Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das letzte Vorurteil: Ein Tempolimit nützt angeblich der Umwelt. - Dazu lässt sich sagen: Der Autoverkehr ist für 12 % der Emissionen verantwortlich. Ein Tempolimit von 120 km/h würde gerade einmal 1 bis 2 % Kraftstoff einsparen. Da bewegen wir uns in einem Bereich am Rande der Messbarkeit, was die Umwelteinflüsse angeht. Sie müssen mir erst

einmal erklären, wie Sie da eventuell zu einer vernünftigen Regelung kommen wollen.

Meine Damen und Herren, wir alle in diesem Haus wollen die bestmögliche Sicherheit auf unseren Straßen, die beste Umweltverträglichkeit und möglichst wenig Staus.

(Glocke des Präsidenten)

Das geht nicht mit oberflächlichen Vorgehensweisen. Das erreicht man durch intelligente Systeme und, an die jeweilige Situation angepasst, mit den Regeln der Vernunft.

Wir wollen Autofahrer nicht ideologisch gängeln. Wir wollen, dass alle Autofahrer jeden Tag sicher und möglichst staufrei an ihr Ziel kommen.

Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich bin schon dabei. - Denn die überwiegenden Fahrten auf unseren Autobahnen sind beispielsweise beruflich bedingt und erzeugen Stress.

Die Planungen des Verkehrsministeriums verhindern Staus und machen Autofahren sicherer. Das wollen wir in Niedersachsen weiter voranbringen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, das Wort hat jetzt der Kollege Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau König, das, was Sie gemacht haben, war Ideologie.

(Zustimmung bei der SPD)

Es widerspricht allen Erkenntnissen der Verkehrswissenschaft, dass ein Tempolimit nicht unfallmindernd wirkt. Ich bitte Sie: Gehen Sie einmal zum Verkehrsgerichtstag! Dort wird man Ihnen einiges erzählen.

Erst vor wenigen Wochen wurde die Meldung bekannt, dass das wachsende technische Sicherheitsniveau unserer Autos erstmals seit Jahren keinen weiteren Rückgang der Unfallopfer bewirken konnte, sondern dass in Niedersachsen wieder ein Anstieg der Toten und Verletzten aus dem

Verkehr zu beklagen war. Darüber sollten Sie einmal nachdenken!

(Zuruf von Gabriela König [FDP])

Gleichzeitig hören wir in diesen Tagen, Frau König, aber immer wieder das Wort „Abzocke“ - das habe ich bei Ihnen vermisst -, wenn Menschen die Regeln im Verkehr brechen und durch Blitzer und Bußgelder daran erinnert werden, diese einzuhalten. Niedersachsens Verkehrsminister Bode tut sich da besonders hervor und untersagt das Aufstellen derartiger Anlagen, also von Blitzern, in einigen Landkreisen sogar und lässt die wirksame Kontrolle an den Standorten, an denen die Anlagen schon stehen, durch frühzeitige Warnschilder ins Leere laufen.

(Zustimmung von Editha Lorberg [CDU] - Gabriela König [FDP]: Wie bitte?)

- Ja, genau so ist es.

Inzwischen setzen sich auch andere Politiker von der CDU und der FDP zusätzlich für die Freigabe elektronischer Blitzwarnsysteme ein, deren Nutzung in Deutschland bisher mit Bußgeldern belegt und untersagt ist. Wir Grüne können dieser verdrehten Rhetorik tatsächlich nicht mehr folgen. Da haben Sie recht, Frau König.

Als Gesellschaft einigen wir uns erst einmal parteiübergreifend auf Regeln, die uns allen sinnvoll erscheinen und dem Allgemeinwohl dienen.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Beto- nung auf „sinnvoll“!)

Wir machen diese Regeln transparent und stellen sie gut erkennbar in Form von Schildern oder Telematikanlagen an den Straßen auf. Wer diese allgemeinen und für jeden klar zu erkennenden Regeln bricht, erhält ein Knöllchen bzw. muss ein Bußgeld zahlen. Das weiß auch jeder. Da wird niemand hereingelegt oder übers Ohr gehauen. Das ist ein völliger Popanz, den Sie hier aufbauen.

Jedes Kind weiß - nur Sie nicht, Frau König -: Je höher das Tempo, desto größer das Risiko im Verkehr, ob mit oder ohne Genehmigung.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das gilt nicht nur auf Landstraßen, wie Sie immer glauben machen wollen.

