(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Ist das bei Ihnen so? Wer re- giert denn da? Das ist doch SPD- Politik! Ist das billig! - Weitere Zurufe - Unruhe)
In vielen Bereichen in Niedersachsen läuft es, weil, wie ich am Anfang erwähnt habe, viele Akteure im Bildungsbereich die Ärmel hochkrempeln. Sie wollen es unseren Kindern vor Ort ermöglichen, möglichst optimale Bildungschancen zu bekommen.
Eines läuft ganz besonders - neben diesem Engagement der vielen vor Ort -: Ihre Zeit, meine Damen und Herren, die läuft ab!
(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Das war schon alles? War das billig!)
(Heinz Rolfes [CDU]: Das war die Schattenministerin! Die steht immer im Schatten! - Gegenruf von Johanne Modder [SPD] - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Ich stelle fest: Diese Aktuelle Stunde bereitet euch große Probleme! - Björn Thümler [CDU]: Das war ganz kleines Karo! War das billig! - Gegenruf von Johanne Mod- der [SPD] - Weitere Zurufe und Ge- genrufe)
- Jetzt langt es mit der Aussprache zwischen dem Parlamentarischen Geschäftsführer und der Parlamentarischen Geschäftsführerin. Wir treten wieder in eine ganz normale Debatte ein. Jetzt hat die Kollegin Korter das Wort.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Klare, wissen Sie, womit man uns früher in der Schule am meisten nerven konnte? - Mit der Frage: Wie war’s in der Schule?
Wenn ich darauf heute die Antwort „läuft!“ oder „wie immer!“ - bekommen würde, dann wäre das für mich keine Erfolgsbilanz. So empfinde ich das nicht. Ich weiß ja nicht, was Sie gewohnt sind.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Karl-Heinz Klare [CDU]: Haben Sie schon mit den Schülern geredet?)
Da führen Sie heute eine Datenbank von Erfolgsbehauptungen auf, und der Zuhörer fragt sich irritiert: Merkwürdig, wieso fällt bei uns in der Schule immer noch Unterricht aus?
Weshalb hat mein Kind nachmittags so oft keine Schule? - Es geht doch zu einer dieser Ganztagsschulen light, die die CDU so gut findet! Wieso sitzt mein Kind immer noch nachmittags stundenlang an den Hausaufgaben, hat im Turbogymnasium überhaupt keine Freizeit mehr? - Oder noch schlimmer: Warum kriegen wir für unser Kind immer noch keinen Inklusionsplatz an der Schule im Dorf? - Die CDU hat doch die Inklusion beschlossen!
Ja, meine Damen und Herren, das ist wahrscheinlich alles nur gefühlte Schulpolitik. Gefühlte Schulpolitik, was die Eltern, die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler sagen. Die wahren Daten kennen nur Herr Althusmann und seine CDU-Fraktion. Wie man wahre Daten schönrechnet, meine Damen und Herren, darin hat die Landesregierung wirklich lange genug Erfahrung: Da verschlechtert man 2004 erst einmal die Stundenzuweisung für die Schulen, kürzt 2008 außerdem die Anrechnungsstunden und noch vieles mehr und behauptet dann: Ja, die Unterrichtsversorgung beträgt jetzt 100 %.
Wenn man dann noch die Durchschnittswerte nimmt und die verlässlichen Grundschulen einrechnet, hat man natürlich schnell eine pressewirksame Zahl. Die Realität sieht oft anders aus! So machen Sie das, Herr Klare!
diesem wichtigen Bereich noch einmal so richtig punkten wollten. Aber wissen Sie was? - Die Schülerinnen und Schüler, die Lehrkräfte und die Eltern haben längst ihre eigene Meinung. Sie wissen, was sie von dieser Schulpolitik halten sollen. In keiner anderen landespolitischen Frage ist die Unzufriedenheit mit dieser Landesregierung so hoch wie in der Schulpolitik.
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie rühmen sich mit der Ganztagsschule light, obwohl - Frau Heiligenstadt hat das schon angedeutet - die Rentenversicherung gerade jetzt in allen niedersächsischen Schulen Überprüfungen durchführt.
Sie prüft jetzt, ob all die von 2004 bis heute abgeschlossenen Honorarverträge - über 23 000 - rechtens waren oder ob Sozialversicherungsbetrug vorliegt. Und warum wird jetzt an jeder Schule geprüft? - Weil sich Herr Althusmann nicht mit der Rentenversicherung einigen wollte.
Das fällt Ihnen jetzt auf die Füße, Herr Althusmann. Welche Nachzahlungsverpflichtungen dabei herauskommen werden, darüber redet er nicht so gerne. Die Rentenversicherung spricht von 13 Millionen Euro und - man höre und staune! - 5 Millionen Euro als Säumniszuschläge. So geht diese Landesregierung mit Steuergeldern um, so geht sie mit Recht und Gesetz um. So machen Sie das!
Meine Damen und Herren, seit Januar 2011, also seit fast zwei Jahren, prüft die Staatsanwaltschaft den Verdacht des vorsätzlichen Sozialversicherungsbetrugs. Glauben Sie eigentlich, dass es vor der Landtagswahl noch ein Ergebnis dieser Prüfung geben wird? - Ich bin gespannt.
