Protokoll der Sitzung vom 26.09.2012

Zu den Blitzern: Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn man auf der Autobahn fährt, auf einmal einen Monsterblitzer am Rand sieht und dann abrupt bremst, dann bedeutet das Bremsen eine echte Verkehrsgefährdung, insbesondere dann, wenn gar kein Tempolimit angeordnet ist.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Sie erzählen Geschichten, Herr Bode!)

Es gab diese Situation bereits, und es gab auch bereits Unfälle aufgrund dieser Situation. Deshalb ist es richtig, vorher auf Hinweisschildern davor zu warnen, damit die Verkehrssituation nicht so ausartet.

Deshalb, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen, wird Niedersachsen auf der nächsten Verkehrsministerkonferenz die Initiative ergreifen, damit Navigationsgeräte und Apps entsprechende Warnhinweise geben dürfen. Nur so kann man auch die Tat an sich verhindern, und man muss nicht erst im Anschluss die Tat sanktionieren. Es erhöht doch die Sicherheit, wenn die Tat gar nicht erst stattfindet und man immer mit der vorgeschriebenen Geschwindigkeit fährt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Herr Will, Sie haben gesagt, das Wort „Abzocke“ hat gefehlt. Ich bin fest davon überzeugt, dass die überwiegende Anzahl der Kommunen Blitzer aufstellt, um die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Aber es gibt auch Ausnahmen. Zum Beispiel ruft ganz aktuell der Landkreis Lüchow-Dannenberg heute auf der Homepage des NDR zum verkehrswidrigen Verhalten auf. Unter der Überschrift „Rasen für die

Landrats-Kasse?“ kündigt man an, zur Haushaltskonsolidierung in Lüchow-Dannenberg 15 Blitzer aufzustellen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU - Zurufe von den GRÜNEN)

Das wollen wir nicht! Nicht für die Verbesserung der Haushaltslage sollen Blitzer aufgestellt werden, sondern für die Verkehrssicherheit. Denn sonst ist es nicht zulässig, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfrage.

Ich möchte Sie noch darauf aufmerksam machen, dass am Rednerpult eine rote Lampe leuchtet, das soll auch ein Warnhinweis sein.

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren, das führt nämlich dazu, dass der Verkehrsteilnehmer denkt, das Tempolimit ist nur angeordnet, weil die Kommune um die Ecke Geld in die eigene Kasse bekommen will. Dann wird er das nicht akzeptieren. Diese Entwicklung müssen wir verhindern.

(Zustimmung von Hans-Werner Schwarz [FDP])

Ich garantiere Ihnen: Innenministerium und Wirtschaftsministerium schauen in Lüchow-Dannenberg genau hin, ob die entsprechenden Erlasse umgesetzt werden. Die Radarfallen müssen dort aufgestellt werden, wo es eine besondere Gefahrenlage gibt; sie dürfen nicht nur aufgestellt werden, um die Kasse des Landkreises zu füllen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen zu Punkt 3 c liegen mir nicht vor.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 3 d und 3 e auf, die zusammen beraten werden sollen:

Wenn Wenige viel haben, haben Viele wenig - Schwarz-Gelb spaltet die Gesellschaft - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/5203

Maßloser Reichtum und machtlose Armut - endlich umdenken, endlich umFAIRteilen - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/5204

Ich weise noch darauf hin: Die Redebeiträge dürfen trotzdem jeweils nur fünf Minuten betragen.

Zur Aussprache hat sich zunächst Frau Helmhold für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Niedersachsen steigt die Armutsquote um fast 5 %, und die Reichen in Deutschland werden immer reicher. Das sind zwei Befunde aus dem September, die ein Schlaglicht auf die gesellschaftliche Entwicklung in unserem Land unter schwarz-gelben Regierungen in Niedersachsen und im Bund werfen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ach du lieber Himmel!)

- Herr Rolfes, hören Sie doch erst mal zu!

Der Wohlstand ist auch während der Krise gigantisch gewachsen, doch nur eine kleine Minderheit hat etwas davon. Den Staatsschulden in Höhe von 2 000 Milliarden Euro stehen riesige private Vermögen gegenüber, die in den letzten Jahren trotz der Krise weiter gestiegen sind. In nur zwei Ländern der Welt gibt es mittlerweile mehr DollarMillionäre als in der Bundesrepublik. Durch Rettungspakete, Schutzschirme, Bürgschaften und Garantien sind vor allem auch große Vermögen geschützt worden. Das war und ist nichts anderes als Umverteilung von unten nach oben.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die FDP hat auf die neuesten Zahlen schon reflexartig reagiert: Er teile die Meinung der Arbeitsministerin, nämlich privaten Reichtum für die nachhaltige Finanzierung öffentlicher Aufgaben heranzuziehen, nicht, tönte der Wirtschaftsminister aus Asien. Daneben attestierte er der niedersächsi

schen Kollegin einen „krampfhaften“ Egotrip - von der „Gurkentruppe“ ist das ja nicht mehr ganz so weit entfernt. Sein Generalsekretär schwadroniert unverdrossen das Mantra „mehr Netto vom Brutto“.

