in Integrationsklassen an Integrierten Gesamtschulen gekürzt?

Am 19. Juni 2012 verabschiedete der GEWKreisverband Aurich eine Resolution an das Kultusministerium mit der Aufforderung, von der Kürzung der Lehrerstunden für die sonderpädagogische Unterstützung in vier Integrationsklassen von bisher drei Stunden pro Klasse auf eineinhalb Stunden pro Klasse abzusehen. Grund der Kürzungen seien Besetzungsprobleme von Förderlehrerstellen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche Schulen sind in welcher Höhe von Kürzungen bei Lehrerstunden für die sonderpädagogische Unterstützung in Integrationsklassen in Niedersachsen betroffen?

2. Wie wird die Landesregierung die fehlenden Förderstunden kompensieren?

3. An welchen Studienseminaren können wie viele Seminarplätze für Förderschulkräfte nicht mehr besetzt werden?

Seit Mitte der 1980er-Jahre besteht in Niedersachsen die Möglichkeit, Schülerinnen und Schüler mit einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in den Schwerpunkten Lernen oder Geistige Entwicklung zieldifferent in allen allgemeinen Schulen zu unterrichten.

Diese Organisationsform sonderpädagogischer Förderung hat sich zunehmend bewährt und etabliert und ist von der Niedersächsischen Landesregierung in den letzten zwölf Jahren mit großem Aufwand ausgeweitet worden. So stieg die Zahl der einbezogenen Schülerinnen und Schüler von 727 im Jahre 2000 auf 1 911 im Jahre 2011, die Zahl der Klassen von 242 auf 716. Im gleichen Zeitraum wurde die Zahl der zusätzlichen Förderschullehrerstunden in den Integrationsklassen von 2 707 auf 6 539 erhöht. Integrationsklassen haben so wesentlich zur Ausweitung des „gemeinsamen Unterrichts“ von Schülerinnen und Schülern mit Behinderungen mit anderen Schülerinnen und Schülern beigetragen.

Die Erfahrungen mit der Arbeit in den Integrationsklassen gehen wesentlich in die künftige Ausgestaltung der inklusiven Schule in Niedersachsen ein. Dazu gehören insbesondere Kenntnisse über wirksame Lehr- und Lernverfahren aus dem differenzierenden und individualisierenden Unterricht sowie die Kooperationsformen zwischen den Lehrkräften der allgemeinen Schulen und der Förderschulen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen im Einzelnen wie folgt:

Zu 1: Für Schülerinnen und Schüler mit dem sonderpädagogischen Förderschwerpunkt Lernen werden nach den Regelungen des Klassenbildungserlasses und den dazu ergänzenden Regelungen in Integrationsklassen ab dem 5. Schuljahrgang jeweils drei Stunden als Zusatzbedarf im Soll anerkannt. Es ist seitens der Landesregierung nicht beabsichtigt, von dieser Regelung abzuweichen, folglich ist auch keine Kürzung vorgesehen.

Wie die tatsächliche Ausstattung der Integrationsklassen zum Schuljahr 2012/2013 mit Stunden von Lehrkräften mit dem Lehramt Sonderpädagogik aussieht, wird erst durch die Auswertung der Daten, die im Rahmen der Erhebung zur Unterrichts

versorgung an allgemeinbildenden Schulen zum Stichtag 14. September 2012 erhoben werden, möglich sein. Im Übrigen legt die Landesregierung in Zusammenarbeit mit der Niedersächsischen Landesschulbehörde Wert auf eine bedarfsgerechte gleich verteilte Zuweisung der vorhandenen Ressourcen.

Zu 2: Siehe 1.!

Zu 3: Die Lehrerausbildung für die Anwärterinnen und die Anwärter für das Lehramt für Sonderpädagogik wird bei uns an vier Standorten durchgeführt: Hannover, Lüneburg, Osnabrück und Wolfenbüttel.

Aufgrund der zurückgehenden Bewerberlage bleiben zum 1. August an jedem Studienseminar ca. 30 bis 40 Stellen unbesetzt. Der Rückgang der Bewerberzahlen in diesem Lehramt ist ein bundesweiter Trend und betrifft leider auch Niedersachsen. Die Landesregierung nimmt diesen Trend zur Kenntnis und stimmt sich zwischen den beteiligten Ressorts ab, um z. B. Werbemaßnahmen für dieses Lehramt zu starten. Darüber hinaus stehen wir in Gesprächen mit dem MWK über anzupassende Studienkapazitäten an den jeweiligen Universitäten.

Anlage 10

Antwort

des Kultusministeriums auf die Frage 11 der Abg. Ina Korter (GRÜNE)

Verfahren wegen sexueller Übergriffe an niedersächsischen Schulen

Als im April 2010 eine wegen sexuellen Missbrauchs angezeigte Lehrkraft noch bis zum Mai 2011 unterrichten konnte, wurde von vielen Eltern die Frage aufgeworfen, ob die Landesregierung Schülerinnen und Schüler tatsächlich wirksam und unverzüglich vor sexuellen Übergriffen schützt. Dies war auch der Hintergrund meiner im Oktober 2011 gestellten parlamentarischen Anfrage „Schützt die Landesregierung Schülerinnen und Schüler angemessen vor Missbrauch?“ und für den Antrag der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen „Konsequenzen aus den Fällen von sexuellem Missbrauch, Übergriffen und Diskriminierungen in der Schule ziehen - eine Ombudsstelle für Schülerinnen und Schüler einrichten“ vom September 2010.

In Niedersachsen waren der Niedersächsischen Landesschulbehörde demnach zum Zeitpunkt der Anfrage (Oktober 2011) rund 17 Verfahren wegen des Verstoßes gegen die sexuelle Selbstbestimmung bekannt.

Ich frage die Landesregierung: