Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken, jetzt noch einen Nachtragshaushalt für 2012 vorlegen zu wollen, ist natürlich nicht so ganz seriös. Eine

Reihe Ihrer Forderungen, etwa nach Abschaffung der Studiengebühren und im Bildungsbereich, teilen wir zwar. Aber das jetzt noch kurz vor dem Ende des Haushaltsjahres und der Wahlperiode beschließen zu wollen, ist eher Wahlkampfpropaganda als ernsthafte Politikgestaltung.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Das ist natürlich legitim. Aber Ihre Deckungsvorschläge müssen wir sicherlich noch einmal nachrechnen. Zumindest beim Bruttoansatz für die höhere Förderabgabe scheinen Sie mir Ihre Rechnung ohne den Länderfinanzausgleich gemacht zu haben. Das können wir aber im Ausschuss fortsetzen.

Ihr Antrag mit 3,3 Milliarden Euro Mehrausgaben und Mehreinnahmen für 2013 ist natürlich Utopia. Aber von mir bekommen Sie mindestens die halbe Punktzahl für den richtigen Lösungsweg. Ohne Mehreinnahmen werden wir nämlich die Schuldenbremse nicht einhalten können, wenn wir dieses Land nicht in die soziale und bildungspolitische Steinzeit treiben wollen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Haushalte nur durch Sparen sanieren zu wollen, ist sozial- und wirtschaftspolitisch falsch. Dabei kann man der Landesregierung wirklich nicht vorwerfen, dass sie in ihren Haushalten spart. Das tut sie wahrhaftig nicht.

Bezüglich der steuerpolitischen Forderungen denken wir nicht ganz so weit, aber in die gleiche Richtung wie die Linke. Aber, Herr Dr. Sohn, Sie wissen wie wir - es wurde schon angesprochen -: Selbst wenn alle erforderlichen Rechtsänderungen im Bundestag sofort auf den Weg gebracht würden und in den nächsten Monaten eine Mehrheit im Bundestag und im Bundesrat bekämen, hätten Sie 2013 von Ihren 3,3 Milliarden Euro noch keinen einzigen in der Kasse. Ich glaube jedenfalls, dass Ihnen solche Theoriekonzepte nicht über die Fünfprozenthürde helfen werden.

Zur Bewältigung der aktuellen Eurokrise ist der Abbau der Defizite in den öffentlichen Kassen ganz zentral. Diese Einschätzung wird von fast allen Parteien und der großen Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger geteilt. Aber das ist eben nur die halbe Wahrheit.

Jeder Euro aus Herrn Möllrings 57 Milliarden Euro hohen Schuldenberg ist bei irgendjemandem Vermögen. Deshalb haben wir eben nicht nur ein Schuldenproblem, wir haben auch ein Verteilungsproblem. Das heißt, dass wir gerade bei den Reichen und Superreichen, bei den Beziehern hoher

Einkommen und bei den großen Erbschaften auch steuerpolitisch handeln müssen. Deshalb ist der Vorschlag der Linken, die Vermögensteuer wieder einzuführen, richtig. Die 1,1 Milliarden Euro, die die Linke in ihrem Ansatz angesetzt hat, entsprechen in etwa dem, was die Vermögensteuer jetzt an Einnahmen bringen würde, wenn sie nicht 1996 ausgesetzt worden wäre. Auch die Einnahmen aus der Erbschaftsteuer könnten mehr als verdoppelt werden, ohne jemandem ernsthaft wehzutun.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren von der CDU und der FDP, in zehn Regierungsjahren haben Sie 18,6 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, durchschnittlich 1,9 Milliarden Euro jedes Jahr. Das ist die niederschmetternde Bilanz schwarzgelber Haushaltspolitik. Dass Sie vor der Wahl nicht mehr so gerne darüber reden möchten, kann man nachvollziehen.

(Glocke des Präsidenten)

Denn die Haushaltskonsolidierung - letzter Satz, Herr Präsident - war Ihr einziges wirkliches Projekt der letzten zehn Jahre. Aber damit sind Sie nach einem vielversprechenden Start inzwischen krachend gescheitert. Ruhen Sie sich ruhig weiter auf Ihren Lorbeeren aus, aber bitte zukünftig in der Opposition!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Rolfes das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem uns die Linke gestern im Rahmen der Diskussion um die Schuldenbremse mit ihren überaus interessanten Ansichten zum Thema Haushaltskonsolidierung beglückt hat, darf ich heute zu ihren Haushaltsvorschlägen für den Doppellhaushalt 2012/2013 Stellung nehmen.

Dazu kann ich nur sagen: Das, was Sie dem Parlament mit dem Antrag und dem Gesetzentwurf vorgelegt haben, ist sozusagen Ihr letzter parlamentarischer Wille. Ich sage Ihnen das auch deshalb, weil der Inhalt im Grunde genommen den Eindruck erweckt, als hätten Sie alles aufgelistet, was Sie irgendwann schon einmal als Wunsch hier eingebracht haben.

Meine Damen und Herren, die Linke sieht in ihrem Antrag 3 330 Millionen Euro Mehrausgaben und

3 330 Millionen Euro Mehreinnahmen vor. Daran sieht man die Unterschiede: Steht man für eine solide Haushaltspolitik, oder will man Geld ausgeben?

Dabei geht es um Beförderungen, mehr Einstellungen bei der Steuerverwaltung, bei der Polizei, bei Richtern und Lehrern. Da ist das Weihnachtsgeld in Höhe von 1 000 Euro für die Beamten und 800 Euro für Versorgungsempfänger. Das alles wird der Reihe nach aufgeführt.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Im Himmel ist Jahrmarkt!)

Zudem sollen die Studienbeiträge abgeschafft werden. Aus den Studienbeiträgen erzielen wir bislang Einnahmen in Höhe von 488 Millionen Euro. Bis auf 3 Millionen Euro ist alles belegt. Man muss natürlich fragen, woher die Universitäten dann ihr Geld bekommen sollen. Wenn man vernünftig damit umgeht, dann kann man nicht darauf verzichten. Wie gesagt: Von den 488 Millionen Euro ist alles bis auf 3 Millionen Euro belegt. Das würde eine Riesenlücke reißen.

Sie fordern weiterhin die Einführung einer niedersachsenweiten Sozialcard, die schrittweise Beitragsfreiheit für Kitas und Änderungen beim Krankenhausinvestitionsprogramm. Das alles sind Punkte, die bei anderen Gelegenheiten während der Haushaltsberatung in allen Fraktionen diskutiert werden. Aber das alles in Summe untereinanderzuschreiben erweckt den Eindruck: Wir bringen das alles ein, um im Wahlkampf zu sagen, was alles beantragt wurde, um die Hoffnung zu haben, dass es mit der Fünfprozenthürde klappt.

Meine Damen und Herren, gut ist: Sie beziehen sich in vielen Fällen auf offizielle Zahlen des Finanzministeriums. Sie arbeiten in Ihrem Gesetzentwurf sogar mit Jahresteilbeträgen, weil Sie schon wissen, dass Sie mit Ihren Vorstellungen sonst überhaupt nicht mit dem Geld auskämen.

Was Sie aber nicht verstanden haben, ist, dass sich ein Haushalt nur auf belastbare Zahlen stützen darf. In Ihrem Gesetzentwurf verwenden Sie die Zahlen der Mai-Steuerschätzung und kommen zu dem Ergebnis, dass 287 Millionen Euro zur Verfügung stehen.

Sie haben das Urteil des Staatsgerichtshofs vom 19. Dezember 2011 anscheinend überhaupt nicht in Ihre Überlegungen einbezogen. Deswegen sage ich es Ihnen in ganz einfachen Worten: Der Staatsgerichtshof hat entschieden, dass sämtliche Haushalte nach dem 19. Dezember 2011 - dies gilt

auch für Nachtragshaushalte - dann verfassungsgemäß sind, wenn die Rücklagenentnahme als Kredit verbucht wird und trotzdem die Summe der Kredite nicht die Summe der eigenfinanzierten Investitionen übersteigt. Dies hätten wir gestern ändern können. Wir haben es aber nicht geändert.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Dies bedeutet, dass sich daraus ein Handlungsbedarf von 210 Millionen Euro in 2012 und von 360 Millionen Euro in 2013 ergeben würde.