(Daniela Behrens [SPD]: Wer war das noch?)

Die Menschen sehen das anders. Nur noch 3 % würden die FDP wählen - die Partei, die aus ihrer Fürsorge für Reiche keinen Hehl macht. Aber auch Sie kommen doch über die glasklaren Befunde nicht hinweg: Das obere Zehntel besitzt inzwischen 53 % des Vermögens. Da stellt sich die Frage nach Gerechtigkeit und dem sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft drängend.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Einen armen und schwachen Staat und eine zunehmende Zahl armer und perspektivloser Menschen können sich auch Reiche auf Dauer nicht leisten. Bei uns stehen fast 1 Million Millionäre 3 Millionen Menschen gegenüber, die weniger als 6 Euro pro Stunde verdienen. Sie gehen jeden Tag zur Arbeit, sind fleißig und müssen am Ende des Monats dennoch zum Amt laufen und ergänzende Hartz-IV-Leistungen beantragen. Der Zusammenhang zwischen Arbeit, zwischen Leistung und Bezahlung ist inzwischen doch völlig aus dem Ruder gelaufen. Hungerlöhnen hier stehen unmäßige Gehälter und unmäßige Bonizahlungen da gegenüber, die in keinem Zusammenhang mit Leistung stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, „Wohlstand für alle!“ - das war das Credo von Ludwig Erhard. Die soziale Marktwirtschaft sollte dafür sorgen, dass es allen gut geht. Dieses Versprechen gilt doch für Sie schon lange nicht mehr. Wissen Sie eigentlich, wie das tägliche Leben vieler Menschen in Niedersachsen aussieht? Arme haben in der Regel schlechtere Bildungsabschlüsse und damit lebenslang weniger Chancen. Sie sind in der Regel Migranten, Alleinerziehende und Kinder. Sie sind zunehmend Rentnerinnen. Sie sind häufiger krank, sie sterben eher, sie leben in separierten Stadtteilen und gehen in andere Schulen als die Kinder der Reichen. Armut vererbt sich. Arme Eltern haben arme Kinder, die wieder arme Eltern werden. So geht es traurig immer weiter - dank Ihrer Politik.

Herr McAllister, wenn Sie im blank geputzten Bus auf Sommerreise touren, fahren Sie dann eigentlich einmal in diese armen Stadteile? Kennen Sie

die Suppenküchen, die Tafeln, die Kleiderkammern, die Tauschbörsen? Sprechen Sie mal mit den Kindern, die keinen Urlaub machen und deren Problem nicht unbedingt ist, dass ihre Eltern ihnen kein Reitpferd auf die Wiese stellen?

(Beifall bei den GRÜNEN - Jens Na- cke [CDU]: Haben Sie nicht gerade erst in der HAZ Sachlichkeit ange- mahnt, Frau Kollegin?)

Fahren Sie auch einmal da hin, wo es weh tut? - Wenn Sie es täten, dann würden Sie spüren, wie die soziale und kulturelle Spaltung der Gesellschaft immer weiter fortschreitet. Das zu sehen, tut weh - mir zumindest.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Zustimmung von der SPD)

Die Antwort der Niedersächsin von der Leyen lautet: Bildungspaket, ein angeblicher Mindestlohn und Zuschussrente. Aber: Das Bildungspaket floppt, den Mindestlohn machen Sie gar nicht, und die Zuschussrente hilft kaum einem. Aber selbst bei diesen zarten Ansätzen kriegt die FDP schon wieder Zustände. Der Generalsekretär unterstellt der Union bereits „linke Tendenzen“. Das wäre schon fast ein Fall für den Innenminister.

Diese Landesregierung schüttet das Füllhorn der Bevorzugung für Versicherungskonzerne aus - siehe Talanx -; sie vergeudet Millionen für Subventionen - ich denke nur mal an die Cemag-Freunde des ehemaligen Ministerpräsidenten -, und sie subventioniert Massenschlachthöfe. In denselben Schlachthöfen arbeiten die Menschen dann zu Hungerlöhnen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Menschen in Deutschland und in Niedersachsen erleben, dass immer bei den Schwachen gespart wird.

(Glocke des Präsidenten)

Es ist an der Zeit, den gesellschaftlichen Reichtum anders zu verteilen. Die Wohlhabenden müssen endlich zur Bewältigung der Krisenkosten herangezogen werden. Und warum? - Weil Eigentum verpflichtet.

Frau Kollegin, das war ein guter Schlusssatz.

„Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“ - so steht es in unserem Grundgesetz. Deswegen brauchen wir eine vernünftige Einkommensteuer, eine Vermögensteuer und eine Besteuerung von Erbschaften. Dieses Land braucht eine andere Politik, es braucht eine bessere Regierung. Jedenfalls braucht es CDU und FDP nicht.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - Heinz Rolfes [CDU]: Mein Gott, was für ein plattes Gerede!)