(Zuruf von Christian Dürr [FDP])

Auch auf Autobahnen ohne Geschwindigkeitsbegrenzung, Herr Dürr, ist der große Tempounter

schied der verschiedenen Verkehrsteilnehmer ein latentes Unfallrisiko. Fragen Sie einmal die Polizei!

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Sie haben doch gerade das Gegenteil er- zählt!)

Noch schlimmer ist die Gefahr hoher Geschwindigkeitsunterschiede allerdings in den mit Tempolimits belegten Autobahnabschnitten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer kennt sie nicht - Sie anscheinend nicht, Frau König -, die Lichthupe im Rückspiegel, obwohl Sie sich selbst gerade an das Tempolimit halten. Um diese Leute geht es uns.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Das, was Sie da sagen, ist völlig unbe- gründet!)

Anscheinend kennen Sie das nicht, weil Sie selbst in dieser Art hinter anderen herfahren. Ich weiß nicht, wie Sie auf Autobahnen unterwegs sind.

Herr Minister Bode, Ihre heute veröffentlichte Akzeptanzkampagne mit nur noch angekündigten Kontrollen nimmt doch gerade diesen Bleifußpiloten die letzte Sorge, überhaupt erwischt zu werden. Sie machen sich da zum Kumpanen der Bleifußpiloten.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Björn Thümler [CDU]: Herr Hagenah, geht’s ein bisschen weni- ger?)

Frau König, Ihre leutselige Geschichte von den wenigen verbliebenen Tempolimits, die deswegen, weil sie nachvollziehbar sind, auch ohne Kontrolldruck angenommen werden, ist und bleibt ein Ammenmärchen.

Dies gilt übrigens auch für die angebliche verkehrssichernde Funktion von Blitzerwarnern. Das Bremsmanöver der Raser am Blitzgerät wird lediglich auf den Bereich des Warnschildes oder dann, wenn die App den Kunden erreicht, vorgezogen. Aber bremsen müssen sie trotzdem, und damit ist die Gefährdung im Verkehr vorhanden.

In Wirklichkeit sind die Initiativen von Minister Bode schlichter Raserlobbyismus auf Stammtischniveau und keine Verkehrssicherung.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Wie groß muss die Not der FDP sein, dass Sie darauf zurückgreifen müssen?

(Beifall bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die ist sehr groß!)

Verantwortliche Politik für die Menschen sähe anders aus, Frau König. Dafür muss man das Telematiksystem ertüchtigen, um den Verkehr je nach Witterung und Verkehrslage nicht nur auf vernünftige Geschwindigkeiten zu begrenzen und optimal auf die Fahrspuren zu verteilen, sondern damit muss auch die Einhaltung der Vorgaben ernsthaft kontrolliert werden können - nicht immer und überall, aber die Möglichkeit muss geschaffen werden, damit man sich als Bleifußpilot vor Herrn Bode und der Polizei nicht mehr sicher fühlt.

Wer das als Abzocke diskreditiert, Frau König, der muss künftig auch die Lehrer bei jeder Klassenarbeit mit anderen Tätigkeiten beschäftigen, weil bei der Stillarbeit der Schüler die teure Lehrerarbeitszeit vergeudet wird. Vertrauen Sie doch einmal den jungen Menschen! Auch alle Steuerprüfer und auch die Polizei insgesamt müssten Sie vor dem Hintergrund Ihrer Vorstellung, wie Gesellschaft funktioniert, eigentlich abschaffen, wenn Sie das darauf übertragen, wie Sie sich Straßenverkehr vorstellen. Völlig absurd!

Allein die FDP versteht es: einige wenige Hinweise, wie ein gutes Miteinander funktioniert, und schon läuft es mit der Solidarität, der Rücksicht und der Gerechtigkeit. - Super Idee! Die alltägliche Realität belehrt uns leider, dass die Welt so nicht ist, und das wissen die Menschen. Deswegen, Frau König, Herr Bode, Herr Birkner, bewegt sich Ihr Laden zu Recht in Richtung Splitterpartei.

Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die nächste Rede kommt vom Kollegen Will von der SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau König, Ihre Ausführungen zum Tempolimit waren angesichts der niedersächsischen Praxis und Erfahrungen, die wir hier haben, wirklich abenteuerlich.