Meine Damen und Herren von der CDU, Sie rühmen sich dafür - das hat Herr Klare wieder gemacht -, kleinere Klassen zu schaffen. Ja, wenn man sie am Anfang der Regierungszeit vergrößert und am Ende wieder verkleinert, dann kann man das vielleicht als Reform verkaufen und glauben, dass das niemand merkt. Aber wir haben das natürlich gemerkt. Aber so machen Sie das eben!
Darauf haben Sie auch beim Turboabitur gesetzt, nämlich Kinder schneller und kostengünstiger durch die Schule zum Abi zu schleusen. Das Ganze soll dann modern sein. Aber auch das ist kein Erfolg! Die große Mehrheit ist unzufrieden mit dem Turboabitur und will wieder einen Weg zum Abitur nach Klasse 13.
Selbst die Wirtschaft beklagt: Das Turboabi führt zu schlechteren Matheleistungen bei den Spitzenschülern, und weniger Abiturienten entscheiden sich für MINT-Studiengänge. Das muss Ihnen doch zu denken geben! - Aber nein, CDU und FDP wissen seit Jahren alles besser und bleiben beratungsresistent.
Meine Damen und Herren, eine Bildungsrepublik erfordert von allen Beteiligten, dass sie neuen Erkenntnissen offen gegenüberstehen, dass sie Konzepte überdenken und weiterentwickeln. Das muss gerade auch für Bildungspolitiker und Bildungspolitikerinnen gelten. CDU und FDP verweigern sich diesem Anspruch seit Jahren. Deshalb ist Ihre Zeit jetzt zu Ende, sie muss jetzt zu Ende gehen. Dann machen wir das.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - Christian Dürr [FDP]: Hochmut kommt vor dem Fall! - Karl-Heinz Kla- re [CDU]: Diese Arroganz ist wunder- bar: Dann machen wir das! Die Wäh- ler brauchen wir nicht mehr zu fra- gen!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Wie war’s in der Schule? Läuft!“ Das ist der Titel des Antrages der CDU zur Aktuellen Stunde.
Wenn ich mich diesem Thema nähere und versuche zu ergründen, was Sie damit gemeint haben, so stelle ich mir zuerst die Frage, wer oder was läuft. Dann ergibt dieser Titel auch Sinn; denn, meine Damen und Herren, das Wasser läuft, und zwar durch Decken und Ritzen in vielen Schulgebäuden. Zehn Jahre schwarz-gelber Landesregierung haben die kommunalen Finanzen ruiniert,
sodass die Sanierung von Schulgebäuden häufig lange auf sich warten lässt und erst Fernsehteams vorbeikommen müssen, um Mängel aufzudecken, bevor etwas passiert, wie es z. B. beim Lessinggymnasium in Braunschweig der Fall war.
Was läuft noch? - Die Zeit läuft davon! Vor allem die Freizeit für die Gymnasiastinnen und Gymnasiasten. Das Turboabitur läuft auf vollen Touren und raubt den Schülerinnen und Schülern ihre Freizeit, weil sie aus dem Lernen gar nicht mehr herauskommen.
Als das Turboabitur als Feldversuch an den Gymnasien angelaufen ist, haben sich viele Schülerinnen und Schüler dazu entschlossen, eine Extrarunde zu laufen, indem sie ein Schuljahr wiederholt haben, um damit die verlorene Zeit zurückzuholen. Nun haben Sie sich auch noch dazu entschlossen, das Turboabitur an den Integrierten Gesamtschulen laufen zu lassen. Das Ergebnis: ein Sturmlauf, und zwar der Eltern, der Lehrkräfte, der Schülerinnen und Schüler! Einen Sturmlauf des Protests gegen diese absurde Reform hat es gegeben, und zwar völlig zu Recht.
An den Integrierten Gesamtschulen läuft noch mehr: Die Schülerinnen und Schüler laufen weg - aber nicht freiwillig. Nein, zwangsweise laufen sie weg. 11 955 Viertklässler wollten in diesem Schuljahr auf eine IGS gehen, doch wegen Ihres Gesamtschulverhinderungsgesetzes mit den hohen Hürden für die Errichtung von Gesamtschulen gab es nur Platz für 9 357. 2 598-mal haben Sie, Herr Althusmann, den Elternwillen ins Leere laufen lassen. So sieht Ihre Bilanz aus. Es ist verheerend.
Und was passiert nach der Schule? - Dann laufen Ihnen die Schulabgängerinnen und Schulabgänger weg. Niedersachsen ist das Land mit dem höchsten Abwanderungssaldo unter den Studienanfängern. Die Jugendlichen studieren lieber in Münster oder Bielefeld, wo es keine Studiengebühren gibt.
In der beruflichen Ausbildung laufen immer noch zu viele Jugendliche direkt in Warteschleifen hinein, die zu nichts nutze sind. Jedes Jahr landen Tausende junger Menschen dort, nur um die Ausbildungsstatistik zu schönen, aber nicht, um im nächsten Jahr wirklich bessere Chancen auf dem