Was tatsächlich auf keine Kuhhaut geht und was ich Ihnen besonderes negativ ankreiden muss, ist, dass im Haushalt 2013 als Gegenfinanzierung 3,25 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen vorgesehen sind. Auf die Frage von Herrn Hilbers haben Sie gerade von 120 Milliarden Euro auf Bundesebene gesprochen. Der Gesamthaushalt auf Bundesebene umfasst rund 330 Milliarden Euro. 120 Milliarden Euro würden für jeden Einwohner der Bundesrepublik Deutschland etwa 1 500 Euro bedeuten. Das wäre die Belastung, die insgesamt dabei herauskäme. Das ist die Seriosität, mit der Sie hier versuchen, konkrete Nachtragshaushaltsentwürfe einzubringen!

(Beifall bei der CDU)

Das muss man sich einmal vorstellen: 3,3 Milliarden Euro Mehrausgaben!

(Reinhold Hilbers [CDU]: Ein Drittel mehr Steuern!)

Sie kalkulieren die Steuereinnahmen einfach nach oben.

Über die Frage, wie man an Mehrheiten kommt, hat Frau Geuter gerade schon spekuliert. Sie hat als Grenze den Tag der Bundestagswahl genannt.

Es ist eine interessante Frage, ob die SPD beabsichtigt, wenn sie denn mal eine Wahl auf Bundesebene gewinnen würde - aber ich bin sicher, Angela Merkel bleibt Bundeskanzlerin -, der Steigbügelhalter für diese Position der Linken insgesamt sein will, ob sie damit schon eine Koalitionsaussage getroffen hat. Das ist eine interessante Frage, die Sie doch einmal beantworten sollten.

Ich sage nur: nachweisbar nicht durchdacht, nachweisbar nicht überzeugend. Das Ganze ist nicht korrekt, sodass Sie nicht einmal ansatzweise damit rechnen können, außer den Stimmen Ihrer eigenen Fraktion auch noch Stimmen der anderen

Fraktionen dafür zu bekommen. Die SPD und die Grünen mögen es sich vielleicht überlegen.

Ich glaube, Christian Grascha, man kann ziemlich verlässlich sagen: Auf dieses Glatteis, auf diesen Irrweg, der für die Bürgerinnen und Bürger eine Mehrbelastung darstellt, werden wir uns nicht begeben.

(Beifall bei der CDU und Zustimmung von Christian Grascha [FDP] - Rein- hold Hilbers [CDU]: Völlig unseriös!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, es liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Damit sind wir am Ende der Beratung.

Wir kommen zur Ausschussüberweisung zum Tagesordnungspunkt 22. Federführend soll der Ausschuss für Haushalt und Finanzen sein, mitberatend der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur, der Kultusausschuss, der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration sowie der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen.

Für den Tagesordnungspunkt 23 soll die folgende Überweisung erfolgen: federführend in den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Mitberatend sollen sein der Ausschuss für Wissenschaft und Kultur, der Kultusausschuss, der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration, der Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, der Ausschuss für Umwelt und Klimaschutz, der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung, der Ausschuss für Inneres und Sport sowie der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen.

Wer so entscheiden möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Dann ist so entschieden worden.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 26 auf:

Abschließende Beratung: Betreuungsgeld verhindern - Finanzmittel für Krippenausbau verwenden - Krippengipfel einberufen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/4862 - Beschlussempfehlung des Kultusausschusses - Drs. 16/5127

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, diesen Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir treten in die Beratung ein. Zu Wort gemeldet hat sich Frau Staudte für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Unruhe)